Treffpunkt.Bau 05/16 - 06/16
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Präzise Fundamente für Berliner Stadtautobahn<br />
VERMESSUNGSTECHNIK<br />
Einmal quer durch den Berliner Bezirk Neukölln zieht sich derzeit<br />
eine der längsten <strong>Bau</strong>stellen der Hauptstadt: Auf rund 3,2 Kilometer<br />
Länge wird die Autobahn 100 vom Autobahndreieck Neukölln<br />
nach Norden bis zum Treptower Park ausgebaut. Offiziell ist dies<br />
der <strong>16</strong>. <strong>Bau</strong>abschnitt des Weiterbaus des Berliner Autobahnrings.<br />
Ein 17. Abschnitt soll noch folgen, aber schon dieses 2013 gestartete<br />
und wohl bis 2022 beendete Teilstück für rund 473 Millionen<br />
Euro mitten in einer Weltmetropole hat es in sich:<br />
Die sechsspurige Trasse verläuft auf 385 Metern Länge im Tunnel<br />
und auf gut 2,3 Kilometern in bis zu sieben Meter tiefer sogenannter<br />
Troglage. Dafür müssen in Längsrichtung insgesamt 27<br />
zusammenhängende <strong>Bau</strong>gruben oder auch <strong>Bau</strong>docks mit einer<br />
Gesamtlänge von rund 2.700 Metern errichtet werden. Sie sind jeweils<br />
zwischen 28 und 132 Meter lang, 34 bis 52 Meter breit sowie<br />
bis zu 30 Meter tief – und allesamt mit Wasser gefüllt. Um darin die<br />
punktgenauen Bohrungen für die Fundamente zu setzen und zu<br />
dokumentieren, kommt jetzt die Leica „Icon rig IRD3“ Maschinensteuerung<br />
für Bohrgeräte zum Einsatz.<br />
Fundamente bei Berliner Großbauten sind im Grunde wie Fundamente<br />
in Venedig: Der hohe Grundwasserpegel der Stadt macht<br />
fast immer umfangreiche Pfahlgründungen notwendig. Das ist<br />
auch beim Ausbau der Stadtautobahn 100 nicht anders. Ein zentra-<br />
GPS gesteuerte Positionierung<br />
über dem Bohrloch.<br />
les und eigenständiges Wassermanagement der Großbaustelle soll<br />
darum für eine Grundwasser schonende <strong>Bau</strong>weise sorgen. Wasserdichte<br />
<strong>Bau</strong>gruben oder auch <strong>Bau</strong>docks, die abhängig von <strong>Bau</strong>grund,<br />
Grundwasserstand, <strong>Bau</strong>stellenlogistik und Stadtgeografie zwischen<br />
28 und 132 Metern lang sowie 34 bis 52 Meter breit sind, stellen das<br />
Herzstück dar. Denn abhängig von einzelne <strong>Bau</strong>phasen und <strong>Bau</strong>zuständen<br />
fallen Kompensationswasser, Lenzwasser und Restwasser<br />
sowie im Notfall auch Havariewasser an. Kompensationswasser ist<br />
während des Nassaushubs der <strong>Bau</strong>docks erforderlich, um den entstehenden<br />
Grundwasserdruck auszugleichen. Damit es zu keinen<br />
Grundwasserbewegungen oder Absenkungen des Grundwasserstandes<br />
außerhalb der <strong>Bau</strong>docks kommt, muss während des Erdaushubs<br />
zudem auf einen konstanten Wasserpegel innerhalb des <strong>Bau</strong>docks<br />
geachtet werden. Darum wird in ausreichender Menge und<br />
in Abhängigkeit vom täglichen Erdaushub Wasser in die <strong>Bau</strong>docks<br />
zu- oder abgepumpt und das vorhandene Wasser vom zentralen<br />
Wassermanagement entsprechend verteilt.<br />
Unterwasserarbeiten erfordern spezielle Lösung<br />
