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LEGION DER VERLORENEN - ARRI Group

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Photos: © Kamerafilm<br />

ziert wurde, mit Jürgen Jürges an der Kamera (Deutscher Kamerapreis<br />

1988), erwies sich als wirklich guter Start für mich. Mit Jürgen habe<br />

ich dann auch gleich meinen nächsten Film Nebel (Sis) gemacht, in<br />

dem auch mein Freund Elia Kazan seinen letzten Auftritt in einem Film<br />

hatte. Die Schwierigkeit, auf die ich jedoch schon bald stieß, war,<br />

dass ich Filme nach internationalem Standard machen wollte, ein<br />

Niveau, das der türkische Film damals noch nicht repräsentierte.<br />

Qualität war zu dieser Zeit im türkischen Kino nicht so wichtig. Meine<br />

Absichten zu verwirklichen, erwies sich Ende der 80er Jahre allein<br />

schon logistisch als zunehmend schwierig. So gab ich zu nächst nach<br />

meinem dritten Film Şahmaran 1993 das Regiegeschäft wieder auf.<br />

Was jetzt den aktuellen Film über Atatürk betrifft, für den ich zunächst<br />

das Drehbuch geschrieben habe, so sollte er eigen tlich auch unter<br />

einer anderen Regie realisiert werden, aber der Produzent (Tibet Kaan<br />

Demirtaş) hat mich drei Monate lang bekniet, die Regie selbst zu<br />

übernehmen. So bin ich nun wieder plötzlich voll im Filmgeschäft,<br />

worüber ich inzwischen sehr froh bin, weil sich die Arbeitsbedingun -<br />

gen dank der neuen Kommunikations- und Produk tions techniken<br />

dramatisch zum Besseren verändert haben. Es ist viel einfacher<br />

geworden, seine Vorstellungen zu realisieren.<br />

VA: Sie haben bislang vorwiegend mit deutschen<br />

Kameramännern gearbeitet. Jetzt bei Veda – Der<br />

Abschied auch wieder. Ist das Zufall oder Methode?<br />

ZL: Ich arbeite nicht nur gern mit deutschen Kameramännern zusam -<br />

men, sondern spiele auch meine Filmmusik lieber mit deutschen<br />

Orchestern ein (Berliner Phiharmoniker, Deutsches Symphonie -<br />

orchester). In der deutschen Kultur verbinden sich für mich zwei<br />

Elemente, die ich sehr schätze, nämlich Gefühl und Perfektionismus,<br />

das ist international gesehen eine äußerst rare Kombination. Mit<br />

Gefühl meine ich dabei jedoch nicht Sentimen talität. Ich habe die<br />

Musik für diesen Film in Berlin eingespielt, und wurde gefragt,<br />

warum ich das nicht in Istanbul machen wollte. Meine Antwort war,<br />

dass das musikalische Gespür hier anders ist als in der Türkei.<br />

Gefühl subtil zu vermitteln, ist viel schwieriger als offenkundig<br />

emotional zu sein. Das musikalische Hauptthema von Veda – Der<br />

Abschied wird nur von Klavier (Henning Schmidt) und Cello (Ulrich<br />

Maiss) getragen, Ulrich Maiss hat dazu das Preludium von Bachs<br />

Suite Nr. I auf meine Harmonien adaptiert.<br />

VISION<strong>ARRI</strong><br />

Was die Frage nach den Kameramännern betrifft, so sind einige der<br />

weltweit besten DoPs Deutsche. Jürgen Jürges ist ein großer Könner<br />

in seinem Fach. Ich wollte auch diesen Film zusammen mit ihm<br />

machen, aber er war leider schon durch ein anderes Projekt<br />

blockiert. Er hat mir aber seinen Freund Peter Steuger empfohlen,<br />

mit dem ich dann genauso harmonisch zusammenarbeiten konnte<br />

wie schon zuvor mit Jürgen. Aber der eigentliche Grund, warum ich<br />

keinen türkischen Kameramann für diesen Film haben wollte, liegt<br />

tiefer: Es gibt keine Tradition des Bildes im Islam, so wie in der<br />

westlichen Kulturtradition, weil es jahrhundertelang durch das<br />

islamische Recht verboten war, Abbilder des Menschen zu schaffen.<br />

Natürlich haben wir inzwischen in der Türkei herausragende<br />

Künstler, Maler, Bildhauer usw., aber diese Entwicklung ist recht<br />

neu, gerade einmal 80 Jahre alt, als Folge der republikanischen<br />

Revolution. Hier in Deutschland dagegen reicht die visuelle Tradition<br />

viele Jahrhunderte weiter zurück in die Vergangenheit. Das macht<br />

für mich den Unterschied aus. Jedenfalls bin ich sehr glücklich über<br />

die Zusammenarbeit mit meinen deutschen Kameramännern, und<br />

will diese auch bei meinen nächsten Projekten weiter fortführen.<br />

VA: Ihr Drehbuch für Veda – Der Abschied basiert auf<br />

einer realen Geschichte und vermittelt einen sehr sub -<br />

jektiven, emotionalen Zugang zur Person des Staats -<br />

gründers Mustafa Kemal Atatürk. Wie heikel ist es<br />

heute noch in der Türkei sich einer so übermächtigen<br />

historischen Figur auf diese Weise zu nähern?<br />

ZL: Das ist tatsächlich noch immer ein schwieriges Thema. Seit<br />

meiner Kindheit gab es immer wieder einmal Versuche, einen richti -<br />

gen Spielfilm über Atatürk zu machen. Als ich noch in der Grund -<br />

schule war, kam sogar einmal Curd Jürgens in die Türkei, weil er<br />

Atatürk spielen sollte – er sah ihm ja auch erstaunlich ähnlich.<br />

Das Problem ist: Es gibt nicht nur einen Atatürk. Es gibt den offi -<br />

ziellen Staatsgründer Atatürk, den Atatürk der Armee und den<br />

Atatürk, den alle Leute mit religösen Überzeugungen zutiefst hassen.<br />

Jede Fraktion macht sich ihren eigenen Atatürk nach ihren Überzeu -<br />

gungen zurecht. Während der Militärregierung war Atatürk nicht<br />

populär, weil immer nur das Bild des Oberbefehlshabers in den<br />

Vordergrund gerückt wurde. Die politische Linke, zu der auch ich<br />

gehörte, konnte ihn deshalb nicht ausstehen. Jetzt stellt sich das<br />

jedoch wieder völlig anders dar.�<br />

„DIE MÖGLICHKEITEN, DIE SICH MIR HIER IM DI BEI <strong>ARRI</strong><br />

BOTEN, WAREN FÜR MICH ATEMBERAUBEND NEU…”<br />

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