Produktivität und Energie-Effizienz - Produktion
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Wirtschaft : Unternehmen <strong>und</strong> Branchen<br />
6 <strong>Produktion</strong> 10. Dezember<br />
von Dietmar Poll<br />
<strong>Produktion</strong> Nr. 49-50 , 2009<br />
NÜRNBERG. Die Siemens Drive Technologies<br />
Division steht zum Jahreswechsel<br />
vor einer Umstrukturierung.<br />
Was es damit auf sich hat, wie die K<strong>und</strong>en<br />
dazu stehen <strong>und</strong> welche Rolle das<br />
Thema <strong>Energie</strong>-<strong>Effizienz</strong> spielt, klärten<br />
wir in einem Gespräch mit Klaus<br />
Helmrich, Leiter von Siemens DT.<br />
Herr Helmrich, Sie bedienen mit DT<br />
die enorm großen Marktsegmente<br />
Fertigungstechnologie, Prozesstechnologie<br />
<strong>und</strong> Infrastruktur. Was<br />
hat für Sie dabei aktuell die höchste<br />
Priorität?<br />
Wir haben mit Getriebe, Motor, Umrichter<br />
<strong>und</strong> Steuerungssystem das<br />
komplette Antriebsportfolio im Angebot.<br />
Auf dieser Basis bieten wir unseren<br />
K<strong>und</strong>en auf zwei extrem wichtigen<br />
Feldern Antworten auf deren Anforderungen:<br />
Auf der einen Seite ist<br />
das die Integration von Steuerungs-<br />
<strong>und</strong> Antriebstechnik. Auf der anderen<br />
Seite wollen wir die Leitungsfähigkeit<br />
der Antriebstechnologie für <strong>Effizienz</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>Produktivität</strong> bei unseren K<strong>und</strong>en<br />
klar in den Fokus rücken.<br />
Was hat das Ihrer<br />
Meinung nach zur Folge?<br />
Wir gewinnen durch diese Fokussierung<br />
als Drives Technologies deutlich<br />
an K<strong>und</strong>ennähe. Wir erreichen dadurch<br />
auch stärkere Netzwerke, in die<br />
wir den Konstrukteur <strong>und</strong> Anlagenbauer<br />
noch intensiver mit hinein nehmen<br />
können. Das bedeutet eine Ausweitung<br />
unseres gesamten Geschäftsmodells<br />
<strong>und</strong> wir werden als Antriebshersteller<br />
deutlicher wahrgenommen.<br />
Sehen das Ihre<br />
K<strong>und</strong>en denn genauso?<br />
Studienergebnisse<br />
Die Industrie muss effiziente Produkte endlich stärker einsetzen<br />
von Lothar Lochmaier<br />
<strong>Produktion</strong> Nr. 49-50 , 2009<br />
BERLIN (fr). Zwei vom VDMA an die<br />
Prognos AG <strong>und</strong> Roland Berger Strategy<br />
Consultants in Auftrag gegebene<br />
Studien untermauern die These, dass<br />
sich mit Hilfe von <strong>Energie</strong>-<strong>Effizienz</strong> in<br />
der deutschen Industrie viel Geld sparen<br />
<strong>und</strong> vor allem verdienen lässt.<br />
Der VDMA stuft das Leitthema <strong>Energie</strong>-<strong>Effizienz</strong><br />
als dreifachen Gewinn<br />
für Umwelt, K<strong>und</strong>en <strong>und</strong> den Maschinen-<br />
<strong>und</strong> Anlagenbau ein. Hinzu<br />
kommt, die international weiter<br />
wachsende Nachfrage zu befriedigen.<br />
„Rechtsverbindliche Abkommen beim<br />
Klimaschutz dürften erst im kommenden<br />
Jahr wahrscheinlich sein, was aus<br />
Sicht des deutschen Maschinen- <strong>und</strong><br />
Anlagenbaus ein verlorenes Jahr wäre,<br />
da entsprechend solide Rahmenbedingungen<br />
zur Investitionsplanung<br />
fehlen“, betonte VDMA-Präsident<br />
Manfred Wittenstein vor Pressevertretern<br />
im Hauptstadtbüro des Verbandes<br />
