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Kongressjournal Allgemeinmedizin Ausgabe 25. November 2016

Das Kongressjournal ist eine Live-Berichterstattung für Kongressteilnehmer des Allgemeinmedizinkongresses der stafam in Graz. Da viele Themen auch für Interessierte oder Betroffene wichtig sind, wurde eine eigene Publikumsausgabe hier in digitaler Form zusammengestellt. Hinweis: Aus rechtlichen Gründen wurden sämtliche Werbeeinschaltungen, die nicht für die Allgemeinheit erlaubt sind, herausgenommen.

Das Kongressjournal ist eine Live-Berichterstattung für Kongressteilnehmer des Allgemeinmedizinkongresses der stafam in Graz. Da viele Themen auch für Interessierte oder Betroffene wichtig sind, wurde eine eigene Publikumsausgabe hier in digitaler Form zusammengestellt. Hinweis: Aus rechtlichen Gründen wurden sämtliche Werbeeinschaltungen, die nicht für die Allgemeinheit erlaubt sind, herausgenommen.

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KONGRESS<br />

JOURNAL<br />

Alkoholkranke in der Allgemeinpraxis<br />

Alkoholismus ist eine Krankheit<br />

Alkohol ist in Österreich Teil des<br />

kulturellen und gesellschaftlichen<br />

Alltags. Die Grenzen zwischen<br />

Genuss, Missbrauch und<br />

Abhängigkeit sind fließend und<br />

oftmals nur schwer wahrnehmbar.<br />

Aus diesem Grund spielen<br />

<strong>Allgemeinmedizin</strong>er in der<br />

Früherkennung, der Intervention<br />

und in der Nachbetreuung von<br />

Menschen mit einer Alkoholerkrankung<br />

eine wesentliche Rolle.<br />

Alkoholismus wird meist nicht als<br />

Krankheit wahrgenommen. Tatsache<br />

ist jedoch, dass Alkoholsucht wie eine<br />

chronische Krankheit zu behandeln<br />

ist, um nachhaltig Erfolg zu haben.<br />

„Wenn wir die gleiche Sorgfalt und Geduld<br />

für diese Personengruppe aufbringen<br />

wie für einen Diabetiker, dann<br />

werden sich viel mehr alkoholkranke<br />

Menschen in der <strong>Allgemeinmedizin</strong>praxis<br />

gut aufgehoben fühlen“, weiß<br />

MR Dr. Uwe Pachmajer, Arzt für <strong>Allgemeinmedizin</strong><br />

und Psychotherapeut<br />

in Langenwang, aus Erfahrung.<br />

„Durch eine gute Beziehung zum<br />

Patienten ist die Langzeitbetreuung<br />

von Alkoholkranken möglich und erfolgreich.<br />

Alkoholsüchtige Menschen<br />

müssen das Gefühl haben, akzeptiert,<br />

verstanden und mit den besten Mitteln<br />

der Medizin betreut zu werden.“<br />

Eine gute Arzt-Patient-Beziehung<br />

ist dabei oft wichtiger als das beste<br />

Medikament, ist der Experte überzeugt.<br />

Alkoholiker sind oft Außenseiter<br />

und froh, wenn sich jemand ihrer<br />

annimmt. Darin sieht Dr. Pachmajer<br />

auch die Stärke des <strong>Allgemeinmedizin</strong>ers.<br />

Er hat einen Bezug zum Patienten<br />

und das ist sein großer Vorteil.<br />

Er behandelt den Menschen jahrelang<br />

und hat mit ihm viele verschiedene<br />

Themen – das ergibt immer wieder<br />

Anknüpfungspunkte auch zum Thema<br />

Alkohol. „In einem Spital liegt<br />

das Hauptaugenmerk vor allem auf<br />

Entgiftung und Entzug“, erklärt Dr.<br />

Pachmajer. „Nach dem Aufenthalt<br />

kommen die Menschen in zwei Jahren<br />

wieder – zum Entzug. Das heißt,<br />

in der Zeit dawzischen muss sich der<br />

<strong>Allgemeinmedizin</strong>er um ihn kümmern“,<br />

schildert Dr. Pachmajer.<br />

Sich Zeit nehmen und Zeit geben<br />

Der Zeitfaktor ist ein Punkt, der nicht<br />

außer Acht gelassen werden darf. Der<br />

Arzt muss sich Zeit nehmen sowie<br />

dem Patienten Zeit geben. Die drei<br />

Säulen und gleichzeitig die Hauptaufgaben<br />

der <strong>Allgemeinmedizin</strong><br />

sind nach Dr. Pachmajer „Erkennen,<br />

Motivieren und Halten“. Jedes für<br />

sich braucht Zeit und Geduld, denn<br />

Rückfälle kommen vor. Allein das Erkennen<br />

des Alkoholproblems kann<br />

für den Patienten selbst und für den<br />

Arzt Jahre dauern. Wenn es soweit ist,<br />

braucht auch die Motivation ihre Zeit<br />

– denn mit Druck erreicht man wenig.<br />

Vorrangiges Ziel ist, mit Empathie,<br />

Respekt und den „richtigen“ Fragen<br />

Suchtmittelabhängige in ihrer Motivation<br />

zu einer Verhaltensänderung zu<br />

unterstützen. Suchtmittelkonsumenten<br />

sind nicht unmotiviert, ihre Sucht<br />

aufzugeben, sondern ambivalent.<br />

Erkennen, Motivieren, Halten<br />

Wenn die Motivation erfolgreich war,<br />

steht der Entwöhnungsphase nichts<br />

im Wege. Diese kann je nach Arzt und<br />

Lebensumstände des Patienten ambulant<br />

oder stationär durchgeführt<br />

werden. „Ob ambulant oder stationär<br />

hängt auch davon ab, was der <strong>Allgemeinmedizin</strong>er<br />

sich zutraut. Man<br />

muss die ersten 14 Tage ununterbrochen<br />

da sein, kontrollieren, überwachen<br />

und betreuen sowie mit Entzugserscheinungen<br />

rechnen“, weist Dr.<br />

Pachmajer auf die Herausforderung<br />

hin. Umso schöner, dass sich der persönliche<br />

Einsatz lohnt, denn immerhin<br />

beträgt die dynamische Rehabilitationsquote<br />

in der Allgemeinpraxis<br />

beachtliche 71 %, inklusive erfolgreicher<br />

Rückfallsbewältigung.<br />

Der dritte Schritt ist, den Erfolg langfristig<br />

zu halten. „Nachbetreuung bedeutet<br />

eine lebenslange Begleitung“,<br />

betont Dr. Pachmajer eindringlich.<br />

„Nehmen Sie den Wunsch der Patienten<br />

nach einem selbstbestimmten<br />

Leben ernst, unterstützen Sie die Patienten<br />

im Kampf gegen die Abhängigkeit<br />

und erleben Sie, wie lohnend<br />

das für Ihre Patienten und wie befriedigend<br />

es für Sie ist.“<br />

VORTRAG FÜR ÄRZTE:<br />

Alkoholkranke in der Allgemein praxis:<br />

Erkennen, Motivieren, Halten<br />

Freitag, <strong>25.</strong>11., 16.40 Uhr<br />

Graz/<strong>25.</strong> <strong>November</strong> <strong>2016</strong> KONGRESSJOURNAL 29

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