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Wissen schafft gegenseitiges Verständnis und lässt über den<br />
„Tellerrand“ hinaussehen. Das ist wohl auch der Kern der Initiative<br />
„Migrationsgeschichte in Tirol“, die vom Zentrum für MigrantInnen<br />
und den Tiroler Landesmuseen landesweit ins Leben<br />
gerufen wurde. Imster Integrationsbüro und Museum im Ballhaus<br />
laden zum Mittun ein. Konkret geht es um eine Ausstellung zum<br />
Thema Zuwanderungsbewegung ab den 1960ern.<br />
Von Friederike Bundschuh<br />
Sabine Schuchter, Leiterin des<br />
Museums im Ballhaus: „Bisher wird<br />
Migration als ,Nichtteil der Tiroler<br />
Geschichte‘ angesehen, das soll sich<br />
durch eine Rückbesinnung darauf,<br />
wie es vor 50 Jahren war, auch in<br />
Bezug auf heutige Migrationsströme,<br />
ändern. Die Zustände bei der<br />
Ankunft damals waren sehr unterschiedlich,<br />
mit der Aufarbeitung<br />
der damaligen Situation soll Verständnis<br />
für heutige Gegebenheiten<br />
geweckt werden. Die Arbeitsmigration<br />
hat nach 1960 begonnen, die<br />
Integration war damals leichter,<br />
weil sich die Wirtschaftslage als<br />
sehr gut präsentierte und einfach<br />
insgesamt weniger Menschen gekommen<br />
sind, alles war übersichtlicher<br />
und auch der Familienzuzug<br />
stellte sich deutlich weniger problematisch<br />
dar.“<br />
Das Wort an Kirsten Mayr, Integrationsbüro:<br />
„Integration erfolgt<br />
auch über Sprache; heute gibt’s so<br />
genannte ABC-Cafés, die hat es damals<br />
noch nicht gegeben; durch die<br />
Auseinandersetzung mit der Vergangenheit<br />
sollen Anregungen für<br />
die heutige Diskussion, eine gewisse<br />
Öffnung und ein gegenseitiges Profitieren<br />
hervorgehen. MigrantInnen<br />
sollen sich angesprochen fühlen,<br />
sollen sehen, was früher gemacht<br />
wurde und was heute möglich ist.<br />
Es geht auch darum, Kindern in der<br />
zweiten Generation zu zeigen, wie<br />
es gewesen ist, ja, und letztlich geht<br />
es um Verständnis und Öffnung für<br />
Integration.“<br />
Bürgermeister Weirather als Vertreter<br />
des „offiziellen“ Imst: „Vor 50<br />
Jahren war es erst die Industrie, die<br />
Migranten beschäftigt hat, die dann<br />
sesshaft geworden sind. Heute ist es<br />
das Problem vieler Jungen, die das<br />
Empfinden haben: „Ich bin eigentlich<br />
nirgends dahoam“. Schwierigkeiten<br />
entstehen auch durch starke<br />
religiöse Prägung. Da ist beispielsweise<br />
das sehr lebendige Imster Vereinswesen,<br />
vor allem Sportvereine,<br />
dazu aufgerufen, Integration zu<br />
ermöglichen.“ Stadtchef Weirather<br />
findet dieses Projekt nach dem<br />
Motto „Wir sammeln“ gegenüber<br />
Migration im Fokus<br />
Gesammelte Geschichte – gesammelte Geschichten<br />
der RUNDSCHAU „sehr gut“ und<br />
weiter: „Es sind auch Gespräche<br />
mit großen Unternehmen geplant<br />
über die Zeit von damals. Momentan<br />
erleben wir eine demografische<br />
Entwicklung, die von starkem Zuzug<br />
quer durch alle Bereiche geprägt<br />
ist. Damit muss in Zukunft<br />
umgegangen werden. Der derzeitige<br />
Zuzug ist aber nicht Thema der<br />
geplanten Ausstellung. Es geht um<br />
die Geschichte eines Miteinanders<br />
und um Bewusstseinsbildung in der<br />
Bevölkerung.“<br />
Gekommen um zu bleiben.<br />
„Gastarbeiter“ hat die Diktion<br />
„Fremdarbeiter“ glücklicherweise<br />
bald abgelöst, weitgehend<br />
zumindest. Das „Wirtschaftswunder“<br />
holte Arbeitskräfte ins Land<br />
