Im Schatten von Leuchttürmen
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Interview mit Dr. Klaus Schollmeier<br />
Erfolgreiche Exits –<br />
Erfahrungen eines Profis<br />
Dr. Klaus Schollmeier<br />
CEO SuppreMol GmbH, 2013 bis 2015<br />
CEO Santhera Pharmaceuticals AG, 2004 bis 2011<br />
CEO Graffinity Pharmaceuticals AG, 2003 bis 2004<br />
Herr Schollmeier, was sind die wichtigsten Erfolgsfaktoren für<br />
Biotech-Unternehmen im fortgeschrittenen Entwicklungsstadium<br />
bei der Vorbereitung und Umsetzung strategischer Transaktionen?<br />
Schollmeier: Ich vergleiche das oft mit dem Fliegenfischen: Grundvoraussetzung<br />
ist, dass man sein Revier kennt, am richtigen Tag an der<br />
richtigen Stelle des Flusses ist und abschätzen kann, wo die Forellen<br />
stehen, worauf sie in dem Moment am meisten Appetit haben. Wenn<br />
man jetzt die richtige Fliege präzise präsentiert, bringt man die Forelle<br />
auch zum Steigen. Ob sie dann allerdings die Fliege nur anschaut oder<br />
tatsächlich zubeißt, hängt natürlich auch vom letzten Quäntchen<br />
Glück ab.<br />
Bei SuppreMol haben wir lange an den Fliegen gebastelt: Für unser<br />
klinisches Programm wollten wir einen guten Datensatz aus Phase IIa<br />
mit einer vernünftigen Anzahl Patienten. Auf keinen Fall durften es zu<br />
wenig Patienten sein, sonst könnte das Ergebnis als Zufall interpretiert<br />
werden. Außerdem mussten wir noch ein paar Hausaufgaben machen,<br />
was den Mode of Action betrifft. Vorgaben für unser präklinisches Programm<br />
waren der Abschluss der In-vitro- und In-vivo-Proof-of-Concept-<br />
Arbeiten und ein klarer Projektplan bis Phase II. 2013 und 2014 haben<br />
wir uns daher voll auf Internes, auf den wissenschaftlichen Fortschritt<br />
konzentriert. Da drehte sich alles um Daten, Daten, Daten. Oft haben<br />
wir Wochen über einem Satz klinischer oder präklinischer Daten gesessen<br />
und gebrütet, bis wir ihn voll analysiert und verstanden hatten. Parallel<br />
dazu haben wir intensiv an unserer IP gearbeitet und konsequent<br />
potenzielle Altlasten beseitigt – Persistenz, die sich vielfach bezahlt<br />
macht. Ende 2013 wurde bereits klar, dass wir mit unseren Fliegen<br />
mit guten Erfolgsaussichten fischen gehen können. Los ging es<br />
im Januar 2014 auf der J.P. Morgan. Ab dann waren es neben der<br />
wissenschaftlichen Arbeit im Wesentlichen sauberes Projektmanagement,<br />
gute Teamarbeit und ein enges Alignment mit Board und<br />
Investoren.<br />
Wie sind die Faktoren Finanzierung, Deals, Exit und Business<br />
Development generell in welchen Situationen zu priorisieren?<br />
Schollmeier: Diese Frage kann man nur schwer pauschal beantworten.<br />
<strong>Im</strong> Lebenszyklus eines jeden Biotech-Unternehmens haben Finanzierungen,<br />
Deals und der Exit ihren bestimmten Platz, immer begleitet<br />
<strong>von</strong> einem guten strategischen Business Development. Deals zum Beispiel<br />
müssen oft zur Finanzierung eines Unternehmens herhalten oder<br />
werden als erster Schritt für den Exit <strong>von</strong> Investoren positioniert. Das<br />
sind valide Strategien, wenn sie denn auch als solche gedacht sind und<br />
