Ärzteblatt November 2008 - Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern
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Wahrscheinlichkeit vermeidbar gewesen, wäre die<br />
Operation zwei Tage früher ausgeführt worden. Dadurch<br />
hätte man sich auch auf die kurzstreckige Resektion<br />
des total nekrotischen Darmsegmentes beschränken<br />
können, was keine Auswirkungen auf die Resorptionsleistung<br />
des Dünndarms gehabt hätte.<br />
Als Folgen des vermeidbaren Behandlungsfehlers werden<br />
gesehen:<br />
- Der erweiterte Eingriff als solcher mit verlängerter klinischer<br />
Behandlung und Rekonvaleszenz.<br />
- Die durch den Darmverlust bedingten Gesundheitsbeeinträchtigungen<br />
mit Gewichtsverlust, Leistungsmangel und<br />
Durchfällen.<br />
- Beeinträchtigung der Lebensqualität, Schulausfälle und<br />
häufige ärztliche Behandlungen.<br />
Korrektur<br />
AUSGABE 11/<strong>2008</strong> 18. JAHRGANG<br />
RECHT / GESCHICHTLICHES<br />
Inwieweit der Dünndarmverlust zu einem Dauerschaden im<br />
Sinne eines substitutionsbedürftigen Kurzdarmsyndroms<br />
führt, war zum Begutachtungszeitpunkt noch nicht endgültig<br />
zu beurteilen. Dies wäre Aufgabe eines noch einzuholenden<br />
gastroenterologischen Gutachtens.<br />
Die Schlichtungsstelle schloß sich den Wertungen des Gutachters<br />
in allen Punkten an und empfahl eine außergerichtliche<br />
Regulierung mit dem Hinweis, die Frage eines möglicherweise<br />
fehlerbedingten Dauerschadens in angemessener Zeit durch<br />
ein gastroenterologisches Gutachten klären zu lassen.<br />
Verfasser:<br />
Professor Dr. med. Heinrich Vinz<br />
Ärztliches Mitglied der Schlichtungsstelle für<br />
Arzthaftpflichtfragen<br />
Hans-Böckler-Allee 3, 30173 Hannover<br />
zum Artikel der Schlichtungsstelle „Letaler Ausgang eines Hyperthyreoserezidivs durch Jodkontamination im<br />
Rahmen einer Herzkatheteruntersuchung“ im Heft 9/<strong>2008</strong>, S. 304 f<br />
Wir bedanken uns für den Leserhinweis, der uns auf einen Fehler in dem o. g. Beitrag aufmerksam gemacht hat. In dem<br />
Artikel wird mehrfach die Therapie mit Metamizol erwähnt, das ist falsch, richtig muß es jeweils Thiamazol (Methizol ® )<br />
heißen. Wir bedauern den Fehler und bitten vielmals um Entschuldigung.<br />
Was „Gichtzettel“ erzählen<br />
Immer wieder haben Medizinhistoriker im Stralsunder<br />
Stadtarchiv nach sogenannten „Gichtzetteln“ gesucht, lange<br />
Zeit ohne Erfolg. Erst mit intensiver Erschließung besonders<br />
der Akten des Stralsunder Gerichtswesens entdeckten<br />
Mitarbeiter etwa zwanzig solcher Original-Gichtungen. Ein<br />
„Gichtzettel“ hat nichts mit der Krankheit zu tun, die zumeist<br />
ältere Menschen befällt, sondern mit dem ausgestorbenen<br />
besonders im Niederdeutschen gebräuchlichen Wort<br />
gichten = bezeugen.<br />
Im Bereich der Medizin bedeutete es soviel wie: den Zustand<br />
einer Wunde und damit auch eines Patienten bezeugen.<br />
Ein „Gichtzettel“ war demnach ein ärztliches Attest.<br />
Die im Stralsunder Stadtarchiv vorliegenden Atteste – fast<br />
alle aus dem 18. und 19. Jahrhundert – sind von Stralsunder<br />
Stadtwundärzten ausgestellt worden, die zur Berufsgruppe<br />
der Stadtbarbiere gehörten. Sie allein hatten das Recht,<br />
derartige amtsärztliche Zeugnisse zu verfassen und das<br />
„Gichtbuch“ zu führen. Dieses Vorrecht resultierte aus der<br />
angesehenen Stellung der Barbiere, denen auch die Tätigkeit<br />
eines Pestarztes vorbehalten war. In ihrer „Amtsgerech-<br />
tigkeit“ ist zu lesen, daß „...eß sein beinschrötigte oder<br />
Fleischwunden, bluthlos, braun, blaw, der erste Verband<br />
beim Geschworenen Stadtbarbiere verbleibt“. Nur im Notfall<br />
durften ihre weniger angesehenen Berufskollegen, die<br />
Bader, solche Fälle behandeln bzw. nachbehandeln.<br />
Vor Gericht dienten die „Gichtzettel“ als Beweis für begangene<br />
Körperverletzung oder Tötung und so als Grundlage<br />
für die Anklage.<br />
Diese Atteste werfen oft ein bezeichnendes Licht auf die<br />
sozialen Verhältnisse, z.B. in den Werkstätten. So bestätigt<br />
der Stadtwundarzt Kratzenstein im Jahre 1846 mehrmals,<br />
daß Schuhmacherlehrlinge von ihren Lehrmeistern geschlagen<br />
wurden und stark markierte blaue Streifen und Flecken<br />
und Schwellungen an Schultern, Oberarmen und im Gesicht<br />
davongetragen haben.<br />
In einer Akte der „Bavemannschen Vicarie“ finden sich<br />
gleich vier Gichtzettel: Chirurg Krenckel aus Sagard bestätigt<br />
die erfolgreiche „9 wöchige Cur“ eines 13jährigen Jungen.<br />
Dieser habe beim „Abläuten eines Toten Schaden von<br />
der großen Glocke zu Bobbin empfangen, wobey ich zwey<br />
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