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HANSEstyle 2 | 2016

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Sylt Spezial<br />

Bunte Mischung benötigt!<br />

Kampens Bürgermeisterin, Stefanie „Steffi“ Böhm, spricht über den echten<br />

Sylter Nachwuchs, sie fordert Vermieter dazu auf, ihre Verantwortung<br />

zur Wiederherstellung eines gesunden Dorf-Mixes wahrzunehmen und sie betont,<br />

dass ein altes Kampener Image auch heute noch Bestand hat.<br />

<strong>HANSEstyle</strong>: Was sagen Sie dazu, dass es auf Sylt<br />

keine Geburtenstation mehr und somit kaum<br />

noch „echten“ Sylter Nachwuchs gibt?<br />

Bürgermeisterin Steffi Böhm: Das ist wirklich<br />

sehr tragisch und es ist auch nicht gut für die Insel.<br />

Wir haben keine eigene Klinik; die klinische Versorgung<br />

ist privatwirtschaftlich organisiert. Bei der<br />

Entscheidung ging es ums Geld. Eine Geburtenstation<br />

rechnet sich nicht – es gibt zu wenige Geburten<br />

auf der Insel. Auch in Niebüll wurde eine Schließung<br />

thematisiert. Die meisten Sylter entbinden in<br />

Flensburg. Die Frauen gehen zum Beispiel 14 Tage<br />

vor dem Stichtag auf das Festland, warten bis es losgeht<br />

und hoffen, dass der Vater es noch rechtzeitig<br />

schafft. Einige lassen es aber auch drauf ankommen<br />

und entscheiden sich für eine Hausgeburt. So gibt es<br />

dann doch noch ein paar „echte Sylter Kinder“.<br />

Wie sind Sie in die Politik gekommen?<br />

Erstmals wurde ich in Kampen bei einem Dorffest<br />

angesprochen und gefragt, ob ich Gemeindevertreterin<br />

werden möchte. Ich war interessiert, anfangs<br />

aber auch recht blauäugig. Dann bin ich zu einer<br />

Mitgliederversammlung gegangen und ziemlich<br />

bald für die nächste Wahl aufgestellt worden. Nach<br />

der Auszählung der Stimmen wurde ich Gemeindevertreterin,<br />

so fix kommt man zu einem Amt. Wir<br />

suchen im Übrigen immer Nachwuchs – junge Menschen,<br />

die das Dorfleben aktiv mitgestalten möchten,<br />

werden gebraucht!<br />

Auf Sylt gibt es fünf Bürgermeister. Tauschen Sie<br />

sich untereinander aus?<br />

Besonders rege ist der Austausch mit den Bürgermeistern<br />

der Gemeinden, die nicht fusioniert haben.<br />

Das sind Frau Fifeik aus der Nachbargemeinde<br />

Wenningstedt-Braderup, Herr Benck in List und<br />

Herr Speth in Hörnum. Wir kommunizieren viel<br />

und sind uns einig, dass wir auch in Zukunft nicht<br />

fusionieren wollen. Wir möchten eigenständig sein.<br />

Aber auch mit Herrn Häckel, dem Bürgermeister<br />

der Gemeinde Sylt, gibt es Austausch.<br />

Für die Gemeinde Sylt, nicht für die vier eigenständigen<br />

Gemeinden, gilt fortan eine modifizierte<br />

Regelung: Ab einer Wohnfläche von 130<br />

Quadratmetern müssen 60 Quadratmeter als<br />

Dauerwohnraum genutzt werden. Trotz Wohnraummangel<br />

waren und sind Sie gegen eine solche<br />

Quotenregelung in Kampen. Aus welchem<br />

Grund?<br />

Das einzige Instrument, um wirklich Dauerwohnraum<br />

zu sichern ist, dass diese Angelegenheit in<br />

kommunaler Hand bleibt. Danach streben wir. Das<br />

bedeutet, dass wir als Gemeinde die Vermieter sind<br />

– entweder auf Erbpacht oder dass wir selbst bauen<br />

und vermieten. Eine solche Regelung würde doch<br />

auch diejenigen bestrafen, die in Kampen noch Eigentum<br />

haben. Wir würden den Ausverkauf weiter<br />

antreiben. Es wäre wie eine kleine Enteignung. Als<br />

Hausbesitzer muss ich doch selbst darüber bestimmen<br />

dürfen, was ich auf meinem Grund und Boden<br />

mache. Wenn ich zwei oder drei Ferienwohnungen<br />

bauen möchte, dann ginge das zum Teil nicht mehr,<br />

da Dauerwohnraum gebaut werden müsste. Was<br />

nützen uns Dauerwohnungen, wenn die Miete überhaupt<br />

nicht bezahlbar ist – schließlich hat darauf<br />

natürlich keiner die Hand!<br />

Wie zufrieden sind Sie derzeit mit Kampens<br />

Infrastruktur?<br />

Früher gab es einen Fischladen, eine Fleischerei,<br />

drei Lebensmittelläden und eine kleine Tankstelle<br />

als Dorftreff. Außerdem gab es eine Post und drei<br />

Banken, einen Bücherladen und eine Massagepraxis.<br />

Es gab alles, was für ein intaktes Dorfleben nötig<br />

war. Heute haben wir sehr guten Einzelhandel<br />

mit vielen Top-Marken. Mir wäre ein Mix aus beidem<br />

am liebsten.<br />

Um einen solchen Mix zu schaffen: Sind Subventionierungen<br />

eine Überlegung?<br />

Wir subventionieren Wohnungen, die wir für die<br />

Einheimischen bauen. Leider mussten wir unseren<br />

Kindergarten schließen, dort gab es kein einziges<br />

Kampener Kind mehr. Nun entstehen auf diesem<br />

Grund zwölf neue Wohnungen. Das klingt vielleicht<br />

nicht nach viel, doch für unser kleines Dorf ist das<br />

schon toll. Und wir haben eine große Interessentenliste<br />

für diese Wohnungen. Wir können nicht<br />

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