Die Neue Hochschule - Hlb
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Klaus Stocker kam nach langjähriger Berufserfahrung in der Wirtschaft u.a. in Asien und den USA als<br />
Professor für Internationale Wirtschaft an die <strong>Hochschule</strong> Nürnberg, wo er zwölf Jahre einen ursprünglich<br />
DAAD-geförderten Studiengang International Business geleitet hat, der als einer der ersten in<br />
Deutschland Bachelor und Masterabschlüsse einführte. In seinem Beitrag nimmt er kritisch zum Wildwuchs<br />
von MBA-Studiengängen Stellung.<br />
zertifiziert werden, die Studenten mit<br />
wenig Praxiserfahrungen zum MBA<br />
zulassen, und eine Woche später werden<br />
schon Programme, die keine oder<br />
nur eine sehr kurze dreimonatige Praxis<br />
für ihre MBA-Bewerber fordern, als<br />
Elite-Master gefeiert. Nach den jüngsten<br />
KMK-Beschlüssen zur Bolognareform<br />
sieht es danach aus, dass zumindest in<br />
Deutschland für den MBA eine vorherige<br />
Berufstätigkeit gefordert wird, was<br />
den Vorteil hat, dass der MBA als Weiterbildungsangebot<br />
für Berufserfahrene<br />
von MA und MSc klarer unterschieden<br />
werden kann. Nach mehrjähriger<br />
Berufserfahrung macht dann auch das<br />
„Update“ des Managementwissens beim<br />
MBA wieder Sinn.<br />
Akkreditierung ist<br />
eine Grundvoraussetzung, aber<br />
sie sollte kein Selbstzweck sein<br />
Akkreditierung soll die bisherige sehr<br />
enge und bürokratische Gängelung<br />
durch den Staat durch ein flexibleres<br />
Instrument ersetzen, das die Vorgabe<br />
eines Rahmens und nicht Einmischung<br />
in Einzelheiten vorsieht. Studiengänge<br />
sollen durch „peers“, also Kolleginnen<br />
und Kollegen aus anderen <strong>Hochschule</strong>n<br />
beurteilt werden, die an Stelle von<br />
Ministerialbeamten auch konstruktive<br />
Ratschläge für Verbesserungen geben.<br />
Leider nimmt aber der Glaube an die<br />
Aussagekraft von Akkreditierungen teilweise<br />
religiöse Züge an und man fühlt<br />
sich an den Ablasshandel vor Martin<br />
Luthers Zeiten erinnert, wenn <strong>Hochschule</strong>n<br />
von der „Three Crown-Akkreditierung“<br />
schwärmen, also der Akkreditierung<br />
durch drei internationale Agen-<br />
turen. Wer den administrativen Aufwand<br />
einer einfachen Akkreditierung<br />
kennt, reibt sich verwundert die Augen:<br />
Gibt es nichts Wichtigeres zu tun? Ist<br />
das Selbstbewusstsein so angekratzt,<br />
dass es der Bestätigung gleich dreier<br />
Agenturen dafür bedarf, dass man Studierende<br />
ausbilden kann? Was außer<br />
einem fragwürdigen PR-Effekt soll<br />
damit erreicht werden? Soll hier ein<br />
Instrument entstehen, das finanziell<br />
weniger gut ausgestattete <strong>Hochschule</strong>n<br />
in eine vermeintliche Zweitklassigkeit<br />
drängt, weil sie die Ressourcen nicht<br />
haben (oder auch dafür nicht einsetzen<br />
wollen), dieses Spiel mitzuspielen? Man<br />
braucht keine drei Akkreditierungen,<br />
wenn man die Empfehlungen einer<br />
qualifizierten Akkreditierungsagentur<br />
von internationalem Rang als wertvolle<br />
Anregung begreift und vielleicht sogar<br />
durch den Aufbau interner Qualitätszirkel<br />
laufend überprüft, ob die erwarteten<br />
Verbesserungen auch eingetreten sind.<br />
Ethische Grundlagen „made in USA“?<br />
Der aus den USA herübereilende Ruf des<br />
MBA in Sachen Ethik und Moral ist<br />
alles andere als überzeugend, vor allem<br />
weil die amerikanische MBA-Szene vor<br />
einiger Zeit durch eine Krise gegangen<br />
ist. Nachdem John Skilling als Chef von<br />
ENRON nach bis dahin für einen MBA-<br />
Absolventen aus Harvard unvorstellbaren<br />
Betrügereien ins Gefängnis gewandert<br />
war, wurde deutlich, dass Unis mit<br />
herausragendem Ruf eine Managergeneration<br />
ausgebildet haben, für die das<br />
Wort Skrupel ein Fremdwort aus längst<br />
vergangenen Zeiten ist. <strong>Die</strong> Finanzkrise<br />
hat ebenfalls gezeigt, wie anpassungsfähig<br />
das Urteilsvermögen junger Absolventen<br />
so genannter Eliteuniversitäten<br />
ist, wenn nur genug bezahlt wird.<br />
Wenn allein die Höhe des Gehalts als<br />
Maßstab für das Selbstwertgefühl dient,<br />
dann werden auch die Übertreibungen<br />
verständlich, die zur Finanzkrise geführt<br />
haben, und dann wird auch klar,<br />
warum die Höhe des Gehalts so stark<br />
als Grund für ein MBA-Studium in den<br />
Vordergrund gestellt wird. Angeblich<br />
hat man das moralische Manko inzwischen<br />
durch Einführung von Ethikkursen<br />
beseitigt. Es wird sich zeigen, ob<br />
diese Reparaturen im Geburtsland der<br />
MBAs eine moralisch besser disponierte<br />
Führungsgeneration in die Wirklichkeit<br />
entlassen werden.<br />
Eine schöne Fassade<br />
ersetzt nicht den Inhalt<br />
MBA<br />
15<br />
Vieles an der Außendarstellung der<br />
MBA-Programme in Deutschland trägt<br />
die Züge eines „window dressing“ und<br />
hat mit dem wissenschaftlichen<br />
Anspruch einer <strong>Hochschule</strong> nicht mehr<br />
viel zu tun. Ist es wirklich erstrebenswert,<br />
wenn <strong>Hochschule</strong>n versuchen,<br />
sich mit hohen Studiengebühren und<br />
entsprechenden Werbeausgaben ein<br />
passendes Image zu kaufen, anstatt<br />
durch akademische Leistungen zu erarbeiten?<br />
Der Weg zum akademischen<br />
Spitzenplatz muss ja nicht 200 Jahre<br />
dauern wie bei Harvard, aber was soll<br />
man davon halten, wenn Studiengänge,<br />
die noch keinen einzigen Absolventen<br />
entlassen haben, von der Presse in werbefinanzierten<br />
Sonderbeilagen bereits<br />
als „Elite“ angepriesen werden? Ist es<br />
Absicht, wenn beim großen MBA -Ranking<br />
eines Wirtschaftsmagazins vier von<br />
sieben der Erstplatzierten auch Anzeigen<br />
innerhalb des gleichen Artikels<br />
platziert haben, oder ist es nur schlechter<br />
Stil?<br />
DNH 6 ❘ 2010