in Berlin.<br />
Deutschland habe sich indes zum<br />
Ziel gesetzt, seine <strong>Energie</strong>produktivität<br />
bis 2020 jährlich um 3 % zu steigern.<br />
Das entspreche im produzierenden<br />
Gewerbe einer <strong>Energie</strong>verbrauchssenkung<br />
um 300 Petajoule<br />
(PJ), was dem jährlichen Stromverbrauch<br />
von r<strong>und</strong> 90 Mio Haushalten<br />
gleich kommt. „Dieses Potenzial lässt<br />
sich allein durch effiziente Technologien<br />
des Maschinen- <strong>und</strong> Anlagenbaus<br />
realisieren“, kommentiert Wittenstein<br />
die Studienergebnisse der<br />
PRODUKTION-INTERVIEW<br />
Bild: VDMA/Siemens<br />
Ja, denn wir reagieren damit nicht<br />
zuletzt auf drei zentrale K<strong>und</strong>enbedürfnisse.<br />
Erstens: Wie können wir<br />
weiter die <strong>Produktivität</strong> steigern?<br />
Zweitens: Wie kann mehr <strong>Energie</strong>-<strong>Effizienz</strong><br />
umgesetzt werden? Drittens:<br />
Wie kann höchste Zuverlässigkeit sichergestellt<br />
werden?<br />
Galten Sie bisher<br />
denn nicht als zuverlässig?<br />
Doch natürlich, es geht in diesem Zusammenhang<br />
um Zuverlässigkeit im<br />
Sinne von konstanter Qualität sowie<br />
weiterem Vorantreiben von Innovation<br />
<strong>und</strong> Logistikleistung. In Summe ist<br />
das heute ein immer wichtigeres Thema<br />
bei unserer K<strong>und</strong>schaft. Denn unsere<br />
K<strong>und</strong>en wollen sich auf Siemens<br />
verlassen können, sie wollen wissen,<br />
ob wir die Kraft haben, unsere Produktlinien<br />
auch künftig auf gewohnt<br />
hohem Niveau weiterzuentwickeln.<br />
Ist das alles rein theoretischer<br />
Natur oder gibt es innerhalb<br />
von DT Konsequenzen?<br />
Um diese Ziele intensiv verfolgen zu<br />
können haben wir die Divison auf der<br />
Vertriebsseite weltweit optimiert.<br />
Gleichzeitig regeln wir die Verantwortlichkeiten<br />
innerhalb der Drive<br />
Technologies zum 1. Januar 2010<br />
neu, indem wir das Motoren-, das<br />
Umrichter- <strong>und</strong> das Getriebegeschäft<br />
in jeweils eine Verantwortung geben<br />
werden.<br />
Also drei einzelne Bereiche.<br />
Welche Vorteile bietet das?<br />
Unsere K<strong>und</strong>en haben nach wie vor<br />
über unsere Vertriebskanäle einen<br />
Ansprechpartner für ihre Anforderungen.<br />
Intern haben wir uns weiter optimiert<br />
<strong>und</strong> mit der gestrafften Aufstellung<br />
eine klare Orientierung in Richtung<br />
der drei genannten Markt- <strong>und</strong><br />
Technologiesegemente eingenom-<br />
Optimierte Dichtungssysteme, weiter entwickelte Verdichter mit modernem Schaufeldesign<br />
<strong>und</strong> Hightechwerkstoffen sind der Schlüssel für effiziente Gastrubinen, die einen<br />
hohen Wirkungsgrad versprechen. Solche Produkte gilt es vermehrt einzusetzen.<br />
Unternehmensberatung Roland Berger<br />
Strategy <strong>und</strong> des Marktforschungsinstituts<br />
Prognos AG.<br />
Als „<strong>Effizienz</strong>-Enabler“ ermögliche<br />
es der Maschinen- <strong>und</strong> Anlagenbau<br />
somit in Deutschland, in den kommenden<br />
zehn Jahren 12,5 Mrd Euro<br />
<strong>Energie</strong>kosten pro Jahr einzusparen.<br />
Allerdings gelte es, die Potenziale in<br />
der technologischen Entwicklung<br />
durch weitere Anstrengungen zu heben.<br />
„Die Signale aus der Industrie<br />
sind aber positiv, denn die Unternehmen<br />
