Taxi Times München - Juni 2015
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
TAXIVERBAND MÜNCHEN<br />
TAXIVERBAND MÜNCHEN<br />
<br />
GUTACHTEN ZUR<br />
FUNKTIONSFÄHIGKEIT<br />
DES TAXIGEWERBES<br />
Wer den <strong>München</strong>er <strong>Taxi</strong>markt kennt, findet nichts Überraschendes.<br />
Erste Auswertung des Gutachtens aus Verbands-Sicht.<br />
Das Wichtigste zuerst: Es gibt<br />
nichts wirklich Neues in der südlichsten<br />
Großstadt Deutschlands.<br />
Die Stadt <strong>München</strong> hat zur Über prüfung<br />
der Funktions fähigkeit des <strong>München</strong>er<br />
<strong>Taxi</strong>marktes erstmals ein pro fessionelles<br />
Gutachten erstellen lassen. Die Funktionsfähigkeit<br />
muss nach Personenbeförderungsgesetz<br />
immer dann geprüft werden,<br />
wenn die Behörden keine neuen <strong>Taxi</strong>konzessionen<br />
genehmigen. Und zwar im<br />
Rahmen des sog. Beobachtungs zeitraumes<br />
einmal jährlich. In früheren Jahren haben<br />
die Be hörden die Steuer erklärungen der<br />
Unter nehmen angefordert, um aus diesen<br />
Daten Rück schlüsse über das Funktionieren<br />
des Marktes schließen zu können. Die<br />
Abgabe der Daten war für die Unternehmen<br />
freiwillig, entsprechend gering war<br />
der Rücklauf, in jedem Fall zu wenig für<br />
eine echte und reelle Betrachtung des<br />
<strong>Taxi</strong> marktes. In den letzten fünf Jahren<br />
galt die Regel, dass immerhin eine Konzession<br />
pro Jahr vergeben wurde und<br />
dadurch die Funktions fähigkeit nicht<br />
geprüft werden musste.<br />
Nun also wird wieder ein Beobachtungszeitraum<br />
eingeführt, um auch künftig<br />
bei der Praxis bleiben zu können, dass<br />
keine Konzessionen neu ausgegeben werden.<br />
Dafür wurde dankenswerter weise versucht,<br />
für <strong>München</strong> erstmalig verlässliche<br />
Zahlen aus den <strong>München</strong>er <strong>Taxi</strong> betrieben<br />
zu bekommen. Die Teilnahme an der Befragung<br />
war verpflichtend, etwa die Hälfte der<br />
<strong>München</strong>er Einzel unternehmen wurde<br />
befragt und vollständig alle Betriebe, die<br />
mehr als ein <strong>Taxi</strong> betreiben.<br />
Eine ganze Reihe der nun vorliegenden<br />
Ergebnisse war vorhersehbar:<br />
› Dass es in <strong>München</strong> zu viele <strong>Taxi</strong>fahrzeuge<br />
gibt, erlebt jeder in leidvoller Erfahrung<br />
während der langen Wartezeiten auf<br />
den nächsten Fahrgast. Dass dies selbstverständlich<br />
nicht zu den Oktoberfestzeiten<br />
gilt, haben auch die Gutachter anerkannt.<br />
› Dass ca. 40 Prozent der <strong>München</strong>er<br />
Unternehmer sich durch kreative Buch <br />
»Am drittgrößten<br />
bayerischen<br />
Bahnhof ist <strong>Taxi</strong><br />
schlicht unsichtbar.«<br />
haltung hervortun und damit zu einer<br />
massiven Markt verzerrung beitragen, ist<br />
für nahezu jeden, der sich mit <strong>Taxi</strong><br />
beschäftigt, nichts Überraschendes. Interessant<br />
zu beobachten wird sein, wie die<br />
Genehmigungs behörde auf diese Daten<br />
reagieren wird.<br />
› Dass viele Unternehmer ihren schlechten<br />
Verdienst und die geringen jährlichen<br />
Gewinne nur dadurch schönigen können,<br />
dass sie sich insbesondere beim Fahrzeugkauf<br />
massiv verschulden, ist zwar wohl<br />
jedem bekannt, wurde aber bisher nie<br />
wirklich ausgesprochen.<br />
› Das Fazit des Gutachtens, dass der <strong>Taxi</strong>markt<br />
in <strong>München</strong> nicht „funktions fähig“<br />
