rudolf herz
rudolf herz
rudolf herz
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
November 1923“ während des Hitler-Ludendorff-<br />
Putsches und nach der Machtergreifung 1933 zum Ort<br />
des Gedenkens der gefallenen Helden der nationalsozialistischen<br />
Bewegung wurde. Das rechteckige Schild trug<br />
auf blauem Grund die gelbe Inschrift: „Juden in aller<br />
Welt bitte kehrt zurück, wenn Ihr wollt.“ 24 Dass eine solche<br />
Geste nur kontrovers aufgenommen werden konnte,<br />
war absehbar. Im selben Jahr entwickeln die Künstler im<br />
Rahmen eines städtebaulichen Wettbewerbs den Plan<br />
für zwei Biotope auf den Fundamenten der Ehrentempel<br />
an der Brienner Straße in München. Hier waren von den<br />
Nationalsozialisten Sarkophage mit den Toten des Novemberputsches<br />
1923 aufgestellt. Die Inschrift „Nie wieder<br />
Leben für Deutschland geben“ sollte hier in Marmor<br />
eingemeißelt werden. Auch dieses Projekt wurde zurückgewiesen.<br />
Rot ist dann nur noch die Farbe des Blutes heißt eine<br />
Intervention, die Rudolf Herz und Thomas Lehnerer 1993<br />
für die Alte Polizeidirektion Baden-Baden konzipieren.<br />
Herz bedeckt alle Fenster mit roten Folien und lässt das<br />
Gebäude für zwei Wochen durch eine Lichtinstallation<br />
von innen rot erglühen. Zusammen mit einem von Thomas<br />
Lehnerer aus einem Stück Fleisch geschnittenen<br />
Kopf auf einem Eisenständer hinter einem Gitter wird so<br />
auf die Geschichte des leer stehenden Gebäudes verwiesen.<br />
25 Es diente als Ort der Macht - und ihres Missbrauchs<br />
– örtlichen Polizeikräften und der Gestapo in der sog.<br />
„Reichskristallnacht“ 1938 dazu, verhaftete jüdische<br />
6<br />
INdIeN uNd NIchT AMerIKA, 2000<br />
Buchstaben aus Stahl in Kreisform (durchmesser ca.8 m)<br />
campus universität Konstanz<br />
Mitbürger zu sammeln, zu verhören und zu misshandeln<br />
und schließlich in das Internierungslager Gurs zu verschleppen.<br />
Rudolf Herz und Reinhard Matz gehen als Preisträger<br />
aus dem weltweit ausgeschriebenen Wettbewerb zum<br />
„Mahnmal für die ermordeten Juden Europas“ hervor<br />
und reichen 1997 zur zweiten Stufe den Vorschlag Überschrieben<br />
ein (Abb. 9). 26 Auf der Autobahn 7 sollte der<br />
Kilometer 334 südlich von Kassel in beiden Fahrtrichtungen<br />
wie auf den Reichsautobahnen der NS-Zeit mit<br />
Kopfsteinpflaster gepflastert und die Geschwindigkeit<br />
auf 30 km/h begrenzt werden. Die Fahrspuren sollten in<br />
der Art eines Autobahnwegweisers überschrieben werden,<br />
der den Schriftzug „Mahnmal für die ermordeten<br />
Juden Europas“ tragen sollte. Das Grundstück neben<br />
dem Brandenburger Tor, das für das Holocaust-Denkmal<br />
vorgesehen war, sollte verkauft werden und eine Bronzetafel<br />
auf das Mahnmal auf der Autobahn verweisen.<br />
Der Erlös sollte das Gründungskapital für die „Stiftung<br />
zur Unterstützung heute verfolgter Minderheiten“ bilden<br />
und damit über das Gedenken hinaus zivilgesellschaftlich<br />
wirksam, die bloß ästhetische Funktion des Denkmals<br />
in soziale Wirksamkeit überführt werden: „Wir<br />
stellen uns mit unserem Projekt der Frage kollektiver<br />
Erinnerung. Unser Vorschlag ist ein Test auf die Bereitschaft<br />
der deutschen Gesellschaft, welchen Preis sie bereit<br />
ist, für eine lebendige Erinnerung an den Holocaust<br />
zu zahlen und wie sie sich darüber verständigt.“ 27<br />
7