FINE Ein Magazin für Wein und Genuss 2|2015
FINE Ein Magazin für Wein und Genuss 2|2015 - Sonderbeilage in der Süddeutschen Zeitung
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Ministerien verhandelt, mit der EU, mit den Produ zenten.<br />
Das war schwierig <strong>und</strong> manchmal frustrierend. Uns war sehr<br />
wichtig, hier der erste Anbieter von japanischem Wagyu zu sein.<br />
Damit wollten wir ein Zeichen <strong>für</strong> die Fleisch kultur setzen.«<br />
Wa-gyu bedeutet übersetzt schlicht »Rind aus Japan«. Das<br />
um 500 Euro pro Kilo teure Fleisch ist nicht nur rar, es hat<br />
einen außergewöhnlichen Geschmack <strong>und</strong> eine butter zarte<br />
Konsistenz aufgr<strong>und</strong> der feinen Fett- Marmorierung. »Wagyu<br />
ist wie Crème Brûlée«, schwärmt Udo Albers, »oben perfekt<br />
knusprig, darunter butterweich, dass man es löffeln könnte,<br />
mit nussig-mildem Geschmack. Wahnsinn!«<br />
Anders als in Deutschland gibt es in Japan genau definierte,<br />
objektive Qualitätskriterien <strong>für</strong> Rindfleisch. Die Kriterien<br />
sind Fleischfarbe, Festigkeit, Textur, Marmorierung <strong>und</strong><br />
dazu Qualität, Farbe <strong>und</strong> Glanz des Fettes. Japanisches Rindfleisch<br />
darf sich nur Kobe-Wagyu nennen, wenn es von den<br />
staatlichen Prüfern mit den Bestnoten bewertet worden ist.<br />
Dazu müssen die Tiere eine eindeutige Genetik aufweisen,<br />
etwa drei Jahre in der Region im Freiland aufwachsen. Das<br />
Futter aus Heu, Gräsern, Sojabohnen, Gerste <strong>und</strong> Weizenkleie<br />
ist das Geheimnis jeden Züchters. Hormone <strong>und</strong> Antibiotika<br />
sind zudem verboten. Doch die Tiere hören weder<br />
Mozart noch werden sie mit Bier massiert. »Diese Stories<br />
sind ein Teil des Mythos«, sagt Frank Albers <strong>und</strong> hebt die<br />
Schultern.<br />
Diese Maßstäbe haben den Import so schwierig gemacht:<br />
»In Kobe werden die Rinder wie Rennpferde gezüchtet.<br />
Jeder zertifizierte Betrieb darf maximal vier<strong>und</strong>dreißig<br />
Tiere besitzen. Das hat mit der Rinderzucht in der EU gar<br />
nichts zu tun. Auch nicht bei den Bio-Produzenten.« Doch<br />
Albers ließ nicht locker. Wieder <strong>und</strong> wieder vereinbarte er<br />
Termine in Ministerien <strong>und</strong> platzierte seine Botschaft: Wir<br />
wollen Wagyu anbieten. <strong>Ein</strong> anspruchsvolles Ziel: Bislang<br />
galt Wagyu reinrassiger Tiere in Japan als Prestige produkt,<br />
als eine Art National heiligtum – das gab es nur bei zertifizierten<br />
Händlern <strong>und</strong> ausschließlich innerhalb der Grenzen.<br />
Kleine Mengen schmuggelten Touristen gelegentlich außer<br />
Landes, größere verließen Japan nie. Doch die schwere Wirtschaftskrise<br />
von 2007 ließ die Verantwort lichen vorsichtig<br />
um denken. Der Export von Waren aller Art war nun ein<br />
wichtiger Faktor. 2012 erlaubten die Behörden erstmals, das<br />
Fleisch von sechsh<strong>und</strong>ertein<strong>und</strong>sechzig Tieren nach Macao,<br />
Hongkong, Thailand, Singapur <strong>und</strong> in die Vereinigten Staaten<br />
zu ver kaufen. Aber nicht in die EU.<br />
Doch dann kam Bewegung in die Sache: Japanische<br />
Züchter saßen bei Albers im Besprechungsraum, um diesen<br />
deutschen Händler kennenzulernen. »Sie fragten: Kann<br />
man Wagyu hier verkaufen? Ich antwortete: Wir importieren<br />
jährlich etwa anderthalb Tonnen Wagyu aus Australien. Das<br />
überzeugte sie.« Pünktlich zur Nahrungsmittelmesse Anuga<br />
