2016 CUMINAIVEL #3
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10 /// FREITAG, 15. JANUAR <strong>2016</strong> <strong>CUMINAIVEL</strong><br />
Flüchtige Begegnungen<br />
zugänglich machen<br />
Marcel Anderwert macht bewegte und bewegende Bilder. Egal, ob über Flüchtlinge<br />
auf der Balkanroute oder am WEF bei den Mächtigen der Erde. Seine Filmbeiträge<br />
werden in ganz Europa gezeigt. Anderwert macht so seine Begegnungen für viele<br />
zugänglich.<br />
Marcel Anderwert berichtet über Flüchtlinge auf der Balkanroute.<br />
Bilder: SRF<br />
dok. Eigentlich ist es einfach der Job des<br />
42-jährigen Fernsehjournalisten Marcel<br />
Anderwert. Da im perfekten Anzug mit<br />
weissem, frisch gebügeltem Hemd auf<br />
dem weichen Teppich in der Eingangshalle<br />
des Kongresszentrums, einem der<br />
mächtigsten Männern auflauernd, ein<br />
Statement für Mikrofon und Kamera<br />
erhaschend. Dort an einem namenlosen<br />
Waldrand in Ungarn, im verschwitzten<br />
T-Shirt am Boden kniend im Gespräch<br />
mit dem Vater einer syrischen Flüchtlingsfamilie,<br />
welche in der Nacht stundenlang<br />
durch die Wälder marschiert<br />
und über den Stacheldrahtzaun geklettert<br />
ist. Flüchtige Begegnungen, aus denen<br />
der Stoff für Anderwerts Geschichten<br />
sind.<br />
Gegensätze und Gemeinsamkeiten<br />
Ob er sich sicher fühle? Es seien schon<br />
krasse Gegensätze, die er da erlebe. «Sowohl<br />
in Davos als auch in der Flüchtlingsmenge<br />
fühle ich mich als Journalist<br />
sehr sicher.» Das Gemeinsame: überall<br />
viel Stacheldraht. «Das Feindbild ist<br />
aber völlig anders: Die Ungarn wollen<br />
unbewaffnete Flüchtlinge fernhalten.<br />
Der Stacheldraht in Davos dagegen soll<br />
potenzielle Attentäter davon abhalten,<br />
sich den VIPs aus Politik und Wirtschaft<br />
zu nähern.»<br />
Motto und informelle Themen<br />
Motto des diesjährigen WEF ist die sogenannte<br />
«Vierte industrielle Revolution».<br />
Oft seien es aber die informellen<br />
Themen, diejenigen, die näher bei den<br />
«Ja, ich fühle mich<br />
sicher – auf dem<br />
Balkan und in Davos.»<br />
Marcel Anderwert<br />
News seien, welche beschäftigen, wie<br />
es der erfahrene Fernsehjournalist ausdrückt.<br />
Und das sei die Chance von Davos:<br />
Regierungsvertreter von verfeindeten<br />
Staaten halten sich nahe beieinander<br />
auf, sie treffen sich vielleicht im Hotel,<br />
im Kongresszentrum oder an einer Begleitveranstaltung.<br />
«Ich denke, dass die<br />
Flüchtlingsproblematik ein wichtiges<br />
Thema sein wird», so Anderwert.<br />
Bilder für ganz Europa<br />
Innerhalb von SRF ist Anderwert am<br />
WEF dafür zuständig, kleinere Filmbeiträge<br />
zu produzieren, die von Eurovision<br />
in ganz Europa verbreitet werden:<br />
Da gehören Aufnahmen von Prominenten<br />
dazu, wenn sie aus dem Helikopter<br />
steigen, Spürhunde bei der Arbeit, ein<br />
Interview mit dem Bündner Polizeikommandanten<br />
Walter Schlegel und vieles<br />
mehr. Vieles sei geplant. Spannend sei<br />
sein Beruf dort, wo er nicht wisse, was<br />
im nächsten Moment auf ihn zukomme.<br />
Dann, wenn er sich frage: wen treffe ich?<br />
Schaffe ich es, aus einer Begegnung das<br />
Beste herauszuholen und sie zugänglich<br />
zu machen? Sein Mobile, das hin und<br />
wieder auch als professionelle Kamera<br />
dient, summt: «Politiker kurz vor Ankunft<br />
in Davos» – auflauern, Statement<br />
für Mikrofon und Kamera erhaschen:<br />
Eine weitere flüchtige Begegnung, die<br />
Anderwert für sein Publikum zugänglich<br />
macht.