Bw-Beachen 2011 - FöG
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Reservisten und Aktive üben erfolgreich gemeinsam<br />
Kempten. „Rettungszentrum einsatzbereit” – das<br />
wurde dem stellvertretenden Kommandeur des<br />
Gebirgssanitätsregiments 42, Oberstleutnant Andreas<br />
Steinert, gemeldet. 23 Reservisten der Verstärkungsgruppe<br />
Klinik 4 übten mit dem Krankenhauszweckverband<br />
Kempten-Oberallgäu zum ersten<br />
Mal mit Teilen des Gebirgssanitätsregiments 42 auf<br />
dem Übungsplatz Bodelsberg. Nach monatelanger<br />
Vorbereitung wurde bei 30 Grad Celsius Hitze das<br />
Zentrum aufgebaut. Dank des Engagements aller<br />
Soldaten gelang es in kürzester Zeit. Der erste Tag<br />
der Übungswoche wurde zur Einschleusung und<br />
Sanitätsdienst Die Bundeswehr Juli <strong>2011</strong> 21<br />
Als Medical Crew Chief im Evakuierungseinsatz<br />
Im Interview: Mario Rader hilft Verwundete aus dem Einsatz zurückzubringen<br />
Kerpen. Auf der gegenüberliegenden Seite ist<br />
beschrieben, wie die „Leitstelle“ in Koblenz die fliegenden<br />
Ärzte und Sanitäter auf die Reise schickt.<br />
Hier nun ein Interview mit dem 44 Jahre alten Oberstabsfeldwebel<br />
Mario Rader aus dem Sanitätszentrum<br />
Kerpen. Er ist Luftrettungsmeister und war<br />
während des so genannten StratAirMedEvac als<br />
Medical Crew Chief (MCC) mit an Bord des Airbus,<br />
der die Verwundeten am 3. Juni zum militärischen<br />
Teil des Flughafens Köln/Bonn brachte.<br />
? Herr Oberstabsfeldwebel, wie haben Sie vom<br />
geplanten MedEvac Einsatz erfahren?<br />
Rader:Es war am Vormittag des 2. Juni, und ich war<br />
mit meiner Familie an der Mosel. Mich rief der<br />
diensthabende Medical Director (MD) an und informierte<br />
mich über einen bevorstehenden Einsatz des<br />
MedEvac Airbus. Der MD hat in solchen Fällen die<br />
medizinische Gesamtleitung inne. Kurz darauf folgte<br />
auch schon ein Anruf der Patient Evacuation<br />
Coordination Cell (PECC) des Sanitätsführungskommandos<br />
aus Koblenz. Hier bekam ich bereits<br />
erste Details über die Verletzungen der Patienten. Ab<br />
diesem Zeitpunkt habe ich als MCC immer mindestens<br />
ein Telefon am Ohr. Ich musste unmittelbar<br />
beginnen, Lagebilder abzugleichen, Informationen<br />
auszuwerten und den MD bei der Zusammenstellung<br />
der Crew zu beraten.<br />
? Demnach benötigt man für die Funktion als Medical<br />
Crew Chief eine gewisse Vorerfahrung?<br />
Rader: Ja, die benötigt man. Als MCC werden nur<br />
die wenigen Luftrettungsmeister eingesetzt, die der<br />
Zentrale Sanitätsdienst noch hat. Jeder von uns<br />
bringt aufgrund seiner Ausbildung die Expertise für<br />
den fliegerischen Dienst mit und das damit einhergehende<br />
notwendige fliegerische Selbstverständnis.<br />
Es gilt das Personal zu koordinieren und den<br />
Überblick zu behalten.<br />
? Was ging Ihnen durch den Kopf, als Sie alarmiert<br />
wurden?<br />
Rader: Ich hatte die Nachrichten nicht ständig verfolgt<br />
und wurde überrascht. Im ersten Moment<br />
dachte ich nur: „Mist, schon wieder was passiert.“<br />
Wir hatten in den vergangenen Wochen mehrere<br />
Anschläge auf Soldaten in Afghanistan. Ich wäre<br />
froh gewesen, wenn es mal länger ruhig geblieben<br />
wäre. An den verlorenen Feiertag musste ich nicht<br />
denken. Mein familiäres Umfeld ist es mittlerweile<br />
gewohnt, dass ich häufig dienstlich gebunden bin.<br />
Meine Frau spricht scherzhaft von zwei Leben. Eins<br />
führt sie ohne mich und eins mit mir.<br />
? Was geschah vor dem Abflug in Köln?<br />
Rader: Ich nahm zusammen mit dem MD und dem<br />
Medizingerätetechniker zuerst am fliegerischen<br />
Briefing durch den Kommandanten des Airbus teil.<br />
Im medizinische Briefing gaben wir sowohl die<br />
Informationen aus dem fliegerischen Briefing als<br />
auch die Informationen zu den Patienten weiter.<br />
Einen Großteil des medizinischen Personals kannte<br />
ich aus vorhergehenden Einsätzen bereits.<br />
? Wie lange dauerte der Flug?<br />
Rader: Der Flug nach Usbekistan dauerte sechs<br />
Stunden. Informationen zum Gesundheitszustand<br />
der Patienten wurden zur Aktualisierung des Lagebildes<br />
genutzt. Der Hinflug wurde auch genutzt, um<br />
das medizinische Personal in Teams aufzuteilen und<br />
ihnen Patienten zuzuteilen. Wir nutzten die Zeit<br />
auch, um uns nochmals mit den medizinischen<br />
Geräten vertraut zu machen. Ansonsten blieb auch<br />
noch ein wenig Zeit für mich selbst und für einen<br />
