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10‒2013 - Von Hundert

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100 / 22„Aber vielleicht sollten wir nicht nur über Autos reden …“?!/ Gespräch über Ökologie und KunstAndreas Koch / Lieber Raimar, wir haben uns schon öfter andieser Stelle über Kunst und Politik unterhalten, so zuletzt inder 18. „von hundert“ über die Berlin Biennale. Diesmal gehtes um einen sehr wichtigen Bereich des gemeinsamen Zusammenlebens,der Ökologie, im Speziellen um unseren Umgangmit unserer natürlichen Umwelt und die Frage, was die bildendeKunst damit zu tun hat. Um uns nicht allzu sehr zu wiederholen,fasse ich kurz unsere bisherigen Positionen zusammen.Ich war der Meinung, dass Kunst für manche Themender falsche Ort sein könnte. Du, dass brisante Themen an jedemOrt behandelt werden müssen, dass dies zur ethischenGrundhaltung gehören muss. Zur Abwechslung werde ichDir gleich zu Beginn zustimmen, auch wenn ich meine, dassdie meisten Arbeiten zum Thema fast niedlich wirken, angesichtsder zu erwartenden Auswirkungen unserer Umwelteingriffe.Welche Arbeit fällt dir als erstes ein, um den Umgangder bildenden Kunst mit diesem Thema zu beschreiben?Raimar Stange / Was mich an deiner Zusammenfassung stört,ist der Begriff „Thema“, was mir gefällt, ist der der „Haltung“.In der Kunst geht es nämlich nicht um (das Bebildern von)Themen, sondern um (das „Formalisieren“ von) Haltung zurWelt, um – mit G.W.F. Hegel gesprochen – „die Stellung desGeistes zur Objektivität“: Darum auch beantworte ich deineFrage nach einem wichtigen Exponat im Kontext von „Kunst+ Klimakatastrophe“ mit dem Hinweis auf die Aktion „Coyote,I Like America and America Likes Me“ aus dem Jahre1974 von Joseph Beuys. In dieser Aktion lebte Beuys für fünfTage zusammen mit einem Kojoten in einem Ausstellungsraumvon René Block und führte so eine alternative Formdes Umgangs mit Natur vor, eine Form, die eben kein „Umgang“mehr war, sondern ein gleichberechtigtes Miteinander.Insofern war diese Aktion eine treffende Kritik an dem, wasman „Anthropozentrismus“ nennt, also an der blödsinnigenund asozialen Idee, dass der Mensch der Mittelpunkt und dieKrönung der Schöpfung sei. Genau diese Haltung, die es unsdann erlaubt, Umwelt und Natur lediglich als rücksichtslosausbeutbare Ressource zu behandeln, ist die Ursache für dieKlimakatastrophe. Und nur die Abkehr von dieser Haltungkann dafür sorgen, dass wir versuchen, tatsächlich etwas gegendas Fortschreiten und gegen die Folgen der Klimakatastrophezu tun. Kunst sensibilisiert und warnt hier zugleich.Koch / Klar, dass dich das stört. „Thema“ kam ja auch vonmir und „Haltung“ von dir. Aber ich sehe deinen Punkt. Auchgerade wieder in der Ausstellung „The Whole Earth“ von AnselmFranke und Diedrich Diederichsen war die Kunst eherein illustrierender Nebenaspekt und die Hauptleistung derAusstellung lag im Zeigen einer großen Menge von Text- undFilmdokumenten, die leicht zugänglich in ein Displaysystemintegriert waren. Da funktioniert eine Ausstellung natürlichbesser als zum Beispiel ein Katalog. Ich würde die Ausstellungim HKW deshalb auch niemals als Kunstausstellung bezeichnen,eher als ganz gelungene kulturhistorische Aufarbeitungeines „Themas“. Aber sag, ich sehe den Unterschiednoch nicht ganz. Wie unterscheidet sich denn eine gelungeneAusstellung zur Problematik der Klimakatastrophe mitvielen unterschiedlichen Arbeiten, die – ich sag’s jetzt nochmals– thematisch passen, zum Beispiel von der „The WholeEarth“-Ausstellung?Stange / Indem die Ausstellung nicht nur über Haltung redet,sondern auch Haltung einfordert und diese zudem selbsteinnimmt. Die Haltung von „The Whole Earth“ ist, wie leiderall zu oft im „Haus der Kulturen der Welt“ folgende: WirKuratoren wissen mehr als du, also lerne von uns! Ich denke,als Ausstellungsmacher sollte man eher den potenziellen Besucherernst nehmen und mit ihm agieren, was selbstverständlichnicht nur für Ausstellungen zu „Kunst + Klimakatastrophe“ gilt.

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