26 achten darauf aufmerksam, dass die öffentliche Hand in den ersten zwanzig Jahren der Bürgerversicherung bis zu elf Prozent mehr ausgeben müsste, um die Arbeitgeberbeiträge für Beamte an die Krankenkassen zu zahlen. Vordergründig spricht für das rot-grüne Vorhaben, dass derzeit gesetzlich zwangsversicherte Arbeitnehmer die Krankenversicherung für Nicht-Erwerbstätige (und die sind inzwischen in mehreren Bundesländern in der Überzahl) mitbezahlen müssen, während sich Selbständige, Freiberufler, Beamte und freiwillig versicherte Angestellte privat krankenversichern dürfen. Allerdings bahnt die Bürgerversicherung keinesfalls den einzig möglichen Weg aus dem Dilemma. Und sie nimmt die beiden großen Strukturprobleme der GKV nicht in Angriff: Erstens werden die Beiträge bei der Bürgerversicherung nicht vom Lohn abgekoppelt und zweitens löst sie das Demographie-Problem der GKV nicht. Im Gegenteil: Die Beamten, Freiberufler und Selbständigen, die kurzfristig Geld ins neue System pulvern, vergrößern die Versichertengemeinschaft ohne sie zu verjüngen. Die Soziale Bombe explodiert zwar später, dafür mit um so größerer Sprengkraft. Unklar ist bei den Vorhaben von SPD und Grünen zur Bürgerversicherung unter anderem, wie die Politik verhindern will, dass die Krankenversicherung zu einer totalen Einheitskasse ohne Wettbewerb verkommt. Ebenfalls noch offen ist die Ausgestaltung der Arbeitgeberbeteiligung, der Familienmitversicherung und des Krankengeldes. Ein weiterer Knackpunkt ist die Frage, wie die Beiträge auf Kapital- und Mieteinnahmen eingezogen werden sollen. Müssen bald alle Bürger zusätzlich zur Steuer- auch eine Sozialversicherungsbeitragserklärung abgeben? Und werden Krankenkassen zu Finanzämtern ausgebaut oder umgekehrt? Vor allem fehlen klare Aussagen zu Übergangsregelungen für bestehende private Versicherungsverträge. Nahles kündigte lediglich an, private Krankenversicherungen als Anbieter in die Bürgerversicherung einzubeziehen, allerdings müssten sie sich auf veränderte Wettbewerbsbedingungen einstellen, womit die Politikerin auch auf eine Einbeziehung in den Risikostrukturausgleich abzielen dürfte. Die privaten Krankenversicherungen haben bereits angeboten, Basistarife ohne Risikoprüfung anzubieten und die Mitnahme von Altersrückstellungen beim Versicherungswechsel zu ermöglichen. Im Gegenzug fordern sie jedoch, dass die private Vollversicherung nicht abgeschafft wird, und genau dies geht nicht nur der gesundheitspolitischen Sprecherin der Grünen, Birgitt Bender, sondern auch ihrem Kollegen von der Union, Horst Seehofer, bereits zu weit. Namhafte deutsche Juristen halten die Bürgerversicherung zudem aus verschiedenen Grünen für „formell und materiell verfassungswidrig“. Unter anderem befindet der Bonner Staatsrechtler Josef Isensee, eine Bürgerversicherung, die alle Einkunftsarten erfasst, würde „zur Steuer mutieren“. Der Zusammenhang zwischen Beitrag und Leistung, normalerweise Kernstück einer Versicherung, wäre dann nur noch ein „dünner, mürber Faden aus Kunstseide“. Und Helge So- ZAHNÄRZTLICHE NACHRICHTEN NIEDERSACHSEN 9/04 dan, Präsident des Verfassungsgerichtshofs von Berlin, meint, dem Bund fehle die Gesetzgebungszuständigkeit für eine Bürgerzwangsversicherung. Als Alternative schlägt er vor, nur die Schutzbedürftigen zu finanzieren, indem der Versichertenkreis der GKV auf die Hälfte verkleinert wird. Zum Ausgleich könne die gesetzliche Krankenversicherung durch Steuergelder unterstützt werden. Die Befürworter profitieren vom Namen: Bürgerversicherung – das klingt nach Bürgerrechten und Sicherheit. Und die Regierungsparteien sind gegenüber der Opposition im Vorteil, weil sie mit einer Stimme zu sprechen scheinen. Abgesehen von wenigen Kritikern wie Finanzminister Hans Eichel und Wirtschaftsminister Wolfgang Clement sowie von einer auffällig zurückhaltenden Gesundheitsministerin Ulla Schmidt, herrscht ein breiter Konsens: Die SPD – von den linken „Netzwerkern“ bis zum eher konservativen Seeheimer Kreis – und die Grünen wollen die Bürgerversicherung. Währenddessen zeigt sich die Union gespalten und zersplittert. „CSU-Sozialexperte“ Horst Seehofer diffamierte kürzlich das Kopfpauschalenmodell der CDU gar als „Sympathiekiller“. Eine CSU-Arbeitsgruppe um Bayerns Sozialministerin Christa Stewens plant inzwischen einen komplizierten Stufentarif mit bis zu zehn Beitragsklassen und Prämien zwischen 50 und 500 Euro mit Ehegattensplitting. Bei diesem Modell droht ein erheblicher Verwaltungsaufwand, da die Finanzämter die Bürger je nach Einkommenshöhe gruppieren müssten. Der sozialpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Andreas Storm reagierte sauer: „Dann wäre es noch besser, gar keine Reform zu machen“, zitierte ihn „Die Welt“. Seine Kollegin Annette Widmann-Mauz hingegen will laut „Berliner Morgenpost“ in den neuen CSU-Plänen eine Annäherung an das Prämienmodell der CDU erkennen. Die zerstrittenen Stiefschwesterparteien hatten angekündigt, sich bis Jahresende zu einigen. Ungeachtet dessen plädierte Stewens im ZDF dafür, bis 2007 abzuwarten, denn dann erst würden sich die Ergebnisse der laufenden Gesundheitsreform zeigen. Julika Sandt Kassenzahnärztliche Vereinigung Bayerns (KZVB) Mit freundlicher Genehmigung aus: KZVB-Express 11/<strong>2004</strong>, 18. Juni <strong>2004</strong> www.zob.de
Abschlussprüfung im Ausbildungsberuf Zahnarzthelfer/Zahnarzthelferin Alle Bezirksstellen Anmeldeschluss Prüfungszeitraum Anmeldeschluss Prüfungszeitraum 04.10.<strong>2004</strong>, bei der zuständigen Bezirksstelle Dezember <strong>2004</strong>/ Februar 2005 Abschlussprüfung im Ausbildungsberuf Zahnmedizinische Fachangestellte Alle Bezirksstellen 04.10.<strong>2004</strong>, bei der zuständigen Bezirksstelle Januar <strong>2004</strong>/ Februar 2005 ZAHNÄRZTLICHE NACHRICHTEN NIEDERSACHSEN 9/04 27