2015-04
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Unterhaltung<br />
Meine Verpflegung für den ganzen<br />
Tag waren eine Zeit lang, wenn ich<br />
morgens zum Büro ging, meist sechs<br />
bis acht Schnitten Brot, trocken, “met<br />
niks beschmeart”- “mit nichts belegt”<br />
und sehr dünn geschnitten. Ganz langsam<br />
essen, kauen bis alles zu Pampe<br />
geworden, dann erst schlucken, so hatte<br />
man viel länger davon. Wir haben<br />
das Brot auf einem sogenannten Kanonenofen<br />
in unserem Büroraum geröstet,<br />
es schmeckte köstlich, haben aber<br />
sehr lange üben müssen, um es nicht zu<br />
schnell herunterzuschlucken. “Und der<br />
Verlierer durfte dann den anderen beim<br />
Kauen zusehen.”<br />
Kanonenöfen wurden in unserer<br />
Firma hergestellt. Sie waren bestimmt<br />
für die Unterstände der Soldaten<br />
und als sogenannte Allesbrenner<br />
sehr beliebt, dazu die ideale Lösung,<br />
Baracken schnell und preiswert zu<br />
beheizen.<br />
Gerda Greis<br />
Der Kommentar<br />
Darüber spricht man nicht gerne<br />
In den letzten Tagen wurde in der Presse darüber berichtet,<br />
dass die Selbsttötungsrate bei den über 60-Jährigen<br />
nach Angaben der Deutschen Stiftung Patientenschutz<br />
besorgniserregend angestiegen ist. Unter den jährlich etwa<br />
10 000 Menschen, die sich hierzulande das Leben nehmen,<br />
gehörten 45 Prozent dieser Altersgruppe an, obwohl sie nur<br />
27 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmacht. Die Bundesregierung<br />
plant den Ausbau von Hospiz- und Palliativarbeit<br />
für sterbende Menschen, aber es wird kritisiert, dass „bei der<br />
Suizidprophylaxe im Alter keine Verbesserung in Sicht sei“.<br />
Durch Suizid stürben mehr Menschen als durch Verkehrsunfälle,<br />
Mord, Totschlag, Drogen und Aids zusammen,<br />
sagt der Stiftungsvorstand Eugen Brysch. Häufig litten<br />
die Betroffenen an Depressionen, die oft nicht erkannt<br />
und dann auch nicht therapiert werden. In Pflegeheimen<br />
sollen sogar mehr als die Hälfte der Bewohner depressive<br />
Symptome zeigen.<br />
Es stellt sich die Frage, was kann man als Suizidprophylaxe<br />
tun? Worunter ältere Menschen leiden ist oft die<br />
Einsamkeit. Kinder und Enkel sind weit entfernt oder auch<br />
gar nicht vorhanden. Menschen, die einem zuhören, mit denen<br />
man sprechen kann - auch über die Sorgen und Ängste<br />
des Alters – sind eher selten. In den Pflegeheimen haben die<br />
Mitarbeiter zu wenig Zeit, um auf die sozialen Bedürfnisse<br />
der Bewohner eingehen zu können. Die Seelsorger der Kirchen<br />
schaffen es auch<br />
kaum noch, Besuche<br />
bei alten Menschen zuhause<br />
oder in den Pflegeheimen<br />
zu machen.<br />
Sehr zu loben sind die<br />
Besuchskreise in den<br />
Kirchengemeinden,<br />
die zu den Geburtstagen<br />
oder bei anderen<br />
Gelegenheiten vorbeikommen.<br />
Bei der ganzen Problematik<br />
muss aber der<br />
Staat seine Pflicht erkennen,<br />
zum Beispiel<br />
indem er mehr Stellen<br />
für die Altenbetreuung<br />
schafft. ● Heute von Horst Mahle<br />
4/<strong>2015</strong> durchblick 29