rudolf herz
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zuGzWANG, 1999<br />
rauminstallation mit Siebdrucken von Porträts von Marcel duchamp und Adolf hitler<br />
Ausgestellt in: „das XX. Jahrhundert. ein Jahrhundert Kunst in deutschland“<br />
hamburger Bahnhof, Berlin 1999<br />
von der Annahme aus, dass der Niedergang des totalitären<br />
Sozialismus auch nachhaltige Erschütterungen<br />
der Identität der westlichen Kunst und Kultur zur Folge<br />
hat und stellt die Frage, was diese Situation für die praktische<br />
und theoretische Weiterentwicklung einer Kunst<br />
bedeutet, die sich auf Gesellschaftskritik und Utopie<br />
gründet.“ 10 Schauplatz (1988) im Kunstforum unter der<br />
Münchener Maximilianstraße thematisiert mit einer<br />
wandfüllenden Vergrößerung des Schlussbildes aus Sergej<br />
Eisensteins Stummfilm „Panzerkreuzer Potemkin“<br />
(1925) hinter einer Reihe von roten Pfeilern die gescheiterte<br />
Revolte von 1905 und deren erstarrte Reproduktion<br />
in der ritualisierten sowjetischen Propaganda. Metallene<br />
Fahnen und Transparente ohne Schriftzüge erscheinen<br />
als standardisierte Medien politischer<br />
Agitation. Der rote Keil (1989) nimmt die revolutionäre<br />
Ästhetik El Lissitzkys auf. Lenins Besen (1988, Abb. 5)<br />
steht nicht mehr für die Gewalt, die vom Volke ausgeht,<br />
sondern ist als Bronzeskulptur wie für die Ewigkeit stillgestellt.<br />
Andererseits zeigen sich eben auch selbstzerstörerische<br />
Kräfte in jeglicher ideologischer Verhärtung.<br />
Eine Installation fragt nach künftigen Vorstel-<br />
lungen von der Geschichte einer proletarischen<br />
Revolution, die auf Volksgemeinschaft, auf Gleichheit<br />
und Freiheit der Menschen gerichtet war. „Das ist eine<br />
epochale Zäsur. Das betrifft die Krise der ganzen Aufklärungskultur,<br />
die Schwäche und den Leerlauf der<br />
Kunst. Bei der Linken gibt es eine phänomenale Verdrängung<br />
ihrer eigenen Geschichte, ihrer Utopien und den<br />
Verlust ihrer Kritikfähigkeit. Man will am liebsten vergessen<br />
und propagiert die freiwillige Gleichschaltung.<br />
Dieser Epochenbruch ist noch gar nicht begriffen.“ 11 Autodemontage<br />
realisiert Herz im Jahr 1992. Jetzt stellt er<br />
einen sowjetischen Militärtransporter, mit einem gigantischen<br />
Sowjetstern beladen, vor das Kunstmuseum<br />
Schwerin (Abb. 3).<br />
Mit der Werkgruppe Entladung der Militanz (1996, Abb.<br />
1) bezieht sich Herz auf die ideologisch gegründete und<br />
sich selbst zerstörende Energie der terroristischen Rote<br />
Armee Fraktion. Betonpfeiler mit den Namen der Terroristen<br />
tragen – gleichsam als Kapitell -– Autobatterien<br />
mit geplatzten und verglühten Starterkabeln, Metapher<br />
für die fatale Fehleinschätzung des systemkritischen<br />
Veränderungswillens in der bürgerlichen Gesellschaft,<br />
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