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Download d|ROM|a 33/2012, Frühling | Terno linaj ... - Roma-Service

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Hier & Dort | T’ADAJ T’ODOJEine bosnische <strong>Roma</strong>-Gemeinschaft im Norden von WienJek bosnitiko Romengero khetanipe ando nord BetschistarGestrandet im WeinviertelUse sidlinipe ando WeinviertelIm Weinviertel verstreut lebteine aus der bosnischen KleinstadtBijeljina und Umgebungstammende <strong>Roma</strong>-Gemeinschaft,die unter sich eng verbundenist, Kontakt nach außenaber eher meidet„Sie sind so schwer fassbar“, sagt InesKälin Schreiblehner. Die Mitarbeiterinder Caritas in Korneuburg hat gemeinsammit ihrem ehemaligen KollegenHerwig Schinnerl 2010 die Studie „VonBijeljina nach Eibesthal“ veröffentlichtund damit zum ersten Mal an die Öffentlichkeitgebracht, dass im niederösterreichischenWeinviertel eine größereGruppe von Gurbet-<strong>Roma</strong> lebt.„Es ist immer noch schwierig fürmich. Ich kenne viele Leute, führe mitvielen Gespräche und habe Beratungen,und ich habe natürlich ein Bild dieserGruppe, aber ich bin immer noch ratlos,was wir ihnen anbieten können, das sieannehmen können.“ Auch Misstrauenspiele eine Rolle: „Wenn man jemandennach einem Verwandten fragt, kann essein, dass man hört: ,Wer? Kenn ichnicht.‘ Und drei Tage später meldet sichdann die Person, nach der man gefragthat. Zufällig.“Diese Erfahrungen aus der direktenBeratung weisen schon daraufhin, dass sich hier im Norden von Wienin den vergangenen 30, 40 Jahren einefunktionierende und in sich recht geschlosseneGemeinschaft von <strong>Roma</strong>gebildet hat. Ursprünglich stammensie aus Bijeljina in Bosnien. Diese fast150.000 Einwohner zählende Regionrund um die gleichnamige Kleinstadtliegt im äußersten Nordosten Bosniensim Gebiet der Republika Srpska, hart ander serbischen Grenze, keine 100 KilometerLuftlinie von Belgrad entfernt.Heute leben geschätzte 200 Familienvon <strong>Roma</strong> aus Bijeljina im Weinviertelin den Bezirken Hollabrunn, Mistelbach,Gänserndorf und Korneuburg;man geht von 1.000 bis 2.000 Personenaus.Zusiedelung:„... doppelt geflüchtet“Die ersten <strong>Roma</strong> aus der Region Bijeljinakamen in den 1970er Jahren alsErntehelfer ins Weinviertel. In den 90erJahren flüchteten weitere aus ihrer Heimat,um den grausam wütenden Serben-Milizen zu entgehen. Nach 2000 folgteeine weitere Welle von Einwanderernaus Bijeljina, die zuvor in Deutschlandum Asyl angesucht hatten, wo vielenvon ihnen der dauerhafte Aufenthaltschließlich unter Hinweis auf geänderteLebensbedingungen in Bosnien verweigertwurde. Sie mussten nach Bijeljinazurückkehren, wo sie ihre Häuserund ihre Existenzgrundlage verlorenhatten, und beschlossen daraufhin, inÖsterreich um Asyl anzusuchen.Samir Rahimić, ein 30-jährigerRom, den wir gemeinsam mit der StudienautorinInes Kälin in Korneuburggetroffen haben, beschreibt die damaligeSituation so: „Wir haben unszwei Wochen im Haus von Verwandtenversteckt, und danach: Wo sollenwir hin? Die Deutschen haben unsrausgeschmissen, und in Österreichwaren schon viele Familien, also sindwir hierher gekommen.“ RahimićsGeschichte ist exemplarisch: „MeineEltern sind bereits ’75 hierher gekommen.Sie haben Erdbeeren gepflücktund Weintrauben, bis der Krieg in Kroatienangefangen hat. Da mussten sienach Hause zurück, wo meine älterenGeschwister waren und meine Großeltern,haben die Kinder geschnappt undsind nach Berlin gegangen. Mit neunbin ich nach Berlin gegangen, elf Jahrewar ich dort, und mit zwanzig bin ichdann nach Österreich gekommen.“Rahimić musste wie viele andereDeutschland verlassen, weil ernicht als Flüchtling anerkannt und seinAufenthalt nur geduldet wurde. AlsKampfsportlehrer ohne staatlich anerkannteAusbildung fand er keinen Job,ohne Job bekam er kein Visum, ohneVisum musste er nach Bosnien zurück– in ein Land, das er als neunjährigesKind verlassen hatte: „Mit meinen dreißigJahren habe ich in Österreich undDeutschland gelebt. Ich kenne überhauptnichts anderes.“Ines Kälin Schreiblehner fasstzusammen: „Die meisten sind ja doppeltgeflüchtet, wollten in Berlin neuanfangen, mussten dann weg, zurückgehen,und dann war alles noch vielschlimmer als zuvor. Sie wurden nichtnur als <strong>Roma</strong>, sondern auch als ‚Vaterlandsverräter‘stigmatisiert, die nichtmitgekämpft hätten.“Arbeit: „... wurschteln sichirgendwie durch“Die <strong>Roma</strong> im Weinviertel unterhalten,auch wenn sie recht verstreut leben,enge Beziehungen untereinander. Fastjeder ist mit jedem irgendwie verwandt,und die engeren Familienmitglieder,oft zwanzig, dreißig Personen, treffensich regelmäßig an den Wochenenden| 12 | dROMa <strong>33</strong>, <strong>Frühling</strong> | <strong>Terno</strong> <strong>linaj</strong> <strong>2012</strong>

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