Kapitel 2Score <strong>Test</strong>In der mathematischen Statistik ist man daran interessiert anhand von Stichproben, dargestelltdurch Realisierungen zumeist unabhängiger und identisch verteilter (i.i.d.) Zufallsvariablen,Aussagen über die Parameter der Verteilung einer Grundgesamtheit zu treffen.Dazu werden statistische Modelle <strong>auf</strong>gestellt, <strong>auf</strong> deren Grundlage Schätz- oder <strong>Test</strong>problemebehandelt werden können. Ziel des ersten Kapitels ist es, eine <strong>Test</strong>statistik herzuleiten,mit deren Hilfe Fragen in Bezug <strong>auf</strong> Hypothesen über bestimmte Verteilungsparameterbeantwortet werden können. Unabdingbare Voraussetzung dafür bildet die Theorieder Likelihood-Schätzer, die im Bereich der Schätzprobleme als eine der gängigsten zumAuffinden von Schätzern für Parameterfunktionen angesehen werden kann. Aus diesemGrund wird im ersten Abschnitt eine kurze Einführung in die Schätztheorie gegeben unddar<strong>auf</strong> <strong>auf</strong>bauend in Abschnitt zwei die Theorie der Likelihood-Funktionen entwickelt,in der Maximum-Likelihood-Schätzer definiert und im Anschluß einige wichtige Eigenschaftenvon Maximum-Likelihood-Schätzern bewiesen werden. Abschnitt drei beginnt miteiner Erläuterung der Problematik in <strong>Test</strong>problemen und motiviert, ausgehend von einfachenHypothesen, in Abschnitt vier mit Hilfe von Likelihood-Quotienten den Übergangzu komplexeren Hypothesen. Die Vorgehensweise orientiert sich dabei an der in [CH74].Definitionen und Notationen sind zum Teil aus [Als09], sowie [Hel08] übernommen.2.1 Grundlagen SchätztheorieWie der Name bereits vermuten lässt ist es das Ziel der Schätztheorie, anhand von StichprobenSchätzungen über interessierende Parameter anzustellen. Dabei ist eine Stichprobex = (x 1 , . . . , x n ) ein n-Tupel von Beobachtungen, die im wahrscheinlichkeitstheoretischenZusammenhang als Realisierung von Zufallsvariablen X 1 , . . . , X n <strong>auf</strong>gefasst werden. Daszugrunde liegende Modell lässt sich dabei wie folgt beschreiben:Ausgangspunkt bildet ein statistischen Experiment E = (X , A, (P θ ) θ∈Θ ), welches sich aus2
2.2. Maximum Likelihood Theorie 3einem Stichprobenraum X , einer σ-Algebra A über X und einer Familie (P θ ) θ∈Θ vonWahrscheinlichkeitsmaßen mit Θ ⊆ R d als Parameterraum der Wahrscheinlichkeitsfamiliezusammensetzt. Die Stichprobe stellt ein Element des Stichprobenraums dar und kanndann als Realisierung einer Zufallsvariablen X : (Ω, F) → (X , A) und einer zugehörigenFamilie von Wahrscheinlichkeitsmaßen (Q θ ) θ∈Θ identifiziert werden, wobei Q X θ= P θ füralle θ ∈ Θ gilt. Auf die Struktur von (Ω, F) kommt es bei der Untersuchung der vorliegendenStichprobe nicht an. Auf diese Weise können Beobachtungen mit Zufallsvariablenin Verbindung gebracht werden, so dass eine Stichprobe dem Zufall unterliegt, welcherüber die Zufallsvariablen – genauer über die Verteilungen der Zufallsvariablen – in daseingangs beschriebene Modell einfließt. Dazu sei (P θ ) θ∈Θ dominiert durch ein Maß µ, sodass nach dem Satz von Radon-Nikodým f(x; θ) = dP θ /dµ gilt. Im stetigen Fall ist f(x; θ)die Wahrscheinlichkeitsdichte und im diskreten Fall die Wahrscheinlichkeitsfunktion zu P θ ,was im L<strong>auf</strong>e der vorliegenden Arbeit nicht mehr explizit erwähnt wird. Die Verteilungder Zufallsvariablen wird nun bis <strong>auf</strong> den Parameter(-vektor) als bekannt angenommen, sodass die Schätzungen eben jenen unbekannten Paramter(-vektor) betreffen. Ein Schätzeroder eine Schätzfunktion für θ ist dabei eine meßbare Abbildung T : X → Θ, die anhandeiner vorliegenden Stichprobe dem zu schätzenden Parameter einen Wert zuweist.Sinnvoller Weise versucht man T dabei so zu wählen, dass ein möglichst guter Schätzerresultiert, wobei hier <strong>auf</strong> Details über die Spezifizierung der Eigenschaft gut in diesemZusammenhang verzichtet werden soll.Drei der wohl bekanntesten Schätzmethoden bilden die Momentenmethode, die Bayesmethodeund die Theorie der Likelihood-Schätzer. Mit letzterer werden wir uns im folgendenausführlich beschäftigen. Obwohl es sich bei den betroffenen Parametern fast ausschließlichum Vektoren handeln wird, werden diese, sowie <strong>auf</strong>tretende Matrizen, durchFettdruck von skalaren Parametern unterschieden.2.2 Maximum Likelihood TheorieIm folgenden wird davon ausgegangen, dass es sich bei der Stichprobe x = (x 1 , . . . , x n )um Realisierungen von i.i.d. Zufallsvariablen X 1 , . . . , X n handelt, die gemäß einer VerteilungP θ gezogen wurden. Es sei dar<strong>auf</strong> hingewiesen, dass es sich dabei nicht ausschließlichum eine feste Stichprobe handeln wird. In einigen Situationen werden Zufallsvariablen betrachtet,um gewisse Größen wie Erwartungswerte und Varianzen herleiten zu können. EineUnterscheidung wird dabei in Form von Klein- bzw. Großschreibung deutlich gemacht.Wir beginnen mit einigen Definitionen, die unter den getroffenen Annahmen gelten.Definition 2.2.1. Es seien x 1 , . . . , x n Realisierungen von i.i.d. Zufallsvariablen X 1 , . . . , X n ,