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8 | Volkers Welt<br />
Sagen Sie uns Ihre Meinung:<br />
Bergedorfer Zeitung | Volkers Welt | Curslacker Neuer Deich 50 | 21029 Hamburg<br />
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SONNABEND<br />
4. JUNI 2016<br />
STAATSBÜRGERSCHAFT<br />
Wer ist eigentlich ein Deutscher?<br />
Da biste<br />
PLATT...<br />
>> Um das Theaterstück<br />
„Warten auf Godot“ drehte<br />
sich unsere Quizfrage. Obwohl<br />
Autor Samuel Beckett<br />
(1906-1989) Ire war, lebte<br />
er doch seit 1937 in Frankreich<br />
und verfasste das ereignisarme<br />
Stück daher in<br />
Französisch. Uraufgeführt<br />
wurde es am 5. Januar 1953<br />
im Théâtre de Babylone in<br />
Paris.<br />
Die 50 Euro hat gewonnen:<br />
Doris Reichenbächer aus Geesthacht<br />
Mit Torgarantie<br />
>> Gesucht ist heute der effektivste<br />
Torjäger im EM-Kader<br />
von Joachim<br />
Löw.<br />
Zwar haben<br />
andere häufiger<br />
getroffen,<br />
aber niemand<br />
schießt so regelmäßig<br />
Tore<br />
wie der<br />
Mann auf dem Foto.<br />
A Mario Gomez<br />
B Mario Götze<br />
C Thomas Müller<br />
D André Schürrle<br />
Kennen Sie die Lösung?<br />
Gewinnen Sie 50 Euro:<br />
01378 10 11 25*<br />
Rufen Sie bis zum 5. Juni,<br />
12 Uhr, an und nennen Sie uns die<br />
richtige Lösung. Der Gewinner wird<br />
ausgelost und benachrichtigt.<br />
Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />
*(50 Cent/Anruf aus dem Festnetz<br />
der Deutschen Telekom, Mobilfunkpreise können abweichen)<br />
850.000<br />
>> 850.000 Tagebücher<br />
hortet das Centre for Time<br />
Use Research der Universität<br />
Oxford in Großbritannien.<br />
Sie dienen der Erforschung,<br />
wie wir unsere Zeit verbringen.<br />
Dabei konnten die Forscher<br />
bereits das weit verbreitete<br />
Vorurteil entkräften,<br />
dass unser Leben immer<br />
arbeitsreicher wird. Tatsächlich<br />
hat sich – gesamtgesellschaftlich<br />
betrachtet – die<br />
Arbeitszeit seit den 80er-<br />
Jahren kaum verändert.<br />
Redensart:<br />
>> Einen Kater haben bedeutet,<br />
die Folgen eines starken<br />
Rausches zu spüren. Es<br />
wird angenommen, dass der<br />
Ausdruck seinen Ursprung in<br />
dem Wort „katarrh“ hat.<br />
Eine andere Theorie ist, dass<br />
er sich aus dem seit dem<br />
18. Jahrhundert bekannten<br />
Begriff „Katzenjammer“ entwickelt<br />
hat. Um 1850 fand<br />
die Wendung zuerst durch<br />
Leipziger Studenten Eingang<br />
in die Umgangssprache. Sie<br />
hebt darauf ab, dass das Gejammer<br />
Alkoholkranker an<br />
das nächtliche Geschrei liebestoller<br />
Katzen erinnert.<br />
Wer Deutscher<br />
werden will,<br />
muss eine Menge<br />
über unser Land<br />
wissen.<br />
Wenn in einer Woche die FußballEuropameisterschaft<br />
beginnt,<br />
dann heißt es wieder:<br />
„Franzosen gegen Schweizer“,<br />
„Schweden gegen Italiener“,<br />
„Deutsche gegen Polen“. Die<br />
Fans feiern ihr Land, ihr Team,<br />
ohne sich groß etwas dabei zu<br />
denken. Seit dem „Sommermärchen“<br />
2006 haben auch<br />
wir Deutschen trotz der belasteten<br />
Geschichte wieder ein<br />
entspanntes Verhältnis zu<br />
unserer Nationalität.<br />
Unsere Staatsbürgerschaft<br />
begleitet uns durch unser Leben,<br />
