Ärzteblatt November 2008 - Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern

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Das Adipositas-Netzwerk Mecklenburg- Vorpommern Im Juni 2006 wurde das Adipositas-Netzwerk Mecklenburg- Vorpommern unter dem Dach des Vereins Vernetzte Gesundheit in Greifswald gegründet. Am 20. August 2008 wurde dem Verein vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus ein Fördermittelbescheid übergeben, so daß das Adipositas-Netzwerk durch einen Netzwerkmanager zu einem flächendeckenden Verbund für das gesamte Land Mecklenburg-Vorpommern ausgebaut werden kann. Zudem wurde das Adipositas-Netzwerk in den im Juni 2008 publizierten „Landesaktionsplan zur Gesundheitsförderung und Prävention“, des Ministeriums für Soziales und Gesundheit Mecklenburg-Vorpommern aufgenommen. Hintergründe In den westlichen Industrieländern ist die Häufigkeit von Übergewicht und Adipositas in den letzten Jahrzehnten bei Kindern und Jugendlichen deutlich angestiegen. Im „bundesweiten Kinder- und Jugendgesundheits-Survey (KiGGS)“, der 2007 publiziert wurde, betrug die Prävalenz von Übergewicht und Adipositas bei 14.747 Probanden im Alter zwischen drei und 17 Jahren ca. 15 %. Bis zu 45 % adipöser Kinder und bis zu 85 % adipöser Jugendlicher werden später auch zu adipösen Erwachsenen. Ein niedriger sozialer Status, eine genetische Veranlagung und entsprechende Lebensbedingungen sind entscheidende Einflußfaktoren. Die Assoziationen zwischen Übergewicht und Adipositas, erhöhten Serum-Lipidwerten, erhöhten Nüchternblutglukosewerten, einer verminderten Glukosetoleranz, arterieller Hypertonie sowie einer erhöhten Inzidenz kardiovaskulärer Erkrankungen sind seit mehreren Dekaden bekannt. Parallel zum Prävalenzanstieg von Übergewicht und Adipositas steigt auch die Häufigkeit von Diabetes mellitus, arterieller Hypertonie und kardiovaskulären Erkrankungen. Dieser Anstieg wurde nicht nur für Erwachsene, sondern auch für Kinder und Jugendliche dokumentiert. In den USA werden ca. 280.000 Todesfälle pro Jahr auf Adipositas mit ihren Folgekrankheiten zurückgeführt. In einer 1999 publizierten Untersuchung bei über 450.000 Männern und 580.000 Frauen wurde ein signifikant erhöhtes Mortalitätsrisiko bei einem Body-Maß-Index von über 32 kg/m 2 belegt. Ähnliche Daten wurden aus Großbritannien und der Adipositas-Ambulanz der Universität Düsseldorf berichtet. Obwohl der wissenschaftliche Beweis für eine Verminderung des Mortalitätsrisikos durch eine Gewichtsabnahme AUSGABE 11/2008 18. JAHRGANG AUS DER KAMMER bei Übergewichtigen oder mäßig Adipösen noch aussteht, konnte eine Abnahme für stark Adipöse bei chirurgischer Intervention belegt werden. Auch Belege für die Senkung des Morbiditätsrisikos, des Ausmaßes von Begleiterkrankungen sowie der Prävalenz von Risikofaktoren für Erwachsene liegen vor: So konnte durch eine „Lifestyle“-Intervention, die körperliches Training, Kalorien- und Gewichtsreduktion umfaßte, eine signifikante Senkung von Gesamt- und LDL- Cholesterin bei gleichzeitigem Anstieg von HDL-Cholesterin nachgewiesen werden. Eine amerikanische Untersuchung und die Diabetes Prevention Program Research Group belegten eine Abnahme der Diabetes-Inzidenz. Zudem wurde bereits 1992 gezeigt, daß eine effektive Gewichtsreduktion von 4,5 kg und mehr den Blutdruck um ca. neun mmHg senkt. In der STENO-Studie war eine intensive Intervention bestehend aus körperlicher Aktivität, guter Diabeteseinstellung und der Applikation von ACE-Hemmern, Statinen und Aspirin einschließlich initialer Gewichtsreduktion sogar in der Lage das relative Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse (Infarkt, Schlaganfall, Tod), aber auch Nephro- und Retinopathie bei Patienten mit Typ- 2-Diabetes mellitus, zu senken. Übergewicht und Adipositas können somit heute als chronische Erkrankungen betrachtet werden, die häufig nicht nur mit eingeschränkter Lebensqualität einhergehen, sondern auch mit hohem Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko. Seite 371
AUS DER KAMMER Sie rechtfertigen eine langfristige Betreuung. Die steigende Prävalenz und die erheblichen Auswirkungen von Übergewicht und Adipositas im Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter stellen zunehmende Herausforderungen für die sozioökonomischen Strukturen und die Gesundheitssysteme der betroffenen Länder dar. Das Adipositas-Netzwerk in Mecklenburg- Vorpommern Vor dem Hintergrund der aktuellen Daten zur Epidemiologie, Pathophysiologie und den Risiken von Übergewicht und Adipositas wurde das „Adipositas-Netzwerk Mecklenburg- Vorpommern“ gegründet und in den aktuellen „Landesaktionsplan zur Gesundheitsförderung und Prävention“ (Anlage 3) durch das Ministerium für Soziales und Gesundheit aufgenommen. Seit vielen Jahren existieren im Lande bereits zahlreiche Therapieangebote und Initiativen privater Organisationen, von Kostenträgern, niedergelassenen Kinder-, Allgemein-, Haus- und internistisch tätigen Ärzten, Ambulanzen regionaler Krankenhäuser und der Universitätskliniken sowie spezialisierter Rehabilitationseinrichtungen. Die Erfolge vieler dieser Programme wurden zum Teil bereits evaluiert, sind publiziert und wurden auch auf dem kürzlich organisierten „1. Adipositas-Symposium in Mecklenburg-Vorpommern“ am 12.04.2008 im Gutshaus Stolpe eindrücklich belegt (s. Heft 8/2008, S. 282 ff). Um so wichtiger erscheint es, all diese bewährten Initiativen und Leistungen, sowie bestehende Projekte zu bündeln und im Sinne der optimalen flächendeckenden Versorgung Betroffener, aber auch zur Prävention von Übergewicht und Adipositas, zu koordinieren. Aufgabe des „Adipositas-Netzwerkes Mecklenburg-Vorpommern“ und eines hier zu etablierenden Netzwerkmanagers soll diese landesweite Zusammenfassung und Betreuung sein. Zum Anfang des Jahres 2008 wurde eine Internetpräsentation www.adipositas-mv.de frei geschaltet. Die Internetplattform informiert über vorhandenen Angebote zum Abb.: Das Adipositas-Netzwerk als Bindeglied zwischen den verschiedenen Ebenen der Betreuung, den Betroffenen und einzubeziehenden therapeutischen Disziplinen. Seite 372 ÄRZTEBLATT MECKLENBURG-VORPOMMERN
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