TE KW 16
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„Nur heute nichts trinken!“<br />
Die RUNDSCHAU beim Lokalaugenschein der Anonymen Alkoholiker - Anonymiker-Treffen jeden Montag in Telfs<br />
Arbeiter, Angestellte, Beamte, Hausfrauen … die Volks- und<br />
Familienkrankheit Alkoholismus macht weder vor einer Berufsgruppe<br />
noch vor Alter, Geschlecht oder Herkunft Halt. Und so<br />
bunt gemischt die Gruppe der „nassen“ Alkoholiker in unserer<br />
Gesellschaft ist, so bunt gemischt zeigt sich auch die Gruppe der<br />
trockenen Alkoholiker, die sich allwöchentlich in den Räumen<br />
des Sozialsprengels Telfs und in Landeck treffen. Was sie alle verbindet,<br />
ist der Wille, „nur heute nichts zu trinken“.<br />
Von Agnes Dorn<br />
Ihr erstes Meeting haben sie alle<br />
ähnlich erlebt: Nervös und mit der<br />
Überzeugung, im schlimmsten Fall<br />
schnell das Weite zu suchen, haben<br />
sie den Fuß über die Schwelle<br />
gesetzt, ohne zu wissen, was sie<br />
erwartet. Wenn Helga, Ferdinand<br />
und Michael (Namen von der Redaktion<br />
geändert) über ihren ersten<br />
Besuch bei AA erzählen, schwingt<br />
viel Dankbarkeit in ihren Stimmen<br />
mit: Darüber, vom ersten Tag an<br />
herzlich aufgenommen worden zu<br />
sein, aber auch dankbar dafür, monatelang<br />
nichts erzählen zu müssen<br />
- sondern nur mit am Tisch sitzen<br />
zu dürfen und nicht mehr lügen zu<br />
müssen. Denn das Lügen hatten sie<br />
alle satt – das Lügen, das ihnen fast<br />
oder vollständig die Familie entrissen<br />
hat, das Lügen, das ihnen den<br />
Job gekostet hat, das Lügen, das ihren<br />
ganzen Tag ebenso begleitet hat<br />
wie der ständige Griff zur Flasche.<br />
„Wir gaben zu, dass wir dem Alkohol<br />
gegenüber machtlos sind und<br />
unser Leben nicht mehr meistern<br />
konnten“ – schon der erste der zwölf<br />
Schritte im Leben eines anonymen<br />
Alkoholikers greift tief in die verschüttete<br />
Seelenlandschaft des Kranken<br />
ein und legt das eigene Versagen<br />
offen. Doch sich dieses einzugestehen,<br />
wird für viele zur unüberbrückbaren<br />
Hürde.<br />
GLÜC<strong>KW</strong>ÜNSCHE<br />
HAPPY<br />
BIRTHDAY<br />
Domi & Jacky<br />
Es liegt an dir, ob du eintrittst - die Tür<br />
zum Meeting der Anonymen Alkoholiker<br />
steht jedem offen. RS-Foto: A. Dorn<br />
Dass Alkoholismus schon deshalb<br />
eine nahezu unheilbare Krankheit<br />
ist, der nur ein geringer Prozentsatz<br />
der Betroffenen entfliehen kann,<br />
ist gerade in einer Gesellschaft wie<br />
der unseren, in der Leistung und<br />
Erfolg als Forderung an jeden einzelnen<br />
permanent dominieren, eine<br />
tragische Tatsache. Anders bei den<br />
AAs, wo jeder sprechen darf, ohne<br />
beurteilt zu werden, und wo jeder<br />
schweigen darf, solange er will.<br />
Auch Nachnamen bleiben tabu und<br />
niemand muss etwas preisgeben, was<br />
er nicht will. Es gibt keine Vorschriften<br />
und vor allem keine Vorwürfe,<br />
dafür aber Menschen, die verstehen.<br />
Denn jeder im Raum kennt zumindest<br />
Teile der erzählten Geschichte<br />
