2015-04

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Zeitspiele Die Zeit Die Zeit im Alter Zeit kannst du schenken ohne Bedenken, Zeit kannst du geben und in ihr leben. Deine Jahre nehmen ab, Dich wundert ihre Kürze, doch mach` bloß nicht schlapp, fülle sie mit Würze! Zeit kannst du teilen, in ihr verweilen. Zeit kannst du haben, dich an ihr laben. Denk` nicht, wie die Zeit zerrinnt, leb` einfach Deinen Traum, du wirst sehen, sie gewinnt wieder viel mehr Raum! Zeit kannst du messen und auch vergessen, Zeit kannst du dosieren oder verlieren. Deine Taten werden träge, sie bringen dir den Zeitverlust, doch sei tapfer und erwäge, dass du nicht mehr rennen musst! Zeit kannst du trennen oder auch nennen, Zeit kannst du greifen, um in ihr zu reifen. Zähl` nicht Stunden und Minuten, sie zieh`n auch ohne dich dahin, alles wendet sich zum Guten, gibst du dem Leben einen Sinn! Zeit kannst du kürzen um sie zu würzen, Zeit kann beginnen und auch zerrinnen. Gib` dein Bestes allen Tagen, die das Leben dir geschenkt, und sollten dich Wehwehchen plagen, sei froh, wenn Jemand an dich denkt! Zeit kannst du finden und überwinden, Zeit kannst du sparen und sie erfahren. Schenk` dein Lächeln jedem Tag, dann lächelt er bestimmt zurück und zeigt dir, dass er dich auch mag, schickt dir vielleicht ein kleines Glück! Zeit kannst du stehlen und sie befehlen, Zeit kannst du planen und sie erahnen. Such` dir deine Freunde aus, verschwend` nicht deine Zeit, üb` dich in Bescheidenheit, sie ist dein schönstes Kleid! Zeit kannst du sagen In Wochen und Tagen, Zeit kann dich treiben nicht länger zu bleiben. Wenn liebe Menschen dich umgeben, dann schätz` mit Demut ihren Wert, sie bereichern stets dein Leben, unentbehrlich und bewährt! Zeit kann heilen und dich ereilen, Zeit lässt dich hoffen, alles ist offen. Gestalte sinnvoll deine Jahre, fülle sie mit guter Tat, leb` genügsam, aber spare nie an einem guten Rat! Zeit kann zerrinnen oder beginnen, Zeit kann enden und alles wenden. von Helga Düringer Üb` dich in Gelassenheit, du änderst nichts daran, dass auch deine Lebenszeit plötzlich enden kann. Foto: Helga Düringer 66 durchblick 4/<strong>2015</strong>
Gute Zeiten – schlechte Zeiten? Gedanken und Fragen über das Alter und das Altern Wer nicht den Geist des Alters hat, hat seines Alters ganzes Ungemach Voltaire Essay Es gibt keine alternative Lebensroute als die über das Alter Zur Einstimmung Wir alle wollen gerne lange leben, aber keiner von uns will alt werden. Ein alter, über 2000-jähriger und wohl auch in Zukunft unerfüllbarer Wunsch des Menschen nach dauerhafter Jugend. Für den Kabarettisten Dieter Nuhr ist das Altern an sich schon eine Zumutung. Ein Leben in ewiger Jugend, ein Wunsch, über den es sich lohnt einmal ein wenig nachzusinnen und zu philosophieren. Dabei geht es mir in diesem Beitrag nicht um kluge Ratschläge für das Altern und Tipps für das Alter. Darüber gibt es umfassende und vielfältige Literatur mit so vielversprechenden Buchtiteln wie „Glücklich altern“ „Fröhlich altern“ „Die Kunst des Alterns“ oder „Glücksfall Alter“. Es geht mir auch nicht um den allseits bekannten und oft genannten demografischen Wandel (alternde Gesellschaft, längere Lebenszeit etc.) mit seinen vielfältigen Folgen und gesellschaftspolitischen Herausforderungen, ein in den Medien hinreichend diskutiertes Thema. Nein, meine Gedanken drehen sich hier um die – nennen wir sie – „Innenansicht“ des Menschen bei der Konfrontation mit seiner ganz persönlichen Endlichkeit. Nur der Mensch, als einziges Lebewesen auf diesem Planeten Erde, ist sich seiner eigenen Sterblichkeit bewusst. Nur er weiß, sein Leben, wie er