ohne dass wir uns dessen<br />
immer bewusst sind. Wird in<br />
Deutschland ein Kind geboren,<br />
müssen die Eltern die Existenz<br />
des neuen Erdenbürgers binnen<br />
einer Woche dem Standesamt<br />
melden. Die Bedeutung<br />
dieses formalen Aktes<br />
lässt sich daran ermessen, dass<br />
in vielen Krankenhäusern angeboten<br />
wird, die Anmeldung<br />
gleich vor Ort zu erledigen.<br />
Erst die Geburtsurkunde<br />
macht uns vor dem Gesetz zu<br />
der Person, die wir sind.<br />
Die<br />
„W“-Frage:<br />
Langjährige „Topmodel“Gucker<br />
wissen, was es bedeutet,<br />
wenn Heidi Klum ein „Editorial<br />
Shooting“ ankündigt.<br />
Dann sind die jungen Damen<br />
aufgefordert, möglichst keine<br />
Miene zu verziehen und<br />
griesgrämig in die Kamera zu<br />
schauen. Auch bei den klassischen<br />
Modenschauen geht es<br />
ernst zu. Kein Lächeln soll<br />
von der Hauptsache, der<br />
Kleidung, ablenken.<br />
HERZENSSACHE Die Farben Schwarz-Rot-Gold traten als deutsche Nationalfarben erstmals während<br />
der Befreiungskriege (1813 bis 1815) in Erscheinung. Sie gehen auf das Lützowsche Freikorps zurück,<br />
dessen Mitglieder schwarze Uniformen mit goldenen Knöpfen und roten Kragenspiegeln trugen.<br />
Diskussionen um die<br />
Staatsbürgerschaft bekamen<br />
im vergangenen Jahr durch die<br />
Flüchtlingswelle neue Aktualität.<br />
„Deutschland den Deutschen“,<br />
ist ein in reaktionären<br />
Kreisen oft vorgetragener Slogan.<br />
Zuletzt unterschied ein<br />
Politiker gar zwischen solchen<br />
und solchen Deutschen, zwischen<br />
Nachbarn mit heller und<br />
dunkler Hautfarbe, was zu<br />
Recht einen Sturm der Entrüs<br />
DAS MÄDCHEN, DAS NICHT EXISTIERTE<br />
DIE UNGLAUBLICHE GESCHICHTE DER ALECIA FAITH PENNINGTON<br />
>> Es war der 24. September<br />
2014, als sich die damals 18-<br />
jährige Alecia Faith Pennington<br />
entschloss zu fliehen. Aufgewachsen<br />
war sie mit acht<br />
Geschwistern auf einer Farm<br />
in Texas als Tochter zweier<br />
fundamentaler Christen. Während<br />
eines Besuchs ihrer<br />
Großeltern raffte sie ihre Habseligkeiten<br />
zusammen und<br />
versteckte sich in deren Auto.<br />
Als ihr Großvater, Jim Southworth,<br />
abends den Wagen öffnete,<br />
war er überrascht, seine<br />
Enkeltochter vorzufinden. Auf<br />
ihr Drängen hin nahm er sie<br />
mit.<br />
>> Schnell stellte sich jedoch<br />
heraus, dass der Sprung in ein<br />
neues Leben für Alecia Faith<br />
Pennington alles andere als<br />
einfach war. Denn sie besaß<br />
keinerlei offizielles Dokument<br />
Alecia Faith Pennington<br />
kämpfte lange um ihre<br />
Geburtsurkunde.<br />
Warum gucken<br />
Models GRIES-<br />
GRÄMIG?<br />
In den 50er und 60erJahren<br />
durfte Models, die damals<br />
noch Mannequins hießen,<br />
noch lächeln. Das Lächeln<br />
war – wie bei Hostessen oder<br />
Stewardessen – eine Einladung,<br />
sich etwas zu leisten,<br />
und ein Glücksversprechen.<br />
Die in den 70erJahren aufkommende<br />
Avantgarde wollte<br />
sich von dieser altbackenen<br />
Glücksvorstellung absetzen.<br />
Sie begriff Mode als<br />
tung auslöste. Doch was ist das<br />
eigentlich: Deutsch sein? Der<br />
Begriff existiert im allgemeinen<br />
Sprachgebrauch so ungefähr<br />
ab dem 15. Jahrhundert,<br />
