Bw-Beachen 2011 - FöG
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2 Die Bundeswehr Juli <strong>2011</strong><br />
Berlin. Die Bundeswehr geht ungeachtet<br />
der jüngsten Attentate in<br />
Afghanistan von einer deutlichen<br />
Schwächung der Taliban aus. Man<br />
stelle sich aber auf weitere Sprengstoffanschläge<br />
ein, sagte ein Ministeriumssprecher<br />
der Nachrichtenagentur<br />
dpa. Die Aufständischen hätten<br />
nur noch diese eine Angriffsmöglichkeit<br />
gegen die internationale<br />
Schutztruppe Isaf.<br />
Der Sprecher widersprach damit<br />
einem Bericht der „Bild“-Zeitung,<br />
nach dem die Schlagkraft der Taliban<br />
größer sein soll als bisher angenommen.<br />
In den vergangenen Wochen<br />
waren bei drei Attentaten vier deut-<br />
Notiert: Afghanistan<br />
Bundeswehr hält Taliban weiterhin für geschwächt<br />
Kommandeur<br />
entgeht Anschlag<br />
Kundus/Berlin. Der ranghöchste<br />
deutsche Kommandeur in der nord -<br />
afghanischen Unruheprovinz Kundus<br />
ist bei einem Bombenanschlag<br />
mit dem Schrecken davongekommen.<br />
Wie die Bundeswehr mitteilte,<br />
war Oberst Norbert Sabrautzki, der<br />
Chef des regionalen Wiederaufbauteams<br />
(PRT), auf dem Weg zu einer<br />
Sicherheitsbesprechung mit afghanischen<br />
Behörden, als sein Konvoi<br />
am Stadtrand von Kundus mit<br />
einem Sprengsatz angegriffen wurde.<br />
Drei Zivilisten starben. Die radikal-islamischen<br />
Taliban bekannten<br />
sich zu der Tat. dpa<br />
Obama kündigt<br />
Truppenabzug an<br />
Washington. In einer Rede an die<br />
Nation will US-Präsident Barack<br />
Obama konkrete Zahlen zum Truppenabzug<br />
aus Afghanistan nennen.<br />
Der Präsident habe sein nationales<br />
Sicherheitsteam bereits über die Pläne<br />
informiert, sagte Regierungssprecher<br />
Jay Carney. Der Abzug solle,<br />
wie schon vor längerer Zeit angekündigt,<br />
im Juli beginnen und bis 2014<br />
abgeschlossen sein. Details ließ Carney<br />
allerdings offen.<br />
US-Medien hatten berichtet,<br />
dass bis Ende <strong>2011</strong> rund 10 000 Soldaten<br />
aus Afghanistan abziehen sollen,<br />
die Hälfte davon bereits im Juli.<br />
Bis Ende 2012 solle die Truppenstärke<br />
um 30000 schrumpfen. Zurzeit<br />
sind etwa 100 000 US-Soldaten im<br />
Einsatz. Ende 2009 hatte Obama das<br />
US-Kontingent noch um gut 30 000<br />
Mann aufgestockt. Bis 2014 wollen<br />
USA und Nato die Verantwortung an<br />
afghanischen Sicherheitskräfte übergeben.<br />
dpa<br />
sche Soldaten ums Leben gekommen.<br />
Der Sprecher bekräftigte, dass<br />
in den vergangenen 18 Monaten im<br />
nordafghanischen Einsatzgebiet der<br />
Bundeswehr Erfolge im Kampf<br />
gegen die Taliban erzielt und die<br />
Aufständischen deutlich zurückgedrängt<br />
worden seien. Es sei dennoch<br />
nicht auszuschließen, dass es in<br />
nächster Zeit „vermehrt“ zu Sprengstoffanschlägen<br />
kommen werde.<br />
„Das ist das, was ihnen verblieben ist<br />
an Möglichkeiten.“ Zu Gefechten<br />
seien die Taliban nicht mehr in der<br />
Lage. „Sie wagen nicht mehr die<br />
offene Konfrontation mit der Isaf.“<br />
Die „Bild“-Zeitung hatte zuvor unter<br />
Berufung auf interne und als geheim<br />
eingestufte Bewertungen der Bundeswehr<br />
berichtet, die Taliban seien<br />
in der Unruheprovinz Baghlan<br />
„unverändert im Raum vorhanden“<br />
und hätten einen „bewussten Strategiewechsel“<br />
vollzogen.<br />
Informationen der „Bild“, nach<br />
denen die Bundeswehr vorab über<br />
einen Anschlag auf den Gouverneurssitz<br />
in Talokan informiert worden<br />
sein soll, dementierte der Ministeriumssprecher.<br />
Bei dem Attentat<br />
Ende Mai waren auch zwei deutsche<br />
Soldaten getötet worden. Auch über<br />
eine in dem Bericht dargelegte indirekte<br />
Verwicklung des afghanischen<br />
Geheimdienstes in einen Anschlag<br />
auf einen deutschen Schützenpanzer<br />
mit einem Toten habe die Bundeswehr<br />
keine Erkenntnisse.<br />
Die Grünen forderten eine<br />
umgehende Unterrichtung des Parlaments<br />
über die Sicherheitslage im<br />
Einsatzgebiet der Bundeswehr.<br />
„Man kann nicht im Verteidigungsausschuss<br />
immer wieder auf der<br />
Grundlage falscher Annahmen über<br />
die Sicherheitslage in Afghanistan<br />
diskutieren“, sagte der Grünen-Verteidigungsexperte<br />