erhöhen ihre Ausgaben für Forschung<br />
<strong>und</strong> Entwicklung weiter“, bestätigt<br />
Wittenstein.<br />
Klaus Helmrich, CEO Siemens Drive Technologies Division<br />
„Mehr <strong>Produktivität</strong> <strong>und</strong> <strong>Energie</strong>-<strong>Effizienz</strong>“<br />
Bild: Siemens<br />
men. Somit haben wir unsere Strategie<br />
in die Struktur umgesetzt, die den<br />
Bedürfnissen unserer K<strong>und</strong>en aber<br />
auch den Technologiebesonderheiten<br />
entspricht.<br />
Was war das treibende<br />
Element dafür auf K<strong>und</strong>enseite?<br />
Unsere K<strong>und</strong>en wollen wissen, wie<br />
sie ihre bestehenden Anlagen mit Retrofit-Maßnahmen<br />
stärker in Richtung<br />
<strong>Produktivität</strong> weiter ausbauen können.<br />
Oder wie sie mit moderner Ausrüstung<br />
besser <strong>und</strong> zuverlässiger produzieren<br />
können.<br />
Dennoch sei <strong>Energie</strong>-<strong>Effizienz</strong> künftig<br />
noch stärker als wirtschaftlicher<br />
Standortfaktor anzusehen, sowie ein<br />
proaktiver Beitrag zur Dämpfung der<br />
möglicherweise bald wieder ansteigenden<br />
Rohstoffpreise, ergänzt Detlev<br />
Dauke, Abteilungsleiter <strong>Energie</strong>politik<br />
im B<strong>und</strong>eswirtschaftsministerium<br />
(BMWi). VDMA-Präsident Wittenstein<br />
regt dabei neben flankierender<br />
Unterstützung seitens der Politik<br />
– etwa in der technischen Bildung<br />
<strong>und</strong> Forschungsförderung – vor allem<br />
eine bessere Ausnutzung der vorhandenen<br />
Einsparmöglichkeiten an. Der<br />
derzeitige Realisierungsgrad bei den<br />
Weitere K<strong>und</strong>enwünsche<br />
sind?<br />
Die K<strong>und</strong>en fragen<br />
nach mehr <strong>Energie</strong>-<br />
<strong>Effizienz</strong> <strong>und</strong> auch,<br />
wie man den Gesamtansatz<br />
von der<br />
Idee bis zum Produkt<br />
verbessern kann.<br />
Oder wie man im<br />
Prozess einsparen<br />
kann. Der Trend geht<br />
insgesamt, angesichts<br />
der derzeitigen Wirtschaftslage,<br />
stark in<br />
die Optimierung bestehender<br />
Anlagen.<br />
Sind Ihre K<strong>und</strong>en<br />
heutzutage denn<br />
überhaupt bereit<br />
– oder in der Lage –<br />
zu investieren?<br />
Das hängt von der Amortisationszeit<br />
ab. Geht es um das Thema <strong>Energie</strong>-<br />
<strong>Effizienz</strong>, reden wir von ROI-Zeiten,<br />
die zwischen einem halben Jahr <strong>und</strong><br />
zwei bis drei Jahren liegen. Das ist für<br />
industrielle Verhältnisse ein sehr kurzer<br />
Zeitraum. Gleichzeitig bringt es<br />
auch noch einen entscheidenden Beitrag<br />
zur CO 2 -Reduzierung. Vor diesem<br />
Hintergr<strong>und</strong> steigt der Anteil am<br />
Einsatz energie-effizienter Antriebe<br />
stetig.<br />
<strong>Energie</strong>sparmaßnahmen in<br />
der Industrie liege bei nur<br />
40 %. „Bereits existierende<br />
energieeffiziente Produkte<br />
müssen deshalb<br />
endlich stärker eingesetzt<br />
werden“, betont<br />
der VDMA-Präsident<br />
weiter. Hierzu sei keine<br />
direkte staatliche Absatzförderung<br />
erforderlich, sondern<br />
lediglich eine bessere Aufklärung bei<br />
wachstumsbereinigten Lebenszyklusbetrachtungen<br />
aus der Anwenderperspektive.<br />
„Wir müssen dazu die Brü-<br />
■ Das industrielle Gewerbe erwirtschaftete<br />
2006 etwa 26 % der Brutto-Wertschöpfung<br />