ist, war zu erwarten.<br />
Insofern ist gut, dass nun schwarz auf weiß<br />
einige Dinge formuliert sind, die zwar allgemein<br />
bekannt sind, aber doch nie<br />
berück sichtigt wurden.<br />
Ein paar Ergebnisse aus dem Gutachten<br />
sind zudem höchst interessant und werden<br />
sicher sowohl in den Standplatz diskussionen<br />
ausführlich besprochen werden als<br />
auch in die Arbeit der Verbände und Zentralen<br />
mit einfließen:<br />
› Besonders schlecht schneidet die Stadt<br />
<strong>München</strong> im Vergleich zu den anderen bisher<br />
ca. 40 untersuchten Städten bei der<br />
praktischen Umsetzung des <strong>Taxi</strong>s als<br />
ÖPNV ab. In nahezu allen anderen Städten<br />
werden den <strong>Taxi</strong>s Sonderrechte wie z. B.<br />
die Mitbenutzung der Bus- und Straßenbahnspuren<br />
in wesentlich größerem Rahmen<br />
ermöglicht, als dies in <strong>München</strong> je<br />
der Fall war. Andere Sonder rechte wie z. B.<br />
die Einfahrt mit oder die Abholung von<br />
Fahrgästen in Fußgänger zonen werden<br />
anders wo als selbst verständlicher Teil der<br />
Arbeit angesehen und von Fahrgästen<br />
erwartet. Die Tatsache, dass das <strong>Taxi</strong> laut<br />
PBefG eine Ergänzung und Verdichtung<br />
des öffent lichen Nahverkehrs darstellt,<br />
wird in anderen Städten von den Stadtpolitikern<br />
und Behörden sichtbar anerkannt<br />
und in lokalen Verkehrsregeln<br />
FOTO: Martin Gapa/pixelio.de<br />
FOTO: Florian Bachmann<br />
geordnet. Als Parade beispiel für die Ignoranz<br />
der Stadt <strong>München</strong> bei diesem Thema<br />
wird die Neu gestaltung des Pasinger<br />
Bahnhofs von den Gut achtern besonders<br />
hervorgehoben. Am drittgrößten bayerischen<br />
Bahnhof ist <strong>Taxi</strong> schlicht unsichtbar.<br />
Daran ändern auch die nachträglichen<br />
Schön heits korrekturen durch die Verwaltung<br />
nichts.<br />
› Das Gutachten geht auch auf die aktuellen<br />
Herausforderungen durch den Mindestlohn<br />
ein, auch wenn hier keine<br />
Bewertung vorgenommen wird, da das<br />
nicht Bestandteil des Auftrags war. Dennoch<br />
errechnen die Gutachter, dass für den<br />
Auswertungszeitraum die durchschnittlichen<br />
Löhne an angestellte Fahrer bei<br />
ziemlich genau acht Euro pro Stunde lagen.<br />
Es muss dann natürlich schon die Frage<br />
gestellt werden, wie denn – bei unveränderten<br />
Rahmen bedingungen – die Löhne<br />
an die gesetzlichen Vorschriften angepasst<br />
werden können. Die Verweigerung einer<br />
angemessenen Tarif anhebung hilft nur<br />
denen, die durch ihre kreative Buchhaltung<br />
ohnehin schon mit einem Bein im Gefängnis<br />
stehen. Die ehrlichen Unternehmer werden<br />
durch diese Wettbewerbs verzerrung<br />
aus dem Markt gedrängt.<br />
› Bedenklich findet das Gut achten die<br />
hohen wöchentlichen Einsatz zeiten der<br />
allein fahrenden Unternehmer von<br />
60 Stunden und mehr. Konkret wird natürlich<br />
die Beeinträchtigung des öffentlichen<br />
Verkehrs interesses angesprochen, denn<br />
wer übermüdet fährt, stellt ein Risiko für<br />
alle dar. An diesem Punkt müssen sich die<br />
Einzel unternehmer aber auch mal fragen<br />
lassen, warum sie so vehement gegen eine<br />
vernünftige Tarif erhöhung sind. Schließlich<br />
wäre eine geringere durchschnitt liche<br />
Arbeits zeit ein wesentlicher Gewinn für<br />
die Lebens qualität. Laut Gutachten gibt es<br />
sehr wohl einige Städte, in denen der <strong>Taxi</strong>markt<br />