2013 traf die offizielle Lieferung der ersten dreih<strong>und</strong>ert Kilo<br />
Wagyu-Entrecôte, -Roastbeef <strong>und</strong> -Filet in Deutschland ein.<br />
Wagyu ist <strong>für</strong> die »Meat Scouts«, wie Frank <strong>und</strong> Udo<br />
Albers von Sterneköchen oft bezeichnet werden, ein<br />
Schlüsselprodukt: »Der Kern unseres Unternehmens ist das<br />
Produkt in seiner bestmöglichen Ausprägung. Das ist nur<br />
möglich, wenn wir es aus Orten beziehen, in denen eine<br />
Kultur <strong>und</strong> Tradition da<strong>für</strong> besteht«, erklärt Frank Albers<br />
seinen Anspruch. Das butterzarte Fleisch bezieht er seit vielen<br />
Jahren schon genehmigungsfrei aus Australien. Die dort mit<br />
Black Angus gekreuzten Tajima-Rinder wachsen unter ebenso<br />
guten Bedingungen auf, doch Geschmack <strong>und</strong> Textur unterscheiden<br />
sich vom japanischen Wagyu. »Das Fleisch ist etwas<br />
kräftiger <strong>und</strong> dichter, es verträgt etwas mehr Hitze, ist aber<br />
fast ebenso zart«, erklärt Udo Albers den feinen Unterschied.<br />
Nach der BSE-Krise stand Albers am Abgr<strong>und</strong>. Der Markt<br />
<strong>für</strong> Rindfleisch war zusammengebrochen. In dieser Zeit kam<br />
Frank Albers als Geschäftsführer wieder ins Unternehmen.<br />
Nach dem Abitur war er mit dem Rucksack durch Amerika<br />
<strong>und</strong> Afrika gereist, hatte beim renommierten französischen<br />
Feinkost-Großhändler Rungis Express eine Lehre<br />
als Groß- <strong>und</strong> <strong>Ein</strong>zelhandelskaufmann gemacht, sich <strong>für</strong><br />
die kulinarischen Spezialitäten der Welt begeistert <strong>und</strong><br />
danach Europäisches Management in Köln studiert. Die<br />
High- Potential- Veranstaltungen der großen Unternehmensberatungen<br />
überzeugten ihn nicht: »War nicht meine Welt.«<br />
Als er im Familienunternehmen einstieg, war ein Krisenmanager<br />
nötig. Udo <strong>und</strong> Frank Albers suchten nach Produkten,<br />
die zu ihnen passten <strong>und</strong> die sie wieder auf Kurs<br />
bringen würden. »Wir haben uns mit Strauß <strong>und</strong> Känguru<br />
aus Austra lien beschäftigt«, erzählt Udo Albers, »da kam<br />
vom Farm betrieb Jack’s Creek eine Probekiste mit australischem<br />
Wagyu. Wir haben das probiert – <strong>und</strong> es hat das Verständnis<br />
unserer Arbeit verändert. Das war so fein, so anders,<br />
dass wir wussten: Das müssen wir machen. So etwas Gutes<br />
gibt’s hier nicht.«<br />
Die beiden entwickelten »ein lückenloses System zum<br />
Erkennen, <strong>Ein</strong>kaufen, Verarbeiten <strong>und</strong> Ausliefern von<br />
Gourmet fleisch der Spitzenklasse«, wie Frank Albers erzählt,<br />
»von der Weide bis zu dem Moment, in dem der K<strong>und</strong>e in<br />
der Gastronomie oder der heimischen Küche das Steak, den<br />
Braten oder das Hähnchen auspackt.« Und sie arbeiten dabei<br />
als Vermittler der Fleischkultur: »Wir erklären unsere Produkte<br />
<strong>und</strong> schenken den K<strong>und</strong>en dabei reinen <strong>Wein</strong> ein. Wir<br />
erzählen den Leuten, wie es ist. Keine Mythen, keine Metzgermärchen.«<br />
Das alles hat Albers zum Premium-Anbieter aufsteigen<br />
lassen. Das edle Fleisch aus Düsseldorf haben Angela<br />
Merkel <strong>und</strong> Barack Obama ebenso gern verspeist wie Bernie<br />
Ecclestone <strong>und</strong> George Clooney.<br />
Die jahrelange Arbeit hat den Blick der beiden ver ändert.<br />
Sie beobachten die Entwicklungen sehr genau. Über<br />