als das Heilige Römische<br />
Reich den Zusatz „Deutscher<br />
Nation“ bekam. Doch bis ins<br />
19. Jahrhundert hinein blieb er<br />
im Alltag unbedeutend. Man<br />
war in erster Linie Preuße,<br />
Bayer oder Württemberger,<br />
erst in zweiter Linie Deut<br />
über ihre Person und war damit<br />
für den amerikanischen<br />
Staat schlicht nicht auf der<br />
Welt. Sie konnte also weder<br />
ein Bankkonto einrichten, noch<br />
studieren, ein Flugticket buchen<br />
oder den Führerschein<br />
machen. In ihrer Not wandte<br />
sich die mittlerweile 19-Jährige<br />
im Februar 2015 in einem<br />
Youtube-Video an die Öffentlichkeit<br />
und erzählte ihre Geschichte:<br />
Sie sei zu Hause geboren<br />
worden, habe nie eine<br />
Schule oder ein Krankenhaus<br />
besucht, sondern privat unterrichtet<br />
worden und sei von<br />
ihren Eltern nie offiziell gemeldet<br />
worden. Innerhalb weniger<br />
Tage machte die Geschichte<br />
vom „Mädchen, das nicht<br />
existiert“ (Hamburger Abendblatt)<br />
Schlagzeilen auf der<br />
ganzen Welt. Das zeigte Wirkung:<br />
Die Politiker in Texas<br />
brachten ein Gesetz auf den<br />
Weg, das solche Fälle regelt.<br />
Im September 2015 konnte<br />
Alecia Faith Pennington<br />
schließlich ihre Geburtsurkunde<br />
in Empfang nehmen – fast<br />
20 Jahre, nachdem sie auf die<br />
Welt gekommen war.<br />
Kunstform und entwickelte<br />
eine völlig neue Bildsprache.<br />
Models kamen nun ernst daher,<br />
düstere Blicke sollten für<br />
eine tiefsinnige und vielschichtige<br />
Atmosphäre sorgen,<br />
wo früher Oberflächlichkeit<br />
regiert hatte. Doch ganz<br />
wurde das Lächeln nicht vertrieben.<br />
In den Versandhauskatalogen,<br />
die weiter auf<br />
schlichte Glücksversprechen<br />
setzen, hat es überdauert.<br />
scher. 1815 löste der Deutsche<br />
Bund das Heilige Römische<br />
Reich Deutscher Nation ab,<br />
das sich 1806 aufgelöst hatte.<br />
Doch auch der Deutsche Bund<br />
war stets mehr Staatenbund<br />
als Bundesstaat. Obwohl schon<br />
die Paulskirchenverfassung<br />
von 1848 dies vorgesehen hatte,<br />
gab es weiter keine deutsche<br />
Staatsangehörigkeit. Das<br />
änderte sich erst mit der Gründung<br />
des Deutschen Reiches<br />
am 18. Januar 1871 in Versailles.<br />
Die lange angestrebte deutsche<br />
Nation wurde Wirklichkeit,<br />
deren Bürger nun<br />
„Reichsdeutsche“ genannt<br />
wurden. Doch ihre Anhänglichkeit<br />
an die einzelnen<br />
Gliedstaaten blieb. Dies zeigt<br />
sich exemplarisch an einem<br />
Brief, den der preußische König<br />
Wilhelm an eben jenem 18.<br />
Januar 1871 an seine Frau Augusta<br />
schrieb, nachdem er zum<br />
deutschen Kaiser Wilhelm I.<br />
gekrönt worden war: „Eben<br />
kehre ich vom Schlosse nach<br />
vollbrachtem Kaiserakte zurück.<br />
Ich kann dir nicht sagen,<br />
in welcher morosen (= niedergeschlagenen)<br />
Emotion ich in<br />
diesen letzten Tagen war, teils<br />
wegen der hohen Verantwortung,<br />
die ich nun zu übernehmen<br />
habe, teils und vor allem<br />
über den Schmerz, den preußischen<br />
Titel verdrängt zu sehen.“<br />
Mit dem deutschen Reichsund<br />
Staatsangehörigkeitsgesetz<br />
vom 22. Juli 1913 bekam<br />
Folter ist<br />
keine<br />
Strafe!<br />
