Download - Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft mbH
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»Unablässig, unaufhaltsam,<br />
allgewaltig naht die Zeit.«<br />
Adelbert von Chamisso<br />
(1781 – 1838), deutschfranzösischer<br />
Dichter <strong>und</strong><br />
Naturforscher<br />
FORUM DREI | NOVEMBER 2006<br />
DENKMALSCHUTZ –<br />
KOSTE ES, WAS ES WOLLE?<br />
Dies vornweg: Die politischen <strong>und</strong> juristischen<br />
Instrumentarien scheinen mir<br />
als Rahmenbedingungen für den Denkmalschutz<br />
in Deutschland durchaus<br />
ausreichend zu sein. Dies zeigt sich am Stellenwert,<br />
den Erhaltung <strong>und</strong> Sanierung, Wiedererrichtung<br />
<strong>und</strong> Rekonstruktion von Denkmälern in<br />
Deutschland einnehmen. Es gibt einen breiten<br />
gesellschaftlichen Konsens, Kulturdenkmäler zu<br />
erhalten, es gibt ein großes öffentliches Interesse<br />
am Thema Denkmalschutz, <strong>und</strong> es gibt<br />
eine klar geregelte Kompetenz. Schwieriger zu<br />
beantworten ist allerdings, wie sich die förderrechtlichen<br />
<strong>und</strong> finanziellen Rahmenbedingungen<br />
so gestalten lassen, dass die Eigentümer<br />
ihre gesetzliche Verpflichtung zum Denkmal-<br />
ALTE STADT. NEUE STADT.<br />
schutz erfüllen können.<br />
Hier ist zu konstatieren,<br />
dass derzeit vornehmlich<br />
mit steuerlichen Vergünstigungen<br />
Anreize gesetzt<br />
werden, Denkmäler zu<br />
erhalten. Damit wird zum<br />
einen der Kreis der begünstigten<br />
Eigentümer<br />
unnötig eingegrenzt; zum anderen wird die<br />
gezielte Förderung von prioritär zu konservierenden<br />
Denkmälern erschwert. Die Denkmalpflege<br />
verliert unnötig Steuerungsmöglichkeiten.<br />
Es steht die Frage im Raum, ob denkmalgeschützte<br />
Gebäude so lange „konserviert“<br />
Fortsetzung auf Seite 25<br />
22 23<br />
PRO<br />
Dr. Dieter Bartetzko, Leiter des Ressorts Architektur, Denkmalpflege <strong>und</strong> Archäologie<br />
im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung<br />
Die Zeiten für den Denkmalschutz in<br />
Deutschland sind, drastisch gesagt,<br />
lausig. Dies festzustellen, genügt ein<br />
täglicher Blick in die Zeitungen.<br />
Momentan ist darin der Verlust zweier Denkmäler<br />
von b<strong>und</strong>esweiter, ja europäischer Bedeutung<br />
ein Hauptthema: die „Bergwerksdirektion“<br />
in Saarbrücken <strong>und</strong> die Großmarkthalle in Frankfurt<br />
am Main. Erstere, ein exzellentes Beispiel<br />
für den Monumentalismus der Jahrh<strong>und</strong>ertwende,<br />
soll für ein Einkaufszentrum entstellend<br />
umgebaut werden. Letztere, das wohl größte<br />
expressionistische Bauwerk<br />
Deutschlands, soll<br />
als künftiges Foyer der<br />
Europäischen Zentralbank<br />
etwa ein Viertel seiner<br />
Originalsubstanz verlieren.<br />
Beide Gebäude sind<br />
denkmalgeschützt, beide<br />
verloren auf städtischen<br />
CONTRA<br />
Druck im Namen der Standortmaximierung <strong>und</strong><br />
des internationalen Wettbewerbs ihren gesicherten<br />
Status.<br />
Was den rigorosen Umgang mit historischen<br />
Bauten angeht, so sind Ost- <strong>und</strong> Westdeutschland<br />
völlig wiedervereint. In den ostdeutschen<br />
Städten, die man wegen ihres umfangreichen<br />
historischen Bestands in den ersten Nachwendejahren<br />
gefeiert hatte, wird zunehmend abgerissen.<br />
Abwanderung, Leerstand, Überalterung<br />
<strong>und</strong> leere Kassen lauten hier die Totschlagargumente,<br />
wenn Einspruch laut wird gegen das<br />
Beseitigen – „vom Markt nehmen“ lautet die<br />
beschönigende Formulierung – ganzer Straßenzüge.<br />
Der Rat, oft genug schon die verzweifelte<br />
Bitte der Denkmalpfleger, lautet, man solle<br />
„Denkmal-Bevorratung“ betreiben. Konkret: Leer<br />
stehende historische Wohnzeilen oder Einzelbauten,<br />
bemerkenswerte historische Industrieanlagen<br />
oder Siedlungen sollten in ihrem<br />
Fortsetzung auf Seite 24<br />
Peter Stubbe, Geschäftsführer der <strong>Leipziger</strong> <strong>Wohnungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Baugesellschaft</strong> LWB