Omid Nouripour<br />
der Nachrichtenagentur dpa. Er warf<br />
dem Ministerium vor, die Lage<br />
schönzufärben. dpa<br />
BundeswehrVerband fordert Afghanistan-Gipfel<br />
Berlin. Nach der jüngsten<br />
Anschlagsserie gegen die deutschen<br />
Truppen in Afghanistan (siehe auch<br />
Seiten 10/11) hat der Bundeswehr-<br />
Verband ein Treffen aller zuständigen<br />
Regierungsvertreter unter Leitung<br />
von Bundeskanzlerin Angela<br />
Merkel zu dem Thema gefordert.<br />
Dabei sollte auch überprüft werden,<br />
ob die Truppenstärke noch einmal<br />
erhöht werden müsse, bevor man mit<br />
dem Abzug beginne, sagte Verbandschef<br />
Ulrich Kirsch der „Süddeutschen<br />
Zeitung“. „Die Regierung<br />
führt zu allen möglichen Themen<br />
Klausurtagungen durch, nur bei<br />
einem so wichtigen Thema, wo es um<br />
Leben und Tod geht, passiert nichts.“<br />
Überdies forderte Kirsch eine<br />
Überprüfung der politischen und<br />
militärstrategischen Konzepte für<br />
den Einsatz am Hindukusch insgesamt:<br />
„Wir trauern um den vierten<br />
gefallenen Soldaten in neun Tagen.<br />
Die Taliban legen derzeit ein<br />
erschreckendes Tempo bei ihren<br />
Anschlägen vor. Es wird Zeit, dass<br />
Bundesregierung und Parlament reagieren.“<br />
Derzeit seien die Antworten der<br />
deutschen Politik auf die Situation in<br />
Afghanistan nicht ausreichend, so<br />
Kirsch. „Unsere Soldatinnen und<br />
Soldaten stellen sich täglich tödlicher<br />
Gefahr und ertragen schwierigste<br />
Bedingungen in heldenhafter Art<br />
und Weise. Sie verdienen mehr als<br />
das immer gleiche ,weiter so’. Wir<br />
fordern eine umfassende Überprüfung<br />
der politischen und militärstrategischen<br />
Konzepte.“<br />
Mit Blick auf die Äußerungen<br />
von Thomas de Maizière auf dem<br />
evangelischen Kirchentag in Dresden<br />
sagte Oberst Kirsch: „Der Ver-<br />
teidigungsminister hat recht: Wer<br />
nichts tut, wird auch schuldig. Das<br />
gilt für die Frage nach militärischem<br />
Eingreifen generell, aber ebenso an<br />
dieser Stelle. Wer deutsche Soldaten<br />
in den Krieg schickt, schuldet ihnen<br />
eine regelmäßige Überprüfung der<br />
Grundlagen und Ziele des Einsatzes.“<br />
Die Bundeswehr ist derzeit mit<br />
rund 5000 Soldaten in Afghanistan<br />
im Einsatz. Die Truppe war im vergangenen<br />
Jahr noch einmal aufgestockt<br />
worden, um die Ausbildung<br />
afghanischer Sicherheitskräfte weiter<br />
voranzutreiben. Spätestens zum<br />
Jahreswechsel soll der Abzug begin-<br />
Masar-i-Scharif.<br />
Zwei Wochen<br />
nach einer bei -<br />
spiellosen An -<br />
schlagsserie ge -<br />
gen die Bundeswehr<br />
hat Verteidigungsminister<br />
Thomas de Maizière<br />
den Soldaten<br />
in Afghanistan<br />
mit einem<br />
Überraschungsbesuch<br />
den Rücken gestärkt. Im<br />
Hauptquartier in Masar-i-Scharif<br />
und in Kundus ließ er sich über die<br />
Operationsplanung unterrichten<br />
und warb bei den Soldaten für seine<br />
Reformpläne. Er wolle sich ein<br />
„ungeschminktes Bild“ der Lage<br />
machen, sagte er.<br />
Es war der zweite Truppenbesuch<br />
de Maizières seit seinem Amtsantritt.<br />
In Kundus sprach er auch mit<br />
nen, wenn die Lage es zulässt. Kirsch<br />
stellte diese Abzugsstrategie in Frage.<br />
Soldaten im Einsatz hätten ihm<br />
gesagt, dass immer noch Soldaten<br />
fehlten, um die Ausbildungsziele zu<br />
erreichen. Sie verlangten mindestens<br />
zwei zusätzliche ISAF-Ausbildungsund<br />
Schutzbataillone, also an die<br />
1400 Soldaten. „Be vor wir abziehen,<br />
müssen wir alles tun, damit die Taliban<br />
nicht wieder an die Macht kommen“,<br />
sagte Kirsch. „Ich sage, dass<br />
dafür noch mehr getan werden muss,<br />
und kann dabei nur diejenigen als<br />
Zeugen aufrufen, die uns bitten:<br />
,Schickt uns mehr Kräfte, wir sind<br />
hier zu wenige.’“ dpa/eb<br />
Minister nach Anschlagsserie in Afghanistan<br />
Spezialkräften der Task Force 47,<br />
die für die Aufklärung und Terrorbekämpfung<br />
eingesetzt werden.<br />
Die Bundeswehr hatte Ende Mai<br />
und Anfang Juni drei Anschläge<br />
innerhalb von neun Tagen zu verkraften.<br />
Dabei fielen vier Soldaten,<br />
zwölf wurden verwundet, darunter<br />
der Kommandeur der Bundeswehr<br />
in Afghanistan, Generalmajor Markus<br />
Kneip. dpa<br />
Foto: dpa