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Von den Alltagsvorstellungen zum globalen Handeln - Plädoyer für

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auf dem besten Wege, das zu „schaffen“ oder doch nachzuschaffen, was alle Zeiten vor uns<br />

als das tiefste und heiligste Geheimnis und Vorrecht der Natur ansahen, das Wunder des<br />

Lebendigen“. Zum Herstellen sagt sie (S.127): „Alles Herstellen ist gewalttätig, und Homo<br />

faber, der Schöpfer der Welt, kann sein Geschäft nur verrichten, in dem er Natur zerstört. (…)<br />

Die moderne Naturwissenschaft und Technik, <strong>für</strong> welche Naturprozesse nicht mehr Objekt<br />

der Beobachtung oder (...) ein Gegenstand der Nachahmung sind, sondern die tatsächlich in<br />

<strong>den</strong> Haushalt der Natur hineinhandeln, scheinen damit Unwiderruflichkeit und Unabsehbarkeit<br />

in einen Bereich getragen zu haben, in dem es kein Mittel gibt, Getanes und<br />

Geschehenes rückgängig zu machen. Damit habe man sich des dem <strong>Handeln</strong> eigentümlichen<br />

Mittels der Wiedergutmachung beraubt und sieht sich nun gezwungen, nicht nur mit dem <strong>für</strong><br />

alles Herstellen notwendigen Gewaltmitteln zu tun, sondern auch gewalttätig ungetan zu<br />

machen (S.233).“<br />

<strong>Von</strong> Hubert Markl, 1997 Präsi<strong>den</strong>t der Max- Planck- Gesellschaft, klingt die gleiche<br />

Erkenntnis im Spiegel 4/1997 über <strong>den</strong> Nutzen der Forschung, ihre Gefahren und ihre<br />

Gefährdung in Deutschland so: „Auf viele der durch Forschung und Technik erzeugten<br />

Probleme gibt es keine andere Antwort als neue Forschung und bessere Technik. Das mag als<br />

Teufelskreis erscheinen, bleibt aber unser Schicksal. Der Mensch muss die Schöpfung<br />

manipulieren, um sie vor ihm selbst zu retten.“<br />

Aufschlussreich ist auch, was Lauda Nader: (Easley 1986, S.160), Professorin <strong>für</strong><br />

Ethnologie an der Universität Kaliforniens, als Mitglied der Projektgruppe „Nukleare und<br />

alternative Energiesysteme“ der National Academy of Science erlebte. Als sie nach sechs<br />

Monaten feststellte, dass kein Mitglied der Projektgruppe jemals das Wort „Sonnenenergie“<br />

verwendet habe, erwiderten zwei männliche Gruppenteilnehmer, die Sonnenenergie sei ein<br />

„Waisenkind“ und stelle intellektuell keine große Herausforderung dar. Für Nader sind männliche<br />

Naturwissenschaftler in <strong>den</strong> Vereinigten Staaten „große Machos“, die nur dann etwas als<br />

intellektuelle Herausforderung ansehen, wenn es möglichst „kompliziert, schwierig und<br />

riskant und nur mit High-Tech und viel Geld“ zu machen ist. Die Erhaltung des Bestehen<strong>den</strong><br />

gilt als etwas Weibliches, wodurch die Kernenergie zu einer außeror<strong>den</strong>tlich männlichen<br />

Sache wird. (…) Sanfte, umweltfreundliche Technik ist „nicht sexy - weil nicht gefährlich,<br />

nicht riskant und nicht kompliziert“. Nader folgert pessimistisch: „Wir sind in unserer<br />

Gesellschaft an einem Punkt angekommen, wo einfache, nahe liegende Lösungen schon gar<br />

nicht mehr in Erwägung gezogen wer<strong>den</strong>“.<br />

Inzwischen gibt es Männer, die sich <strong>für</strong> nahe liegende Lösungen einsetzen z. B. Franz Alt. Er<br />

sagt in „Krieg um Öl oder Frie<strong>den</strong> durch die Sonne“ (2002, S.243): „<strong>Von</strong> Atomfabriken<br />

gehen Gefahren <strong>für</strong> alles Leben aus, Ölraffinerien und Kohlegruben zerstören das Weltklima,<br />

aber Solarfabriken schützen das Leben“. Nicht erst heute geht es um Öl im Krieg. (S.107)<br />

„Bereits im Ersten und Zweiten Weltkrieg ging es um die Erdölfelder des Nahen und<br />

Mittleren Ostens, um die Vorherrschaft im Kaukasus und um die Zukunft der Ressourcen von<br />

Mexiko bis Persien, von Südamerika bis Afrika. (…) Um Hitler oder Stalin oder Saddam<br />

Hussein oder Osama bin La<strong>den</strong> künftig zu verhindern, müssen wir rechtzeitig und präventiv<br />

über die Ursachen von Hitler, Bin La<strong>den</strong> und Konsorten nach<strong>den</strong>ken. (…) Weiter bei Franz<br />

Alt (2002, S.280): Mit <strong>den</strong> Themen „Energieversorgung vom Acker“, „Im Wald wächst<br />

Wärme“, „Gespeicherte Sommersonne <strong>für</strong> <strong>den</strong> Winter“ „Schilfgras statt Atom“ oder<br />

„Landwirte: die Ölscheichs der Zukunft“ wirbt Franz Alt um die Bauern als zukünftige<br />

Rohstofflandwirte. „Neue Arbeitsplätze entstehen im ländlichen Raum – Die Vegetation wird<br />

gefördert statt vernichtet – Die Landflucht wird gestoppt, ländliche Räume wer<strong>den</strong><br />

wirtschaftlich wieder hergestellt – Organischer Müll, Gülle und Klärschlamm können sinnvoll<br />

und gewinnbringend genutzt wer<strong>den</strong>.“<br />

Paul Feyerabend, wissenschaftskritischer Philosoph, plädiert <strong>für</strong> eine demokratische<br />

Wissenschaft, die ohne staatliche Kontrolle unter <strong>den</strong> Augen aller Bürger agieren soll. Ziel ist<br />

eine Gemeinschaft mündiger Individuen innerhalb einer von klar definierten Werten<br />

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