Wirtschaftszeitung_25042016
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20 GELD &<br />
Vom leisen Murmeln bis<br />
zum Vogelgezwitscher<br />
Ein ausgeklügeltes Soundsystem schafft sogar in großen Kundenhallen ein Stück Privatsphäre. In<br />
Lengerich sorgt die Sparkasse mit einer natürlichen Klangmischung für angenehme Ruhe.<br />
Sound ersetzt Mauern: In der offenen Kundenhalle der Stadtsparkasse Lengerich sorgt ein ausgeklügeltes und kaum sichtbares Soundsystem für Diskretion.<br />
Eine offene Atmosphäre in einer<br />
Bankfiliale ist schön und gut –aber<br />
wie sieht‘s mit der Diskretion aus?<br />
Damit kein anderer zuhören kann,<br />
wenn Kunde und Bankberater über<br />
Zinsen feilschen und Schulden verhandeln,<br />
setzt die Stadtsparkasse<br />
Lengerich auf „Soundduschen“, auf<br />
dezente Beschallung ...<br />
VOVIS Automobile GmbH<br />
Albersloher Weg 277 · 48155 Münster<br />
Tel. 02 51 . 6 08 02-0<br />
www.vovis.de<br />
Leise Klänge–nur werkonzentriert<br />
lauscht, hört sie wirklich.<br />
Fast wie Musik. Ist das ein<br />
Wasserplätschern oder doch<br />
eher Vogelgezwitscher? Egal,<br />
Hauptsache gemütlich. Einfach zurücklehnen<br />
im Polster und vor sich hinträumen.<br />
Und das auf dem erhöhten Podest<br />
des Wartebereichs –öffentlich, mitten in<br />
der Schalterhalle. Obwohl: „Schalter“<br />
gibt es in dieser Halle nicht –keinen Tresen.<br />
Es sind Klänge, die einzelnen Bereiche<br />
in der Stadtsparkasse Lengerich trennen.<br />
Sound ersetzt Mauern.<br />
„Wir haben uns beim Umbau 2010 bewusst<br />
für ein offenes, einladendes Konzept<br />
entschieden“, sagt Max Mews, Vorstandsmitglied<br />
der Stadtsparkasse Lengerich.<br />
Die freundliche, offene Architektur<br />
kommt bei den Kunden auch prima<br />
an. Nur, dass es zuweilen den Wunsch<br />
nach ein wenig mehr Diskretion bei der<br />
Beratung gab. Offen und doch diskret,<br />
wie soll das gehen? Indem nichts als<br />
Klang die Wände ersetzt.<br />
„Wir haben mit ausdifferenzierten Klangkonzeptionen<br />
drei verschiedene Bereiche<br />
geschaffen, in denen sich Kunden aufhalten“,sagt<br />
Stephan Vincent Nölke, dessen<br />
Comevis GmbH &Co. KG aus Köln solche<br />
Soundkonzepte entwickelt – zum Beispiel<br />
auch für die Deutsche Bahn AG.„Ich<br />
kenne keine andere Sparkasse, die ein<br />
solches Soundkonzept hat“, sagt Mews.<br />
Das 2011 umgesetzte Projekt sei für die<br />
Branche „ziemlich einmalig“, stimmt<br />
Nölke zu.<br />
Die ersteZone in Lengerich: der Wartebereich<br />
mit dem Vogelgezwitscher. „Die<br />
Musik dazwischen hat einen Rhythmus<br />
Zufrieden mit dem klingenden Ergebnis: Vorstandsmitglied Max Mews (r.) und Projektleiter<br />
Gunnar Schaer.<br />
Fotos: Wilfried Gerharz<br />
von80Beats per Minute–das entspricht<br />
so ziemlich der Herzfrequenz“, erklärt<br />
der Sound-Spezialist. Was könnte angenehmer<br />
sein als der Takt des Lebens?<br />
Zweite Zone: die Beratungsecken in der<br />
Halle. Hier scheint es leise zu murmeln.<br />
Gesprächsfetzen hängen im Raum. „Wir<br />
haben die natürlichen Geräusche im<br />
Raum aufgenommen, verfremdet und<br />
spielen dieses Grundrauschen mit<br />
Soundduschen über den Beratungsplätzen<br />
wieder ein“, erklärt Nölke. „Die Klänge<br />
lehnen sich an Gespräche an, aber einzelne<br />
Worte werden Sie nicht erkennen<br />
können“, sagt Mews.<br />
Es entsteht etwas wie der dezenteKlangteppich<br />
in einem guten Café. An Kaffeehaustischen<br />
wird traditionell Privatestes<br />
besprochen –„in aller Stille“, mitten im<br />
allgemeinen Geplausche und Geschirrklappern.<br />
Und sehr gemütlich. So ähnlich<br />
ist der Eindruck in Lengerich –nur ohne<br />
Kaffeeduft.<br />
Warum muss es der Original-Klang aus<br />
der Sparkasse sein, reicht nichtirgendeine<br />
murmelnde Sounddatei? Nölke lacht.<br />
„Das Gehör ist einer unserer wichtigsten<br />
Sinne: Sie würden merken, wenn der<br />
Klang nicht wirklich aus dem Raum<br />
stammt.“<br />
Vorne im Eingangsbereich, der dritten<br />
Zone, läuft so etwas wie Musik. Sehr dezent,<br />
eher kurze Tonfolgen alsganze Melodien.<br />
Von „Compilations“ spricht Nölke.„DieLautstärkeist<br />
programmiert“, erklärt<br />
Gunnar Schaer,der das Projekt vonseiten<br />
der Stadtsparkasse betreut hat. Je<br />
nach Tageszeit –und der dann üblichen<br />
Besucherzahl –wird der Geräuschpegel<br />
automatisch hinauf- und heruntergefahren.<br />
Auch spätnachts soll im Servicebereich<br />
am Geldautomaten niemandvorm Klang<br />
der eigenen Schritte erschrecken. Nölke:<br />
„Sie nehmen den Klang kaum wahr,<br />
schon gar nicht störend –aber er wirkt.“<br />
Er schafft Atmosphäre. Keine heiligeHalle,<br />
aber einen angenehmer Raum, der zu<br />
einer gewissen Rücksichtnahme anregt.<br />
Wichtig, denn der SB-Bereich ist 24 Stunden<br />
am Tagzugänglich.<br />
Probleme gebe es kaum, bestätigt Mews.<br />
Und das nicht allein wegen der Video-<br />
Überwachung. Der Ton macht im Umgang<br />
eben die Musik –imZweifel auch in<br />
der Sparkasse. Martin Ellerich