es auch gestalten mag und wie lange es auch währt, kennt immer nur eine Richtung, die Todesrichtung. Es gibt keine alternative Lebens-Route als die über das Altern und das Alter, denn alt werden und alt sein sind Grundbedingungen (nicht nur) der menschlichen Existenz auf dieser Erde. Das Leben des Menschen ist in seinen Lebensphasen fest vorgezeichnet. Geburt, Kindheit, Jugend, Erwachsen, Alter, Tod. Der Mensch hat keine Wahl, es ist sein unumstößliches Schicksal: Das letzte Ziel seines Lebens, ob er will oder nicht, ist immer der Tod. Eine zunächst widersprüchliche und auch bedrückende Erkenntnis, denn wie passen zwei so gravierende Gegensätze wie Leben und Tod zusammen? Der Tod vernichtet das Leben, aber wir Menschen wollen leben, nicht tot sein. Somit ist der Tod der größte Widersacher des Lebens. Merkwürdig.Trotzdem gehören beide irgendwie zusammen. Ohne Leben kein Tod, ohne Tod kein Leben? Ein Blick in die Natur bestätigt es: Leben zerstört Leben um zu leben, denn die, die Leben erzeugen, töten ohne Gnade. 1) Von dem französischen Philosophen Michel Montaigne (1533-1592); der bei einem Reitunfall eine Nahtoderfahrung hatte; stammt die Aussage: Wer die Menschen lehren würde zu sterben, der würde sie lehren zu leben. Heißt dass, wir müssen den Tod und das Leben als eine Einheit betrachten? Müssen wir den Tod im Dasein unserer menschlichen Existenz mehr Beachtung schenken? Fragt sich nur wie? Denn genau das Gegenteil tun wir doch heute. Wir grenzen den Tod aus. Wir verdrängen ihn. Man kann auch sagen, der Tod wird im wahrsten Sinne des Wortes totgeschwiegen. Er spielt in unserer Grundeinstellung zum Leben keine Rolle. Das Thema Tod ist lästig, unbequem und ohne Zukunft. Wir halten uns lieber an den griechischen Glücks-Philosophen Epikur (341-270 v. Chr.) der gesagt hat: So ist also der Tod, das schrecklichste der Übel, für uns ein Nichts. Solange wir da sind, ist er nicht da, und wenn er da ist, sind wir nicht mehr. Also, nur keine Aufregung könnte man meinen. Aber mit zunehmendem Alter rückt der Tod immer mehr in das Blickfeld unseres Bewusstseins, die Distanz zu ihm wird immer kürzer. Der Tod steht sozusagen wie ein dunkler Stern über dem Alter, 4) denn die biologische Zellerneuerung des Körpers lässt nach und mit ihr die Spannkraft, Flexibilität und Mobilität von Körper und Geist. Ist es da ein Wunder, wenn alt werden und alt sein, mit all den Widrigkeiten die es mit sich bringt, heute, in einer Zeit, wo Anti-Aging in unserer Gesellschaft in so vielfältiger Form Hochkonjunktur hat, meist negativ besetzt sind? Man könnte auch sagen, dass Alter hat in unserer Zeit keinen sonderlich guten Ruf, ihm wird die Nähe des Todes zum Vorwurf gemacht. Hier gilt es einmal etwas genauer hinzuschauen. Altern und Alter ist ein eigener komplexer Wissenschaftsbereich (die Gerontologie) und beschäftigt sich mit der Beschreibung, Erklärung und Modifikation von körperlichen, psychischen, sozialen, historischen und kulturellen Aspekten des Alterns und Alters. 5) Sie alle anzusprechen würde den Rahmen dieses Beitrages schnell sprengen. Nachstehend daher nur einige, wie ich finde aber interessante Punkte, die unmittelbar mit dem Alter in Verbindung stehen und es wert sind einmal angesprochen zu werden. Die richtige Einstellung Zunächst einmal ist festzuhalten: Obwohl es gerne als solche angesehen wird, das Altern ist keine Krankheit die behandelt werden muss, sondern ein natürlich verlaufender, biologischer Prozess des Lebens. Wir können noch so sehr auf unsere Gesundheit achten, uns ausgewogen ernäh- 4/<strong>2015</strong> durchblick 67
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