<strong>von</strong> jedem so verstanden werden. Ein Deal ist ja oft eine langjährige<br />
Partnerschaft mit vielen Verpflichtungen, die man erst einmal einhalten<br />
muss. Das wird häufig vergessen oder vernachlässigt. Bei SuppreMol<br />
standen wir zu einem Zeitpunkt im Prozess auch vor der Entscheidung<br />
zwischen Verkauf oder Lizenztransaktion. Wir haben uns am Ende für<br />
den klaren Exit entschieden, denn das war das zwischen Management<br />
und Investoren vereinbarte Ziel. Oder zum Beispiel das Zusammenspiel<br />
zwischen Finanzierung und Transaktion: Eine Grundregel war für<br />
mich immer, nicht unter zwei Jahren „Runway“ in einen Transaktionsoder<br />
Exitprozess zu gehen. Absolut korrekt. Bei SuppreMol allerdings<br />
sind wir <strong>von</strong> dieser Grundregel abgewichen: Wir haben die Firma im<br />
Neun- bis Zwölfmonatstakt refinanziert. So etwas ist praktisch nur mit<br />
bestehenden Investoren mit hohem Commitment möglich. Unsere<br />
Investoren haben immer geliefert. Daher hatten die Finanzierungsrunden<br />
2013 und 2014 einen gewissen Automatismus, der die dafür<br />
normalerweise aufzuwendende Zeit minimierte.<br />
Gibt es Unterschiede in der Wahrnehmung, Priorisierung und<br />
der Umsetzung dieser Faktoren im Vergleich zwischen den USA<br />
und Europa?<br />
Schollmeier: Das ist schwer einzuschätzen. Viele sagen, die europäischen<br />
Biotech-Unternehmen seien unterfinanziert und daher gezwungen,<br />
strategisch andere Maßnahmen zu ergreifen und andere Entwicklungswege<br />
zu gehen. Das mag so sein. Ich habe bei SuppreMol eine<br />
Beobachtung gemacht, die mich seit 30 Jahren immer wieder begleitet.<br />
Europäische, amerikanische und japanische Unternehmen wurden <strong>von</strong><br />
uns gleichermaßen angesprochen, und zwar Big Phama, mittelgroße<br />
Unternehmen und große Biotech-Unternehmen. In der Endrunde war<br />
dann aber kein einziges europäisches Unternehmen mehr übrig. Vor<br />
allem die US-Unternehmen sind einfach aggressiver und zielgerichte -<br />
ter in solchen Prozessen.<br />
Wo werden dabei am häufigsten Fehler gemacht und welche?<br />
Wie kann man sie vermeiden?<br />
Schollmeier: Was heißt Fehler? Jede Transaktion ist anders. Ich habe<br />
in der Vergangenheit oft gehört, eine Firma werde gekauft und nicht<br />
verkauft. Dieser Glaube ist ein Fehler. Wir sind offen nach außen angetreten<br />
mit der klaren Ansage, dass unsere Investoren bei SuppreMol<br />
bereit sind, SM101 bis Phase II und SM201/211 bis Ende Präklinik zu<br />
finanzieren. Zu diesem Zeitpunkt ist ein Exit anvisiert. Diese Sprache<br />
versteht jeder. Ich glaube, man darf nicht zu früh in eine Transaktion<br />
gehen. Man muss versuchen, den richtigen Wertesprung abzupassen,<br />
bzw. konkret darauf zuarbeiten. Der Mangel an finanziellen Mitteln<br />
alleine ist meist kein guter Ratgeber. Ist man aber an dem Punkt<br />
angekommen, muss man sich überlegen, ob nicht schon früher Fehler<br />
gemacht worden sind.<br />
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Schollmeier. Wir sind<br />
gespannt, wo wir Ihnen demnächst begegnen werden.<br />
Das Interview führte Siegfried Bialojan, EY.<br />
8 0 | D eu ts cher Biotechn ol og ie- R ep ort 2016