Praktisch bedeutet das, sämtliche Fundamente für die spätere Autobahntrasse<br />
– die sogenannten <strong>Bau</strong>grubensohlen – sind unter Wasser<br />
zu errichten. Eine solche Sohle muss man sich als dicke Betondecke<br />
vorstellen, die außerdem durch Betonanker im Boden erstens gegen<br />
Auftrieb zu sichern ist und zweitens das Gewicht des späteren <strong>Bau</strong>werks<br />
gleichmäßig auf tragendem Gestein verteilt. Erst wenn diese<br />
Arbeit beendet ist, können die <strong>Bau</strong>gruben leer gepumpt – in der<br />
Fachterminologie des Tiefbaus „gelenzt“ – werden. Nach dem <strong>Bau</strong><br />
eines Ingenieurbauwerks, Tunnels oder Trogs kann der normale Straßenbau<br />
dann überhaupt erst beginnen. Das heißt aber, sämtliche<br />
Bohrungen für diese Anker – im Prinzip nichts anderes als Pfähle aus<br />
Stahlbeton – müssen von schwimmenden Pontons aus vorgenommen<br />
werden. Klassische <strong>Bau</strong>stellen-Absteckungen mit Holzpflöcken<br />
und Seilen, um die künftigen Bohrlöcher zu markieren, sind auf der<br />
Wasseroberfläche aber natürlich nicht möglich. Bei der verlangten<br />
Lagepräzision der insgesamt mehreren Tausend Bohrungen im Zentimeterbereich<br />
und einer außerdem geforderten umfangreichen<br />
(digitalen) Dokumentation wurde daher schnell klar, dass es einer<br />
mit dem Bohrgerät verbundenen Lösung bedurfte.<br />
www.apolczer-baumaschinen.de<br />
LEICA GEOSYSTEMS<br />
Doppel-GNSS-Antenne macht‘s möglich<br />
Über den Leica Geosystem Partner CCS Construction Competence<br />
Shop wurde das verantwortliche Unternehmen Ed. Züblin auf Leica<br />
„Icon rig IRD3“ aufmerksam. Eine auf dem oberen Ende des Bohrgestänges<br />
montierte Doppel-GNSS-Antenne plus weiterer Sensoren<br />
für die Winkelausrichtung des Bohrers erlaubt damit auch auf<br />
dem Wasser zentimetergenaue Positionierung. Das Bohrgerät selbst<br />
wird dabei gewissermaßen zum Rover, der die Korrekturdaten seiner<br />
GNSS-Messung vom zentralen <strong>Bau</strong>stellendifferential empfängt.<br />
Das Gerät stellt dem Maschinenführer dann Punktlisten auf der Anzeige<br />
im Führerhaus bereit und führt ihn so schnell und präzise an<br />
die gewünschten Stellen. Auch Bohrmuster kann der Fahrer direkt<br />
dem Bildschirm der Bedieneinheit entnehmen, für deren intuitives<br />
Konzept überdies nur eine kurze halbtägige Schulung erforderlich<br />
ist. Zugleich wird jede Bohrung automatisch dokumentiert und zu<br />
jedem beliebigen Zeitpunkt kann der <strong>Bau</strong>fortschritt abgerufen werden.<br />
Drei Bohrgeräte wurden in Berlin zunächst auf Mietbasis ausgestattet,<br />
doch mit Blick auf die noch rund zwei Jahre andauernden<br />
<strong>Bau</strong>- und Bohrarbeiten fiel bereits nach zwei Monaten Erfahrung mit<br />
den Effizienzgewinnen der Leica-Lösung eine Kaufentscheidung für<br />
diese Maschinensteuerung, mit der sich laut Hersteller jedes schwere<br />
Bohrgerät leicht nachrüsten lässt.<br />
[ 94 ] <strong>05</strong>-<strong>06</strong>.20<strong>16</strong> . TREFFPUNKT BAU<br />
ERDEBEWEGUNG