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LEGION DER VERLORENEN - ARRI Group

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Kratzer beschreibt und als Grundlage für<br />

die händische Nachbearbeitung diente.<br />

Nun folgte die aufwendige digitale 2K-<br />

Re tusche und Restaurierung. Bildrucker wur -<br />

den stabilisiert, die durch die mechanische<br />

Beschaffenheit der Klebestelle entstehen<br />

können. Schmutz und Kratzer wurden mit<br />

diversen Retuschesystemen per Teilauto -<br />

matik und Einzelbildretusche entfernt.<br />

Parallel zur Fehlerrestaurierung lief die Licht -<br />

bestimmung am Autodesk Lustre System mit<br />

2K-Projektion durch unsere Lead Coloristin<br />

Traudl Nicholson, unterstützt durch Andreas<br />

Lautil, wobei in diesem Arbeitsprozess auch<br />

Michael Ballhaus intensiv involviert war.<br />

Nur er konnte beurteilen, wie das Ori ginal<br />

ursprünglich ausgesehen hatte. Die Lichtbe -<br />

stimmung fand in München, zum Teil aber<br />

auch in Berlin statt, was durch den direkten<br />

Datenaustausch mit <strong>ARRI</strong> Schwarz film ein<br />

großer Vorteil war. Einer der Grün de dafür<br />

war, dass während des Projekts zwischen<br />

Juli und Oktober 2009 Michael Ballhaus<br />

öfter in Berlin sein musste, außer dem hat ja<br />

auch die Fassbinder-Foundation ihren Sitz<br />

dort. So erwies es sich als logi stischer<br />

Vorteil, dass auch in unserer Lustre Suite in<br />

Berlin Abnahmen erfolgen konnten, um die<br />

Restaurierungsfortschritte zu begut achten<br />

und um weitere Absprachen zu treffen, was<br />

noch gemacht werden musste.<br />

Die Beseitigung von übertragenen Bildfeh -<br />

lern vom Umkehrpositiv, sowie der Ver -<br />

letzungen im Bild und anderer technischer<br />

Mängel erfolgte am Revival, PF Clean und<br />

Shake. Kamerabedingt waren teilweise<br />

Fussel und Druckbelichtungen im Bild inte -<br />

griert. Auch die hat man zum großen Teil<br />

entfernt, allerdings nur nach direkter Rück -<br />

sprache mit Michael Ballhaus und Juliane<br />

Lorenz, da diese Arbeiten einen erhebli chen<br />

Zeit und Kostenfaktor dar stellen. Das farb -<br />

korrigierte und retuschierte Endergeb nis war<br />

dann ein 2K-Master, das auf 35 mm Inter -<br />

med Negativ ausbelichtet wurde. Ebenso<br />

wurde von der restau rierten Mischung ein<br />

35 mm-Lichttonnegativ erstellt. Zusätzlich<br />

wurden die digitalen 2K-Daten auf LTO 4<br />

Tape gesichert. Das Inter med Negativ sowie<br />

Lichttonnegativ dient für die Langzeitarchi -<br />

vierung und zur Erstel lung weitere analoger<br />

Kinokopien; das LTO 4 Tape mit den final<br />

farbkorrigierten und restaurierten 2K-DPX<br />

Files als digitales Backup.<br />

VA: In welcher Fassung wurde Welt<br />

am Draht während der Berlinale<br />

gezeigt?<br />

MK: Es wurde auch ein DCP (Digital Cine -<br />

ma Package) erstellt, also eine digitale<br />

Kinokopie, die dann während der Berlinale<br />

eingesetzt wurde. Die Uraufführung fand<br />

vor vollem Haus statt, der Film fasziniert<br />

heute noch genauso wie damals, hat immer<br />

noch Aktualität.<br />

Die Qualität der Neufas sung wurde allge -<br />

mein hoch gelobt. Alle waren davon über -<br />

zeugt, dass das die richtige Vorgehens -<br />

weise war, und das Maximum, das mit der<br />

heutigen Technik erreicht werden kann.<br />

VA: Gab es weitere Auswertungs -<br />

stufen?<br />

MK: Wir haben zusätzlich noch ein HD-<br />

Master vom 2K-Datensatz erstellt, das dann<br />

für eine weitere Auswertung im TV oder als<br />

DVD-Release geeignet ist. Die Kinowelt hat<br />

in ihrer ARTHAUS Premium-Reihe Welt am<br />

Draht zusammen mit einem Making-of von<br />

Juliane Lorenz auf DVD herausgebracht.<br />

Dazu wurde das Master von HD auf PAL<br />

down-konvertiert. So weit ich weiß, ist<br />

diese DVD-Kollektion sehr erfolgreich am<br />

Markt. Inzwischen wurde auch noch eine<br />

untertitelte Kopie beim MoMA abgegeben.<br />

Das Museum of Modern Art in New York<br />

war einer der Förderer dieses Projekts, das<br />