Richtig oder falsch?<br />
Im Mittelalter gab es ein ausdifferenziertes<br />
Rechtssystem.<br />
Die hohe Gerichtsbarkeit verhandelte<br />
Schwerverbrechen<br />
wie Mord, Spionage, Hexerei,<br />
Ehebruch oder Falschmünzerei.<br />
Die niedere Gerichtsbarkeit<br />
wurde vom Grundherrn<br />
ausgeübt. Er urteilte über<br />
Eigentums oder Erschaftsangelegenheiten.<br />
Kam man bei<br />
der hohen Gerichtsbarkeit mit<br />
der Beweisführung nicht weiter,<br />
griff man zur Folter, um<br />
der Begriff „Deutscher“ dann<br />
eine rechtliche Grundlage.<br />
Heute ist der Begriff in Artikel<br />
116 des Grundgesetzes geregelt.<br />
Darin heißt es: „Deutscher<br />
ist, wer die deutsche<br />
Staatsangehörigkeit besitzt.“<br />
Diese ist wiederum durch das<br />
Abstammungsrecht geregelt.<br />
Ein Kind erwirbt bei seiner<br />
Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit,<br />
wenn zumindest<br />
ein Elternteil Deutscher ist<br />
(Abstammungsprinzip). Seit<br />
1977 erhalten auch von Deutschen<br />
adoptierte Kinder die<br />
deutsche Staatsbürgerschaft.<br />
Seit 2000 können zudem auch<br />
Kinder, deren Eltern beide<br />
Ausländer sind, bei der Geburt<br />
Deutsche werden, wenn sie in<br />
Deutschland geboren sind und<br />
zu diesem Zeitpunkt zumindest<br />
ein Elternteil ein unbefristetes<br />
Aufenthaltsrecht besitzt<br />
(Geburtsortprinzip).<br />
Liegt eine doppelte Staatsbürgerschaft<br />
vor, müssen sich die<br />
Personen mit 18 Jahren entscheiden,<br />
welche Staatsbürgerschaft<br />
sie behalten wollen.<br />
Wer nicht von Geburt an<br />
Deutscher ist, kann dies über<br />
das Einbürgerungsgesetz werden.<br />
Doch die Hürden sind<br />
hoch: Wer die deutsche Staatsbürgerschaft<br />
erwerben will,<br />
muss seit mindestens acht Jahren<br />
in unserem Land leben, ein<br />
unbefristetes Aufenthaltsrecht<br />
Wer war Graf<br />
von Stauffenberg?<br />
besitzen, seinen Lebensunterhalt<br />
sichern, unbescholten<br />
sein, Deutsch sprechen, sich<br />
zum Grundgesetz bekennen<br />
und seine alte Staatsangehörigkeit<br />
aufgeben. Und er muss<br />
den Einbürgerungstest bestehen,<br />
bei dem von 33 Fragen<br />
mindestens 17 richtig zu beantworten<br />
sind. Darin wird zum<br />
Beispiel gefragt, wer Claus<br />
Schenk Graf von Stauffenberg<br />
war (HitlerAttentäter), wann<br />
die Bundesrepublik Deutschland<br />
gegründet wurde (1949),<br />
wie der erste Bundeskanzler<br />
hieß (Konrad Adenauer) oder<br />
was soziale Marktwirtschaft<br />
bedeutet (Prinzip von Angebot<br />
und Nachfrage mit sozialem<br />
Ausgleich durch den Staat).<br />
Und vielleicht ja auch bald,<br />
wer Deutschland zum Europameistertitel<br />
2016 schoss...<br />
Fotos: dpa; Fotolia © VRD, Ermolaev<br />
Alexandr, okalinichenko, schinsilord.<br />
ein Geständnis zu erzwingen.<br />
Die Folter war also Bestandteil<br />
des Verfahrens, nicht die<br />
eigentliche Strafe. Sie stammt<br />
aus dem Alten Rom, wo Sklaven<br />
und Verräter gefoltert<br />
wurden. Im Mittelalter war ihr<br />
Gebrauch anfangs völlig willkürlich,<br />
ab dem 13. Jahrhundert<br />
musste mindestens ein Zeuge<br />
die Täterschaft bezeugen. Erst<br />
im 18. Jahrhundert setzte sich<br />
die Erkenntnis durch, dass Folter<br />
unmenschlich ist.