Im Schatten von Leuchttürmen
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BioMed X – ein neues I nnovationsmodell<br />
an der Schnittstelle<br />
zwischen akademischer Forschung<br />
und der Pharma-I ndustrie<br />
Dr. Ann De Beuckelaer, Dr. Christian Tidona<br />
Geschäftsfü hrer BioMed X Innovation Center,<br />
Heidelberg<br />
www.bio.mx<br />
Synergien nutzen – Akademie und Pharma zusammenbringen<br />
Mit ü ber 8 0 Milliarden Euro haben die jährlichen Ausgaben fü r<br />
Forschung und Entwicklung in Deutschland im Jahr 2013 ein neues<br />
Rekordhoch erreicht. Zwei Drittel dieser Forschungs- und Entwicklungsleistungen<br />
werden durch die Unternehmen erbracht, ein Drittel<br />
entfällt auf die universitären und außeruniversitären Forschungseinrichtungen.<br />
Trotz dieser hohen Aufwendungen finden beide Partner in<br />
Deutschland nach wie vor zu selten zueinander. Das 2013 in Heidelberg<br />
gegrü ndete BioMed X Innovation Center arbeitet genau an dieser<br />
Schnittstelle zwischen akademischer und industrieller Forschung. Es<br />
baut auf drei S äulen auf: Crowdsourcing, Boot Camps und regionale<br />
Inkubation <strong>von</strong> Innovationsprojekten mit talentierten Nachwuchswissenschaftlern<br />
aus aller Welt in enger Partnerschaft mit Pharma-Unternehmen.<br />
Dieses neue Innovationsmodell und erste Erfolge werden im<br />
Folgenden erläutert.<br />
Crowdsourcing und Boot Camps<br />
J edes Projekt beginnt mit einem bislang ungelösten präklinischen Forschungsproblem,<br />
dessen L ösung einen erheblichen Fortschritt fü r die<br />
Entwicklungspipeline eines Pharma-Partners <strong>von</strong> BioMed X bedeuten<br />
würde. Häufig geht es hierbei um die Aufklärung <strong>von</strong> Pathogenitätsmechanismen<br />
komplexer Erkrankungen und um die Identifikation und<br />
Validierung vollkommen neuer molekularer Targets fü r die Entwicklung<br />
zielgerichteter Arzneimittel. Das bisherige Spektrum bei BioMed<br />
X reicht <strong>von</strong> der Krebsforschung ü ber die Neurowissenschaften und<br />
Lungenforschung bis hin zur Mikrobiologie und Nanotechnologie. In<br />
weltweiten Ausschreibungen an den besten Universitäten und Forschungseinrichtungen<br />
werden talentierte akademische Nachwuchswissenschaftler<br />
aufgefordert, möglichst originelle Projektideen zur<br />
Lösung des jeweiligen Problems einzureichen. Rund 300 Bewerbungen<br />
aus aller Welt erreichen während jeder Ausschreibung durchschnittlich<br />
die BioMed-X-Crowdsourcing-Plattform. Hieraus werden die 1 5 besten<br />
Kandidaten gemeinsam mit dem Pharma-Partner ausgewählt und<br />
zu einem fünftägigen Boot Camp nach Heidelberg eingeladen. Unter<br />
Betreuung erfahrener Mentoren finden sich die Kandidaten in fünf<br />
konkurrierenden Gruppen zusammen und entwickeln aus der Summe<br />
origineller Ideen fünf einzigartige und gut durchdachte Projektvorschläge.<br />
Eine erfahrene J ury aus Vertretern des Pharma-Partners und<br />
des BioMed-X-Beirats prämiert die Gewinner. Diese erhalten ein mehrjähriges<br />
Forschungsstipendium am BioMed X Innovation Center, wo<br />
sie ihre Forschungsprojekte in einem molekular- und zellbiologischen<br />
L abor im Technologiepark Heidelberg inmitten des L ife S ciences Campus<br />
der Universität Heidelberg umsetzen. ber 2.200 Projektideen<br />
aus rund 1 00 L ändern hat BioMed X bisher erhalten. Aktuell beschäftigt<br />
BioMed X 5 7 Mitarbeiter aus 1 7 verschiedenen L ändern in sechs<br />
Forschergruppen, darunter Gruppenleiter und Postdoktoranden aus<br />
namhaften Einrichtungen wie MIT, Harvard oder Oxford.<br />
Regionale Inkubation<br />
Die Bindung zum jeweiligen Pharma-Unternehmen bleibt über die<br />
gesamte Projektlaufzeit sehr eng. Zu Beginn wird der detaillierte Forschungsplan<br />
gemeinsam erarbeitet, wobei die Kreativität der jungen<br />
Nachwuchswissenschaftler durch die Erfahrung der industriellen Forscher<br />
ideal ergänzt wird. Jedes Team wird zudem kontinuierlich <strong>von</strong><br />
einem industriellen und einem akademischen Mentor begleitet und<br />
erhält Zugang zu den Entrepreneurship- und Leadership-Programmen<br />
<strong>von</strong> BioMed X. Der L eistungsdruck ist hoch, denn innerhalb einer L aufzeit<br />
<strong>von</strong> zwei bis vier Jahren sollen echte wissenschaftliche Durchbrüche<br />
erzielt werden, die in herausragende wissenschaftliche Publikationen<br />
und in Patentanmeldungen mü nden. Der rege wissenschaftliche<br />
Austausch mit anderen akademischen Einrichtungen im Umfeld <strong>von</strong><br />
Heidelberg ist dafür essenziell. Innerhalb des Biotech-Clusters Rhein-<br />
Neckar (BioRN) bestehen enge Partnerschaften mit dem EMBL, der<br />
Universität Heidelberg, dem DKFZ und der Hochschule Mannheim.<br />
Erste Erfolge zusammen mit den Pharma-Partnern<br />
Das neuartige Inkubationsmodell wurde 2013 zusammen mit Merck<br />
in Darmstadt initiiert und wirft bereits erste Frü chte ab. Die gemeinsam<br />
entwickelte Bioinformatikplattform fü r selektive Kinase-Inhibitoren<br />
wird im S ommer 2 01 6 als S tart-up-Unternehmen aus BioMed X ausgegrü<br />
ndet. <strong>Im</strong> vergangenen J ahr haben Boehringer Ingelheim, Roche<br />
und AbbVie ebenfalls neue Forschergruppen im BioMed X Innovation<br />
Center etabliert. Für Johnson Johnson rekrutiert BioMed X zurzeit<br />
ein Forscherteam, das sich mit einem mikrobiologischen Thema beschäftigt.<br />
Weitere Projekte befinden sich in der Anbahnung. Neben dem<br />
stetig wachsenden S tandort in Heidelberg sind mittelfristig weitere<br />
BioMed-X-S tandorte in Nordamerika, Israel und Asien geplant.<br />
BioMed X weist einen neuen Innovationsweg<br />
Um Zugriff auf externe Innovationen zu bekommen, war die Pharma-<br />
Industrie bislang im Wesentlichen auf drei Modelle angewiesen:<br />
bilaterale Kooperationen mit der Akademie, bilaterale Kooperationen<br />
mit Biotech-Unternehmen und Public Private Partnerships. Die ersten<br />
Erfolge in Heidelberg belegen, dass BioMed X dieses S pektrum um ein<br />
viertes, bislang einzigartiges Modell erweitert, bei dem durch eine Kombination<br />
aus globalem Crowdsourcing und regionaler Inkubation die<br />
Lücke zwischen Akademie und Industrie systematisch geschlossen wird.<br />
1 8 | D eu ts cher Biotechn ol og ie- R ep ort 2016