neben der Fassbinder-Foundation auch von<br />

der Kulturstiftung des Bundes finanziert<br />

wurde. Der WDR hat zudem die Rechte für<br />

die Auswertung an die Foundation<br />

übertragen.<br />

VA: Was macht solche Projekte unternehmerisch<br />

für <strong>ARRI</strong> interessant?<br />

MK: Die Tatsache, dass sich hier ein neuer<br />

Markt entwickelt, für den gerade ein Tradi -<br />

tionsunternehmen wie <strong>ARRI</strong> besonders gut<br />

aufgestellt ist. Bei vielen Sendern liegen in<br />

den Archiven noch ungehobene Schätze,<br />

die dringend einer Restaurierung und Neu -<br />

bearbeitung bedürfen. Forciert wird diese<br />

Entwicklung durch die Umstellung des Fern -<br />

sehbetriebs auf HDTV. Damit muss auch<br />

zunehmend 4:3-Material auf 16:9-Format<br />

gebracht werden. Hier bei <strong>ARRI</strong> existiert<br />

eine lückenlose Know-how-Kette im Um -<br />

gang mit Filmmaterial, technisch wie per -<br />

sonell, beginnend im Kopierwerk, wo wir<br />

ja alle analogen Prozesse noch im Betrieb<br />

haben. Das setzt sich fort mit der Digitali -<br />

sierung via <strong>ARRI</strong>SCAN, entweder mit der<br />

Digital ICE-Technik oder inzwischen auch<br />

mit Wetgate, was speziell künftig bei Pro -<br />

jekten interessant sein wird, bei denen das<br />

Material besonders stark verkratzt und<br />

beschädigt ist.<br />

Daran schließt sich hier im Haus die ganze<br />

Bandbreite an Software-Retusche-Tools an,<br />

mit unterschiedlichen automatischen Filtern,<br />

die auch die Handretusche unterstützen<br />

können. Und schließlich die ganze Peri -<br />

pherie des Color Grading von Lustre bis<br />

Nucoda. Nicht vergessen werden sollte<br />

hier auch die <strong>ARRI</strong> Relativity Software, mit<br />

der sich das Filmkorn in Aufnahmen belie -<br />

big manipulieren lässt. Damit wird auch<br />

altes 16 mm-Material wieder sendegerecht,<br />

weil die Kompressionsproblematik auf der<br />

Sendestrecke behoben wird.<br />

VISION<strong>ARRI</strong><br />

MICHAEL BALLHAUS (ASC)<br />

�LEAD COLORISTIN TRAUDL NICHOLSON,<br />

Michael Ballhaus und Juliane Lorenz (Fassbinder<br />

Foundation)<br />

�<br />

Entscheidend ist aber vor allem, dass die<br />

<strong>ARRI</strong> Mitarbeiter immer noch beide Tech -<br />

niken, analog wie digital kennen und be -<br />

herrschen. Gerade die Arbeiten an Welt<br />

am Draht sind hier ein gutes Beispiel. Frau<br />

Nicholson verfügt einfach über die nötige<br />

Erfahrung, um mit einem Kameramann<br />

wie Michael Ballhaus kommunizieren zu<br />

kön nen. Sie weiß einfach, wie Material zu<br />

dieser Zeit ausgesehen hat, wie es bear bei -<br />

tet wurde, und wie es dann auch in einer<br />

restaurierten Fassung zu sehen sein sollte.<br />

VA: Wo liegen für Sie die Grenzen<br />

des sinnvoll Machbaren in Sachen<br />

Restaurierung?<br />

MK: Weniger im technischen Bereich, da<br />

werden die Grenzen des Machbaren durch<br />

neue Tools immer weiter hinausgeschoben.<br />

Die Grenzen liegen zum einen im vor han -<br />

denen Budget, weil aufwendige Retuschen<br />

sehr zeitintensiv und damit kostenträchtig<br />

sind, aber auch im kreativen Standpunkt,<br />

den man einnimmt. Es lässt sich trefflich<br />

darüber diskutieren, ob man Technik bis<br />

zum Limit ausreizen darf, um damit das<br />

Originalmaterial ‚wie neu’ zu machen. Hier<br />

kommt das Problem der Werktreue mit ins<br />

Spiel, denn es besteht dabei auch immer die<br />

Gefahr, ein Werk kaputt zu re staurieren, ihm<br />

seinen ursprünglichen Charakter, seine Per -<br />

sön lichkeit zu nehmen. Dieses Problem stellt<br />

sich auch bei älterem Sendematerial, das<br />

mit Pan & Scan auf 16:9-Format gebracht<br />

werden soll. Da hier der Bildausschnitt ver -<br />

ändert wird, sind wir hier bei <strong>ARRI</strong> der Auf -<br />

fassung, dass der Kameramann, der Regis -<br />

seur oder auch der Produzent des Originals<br />

die Neukadrierung mitentscheiden sollte. ■<br />

Ingo Klingspon<br />

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