am eigenen Leib und jeder war<br />
einmal in der Überzeugung, er sei<br />
der einzige, der „mit diesem Fluch<br />
behaftet“ sei. Geschichten über<br />
Versagen und Neubeginn. Camilla<br />
trinkt schon seit dreißig Jahren<br />
keinen Alkohol mehr. Auch sie hat<br />
eine ruhmlose Vergangenheit mit<br />
der Volksdroge Nummer eins hinter<br />
sich. Auch sie weiß vom Kampf<br />
gegen das Verlangen, den sie tagtäglich<br />
wieder und wieder verloren<br />
hat. Dass die Kinder ihr das heute<br />
nicht mehr übel nehmen, ist für sie<br />
ebenso wenig ein Selbstverständnis<br />
wie der eigene Sieg über die<br />
Suchterkrankung. „Abstinenz war<br />
für mich immer eine Bankrotterklärung,<br />
Alkoholiker waren für mich<br />
Menschen, die in der Gesellschaft<br />
ganz unten angekommen sind. Ich<br />
lebe nicht abstinent, sondern trinke<br />
nur heute nicht“ – wenn Ferdinand<br />
seine Geschichte erzählt, wird auch<br />
dem Außenstehenden die Tragweite<br />
seiner früheren Not klar. Der junge<br />
Mann, der nun schon seit zwei Jahren<br />
keinen Schluck mehr getrunken<br />
hat, hatte den Alkohol seit seiner<br />
Jugend als ständigen Begleiter dabei.<br />
Zunächst noch gesellschaftlich anerkannt<br />
im Kreise seiner Kumpels,<br />
dann stetig mehr als heimlichen<br />
„Freund“, der die Party der Jugend<br />
nie enden lassen wollte. Doch der<br />
Preis war hoch, denn Partnerschaft,<br />
Job und Selbstwertgefühl mussten<br />
im ewigen Reigen der Lügen auf<br />
der Strecke bleiben. Eines hat Ferdinand<br />
gelernt im Kampf gegen sich<br />
selbst – man muss sich nicht schämen<br />
fürs eigene Versagen, sondern<br />
man muss was dagegen tun. Und<br />
auch wenn der Weg raus aus dem<br />
Sumpf ein beschwerlicher war, der<br />
Einsatz hat sich eindeutig gelohnt:<br />
Heute denkt Ferdinand gemeinsam<br />
mit seiner Freundin über die zukünftige<br />
Familiengründung nach,<br />
ist wieder zufrieden im Berufsleben<br />
und kann seinen Alltag wieder ohne<br />
Lügenkonstrukt bewältigen: „Ich<br />
bin kein armer Hund, weil ich nicht<br />
mehr trinken darf, sondern ich bin<br />
glücklich, weil ich nicht mehr trinken<br />
muss“, so seine Erkenntnis nach<br />
dem schwierigen Ausstieg aus dem<br />
ewigen Kreislauf des Alkoholismus.<br />
Die Anonymen Alkoholiker treffen<br />
sich jeden Montag in den Räumen<br />
des Sozial- und Gesundheitssprengels<br />
Telfs. Kontakt unter Tel.<br />
0664 5<strong>16</strong> 58 80.<br />
„Road Trip 78“<br />
22.04.<br />
24.04.<br />
RUNDSCHAU Seite 10<br />
19 18<br />
(IH) Hoher Besuch: „Motocross-Familie Kinigadner“ gratuliert „Road Trip 78“, dem<br />
neuen Motorradverleih von Elke Ramsak und Florian Praxmarer, zur Geschäftseröffnung<br />
und wünscht vor allem allen BikerInnen unfallfreie Fahrt und viel Spaß bei<br />
der Fahrt über die Traumstraßen der Alpen. Im Bild: Stefan Angerer (GF Kinishop<br />
Wiesing), Florian Praxmarer, Elke Ramsak, Heinz Kinigadner, Benni Schöpf (Endurowerksfahrer<br />
KTM) und Hannes Kinigadner (v.l.)<br />
RS-Foto: Bundschuh<br />
20./21. April 20<strong>16</strong>