funktioniert und der artig lange<br />
Arbeits zeiten nicht existieren. fb<br />
Betriebs- und Verkehrsmedizinisches Untersuchungszentrum<br />
des BDF – Überbetrieblicher Dienst Dr. Hingerle GBR<br />
TARIFANTRAG –<br />
TARIF ERHÖHUNG<br />
NOCH FÜR<br />
DIESES JAHR<br />
ANGESTREBT<br />
Alle Untersuchungen für Erwerb und Verlängerung von Führerscheinen zu<br />
besonders freundlichen und fairen Bedingungen und immer ohne Anmeldung.<br />
Am Brunnen 17, 85551 Kirchheim, Nähe Messe Riem Tel: 089/9036110 oder<br />
089/9918801-0 oder 089/9033366, www.verkehrsmedizin-dr.hingerle.de<br />
Ärztliche Untersuchung und Augenuntersuchung (ohne Anmeldung):<br />
Montag bis Freitag von 8:00 bis 12:00 Uhr, Mo, Di, Do von 14:00 bis 18:30 Uhr<br />
Betriebsmedizinische Untersuchung / Reaktionstests (ohne Anmeldung):<br />
Montag bis Freitag von 8:00 bis 10:00 Uhr, Mo, Di, Do von 14:00 bis 17:00 Uhr<br />
Geschäftsführender<br />
Vorstand des<br />
<strong>Taxi</strong>verbandes<br />
<strong>München</strong> TVM,<br />
Florian Bachmann.<br />
Die Mitglieder der <strong>Taxi</strong>kommission sind mehrheitlich<br />
der Meinung, nicht ausreichend über<br />
die Auswirkungen der Einführung des Mindestlohns<br />
im <strong>Taxi</strong> informiert zu sein und nicht<br />
genug Informa tionen über die wirtschaftlichen<br />
Rahmenbedingungen eines <strong>Taxi</strong> unternehmens<br />
zu haben. Deswegen sollen Aufstellungen über<br />
die Kosten struktur sowohl eines Einzelunternehmens<br />
als auch von Mehrwagenbetrieben erstellt werden. Für<br />
die nächste Sitzung der <strong>Taxi</strong>kommission, die für Herbst geplant<br />
ist, soll dann ein angepasster <strong>Taxi</strong> tarif von den Behörden vorgelegt<br />
werden. Eine Entscheidung über einen erhöhten <strong>Taxi</strong> tarif soll also<br />
noch dieses Jahr von der Kommission getroffen werden.<br />
Aus diesem Grunde arbeitet der <strong>Taxi</strong>verband <strong>München</strong> derzeit<br />
an den von den Stadträten gewünschten Kostenmodellen. Den<br />
konkreten Kosten eines Unternehmens werden die Einnahmemöglichkeiten<br />
gegenübergestellt. Damit ist eine realitäts nahe<br />
Gewinn ermittlung darstellbar. Die Rahmen bedingungen werden<br />
dem Gut achten entnommen, die realen Kosten aus den Buchhaltungen<br />
verschiedener Betriebe zusammengefasst.<br />
Gleichzeitig wird der <strong>Taxi</strong>verband die Anregungen und Informationen<br />
aus dem Gutachten aufnehmen und in einem geänderten<br />
Tarif antrag zusammenfassen, der in Kürze bei der Behörde<br />
eingereicht wird. Wenn wir also nach 2013 einen <strong>Taxi</strong>tarif bekommen,<br />
der es möglich macht, die gesetzlichen Regelungen einzuhalten,<br />
dann hilft das dem gesamten <strong>München</strong>er <strong>Taxi</strong>gewerbe.<br />
Allen Pressemeldungen der letzten Wochen zum Trotz werden<br />
wir alles daran setzen, dass noch in diesem Jahr ein Tarif in Kraft<br />
gesetzt wird, der es den Betrieben mit Personal erlaubt, die<br />
Mindest löhne ohne freie Interpretation der Arbeitszeit gesetze und<br />
Pausenregelungen zu bezahlen. Frau Nahles hatte bereits beim<br />
Beschluss des Mindest lohnes die Behörden dazu aufgefordert,<br />
Anpassungen an den <strong>Taxi</strong>tarif großzügig zu genehmigen. Offensichtlich<br />
hat diese Aufforderung den Weg von der Hauptstadt bis<br />
nach <strong>München</strong> nicht geschafft. <br />
fb<br />
hingerle.indd 1 07.02.14 15:02<br />
18 TAXI JUNI / <strong>2015</strong><br />
19