150 Jahre Geschichte Evangelische Kirche Unterschützen
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8 <strong>150</strong> <strong>Jahre</strong> Evang. Pfarrgemeinde <strong>Unterschützen</strong><br />
<strong>150</strong> <strong>Jahre</strong> Evang. Pfarrgemeinde <strong>Unterschützen</strong> 9<br />
Johann Ulreich<br />
„Wieder aufzublühn werd ich<br />
gesät“…<br />
Erst vor kurzem bin ich dem Text und der Melodie<br />
wieder begegnet, die mich unwillkürlich an<br />
meine <strong>Unterschützen</strong>er <strong>Jahre</strong> erinnern. Es war<br />
eine Aufführung der „Auferstehungssymphonie“<br />
Gustav Mahlers im Wiener Konzerthaus.<br />
Beim Osterfeuer 1974 in <strong>Unterschützen</strong> habe ich<br />
das Lied erstmals gehört – und die kommenden<br />
<strong>Jahre</strong> immer wieder und als Schlusslied bei den<br />
Ostergottesdiensten gesungen: „Auferstehn, ja<br />
auferstehn wirst du…“<br />
Der Beginn der zweiten Strophe lautet: „Wieder<br />
aufzublühn werd ich gesät. Der Herr der Ernte<br />
geht und sammelt Garben, uns ein, die in ihm<br />
starben. Halleluja!“ Im Grunde enthalten diese<br />
Worte nichts anderes als den Grund und die Hoffnung eines Lebens als Christ,<br />
sie umspannen Vergangenes und Zukünftiges und alle einzelnen Begegnungen<br />
- die 13 <strong>Jahre</strong> in <strong>Unterschützen</strong>, die Anfangsjahre sowie alle weiteren<br />
kirchlichen Stationen bis heute.<br />
Ich gebe es gerne zu: Fast immer, wenn ich – leider viel zu selten – ins Burgenland<br />
komme, biege ich, egal von wo ich komme, von der B 50 ab und<br />
fahre langsam durch das Dorf, interessiert, aber auch wehmütig. Das letzte<br />
Mal ist mir beispielsweise eingefallen, dass es fast genau 30 <strong>Jahre</strong> her ist, seit<br />
einige KonfirmandInnen mit mir genau am 10. November 1983 zum Gedenken<br />
an den 500. Geburtstag Martin Luthers ein kleines Bäumchen beim Zugang<br />
zur <strong>Kirche</strong> gesetzt hatten – inzwischen eine entsprechend stattliche Linde.<br />
Im November 1974 bin ich von Großpetersdorf, meiner Vikariatsstelle,<br />
kommend, in das noch neue, aber für mich riesige und leere Pfarrhaus eingezogen.<br />
Ich hatte bloß einige Koffer. Ein Bett, ein Nachtkästchen und einen<br />
Kasten hatte man mir freundlicherweise zur Verfügung gestellt. Für meine<br />
relativ vielen Bücher habe ich mir Obststeigen besorgt; die dienten einige<br />
Zeit als Bücherregale. Ein Nachbar begrüßte mich nach einigen Tagen mit<br />
einem lebenden Hendl…<br />
Ende Februar 1975 wurde ich in der <strong>Unterschützen</strong>er <strong>Kirche</strong> ordiniert, im Juni<br />
erfolgte die Amtseinführung als Pfarrer von <strong>Unterschützen</strong> (einschließlich der<br />
heutigen Pfarrgemeinde Bad Tatzmannsdorf); bis 1988 sollte ich mit meiner<br />
Familie in <strong>Unterschützen</strong> bleiben.<br />
In diesen Tagen blickt die Pfarrgemeinde auf ihr <strong>150</strong>-jähriges Bestehen zurück.<br />
13 <strong>Jahre</strong> durfte ich hier leben und die ersten und eigenverantwortlichen<br />
Schritte meiner kirchlichen Tätigkeit gehen. Immer wieder erstaunt mich dabei<br />
die damalige warmherzige Aufnahme und die Freude darüber, wieder einen<br />
Pfarrer „zu haben“. Aber auch der große Respekt und Vertrauensvorschuss,<br />
den vor allem ältere Gemeindeglieder dem noch jungen und unerfahrenen<br />
Theologen entgegenbrachten, wundert mich heute noch.<br />
Hier in <strong>Unterschützen</strong> habe ich gewissermaßen „von der Pike auf“ die ganze<br />
Bandbreite der Arbeit eines Pfarrers gelernt und dabei ungemein hilfreiche<br />
Erfahrungen für meine spätere berufliche Laufbahn gesammelt. Wohl aus<br />
diesem Grund haben sich auch Eindrücke und Erlebnisse bis heute tief in<br />
mein Gedächtnis eingegraben, und viele emotional starke und berührende<br />
Momente sind jederzeit gegenwärtig. Sie haben mich wesentlich geformt<br />
und lassen mich heute als Pensionist in Wien dankbar und mit großer Genugtuung<br />
zurück blicken.<br />
Details vergisst man ja mit der Zeit. Was waren - abgesehen vom Wichtigsten,<br />
den seelsorgerlichen und gottesdienstlichen Begegnungen und Feierstunden<br />
bzw. den trockenen Zahlen, Daten und Fakten, die sich in Sitzungsprotokollen<br />
und <strong>Jahre</strong>sberichten finden - meine persönlichen „Highlights“ der Siebzigerund<br />
Achzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts?<br />
Die Kommunikationswege waren vergleichsweise noch recht langsam, manchmal<br />
auch mühsamer, dafür aber natürlicher. Es gab zwar schon in nahezu<br />
jedem Haus ein Telefon, aber noch keinen PC, keine Handys, SMS und Mail.<br />
Es wurden noch viele Briefe geschrieben, im Büro ebenso wie privat.<br />
Kopiergeräte hatten nur wenige und die Geräte waren sehr teuer. Zur Vervielfältigung<br />
dienten Geräte für Spiritusmatrizen, später erst gab es Wachsmatrizen.<br />
Auf der Straße dominierte die mündliche oder persönliche Verständigung.