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DAS DICTUM DES SIMONIDES - Seminar für Geistesgeschichte ...

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Das Dictum des Simonides 214.Im einschlägigen Schrifttum wird das Dictum des Simonides mit derBehauptung zitiert, Simonides sei der Erfinder der Gedächtniskunst – so alswürde es gerade dies als dessen ureigenste Leistung bezeugen. 70 In ihr sindzwei unbewiesene und wohl auch nicht mehr beweisbare Annahmenkurzgeschlossen: daß Simonides der Verfasser des Dictums und daß er derErfinder der Gedächtniskunst sei. Genau genommen hat aber das eine mit demanderen nichts zu tun.Daß Simonides die Gedächtniskunst erfunden haben soll, wurde erst rund200 Jahre nach seinem Tod (Ol. 468/465) in der um 264 v. u. Z. datiertenParischen Chronik und bei dem alexandrinischen Dichter Kallimachos (310-240 v. u. Z.) vermerkt. 71 Dieser Zusammenhang ist, verknüpft mit derberühmten Legende vom Einsturz des Saales im Palast des Skopas währendeines Gastmahls, bei dem der nach draußen gerufene Simonides als einzigerüberlebt und deshalb die Sitzordnung der Gäste erinnert habe, in dieRhetoriktradition eingegangen. 72 Auch Cicero berichtet diese Legende und sagtvon Simonides, daß er „als erster die Mnemotechnik entwickelt haben soll“(„quem primum ferunt artem memoriae protulisse“). 73 Doch fügt er, nun70717273Frances A. Yates, Gedächtnis und Erinnern. Mnemotechnik von Aristoteles bisShakespeare (1966), übers. von Angelika Schweikhart, Weinheim 1990, S. 34:„Bezeichnenderweise wird der Vergleich von Malerei und Dichtkunst auf Simonideszurückgeführt, denn dieser Vergleich und die Erfindung der Gedächtniskunst haben einengemeinsamen Nenner.“ Dieser sei nach Yates der Vorrang des Gesichtssinnes. BrunoGentili, Poesia e pubblico nella Grecia antica da Omero al V secolo, Bari 1984, S. 6 f.: „Ilprimo, per quanto ne sappiamo, che la [die Erinnerungskunst] interpretò come una vera epropria têchne articolata in norme precise, legate allo spazio e alle immagini, fu Simonidedi Ceo (VI-V secolo a. C.): la sua definizione della poesia come pittura parlante e dellapittura come poesia muta, oltre che documentare une concezione artigianale del farepoetico, rappresenta, come ha osservato Frances A. Yates, il più chiaro indizio che egliconcepì come un tutto unitario ,poesia, pittura e mnemonica in termini di intensavisualizzazione‘.“ Simonides leite die Tradition ein, die über Aristoteles und dienachfolgende Rhetorik-Tradition bis zu Leibniz führe. Auch Carruthers/ Ziolkowski, Themedieval craft of memory (wie Anm. 6), S. 29 (Zitat siehe Anm. 6).Yates, Gedächtnis und Erinnern (wie Anm. 70), S. 35; Blum, Die antike Mnemotechnik(wie Anm. 26); Michèle Simondon, La mémoire et l’oubli dans la pensée grecque jusqu’àla fin du V e siècle avant J.-C. Psychologie archaïque, mythes et doctrines, Paris 1982, S.181-183; Stefan Goldmann, „Statt Totenklage Gedächtnis. Zur Erfindung derMnemotechnik durch Simonides von Keos“, in: Poetica 21/1989, S. 43-66, hier S. 64.William J. Slater, „Simonides’ House“, in: Phoenix (Toronto) 26/1972, S. 232-240;Goldmann, „Statt Totenklage Gedächtnis“ zum komplexen Symbolcharaker der Legende.Marcus Tullius Cicero, De oratore, lateinisch und deutsch, übers. und hg. von HaraldMerklin, Stuttgart 2 1986, II. 351.

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