Glareana_61_2012_#2

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66 Glareana 2012 (Heft 2) tigten Bünde ausgewählt und an den betreffenden Stellen Drahtstücke mit einer dünnen Klebefolie auf dem Geigenhals befestigt. Die wesentliche Aussage dieser praktischen Realisisierung ist vor allem: es funktioniert – ohne Intonationsprobleme, aber mit dem schneidenden Timbre einer mit Bünden gespielten Violine. Die mathematische Auswertung jedoch ergab eine Reihe aufschlussreicher Hinweise. Die folgende Tabelle stellt die aus der Grafik gewonnenen Daten zusammen: Ton Klingende Länge (mm) Effektiver Centwert G 318,50 0,00 #G 306,00 69,95 bA 298,25 114,76 A 283,50 203,32 #A 273,25 267,60 b 265,50 317,81 H 255,50 384,79 bC 248,00 436,76 C 239,75 495,75 #C 228,50 579,53 bD 223,50 618,09 D 212,50 706,03 #D 205,50 764,38 bE 200,00 811,63 E 192,00 882,71 bF 186,50 933,31 #E 182,25 973,43 F 177,00 1024,31 #F 170,00 1094,52 bG 166,25 1133,33 G' 160,00 1200,00 Grösse der Dësis (ct) } 44,81 } 50,21 } 51,97 } 38,56 } 47,38 } 50,60 } 50,88 } 38,81 Wie beim Monochord ist es ohne Schwierigkeiten möglich, die angegebenen Griffpunkte auf der Saite (Spalte „klingende Länge“) in konkrete Tonhö-
Ein „Eisbohrkern“ in Sachen „historische Intonation“? 67 hen umzurechnen. Dabei ergibt sich zunächst irritierenderweise eine merklich „fehlerhafte“ Lage des Oktavpunktes der abgebildeten Saiten: die klingende Saitenlänge des dargestellten Oktavtones ist knapp 1 Millimeter länger als die Hälfte der gesamten Saitenlänge, so dass die sich rechnerisch ergebende Oktave nur 1191,86 ct betragen würde (anstatt 1200). Da, wie sich später zeigen wird, Prelleur (bzw. sein geigespielender Co-Autor) ansonsten mit beträchtlicher Genauigkeit vorgeht, ist offenkundig, dass die Lage der Griffpunkte dem Umstand Rechnung trägt, dass die Saite um so weiter vom Griffbrett entfernt ist, je näher am Steg sie abgegriffen wird. Durch diese grössere Auslenkung erhöht sich beim Niederdrücken die Spannung der Saite, damit der tatsächlich erklingende Ton – aller Wahrscheinlichkeit nach auf die korrekte Tonhöhe der Oktave. Wollen wir nun diesen Korrekturwert in die übrigen Positionen einrechnen, so ist zu beachten, dass er nicht überall die gleiche Grösse haben darf: Zum Sattel hin sinkt er gegen 0 (da der Abstand zum Griffbrett minimal ist), in Richtung Steg steigt er proportional zur Lage auf der Saite bis zum Maximalwert an 1 . Die betreffenden Werte finden sich in der Spalte „effektiver Centwert“. Nun wäre die schlichte Auflistung von 20 Cent-Werten pro Oktave wenig aufschlussreich, wenn unklar bliebe, was für eine Intonationsweise sich daraus ergibt – und mit welcher Präzision sie realisiert ist. Es bietet sich an, das Daten-Material in Form eines „Tonnetzes“ zusammenzustellen. Hier sind alle Töne, die (unter Vernachlässigung ihrer Oktavlage) in Quint-Beziehung stehen, auf horizontalen Achsen aufgeführt; Töne im Gross-Terz-Verhältnis hingegen finden sich auf vertikalen Achsen. Zwischen den betreffenden Tönen ist (in ct) die Abweichung von der reinen Grossterz bzw. der reinen Quinte aufgetragen, die leere G-Saite ist als Ausgangspunkt grau hinterlegt: 1 Setzen wir also voraus, dass der Korrekturwert für die leere Saite 0 ist und für den Oktavpunkt 8,13 ct beträgt, so ergibt sich vom Sattel ausgehend ein Korrekturwert von 0,0513 ct/mm (bei einer Gesamt-Saitenlänge von 318,5 mm).
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