14InterviewWie 60 + 25+5t @sächch 100 e rгbe n.Mhias Willнbachр übe r Ene rgiewe nд,EEG d e n Maste rp n.Es hat sich längst herumgesprochen, was er verspricht: Matthias Willenbacher willseine gesamten Anteile an der juwi AG an Energiegenossenschaften verschenken,sollte Angela Merkel die Energiewende sofort umsetzen. Dabei räumt der Vorstandder juwi AG nicht nur mit den „Mythen“ auf, warum die Energiewende nicht soschnell umgesetzt werden kann. Er präsentiert auch gleich einen Masterplan für dieZukunft der erneuerbaren Energien. ON Service wollte es genauer wissen und sprachmit einem Mann, der gleich vier Charaktere zu verkörpern scheint.Wer Ihr Buch gelesen hat, dem mögen mit Blick aufIhre Person vier Charaktere in den Sinn kommen: Weltverbesserer,cleverer PR-Stratege, Idealist und vielleichtnoch Revolutionär. Wo ordnen Sie sich ein?Matthias Willenbacher (MW): Eine meiner wesentlichenEigenschaften ist, dass ich nicht in Schubladen denke.Manchmal bin ich bodenständig, ein anderes Maldenke ich voraus und versuche, durch visionäre ThemenMenschen aufzurütteln. Ich glaube, mir gelingt es dabeisehr gut, auch komplexe Zusammenhänge für dieZukunft zu durchdenken und daraus Schlüsse für dieGegenwart zu ziehen.Sie machen sich für eine dezentrale Bürger-Energiewendestark. Die Stromkonzerne und damit Fondsgesellschaftensowie Aktionäre haben hier nach IhrenAuffassungen keinen Platz. Kommt mit der Energiewendeebenso eine Energierevolution?MW: Ja, definitiv. Die Energieversorgung wird komplettumgestellt von einem Monopol-, Oligopol- und Kartellsystem,bei dem Bürger seit jeher abgezockt werden, hinzu einer transparenten, bürgernahen, dezentralen sowienachhaltigen Energieversorgung. Das Einzige, was bleibt,ist, dass wir auch künftig Energie nutzen werden. Ansonstenwird sich viel verändern.
Interview 15Die Energiewende hat aber auch erhebliche Auswirkungenauf die Wirtschaftlichkeit von kommunalen Stadtwerken.Denen drohen Millionenverluste, weil siereihenweise Kraftwerke stilllegen müssen, die unrentabelwerden. Trifft es da nicht Unternehmen, die aucheinen erheblichen Teil zum Ausbau vor allem der Windenergiebeigetragen haben?Matthias Willenbacher ist diplomierter Physiker und Pionier auf dem Gebietder erneuerbaren Energien. Gemeinsam mit Fred Jung gründete er 1996die Firma juwi. Die AG ist ein führender Projektentwickler von Erneuerbare-Energie-Anlagen. Über 1.800 Mitarbeiter realisieren Projekte rund umSolarstrom, Windenergie, Bioenergie sowie Wasserkraft und Geothermie.MW: Das ist eine schwierige Frage. Wenn Stadtwerke vor fünfoder zehn Jahren entschieden haben, in ein Kohlekraftwerkzu investieren, dann war das nicht unbedingt ein idealerEntschluss. Schon damals gab es viele Menschen, die den Ratgaben, mehr auf erneuerbare Energien zu setzen. Trotzdementschieden sich manche Stadtwerke, weiterhin ihr Geld mitKohlekraftwerken zu verdienen. Wenn also auf die falscheTechnologie gesetzt wurde, so kann ich die Betroffenenwenig bedauern. Stadtwerke sind dennoch als dezentraleEnergieerzeuger immens wichtig, da sie regionale Wurzelnhaben, wodurch eine hohe Bürgernähe gegeben ist.Die Politik allgemein, aber insbesondere die Energiepolitik,ist geprägt von einem starken Lobbyismus. Diemeisten Verfechter der erneuerbaren Energien habendiese Lobby nicht. Wie kann es da je einen Konsens für100 % Erneuerbare geben?MW: Natürlich ist die Lobby der Energieversorger sehr stark.Historisch gesehen schlossen sich diese Unternehmen 1998nach der Liberalisierung zusammen, um im Grunde zu vierMonopolisten zu werden. Diese Monopolstellung beinhaltetnatürlich eine gute Vernetzung, nicht allein zur Politik,sondern auch zur Wirtschaft und zu den Medien. Man kannjedoch dagegen angehen, wenn viele Verbraucher bzw.Energiebürger dafür abstimmen, dass sie Strom aus lokalenoder regionalen erneuerbaren Energiequellen haben möchten.Letztendlich entscheidet das Volk, welche Energiepolitikdie Regierung macht. Das wird auch bei Umfragen deutlich.So bestätigten 82 % der Bevölkerung jüngst in einerUmfrage: Ja, wir wollen die Energiewende. Weil dieLobby der Politik eingeredet hat, die Erneuerbaren seienzu teuer, will die Politik nun den Umbau verlangsamen.Ich behaupte genau das Gegenteil: Erneuerbare Energiensind erheblich günstiger, wenn man nicht nur auf dieEEG-Umlage schaut, sondern alle Kosten berücksichtigt,die ein normaler Haushalt in Deutschland zahlen muss.Wenn diese Information viele Menschen erreicht, dannwird die Energiewende sehr schnell kommen.Entwicklung der EnergiekostenQuellen: Bundeswirtschaftsministerium, 2013; Deutsche Windguard, 2013