und musste feststellen, dass Menschen<br />
gekommen waren. Dr. Gerhard<br />
Hetfleisch vom Zentrum für<br />
MigrantInnen in Tirol: „Migration<br />
hat die Gesellschaft, Kultur und<br />
Wirtschaft in Tirol entscheidend<br />
geprägt und verändert. Der Beitrag<br />
von Zugewanderten für die Tiroler<br />
Geschichte soll in diesem Projekt<br />
sichtbar gemacht und ein Ort für<br />
diese Geschichte geschaffen werden.<br />
So kann sie auch für die Nachwelt<br />
erhalten bleiben, dafür ist es<br />
höchste Zeit.“<br />
Was gesammelt wird.<br />
Bereichert wird die Migrationsschau<br />
durch Briefe, Reisedokumente,<br />
Arbeitserlaubnisse, Schulhefte,<br />
Kassetten, Dolmetschbücher,<br />
Fotos – und vor allem Geschichten,<br />
die natürlich auch anonym erzählt<br />
werden können. Auch Dinge, die<br />
zu der Zeit verwendet worden sind,<br />
in der die Geschichte spielt. Abzugeben<br />
bei ZeMiT in Innsbruck oder<br />
im Integrationsbüro Imst, Pfarrgasse<br />
16 (Ansprechpartnerin Kirsten<br />
Mayr) Die Objekte werden dokumentiert<br />
und archiviert, können<br />
geliehen oder geschenkt werden,<br />
ganz wie individuell gewünscht.<br />
Angesprochen sind MigrantInnen<br />
ebenso wie Einheimische (Lehrpersonen,<br />
NachbarInnen, WohnungsvermieterInnen,<br />
ChefInnen, BehördenmitarbeiterInnen…).<br />
Die InitiatorInnen der Dokumentation der Migrationsgeschichte von Imst freuen<br />
sich auf interessante Zeugnisse aus der Vergangenheit, speziell für die 2018 geplante<br />
Ausstellung im Museum im Ballhaus: Kirsten Mayr, Sabine Schuchter, Stefan<br />
Weirather und Brigitte Flür (v.l.). RS-Foto: Bundschuh<br />
Geplant sind mehrere Veranstaltungen,<br />
die auch für Schulen geeignet<br />
gestaltet werden: Ausstellung<br />
von Juli bis Dezember 2017 im<br />
Tiroler Landesmuseum für Gesamttirol;<br />
dann werden Objekte für die<br />
Ausstellung 2018 im Museum im<br />
Ballhaus ausgewählt. Unter anderem<br />
auch „Erzählcafes“ im „Veranstaltungsreigen“,<br />
in deren Rahmen<br />
die Geschichten ins Bewusstsein<br />
rücken sollen.<br />
Große Architektur<br />
Stamser Architekturtage am 3./4. Juni<br />
(ado) Am 3. und 4. Juni finden<br />
bundesweit die österreichischen<br />
Architekturtage statt und auch in<br />
Stams als einzigem Austragungsort<br />
im Bezirk Imst wird an diesen Tagen<br />
zu Führungen und Gesprächen<br />
geladen. Am Freitag, dem 3. Juni,<br />
zeigt Architekt Werner Burtscher<br />
allen Interessierten die Besonderheiten<br />
des Zisterzienserstifts und<br />
des Schigymnasiums, zweier großer<br />
Gebäude, die das Zentrum der<br />
1400 Einwohner zählenden Gemeinde<br />
prägen. Im Inneren zeigen<br />
die Räume ihre Besonderheiten im<br />
alltäglichen, wertschätzenden Umgang<br />
ihrer Nutzer, wie der Architekt<br />
aufzeigen wird. Treffpunkt ist<br />
um 17 Uhr am Parkplatz unterhalb<br />
des Schigymnasiums, die Teilnahme<br />
ist kostenlos, Anmeldung keine<br />
erforderlich.<br />
Ebenfalls am Freitag lädt Burtscher<br />
alle Architekturinteressierten<br />
in sein Atelier im Wiesenweg 3, um<br />
dort zwischen Modellen, Plänen,<br />
Texten und Büchern Gespräche mit<br />
Schigymnasium und Stift: Zwei Gebäude,<br />
deren Außenwirkung auf die dörfliche<br />
Struktur offensichtlich ist.<br />
RS-Foto: Dorn<br />
Ausblick über Wert und Haltung<br />
in der Baukultur zu führen. Ab 14<br />
Uhr am Freitag sowie am Samstag<br />
zwischen 10 und 14 Uhr öffnet das<br />
Architektenbüro seine Pforten.<br />
RUNDSCHAU Seite 28 1./2. Juni 2016