Weilroder Heft 17
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<strong>Weilroder</strong> <strong>Heft</strong> <strong>17</strong><br />
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sie deswegen auch von ihrem Grundstück gejagt. Ich selber habe all die Jahre, soweit<br />
es meine Zeit zuließ, immer gerne und gut mit ihr im DGH zusammengearbeitet. Zwischen<br />
uns war ein regelrechtes Vertrauensverhältnis entstanden. Das war im Rathaus<br />
auch bekannt und so habe ich von dem Drama wegen der Schlüssel auch erfahren. Man<br />
war ratlos und fragte mich, wie man wohl an die Schlüssel kommen könne. Da kam mir<br />
ein Zufall zu Hilfe (eigentlich gemein und schamlos). Eines Abends kam Paula zu mir<br />
gerannt mit den Worten: „Du musst unbedingt mit mir ins DGH gehen, man hat mich<br />
dort schon wieder mal beklaut“.<br />
Ich fragte: „Was hat man dir denn diesmal geklaut“?<br />
Paula: „Jetzt sind die Kaffeefilter weg“. Ich wusste, das konnte nicht sein, die Größe<br />
dieser Kaffeefilter war in keinem Haushalt zu gebrauchen.<br />
Natürlich ging ich mit ihr ins DGH. Sie war völlig außer sich. Nach kurzer Inspektion<br />
waren die Kaffeefilter gefunden und Paula beruhigt. Und jetzt begann meine Gemeinheit.<br />
Beim Verlassen des DGH sagte ich zu ihr: „Komm gib mir die Schlüssel, lasse<br />
mich zuschließen“. Das tat sie dann bereitwillig. Ich schloss ab und ließ den Schlüssel<br />
in meiner Kittelschütze verschwinden, was Paula in ihrer Aufregung nicht wahrnahm.<br />
Ich begleitete sie nach Hause, den Schlüsselbund legte ich daheim bei mir in die Schublade.<br />
Am nächsten Morgen (es muss ein Samstag oder Sonntag gewesen sein) stand<br />
Paula bei „guter Zeit“ in voller Aufregung bei mir vor der Tür mit den Worten: „Was<br />
mach ich nur, ich habe gestern Abend den Schlüsselbund verloren?“<br />
„Nein“, sagte ich mit dem Brustton voller Überzeugung, „den hast du mir mitgegeben<br />
und gesagt, du wolltest ihn nicht mehr haben“. Ich gestehe, ich habe in meinem Leben<br />
selten so dreist gelogen. „Jetzt liegt er bei mir in der Schublade (ich zeigte ihr den Platz)<br />
und da lassen wir ihn wohl auch liegen?“ Sie sagte laut und deutlich; „Ja“. Und damit<br />
war ihre Hausmeistertätigkeit beendet.<br />
Der Gemeindeverwaltung habe ich entsprechend berichtet und damit war dieses Kapitel<br />
auch für mich abgeschlossen. Das Ende der Geschichte war sicher für alle Beteiligten<br />
nicht sehr rühmlich, aber daran war nichts mehr zu ändern.<br />
Kurz vor dem Ende ihrer Hausmeistertätigkeit sollte Paula auch die Küsterstelle aufgeben.<br />
Für sie ein weiteres Drama in ihrem Leben. Ob man sie längerfristig vorher davon<br />
informiert hatte, weiß ich nicht. Das ging relativ kurz aber spektakulär über die Bühne<br />
und ich habe diesen Akt miterlebt. Unser damaliger Pfarrer Rauchhaus erklärte ihr den<br />
Sachverhalt nach dem Gottesdienst im DGH (alle außer mir waren bereits gegangen)<br />
und überreichte ihr einen Blumenstrauß. Paula überlegte einen winzigen Augenblick,<br />
nahm den Blumenstrauß und feuerte ihn vor den Augen des völlig verdutzten Pfarrers<br />
mit den Blumen nach unten in den Mülleimer. Wenn ich mich richtig erinnere, hat Pfarrer<br />
Rauchhaus wortlos und in aller Eile den Ort des Geschehens verlassen. Ich denke,<br />
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