HANSEstyle 2 | 2016
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Wirtschaft & Politik<br />
„Auf die Lehrer<br />
kommt es an!“<br />
Dr. Michael Voges<br />
zungen in die Bildungslaufbahn eintretenden<br />
Schülerinnen und Schüler eine<br />
angemessene pädagogische Antwort zu<br />
finden. Lehrer sind die entscheidende<br />
Variable für die Qualität des Schulunterrichts.<br />
Auf die Lehrer kommt es an! Das<br />
ist unbestrittene und banale Erkenntnislage<br />
aufgrund der empirischen Bildungsforschung.<br />
Auch Bildungspläne oder<br />
Klassengrößen sind mögliche Erfolgskriterien<br />
für den Unterricht. Aber letztlich<br />
entscheidend für den Lernerfolg sind die<br />
Lehrer. Natürlich müssen Lehrer Unterricht<br />
organisieren, der fachlich in Ordnung<br />
ist. Doch besonders wichtig ist, dass<br />
der Unterricht die Kinder nicht langweilt,<br />
sondern sie fordert und geistig aktiviert.<br />
Lehrer müssen verstehen, was bei den<br />
Schülern passiert, die Rückmeldung und<br />
kluge Beschäftigung brauchen.<br />
22<br />
Im Hinblick auf den Bildungserfolg:<br />
Halten Sie das Elternhaus oder die<br />
Lehrer für entscheidender? Können<br />
Lehrer schwierige Elternhäuser ausgleichen?<br />
Da sprechen Sie etwas sehr Schwieriges<br />
an. Wir haben in Deutschland tatsächlich<br />
noch eine enge Kopplung zwischen<br />
sozialer Herkunft und Bildungserfolg.<br />
Wir haben überproportional viele Schüler,<br />
die aus sozial gehobenen Schichten<br />
kommen, weiterführende Schulen besuchen<br />
und höherwertige Bildungsabschlüsse<br />
erzielen. Die soziale Herkunft<br />
ist noch immer zu sehr für den Bildungserfolg<br />
verantwortlich. Allerdings haben<br />
wir es in Deutschland in den letzten 10<br />
bis 15 Jahren geschafft, diese Kopplung<br />
abzuschwächen. Insbesondere, weil<br />
wir die schwächeren Schülerinnen und<br />
Schüler fördern. Allerdings haben wir<br />
diese Relationen noch nicht ganz überwinden<br />
können. Das ist eine bleibende<br />
Aufgabe, nicht zuletzt auch angesichts<br />
der Migration, wie wir sie zurzeit erleben.<br />
Durch die Ganztagsschulen wird<br />
mehr Zeit in der Schule verbracht – und<br />
diese Zeit werden wir nutzen. Wir versuchen,<br />
so weit zu kommen, dass soziale<br />
Herkunft nicht mehr den entscheidenden<br />
Einfluss hat.<br />
Kinder aus reicheren Elternhäusern<br />
haben die Chancen, die aus ärmeren<br />
das Nachsehen?<br />
Obwohl damit viel verbunden wird,<br />
hängt der Erfolg jedoch nicht immer nur<br />
vom häuslichen Geld ab. Tatsächlich sehen<br />
Bildungsforscher im Besitz und Lesen<br />
von Büchern ein ganz wesentliches<br />
Kriterium. In Haushalten ohne Bücher<br />
fällt der Bildungserfolg oft magerer aus.<br />
Wohlhabende Familien, die häufig über<br />
höhere Bildungsabschlüsse verfügen,<br />
halten höhere Bildungsabschlüsse bei<br />
ihren Kindern öfter für selbstverständlich.<br />
Bei Zuwanderern, wo eventuell<br />
noch gar kein richtiges Bildungssystem<br />
erfahren wurde, müssen die Ansprüche<br />
der Eltern, muss deren Motivation erst<br />
einmal geweckt werden. Zum Beispiel<br />
ist unser Mentorenprojekt ein ständiger<br />
Versuch, Eltern an sozialen Brennpunkten<br />
zu qualifizieren, damit sie Einfluss<br />
nehmen und Bildungsambitionen ihrer<br />
Kinder besser fördern können. Dieses<br />
mit guten Ergebnissen: Gerade Zugewanderte<br />
haben einen hohen Bildungsehrgeiz.<br />
Wir wollen Teilhabechancen<br />
ermöglichen. Das zeichnet unsere Bildungspolitik<br />
aus. Bildung ist der größte<br />
Aufstiegsturbo, den wir in dieser Gesellschaft<br />
haben.<br />
Fotos: Simone Rudloff<br />
Das Gesprächstrio: (v. l.) Polit-Kolumnist<br />
Klaus May, Staatsrat Dr. Michael<br />
Voges und Verleger Christian Bauer