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ForestFinest 2/2015

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WaldWelt<br />

Kakao & Kahlschlag<br />

Kakao und Schokolade schmecken den meisten Menschen und immer mehr können sie sich dank steigendem<br />

Wohlstand auf der Welt leisten. Die großen Süßwarenkonzerne expandieren und längst übersteigt die Nachfrage<br />

nach Kakao das Angebot. Doch die Natur zahlt dafür einen hohen Preis. Denn immer mehr Regenwald muss für<br />

die begehrten Bohnen weichen. Der Hamburger Journalist Oliver Ristau hat die Hintergründe und Konsequenzen<br />

des Kakao-Raubbaus recherchiert.<br />

Er braucht Sonne und hohe Temperaturen, Schatten und regelmäßige<br />

Niederschläge. Sonst fühlt er sich nicht wohl. Der tropische<br />

Regenwald bietet all das, und das macht ihn zur natürlichen<br />

Heimat des Kakaos. Hier, in den Wäldern Mittel- und Südamerikas<br />

bekam er seine Namen Kakawa und Xocolatl, von Olmeken,<br />

Maya und Azteken, von denen nach der Zerstörung ihrer Kultur<br />

durch die spanischen Eroberer nur noch Legenden und alte Bauwerke<br />

zeugen. Längst hat ihr einstiges Gottesgeschenk den Siegeszug<br />

rund um den Globus angetreten.<br />

Heute wird Kakao überall in den Tropen der Erde angepflanzt<br />

– in Afrika, Asien und Südamerika zwischen Äquator und<br />

dem zwanzigsten Breitengrad auf der Nord- und Südhalbkugel.<br />

Allerdings wächst der Kakao für den Weltmarkt längst nicht mehr<br />

wild zwischen anderen tropischen Pflanzen, sondern auf Planta -<br />

gen, für die der übrige Wald weichen musste.<br />

Regenwaldzerstörung en gros<br />

Nirgendwo hat er so viel ursprüngliche Natur zerstört wie in<br />

Westafrika. Dort werden heute rund 70 Prozent des weltweit geernteten<br />

Kakaos angebaut, allen voran in der Elfenbeinküste<br />

(40 Prozent) und Ghana (17 Prozent). Daneben sind Kamerun und<br />

Nigeria bedeutende Produzentenländer. Der Anteil Südamerikas<br />

(vor allem Brasilien und Ecuador) an der globalen Kakaoernte<br />

liegt bei 18 Prozent, der Asiens (vor allem Indonesien und Papua-<br />

Neuguinea) bei elf Prozent.<br />

Nach einem Bericht der Fachzeitschrift Tropical Conservation<br />

Science aus dem März <strong>2015</strong> stieg das für den Kakaoanbau in<br />

Westafrika beanspruchte Land zwischen 1961 und 2000 von drei<br />

auf fünf Millionen Hektar. Das entspricht einem Areal größer<br />

als die Landesfläche der Schweiz. „Ein Großteil der landwirtschaftlichen<br />

Expansion hat auf Kosten des Waldes stattgefunden“,<br />

schreiben die aus der Elfenbeinküste und den USA stammenden<br />

Autoren. „Zu Beginn des 20. Jahrhunderts bedeckte Wald<br />

mit geschlossenem Kronendach in der Elfenbeinküste noch rund<br />

16 Millionen Hektar.“ Heute stehe nur noch ein Viertel davon –<br />

Tendenz weiter fallend angesichts einer Abholzungsrate von jährlich<br />

einem Prozent.<br />

Verbrannte Erde<br />

Das durch den Kakaoanbau zerstörte Regenwaldareal ist erheblich<br />

größer als die Fläche, die aktuell in Bewirtschaftung ist. Denn die<br />

gerodeten Flächen sind nur für kurze Zeit produktiv. 90 Prozent<br />

des weltweiten Kakaos liefern Kleinbauern, deren Plantagen nicht<br />

größer als ein bis fünf Hektar sind. Da der Regenwaldboden nach<br />

wenigen Jahren ausgelaugt ist, keine Nährstoffe zugeführt werden,<br />

lassen die Bauern die degradierten Flächen zurück und begeben<br />

sich auf die Suche nach neuem Land. Dabei dringen sie immer<br />

tiefer in unberührte Gebiete vor. Entscheiden sie sich für ein<br />

Stück Wald, kommen zwei Methoden zum Einsatz, um den Boden<br />

„urbar“ zu machen, wie die Nichtregierungsorganisation<br />

(NGO) Rainforest Partnership beschreibt. Die naturverträglichste<br />

Variante ist, nur einzelne Bäume zu fällen, zwischen die die Kleinbauern<br />

ihre Setzlinge pflanzen. „Die meisten Farmen werden aber<br />

durch die slash-and-burn-Methode angelegt“, so die NGO. Dabei<br />

wird das Areal komplett abgeholzt, die restliche Vegetation abgefackelt<br />

und alles umgegraben.<br />

Dass die Regenwaldzerstörung durch den Kakao in der Elfen -<br />

bein küste anhält, haben die Wissenschaftler belegen können. Die<br />

Forscher untersuchten 23 von der Regierung ausgewiesene<br />

Schutzzonen und Naturreservate im ganzen Land. Das Ergebnis:<br />

flächendeckend wurde der Wald abgeholzt und stattdessen<br />

Kakao angepflanzt. „Wir fanden in 20 von 23 Schutzgebieten<br />

Kakaofarmen“, schreiben sie in dem Magazinbeitrag. Statt 4400<br />

Quadratkilometer unberührten Waldes entdeckten sie auf 3200<br />

Quadratkilometer Kakaopflanzungen. Die Abholzungen zerstören<br />

nicht nur die Bäume. Mit dem Kahlschlag schwindet auch die<br />

Artenvielfalt. Das betrifft vor allem die Affen. „Es gibt einen starken<br />

Zusammenhang zwischen der Umwandlung in Kakaoplantagen<br />

und dem Verschwinden von Primaten in den Schutzzonen“,<br />

so die Biologen und Anthropologen.<br />

Zerstörerische Zukunft<br />

Der Druck auf die Regenwälder nimmt nicht nur in der Elfenbeinküste<br />

zu. Überall im tropischen Afrika sprießen Kakaofarmen<br />

aus dem Boden, verdrängen urwüchsige Vegetation. So auch in<br />

www.forestTnance.de FF 19

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