Deutschland fällt Udo Albers kein gutes Urteil: »Hier gibt<br />
es keine Fleischkultur mehr, nur noch auf Hocheffizienz<br />
getrimmte Fleischwerke. Der Preis diktiert die Bedingungen.<br />
In die Schlachthöfe haben Händler wie wir heute keinen<br />
Zutritt mehr.«<br />
Ihr Angus-Rindfleisch in Gourmetqualität beziehen sie<br />
aus Nebraska von den Greater Omaha Packers (GOP), einem<br />
Verb<strong>und</strong> regionaler Farmer <strong>und</strong> Großhändler. 1920 wurde<br />
er gegründet, seine legendäre Fleischqualität hat Weltruf.<br />
»Die Rinder leben draußen auf tausenden Hektar Weideland,<br />
später in sehr großen Freigehegen, sie fressen Gras <strong>und</strong><br />
Körner«, schwärmt Frank Albers, der mindestens einmal<br />
jährlich <strong>für</strong> eine Woche dort ist, »sie bekommen auch keine<br />
vorbeugenden Antibiotika oder Hormone.«<br />
<strong>Ein</strong> GOP-Farmer habe einem Rind übers Fell gestrichen,<br />
<strong>und</strong> sofort gewusst, welche Klassifizierung das Fleisch bekommen<br />
wird, staunt Udo Albers noch heute. »Mit Ultraschallgeräten<br />
können sie vorab checken, wie sich die Marmorierung<br />
ausprägt. Der hatte aber so viel Erfahrung über die<br />
Jahrzehnte gesammelt, dass er die Qualität fühlen konnte.«<br />
Auch in Montana hatten sie auf einer Partnerfarm solch ein<br />
Erlebnis. »Da ging der Farmer mit uns auf die Weide <strong>und</strong><br />
rief die Rinder mit Namen. Da kamen sie angetrabt. Das<br />
mag kitschig klingen – aber uns hat das echt beeindruckt.«<br />
<strong>Ein</strong> Ribeye von solchen Rindern, in der Pfanne zubereitet,<br />
schrumpft keinen Millimeter, es klebt nicht am Boden, keine<br />
Flüssigkeit tritt aus. Seine Textur ist kraftvoll <strong>und</strong> zugleich<br />
zart, das Fleisch fasert nicht. Mehr Steak geht nicht. Für Frank<br />
Albers steckt eine einfache Gleichung dahinter: »Wenn es<br />
dem Tier schlecht gegangen ist, kann das Fleisch nicht gut<br />
sein. Bei unseren Produkten geht es den Tieren gut, es geht<br />
Ambitioniert <strong>und</strong> ehrgeizig: Während sich<br />
Frank Albers mit fast zärtlicher Hingabe um die<br />
inneren Angelegenheiten der Firma kümmert, ist<br />
Udo Albers als eine Art Außenminister <strong>für</strong> die<br />
Kontakte mit Zulieferern <strong>und</strong> K<strong>und</strong>en zuständig.<br />
Im Portfolio von Albers Food steht auch Dry Aged<br />
Beef, das im Klimaschrank mehrere Wochen reift.<br />
den Farmern gut, <strong>und</strong> es geht den K<strong>und</strong>en gut, weil sie Top-<br />
Qualität bekommen. R<strong>und</strong>e Sache. Die Moral kann man<br />
schmecken.«<br />
Zurück im Flur mit den Rinderhälften an der Wand kommt<br />
den beiden eine Frau in weißer Arbeitskleidung ent gegen,<br />
in der Hand einen Teller mit zarten Fleischscheiben <strong>und</strong><br />
einigen Holzspießen – frisch geräuchertes Pastrami, derzeit<br />
ein Klassiker des Street Food. »Den Trend haben wir mit aufgebaut«,<br />
sagt Frank Albers beiläufig zwischen zwei Handygesprächen.<br />
Die Probe schmeckt saftig, zart, mit sehr feinen<br />
Räucheraromen. Albers kostet. »Da brauchst du nicht mal<br />
Salz. Alles richtig so.« Doch trotz Termindruck, Hektik <strong>und</strong><br />
Messe beschäftigt ihn eine Frage: »Ich habe kürzlich ein Steak<br />
probiert, das hatte eine Struktur wie roher Schinken. Das war<br />
aber nicht geräuchert. Ich will wissen, wie man das macht.<br />
Und wer es macht.« Wieder brummt sein Smartphone. •<br />
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