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Porträt<br />
Info:<br />
Gottfried Hudl,<br />
Gablern 18<br />
9141 Eberndorf<br />
Tel.:04236 2760<br />
Wunderwerk<br />
der Natur<br />
Wort: Philip Umlauft, Bild: Georg Pflügl<br />
Im ländlichen Gablern in der<br />
Nähe von Völkermarkt findet<br />
sich einer der neuzeitlichen<br />
Pioniere auf dem Gebiet der<br />
Hanf- und Leinfaserproduktion.<br />
Auf etwa 15 ha wird dort die<br />
alte Kulturpflanze seit 1995 von<br />
dem Bio-Landwirt Gottfried Hudl<br />
wieder kultiviert. Mittlerweile mit<br />
beachtlichem Erfolg.<br />
Hochwertige Öle, Parfüms, Lippenbalsam,<br />
Seife und mit Ausnahme des Hanfbiers<br />
garantiert Rauschfrei.<br />
54 <strong>Rettl</strong> & <strong>friends</strong><br />
Über Jahrhunderte wurde der Hanf unvoreingenommen<br />
kultiviert und seine vielfältigen<br />
Vorzüge genutzt. Ab den 1950er-Jahren wurde<br />
er dann propagandistisch verteufelt und verboten.<br />
Die Kunststoffe lösten dann die einzigartige<br />
Naturfaser ab, jedoch sind gewisse Eigenschaften<br />
bis heute unerreicht. Heutzutage erlebt die<br />
einst verteufelte Pflanze wieder einen wahren<br />
Aufschwung. Die Isolationseigenschaften, etwa<br />
des Hanfstrohs, sind so hervorragend, dass es für<br />
die Verwendung dieses Rohstoffes bereits Förderungen<br />
gibt. Man könnte fast eine 1000-jährige<br />
Garantie auf dieses Dämmmaterial geben,<br />
solange es nicht zu starker Feuchtigkeit ausgesetzt<br />
ist, erklärt der Experte Gottfried Hudl. Es<br />
wäre der perfekte Porozell-Ersatz. Bis heute gibt<br />
es keinen Fall, bei dem das Hanfstroh trotz sachgemäßer<br />
Ernte und Verarbeitung in den Wänden<br />
etwa von Insekten belagert wurde. Auch die<br />
Fähigkeit zur Klimatisierung des Gebäudes,<br />
also der Feuchtigkeitsaufnahme und Abgabe<br />
derselben, ist von synthetischen Materialien unerreicht.<br />
Noch heute werden etwa Seile für die<br />
Schifffahrt und Feuerwehrschläuche aus dieser<br />
robusten und extrem vielseitigen Faser hergestellt,<br />
weil Kunstfasern den extremen Belastungen<br />
im Einsatz nicht gleichwertig standhalten<br />
könnten. Solange die Faser wassergetränkt ist,<br />
lassen sich die Schläuche auch problemlos über<br />
Glut oder durch das Feuer verlegen, ohne dass<br />
sie Schaden nehmen – bis heute durch Kunststoff<br />
unerreicht.<br />
Seife und Parfüms<br />
Dieses unkrautartige Gewächs hat aber neben der<br />
Fasergewinnung noch weitere Qualitäten. Der<br />
Anteil des landläufig als Rauschgift bezeichneten<br />
THC (Tetrahydrocannabinol) ist bei den verwendeten<br />
Sorten derart gering, dass es zu Rauchund<br />
Rauschzwecken gänzlich ungeeignet ist.<br />
Viel interessanter jedoch sind andere Bestandteile,<br />
wie aus Samen gewonnenes Speiseöl und das<br />
ätherische Öl aus den Blütenständen. Aus den<br />
eiweißhaltigen Samen lässt sich nämlich eine<br />
Art Milch und daraus wiederum Käse gewinnen,<br />
der im Vergleich zu Tofu mehr Geschmack auf<br />
den Teller bringt und bei der Produktion gänzlich<br />
ohne Chemie auskommt. Bei Gottfried Hudl gibt<br />
es neben dem hochqualitativen Hanföl auch weitere<br />
Nebenprodukte. So werden aus dem Hanfsamenöl<br />
und den ätherischen Ölen, die mit etwa<br />
3000 Euro pro Liter zu den teuersten der Welt<br />
gehören, hochwertige Seifen, Kosmetikprodukte<br />
und Parfüms gewonnen.<br />
Omega-Fettsäuren<br />
Auf den Feldern des ambitionierten Landwirts<br />
gedeiht neben dem Hanf auch die Leinpflanze,<br />
deren Eigenschaften wohl als stärker toleriert<br />
bezeichnet werden können. Die Pflanze eignet<br />
sich wie der Hanf ebenso gut zur Faser-Erzeugung<br />
und ist gemeinhin besser als Flachs bekannt.<br />
Die hochwertigen Öle aus Hanf und Lein<br />
sind in der Geschichte der Gesundheitslehre<br />
häufig zu finden und erleben heutzutage einen<br />
wahren Aufschwung. So sind etwa die viel gepriesenen<br />
Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren<br />
sowie besonders die kostbare Gamma Linolensäure<br />
(GLA) in noch viel höherer Konzentration<br />
darin zu finden, als in vielen von der Bio-Industrie<br />
vermarkteten Produkten. Letztere wird bei<br />
Hautkrankheiten eingesetzt und wirkt bei Frauen<br />
hormonregulierend.<br />
Hanfseide<br />
Neben der Verwendung in der Baubranche werden<br />
Teile der hochwertigeren Fasern von dünge-<br />
und spritzmittelfreiem Hanf und Lein wieder<br />
vermehrt in der Bekleidungsindustrie nachgefragt.<br />
Die Hanfpflanze verträgt ohnehin keine<br />
Spritzmittel. Nicht zuletzt auch wegen der stetig<br />
steigenden Preise der Baumwolle stellt dieses<br />
Naturprodukt eine interessante Alternative zur<br />
Herstellung von Bekleidung dar. So fanden diese<br />
Fasern auch Einzug in der neuen Kollektion<br />
von Thomas <strong>Rettl</strong>. Eine eigene Hanfseidenlinie<br />
zeigt, was mit derartigen einfach zu kultivierenden<br />
Faserpflanzen möglich ist. Dabei wird die<br />
Hanffaser gemeinsam mit Seidenfasern versponnen<br />
und verarbeitet. Aufgrund der mannigfaltigen<br />
Einsatzmöglichkeiten dieser Gewächse<br />
sollte das dem Hanf zu Unrecht angehaftete<br />
negative Image vielleicht doch etwas überdacht<br />
werden.