Übers Meer kreuzenDas Angebot an Bordfin<strong>de</strong>n Matteo, 7, undsein Bru<strong>de</strong>r Elias, 9,großartig, die Landgängedagegen langweilig
Stadtbild heraus wie ein monströses Hochhaus:294 Meter lang, 60 Meter hoch. Auf<strong>de</strong>n 15 Decks sind außer <strong>de</strong>n 1233 Kabinennoch zwei Pools mit Wasserrutsche,Tischtennisplatten, Outdoor-Fußball- undTennisplatz, Fitnessstudio, Wellnessabteilung,Casino, Theater, fast zwei DutzendRestaurants und Bars, eine Shoppingmeilesowie Kin<strong>de</strong>rclubs untergebracht. Allesmit flauschigen, blumenbemusterten Teppichenausgelegt. Das Schiff, so erfahrenwir später, war für Hawaii gebaut wor<strong>de</strong>n.Die „Norwegian Ja<strong>de</strong>“ soll uns in einerWoche von und nach Venedig bringen, mitStationen in Dubrovnik, Piräus, Izmir undSplit. Das Einchecken <strong>de</strong>r Passagieredauert sechs Stun<strong>de</strong>n. Irgendwann fragtNataly: „Sag mal, wollen die alle auf unserSchiff?“ Am En<strong>de</strong> wer<strong>de</strong>n es mehr als 2000Passagiere sein, dazu 1000 Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>rBesatzung. „Es ist eine Sache <strong>de</strong>r Relation“,sage ich, „für ein Fußballstadion sind3000 Menschen überschaubar.“Wir haben die Kajüte 10618 auf Deck 10.Kajüten sind nie groß, es sei <strong>de</strong>nn man hateine Suite o<strong>de</strong>r ist Kapitän. Ich habe damalsmit meinen <strong>Eltern</strong> in zwei Hochbettengeschlafen, aber das habe ich Nataly nichterzählt. Dagegen empfin<strong>de</strong> ich unsere Kabineals luxuriös: ein Doppelbett, ein ausklappbaresSofa, ein kleines Bad, Klimaanlage,Fernseher und ein eigener Balkon.Nataly sagt nichts, aber ich ahne, wasihr durch <strong>de</strong>n Kopf geht: Eine Woche zuviert auf diesen wenigen Quadratmetern– da ist <strong>de</strong>r Lagerkoller vorprogrammiert.Sie kann dann sehr unleidlich wer<strong>de</strong>n.Elias, 9, und Matteo, 7, aber fühlen sichgleich wohl in <strong>de</strong>r Kabine. Papa weiß eben,was Kin<strong>de</strong>rn gefällt!Um 17 Uhr legt die „Norwegian Ja<strong>de</strong>“dann endlich ab. Ich stehe auf <strong>de</strong>m Balkonim zehnten Stock und schaue auf Venedighinab. Eine unwirkliche Perspektive!Kaum, dass wir die Stadt hinter uns gelassenhaben, wer<strong>de</strong>n wir auf die Evakuierungvorbereitet. Sieben kurze Töne, einlanger – heißt: Wir müssen uns auf Deck 8begeben, zu unserem Sammelpunkt. Vonhier aus geht es dann in die Rettungsboote– aber nur im Notfall. Dieses Mal dürfen wirin die Kabine zurück. Alles nur Übung.Den Abend verbringen wir auf unseremBalkon und blicken auf das Meer. DieseLangsamkeit sind wir nicht gewohnt, aberes hat etwas ungemein Beruhigen<strong>de</strong>s.Matteo schaut hinunter und fragt: „Wiehoch ist das?“ – „40 Meter“, sage ich. Un<strong>de</strong>r sagt: „Booah! So hoch! Da kann mankeinen Köpper machen.“Nach vier Tagen in größter Julihitze wirdNataly sagen, dass es für sie kaum zu ertragensei, auf <strong>de</strong>m Meer zu sein, aberdoch so weit entfernt. Sie wür<strong>de</strong> so gernins Wasser eintauchen, aber dafür bleibtnur einer <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Pools auf <strong>de</strong>m Ober<strong>de</strong>ck.Doch als wir am ersten Tag dort nach<strong>de</strong>m Frühstück ba<strong>de</strong>n wollen, stellen wirfest, dass alle Liegestühle schon belegtsind. Es herrscht eine Menschendichte wieim Freibad an einem heißen Ferientag – nurdass die Pools viel, viel kleiner sind.Später gibt es dort auch noch Programm:erst eine Band, dann <strong>de</strong>r „Sexy-Beine-Wettbewerb“. Daran müssen wir unserst gewöhnen, dass überall und zu je<strong>de</strong>rUhrzeit Aktivitäten stattfin<strong>de</strong>n. Sonnenaufgangs-Stretchenum 7 Uhr, Sudoku-Wettbewerbum 9.30, Kaffeeklatsch mit Garyum 10.30, Kunstauktion mit Sekt um 11Uhr, Tischtennisturnier um 13.30, intellektuellesQuiz um 15.30, Sergio SantosGitarrenjazz um 19.30, 50er- und 60er-Rock-’n’-Roll-Party ab 22.30, Late NightDisco mit DJ Freddy ab 23.15 Uhr. Und imKasino sind die Spielautomaten rund umdie Uhr in Betrieb. Es ist ein Erlebnisschifffür die ganze Familie, kein Zen-Kloster.850 Kin<strong>de</strong>r sollen an Bord sein, undauch für die gibt es von morgens bisabends Unterhaltung: im Kids Club, beimLate Night Fun. Auf Deck 6 bringen Clowns<strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn Kunststücke bei. Elias lernt,mit <strong>de</strong>m Diabolo umzugehen, und Matteolässt Teller auf dünnen Stäben kreisen.Bei so vielen Kin<strong>de</strong>rn an Bord, und dasist das Gute, bleibt es nicht aus, dass siein Kontakt kommen. Am dritten Tag lernenElias und Matteo einige italienische Jungskennen. Sie bil<strong>de</strong>n Mannschaften und rennenüber <strong>de</strong>n Fußballplatz, während ich miteinem Auge folge und mit <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>ren aufdas Land blicke, das wir hinter uns lassen.Es ist <strong>de</strong>r Sportplatz mit <strong>de</strong>r eindrucksvollstenKulisse, <strong>de</strong>n ich kenne, da kannsogar das Weserstadion nicht mithalten.AnzeigeREISE-TIPPSDer nächste<strong>Eltern</strong> RatgeberReisen mit Kin<strong>de</strong>rnerscheint am8. April 2014.Mehr Infos unterwww.kleinanzeigen.guj.<strong>de</strong>