gedanklichen Ablauf der bevorstehenden Repatriierung.<br />
? Was geschah nach der Landung in Usbekistan?<br />
Rader: Die Vorabkoordination über die Gefechtsstände<br />
lief optimal. Wir hatten mit ein bisschen über<br />
einer Stunde einen sehr kurzen Aufenthalt in Termez.<br />
Unsere Maschine wurde lediglich betankt und<br />
wir übernahmen die Patienten von der Transall-<br />
Crew. Der Zustand der Patienten entsprach genau<br />
dem, der angekündigt war. Meine Aufgabe war die<br />
Koordination der Teams zur Übernahme der Patienten<br />
und das Sicherstellen der Patientendokumentation.<br />
Außerdem telefonierte ich mit dem Heimatland,<br />
um einen Situationsbericht weiterzugeben.<br />
? Wie war der Rückflug?<br />
Rader: Dadurch, dass ich durchgehend beschäftigt<br />
war, kam mir der Rückflug wesentlich schneller vor<br />
als der Hinflug, obwohl er 35 Minuten länger dauerte.<br />
Während des Rückfluges war ich weiter für die<br />
Gesamtkoordination zuständig.<br />
Was geschah dann nach der Landung in Köln?<br />
Einweisung der Reservisten benötigt. Mittwochs<br />
war Übungsbeginn. Unter der Führung von Oberstarzt<br />
d.R. Dr. Norbert Weber wurden die Teams aus<br />
Reservisten und Aktiven in verschiedenen Szenarien<br />
beübt. Dabei wurden 28 Lagen eines Großschadensereignisses<br />
eingespielt. Schnell wurde deutlich,<br />
Rader: Unmittelbar nach der Landung in<br />
Köln/Bonn wurden wir in die große Halle geschoben.<br />
Die Patienten und die Dokumentation mussten<br />
für die Übergabe vorbereitet werden. Wir holten uns<br />
nach und nach die vor Ort stehenden Kräfte an Bord<br />
zur Übergabe.<br />
? Seit wann sind Sie in der Luftrettung tätig?<br />
Bei mir begann es Anfang 1990 mit der Verwendung<br />
im SAR-Dienst auf den Hubschraubern vom Typ<br />
Bell UH-1D. Seit dieser Zeit habe ich Erfahrungen<br />
in der C-160 Transall, der Challenger CL-601 und<br />
dem Airbus A-310 gesammelt. Bei der Entwicklung<br />
zum jetzigen Ausstattungssatz des StratAirMedEvac<br />
waren durch die einzelnen Fachgremien auch<br />
praktische Erfahrungswerte gefragt. In Kerpen bin<br />
ich im Sanitätszentrum als Überprüfungs- und<br />
Lehrberechtigter für Luftrettungsmeister und Leiter<br />
der Teileinheit Ausbildung/Übung/Rettungsdienst<br />
tätig. Meine maßgebliche Hauptaufgabe liegt bei<br />
der Standardisierung der Luftrettung und in der<br />
fachlichen Dienstaufsicht. Als ausgebildeter Desinfektor<br />
und Schädlingsbekämpfer habe ich mich<br />
auch seit Beginn meiner Tätigkeiten in der Luftrettung<br />
mit den Besonderheiten und Problematiken der<br />
Hygiene in Bezug auf die Patiententransporte mit<br />
Luftfahrzeugen beschäftigt.<br />
?An welchen Einsatz erinnern Sie sich besonders?<br />
Rader: Die Repatriierung der zwölf schwerst brandverletzten<br />
deutschen Urlauber aus Djerba 2002, als<br />
ein Tanklaster vor einer Synagoge explodierte, ist<br />
mir durch die Vielzahl an Verletzten und die Intensität<br />
der Brandverletzungen besonders in Erinnerung<br />
geblieben.<br />
?Welche positiven Erfahrungen nehmen Sie aus den<br />
StratAirMedEvac-Einsätzen mit?<br />
Rader: Das Motto „Lebe dein Leben jetzt, verschiebe<br />
nichts auf morgen” hat sich bei mir seither<br />
eingeprägt, da Probleme hier zu Hause teilweise<br />
marginal im Vergleich zu richtigen Problemen sein<br />
können. Hierdurch werde ich im Alltagsleben entspannter<br />
und gehe Dinge ganz anders an.<br />
? Was schätzen Sie an dieser Arbeit?<br />
Rader: Mir macht die Fliegerei unheimlich viel<br />
Spaß. Es war immer mein Wunsch, hier tätig sein zu<br />
können. Es ist außerdem immer wieder gut zu sehen,<br />
was ich mit meiner Tätigkeit erwirken kann. Bei<br />
meiner gewöhnlichen Arbeit im Büro bekomme ich<br />
selten ein positives Feedback. Bei meiner Tätigkeit<br />
in der Luftrettung habe ich über den Patienten einen<br />
direkten Indikator, dass meine Arbeit erfolgreich<br />
war. PIZ-Interview: Mirko Klawa<br />
dass das Zusammenspiel von Reservisten<br />
und Soldaten hervorragend<br />
funktioniert. Gerade die aktiven Soldaten<br />
empfanden die Situation als<br />
sehr positiv. Obwohl viele an ihre<br />
Foto: Staske<br />
Belastungsgrenzen kamen, handelten<br />
alle professionell. Ziel der Übung war es,<br />
Erkenntnisse und fachliche Expertisen der gemeinsamen<br />
Übungsvorbereitung zu vertiefen und die<br />
Zusammenarbeit der Reservisten und der aktiven<br />
Truppe zu stärken. Der Auftrag wurde in vollem<br />
Umfang erfüllt. PIZ Sanitätsdienst