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DAS DICTUM DES SIMONIDES - Seminar für Geistesgeschichte ...

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Das Dictum des Simonides 19Weil das Gedicht, anders als das unbewegliche Standbild, nicht an einen Ortgebunden ist, sondern weitergetragen werden kann, fällt der Vergleichzugunsten des Gedichtes aus. 65 Wie bei Pindar soll die Dichtung auch beiSimonides den Vorrang gegenüber der Skulptur gehabt haben. 66 So stehendenn auch in dem Simonides zugeschriebenen Dictum Dichtung und Malereikeineswegs gleichrangig nebeneinander, wie es auf den ersten Blick erscheint –vielmehr liegt ihm der Vorrang der Dichtung gegenüber der Malerei zugrunde.Bis hierher sind die Attribute sprechend-stumm/ lautlos in ihrem Bezug aufdas jeweilige Subjekt in den beiden Teilen des Dictums gelesen worden (1). Imnächsten und letzten Schritt sind sie noch als Bestandteil des die jeweiligeAussage über Dichtung und Malerei treffenden Prädikatsnomens in den Blickzu nehmen (2):Malerei ist stumme/ lautlose Dichtung, Dichtung sprechende Malerei.Auch hier springt eine Redefigur ins Auge: das Paradoxon – denn weder„spricht“ die Malerei, noch ist das Gedicht „stumm“. 67 Da Simonides u. a.wegen seiner Vorliebe <strong>für</strong> paradoxe, antithetische Formulierungen berühmtgewesen sein soll, könnte dieses Element durchaus <strong>für</strong> seine Autorschaft inAnspruch genommen werden. 68 Was aber wird so über die jeweilige Kunstmitgeteilt?65666768Weitere Beispiele nach Jesper Svenbro, La parole et le marbre. Aux origines de la poétiquegrecque, Lund 1976, Kap. „La poétique de Simonides“, S. 141-172, hier S. 157 Anm. 103:Pindar, Nem. 4.79-85, 5.1-5, Isthmia 2.45-6.Z. B. im Zusammenhang mit dem gegen Kleobulos gerichteten Gedicht (D. fr. 48 D) GeorgChrist, Simonides-Studien, Freiburg (Schweiz) 1941, S. 40 f.: „Simonides polemisiert hiergegen Kleobul, weil dieser mit einem Bildwerk [...] den Naturgewalten meinte trotzen zukönnen; das ist der Plan eines Toren. Simonides kritisiert nicht menschlicheÜberheblichkeit, sondern ein Vorgehen, das mit falschen Mitteln nach Unsterblichkeitstrebt, denn nach seiner Auffassung führt nur die Dichtkunst zu ewigem Ruhm. DieseInterpretation wird sich zwar kaum beweisen lassen, sie erklärt aber einzig den scharfenpolemischen Ton. Über den Wert von Bildhauerei und Dichtkunst äußert sich auch PindarN. 5,1 ff [...] nämlich, daß das Lied überlegen sei, weil es überall hindringe (cf. weiterhinP. 8,34; N. 6,48 f.; J. 3/4, 59 f.).“ S. 41: „Das Kleobulgedicht in der vorgetragenen Deutungals eine Verteidigung der Überlegenheit der Dichtung setzt <strong>für</strong> Simonides den Glauben andie Kraft des dichterischen Wortes und des Wortes überhaupt voraus.“ Svenbro, „Lapoétique de Simonides“ (wie Anm. 65), S. 157: „Comme Pindare, Simonide considère quela parole poétique est supérieure au marbre.“M. S. Celetano, „Paradoxon“, in: Gert Ueding (Hg.), Historisches Wörterbuch der Rhetorik,Bd. 6, Tübingen 2003, Sp. 524-526.Treu, Von Homer zur Lyrik (wie Anm. 8), S. 299 zur Vorliebe des Simonides <strong>für</strong>„antithetische Metaphern“. Marcel Detienne, „Simonide de Céos ou la sécularisation de lapoésie“ (1964), als Teil des Kap. 6: „Le choix: Alétheia ou Apaté“ in: ders., Les Maîtres dela vérité dans la Grèce archaïque, Paris 1967, S. 105-119, hier S. 119: „On l’a souventremarqué: par certains traits stylistiques autant que par certains aspects de son personnage,Simonide annonce le Sophiste. Dans ses poèmes, il cultive les antithèses, il se plait à jouersur l’ambiguité d’un mot [...]“.

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