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2015-04

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Gesellschaft<br />

Entwicklungsland Deutschland<br />

Flüchtlinge sind<br />

in Deutschland<br />

derzeit allgegenwärtig<br />

- in den Medien,<br />

in unserem Alltag,<br />

in Gesprächen am Arbeitsplatz<br />

und in der<br />

Familie. Oft löst die<br />

unübersehbare Zahl<br />

der nach Deutschland<br />

flüchtenden Menschen<br />

Befürchtungen aus, die<br />

mit Ausdrücken wie<br />

„…nicht mehr Herr im<br />

eigenen Haus“, „Wirtschaftsflüchtlinge“<br />

usw.<br />

noch relativ harmlos gekennzeichnet<br />

sind. Sind<br />

Sie kommen nicht freiwillig<br />

wir beim Kernthema unserer Zeit angekommen? Jedenfalls<br />

bei einer Aufgabe die uns noch lange beschäftigen wird und<br />

deren Dimensionen noch nicht überschaubar sind.<br />

In dieser Situation kann Deutschland als „Entwicklungsland“<br />

bezeichnet werden. Gemeint ist ein Land, das lernen<br />

muss, Konflikte nicht nur auszuhalten, sondern auch auszutragen.<br />

Und das auf der Grundlage von Werten und Vorstellungen,<br />

welche in der Gesellschaft allgemein als wünschenswert<br />

anerkannt sind und den Menschen Orientierung<br />

bieten. Hinweise auf eine Überalterung der Deutschen Bevölkerung<br />

oder einen drohenden Fachkräftemangel werden<br />

weder den Vorstellungen der Asylsuchenden noch denen<br />

der „Herkunftsdeutschen“ gerecht. Auch Wortschöpfungen<br />

wie „Willkommenskultur“ oder Verheißungen wie „…wir<br />

schaffen das!“ dürften bald überholt sein.<br />

Voraussetzung für eine Willkommenskultur ist der<br />

Wunsch nach Zuwanderung ohne Einbürgerung, wie in der<br />

alten Bundesrepublik von 1957 bis 73. Die aktuelle Zuwanderung<br />

von Flüchtlingen<br />

aus Kriegs- oder<br />

Krisengebieten ist verbrecherischer<br />

Politik<br />

geschuldet, und die<br />

wünscht wohl niemand.<br />

Wer deshalb Asyl beanspruchen<br />

kann oder beanspruchen<br />

muss, wird<br />

wegen der großen Not<br />

zu uns kommen - ob er<br />

nun willkommen geheißen<br />

wird oder nicht.<br />

Aber die Entscheidung,<br />

bei uns zu bleiben will<br />

oder lieber in einem anderen<br />

Land, muss dem<br />

Flüchtling zugemutet<br />

und ermöglicht werden. Dafür muss er verlässliche Regeln<br />

vorfinden. Und das mit der zwingenden Vorgabe, dass er<br />

nur willkommen ist, wenn er sich integrieren will. Gemeint<br />

ist, die Gegebenheiten und Gesetze als unumstößlich für<br />

seinen Aufenthalt in diesem Land anzuerkennen. Dabei<br />

ist der Respekt vor geltenden Regeln nicht verhandelbar,<br />

insbesondere im Blick auf das staatliche Gewaltmonopol.<br />

Nicht den Cleveren gebührt die Vorfahrt, sondern den tatsächlich<br />

Bedürftigen und Bedrohten.<br />

Zur Klarstellung:<br />

a) Der Schutz von Flüchtlingen ist Ehrensache. Das gilt<br />

für jeden Menschen, für jede Gemeinschaft oder Institution<br />

und insgesamt für unser wohlhabendes Land, zumal<br />

die zu uns kommenden nur der kleinste Teil der weltweit<br />

mehr als 60 Millionen Flüchtlinge sind. Die meisten<br />

Menschen fliehen innerhalb ihres Landes oder in einen<br />

Nachbarstaat. Im Hinblick auf die Aufnahmebereitschaft<br />

der einheimischen Bevölkerung sollten deshalb auch die<br />

Ursachen der Flucht aus den verschiedenen Herkunftsstaaten<br />

entschlossen benannt und behoben werden.<br />

b) Wanderungsbewegungen während der vergangenen<br />

Jahrzehnte hatten und haben in Deutschland bereits<br />

gesellschaftsändernde, unumkehrbare Konsequenzen.<br />

Deshalb sollten beim Thema ‚Zuwanderung‘ und im<br />

Interesse der Aufnahmebereitschaft der einheimischen<br />

Bevölkerung einige Lehren gezogen werden:<br />

● Nur wenn wir offen reden, lassen sich Ressentiments<br />

erfassen und relativieren.<br />

● Nur wenn wir uns trauen, genauer hinzuschauen,<br />

wer zu uns kommen will, kann eine ehrliche Akzeptanz<br />

in der heimischen Gesellschaft wachsen.<br />

22 durchblick 4/<strong>2015</strong><br />

Foto: fotolia.de

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