Deutschlands.<br />
Zugleich entfielen fast 47 % der bezogenen<br />
Vorleistungen auf diese<br />
Wirtschaftsgruppe, was ein erstes<br />
Indiz für den hohen Verflechtungsgrad<br />
der Wirtschaftszweige der Industrie<br />
mit anderen Bereichen der<br />
Wirtschaft ist.<br />
Klaus Helmrich teilt das<br />
Motoren-, das Umrichter-<br />
<strong>und</strong> das Getriebegeschäft<br />
in drei einzelne<br />
Bereiche innerhalb der<br />
Drive Technologies Division<br />
auf.<br />
■ Bessere Aussagen über die Verflechtungsstruktur<br />
lassen sich auf<br />
Basis einer Analyse der Herkunft<br />
der Investitionen treffen. Diese Ergebnisse<br />
sind ein gutes Indiz dafür,<br />
wie Innovationsprozesse von einzelnen<br />
Branchen beeinflusst werden.<br />
Eine Auswertung der ifo-Investorenrechnung<br />
ergab in diesem<br />
Zusammenhang, dass die Investitionen<br />
mit Produkten aus dem Maschinen-<br />
<strong>und</strong> Anlagenbau etwa<br />
55 % der gesamten Investitionen<br />
2009 • Nr. 49-50<br />
Stellen Sie Ihre eigenen<br />
Werke ebenfalls auf höhere<br />
<strong>Energie</strong>-<strong>Effizienz</strong> um?<br />
Ja, dazu haben wir ein eigenes Projekt<br />
in Leben gerufen, den so genannten<br />
Sustainabilty Health Check. Damit<br />
untersuchen wir unsere Fabriken<br />
mit Blick auf das Thema auf <strong>Energie</strong>-<br />
<strong>Effizienz</strong>. So können wir unseren<br />
K<strong>und</strong>en mit Erfahrungen aus eigenen<br />
Fertigungsbetrieben gute Beispiele<br />
liefern.<br />
Gibt es bei den Innovationen<br />
denn spezielle Trends?<br />
Werkzeugmaschinenhersteller zum<br />
Beispiel gehen weiter stark in die<br />
Richtung Mechatronik sowie in Richtung<br />
der Integration der CAD/CAM/<br />
CNC-Welten. Und sie treiben natürlich<br />
das Thema <strong>Produktivität</strong> für ihren<br />
Endk<strong>und</strong>en. Da ist unsere Innovationskraft<br />
bei Antriebs- <strong>und</strong> Steuerungssystemen<br />
gefordert. Mit Blick<br />
auf Marktentwicklungen lässt sich<br />
sagen, dass es international einen<br />
Trend zu standardisierten Maschinen<br />
gibt. Das gilt vor allem für die Märkte<br />
in Brasilien, Indien, China <strong>und</strong> Korea.<br />
Und wie sieht es bei<br />
der Fertigungstechnologie aus?<br />
Dort gehen die Trends in Richtung digitaler<br />
Fertigungsmöglichkeiten mit<br />
PLM, der Betrachtung der Lebenszykluskosten<br />
wie TCO <strong>und</strong> der stärkeren<br />
Beachtung der Möglichkeiten zur<br />
<strong>Energie</strong>-<strong>Effizienz</strong>. Eine weiterer Aspekt<br />
ist die Integration: Also die Möglichkeiten,<br />
vielfältige Funktionalitäten<br />
in Geräten zu integrieren. Auf allen<br />
Feldern suchen sowohl OEM als<br />
auch Anwender Antworten. Und diese<br />
bieten wir als Automatisierungspartner<br />
unseren K<strong>und</strong>en aus dem gesamten<br />
Portfolio des Siemens Industry<br />
Sectors an.<br />
che in der Wertschöpfungsstruktur<br />
aufbrechen, <strong>und</strong> dabei auch eine<br />
Bewusstseinsveränderung bei den<br />
Mitarbeitern einbeziehen“, fasst der<br />
VDMA-Präsident zusammen.<br />
Zur drohenden „Kreditklemme im<br />
Mittelstand“, die auch die produzierenden<br />
Unternehmen im kommenden<br />
Jahr weiter erfasse, äußerte sich Wittenstein<br />
erneut besorgt. „Am unteren<br />
<strong>und</strong> oberen Rand sind sowohl ganz<br />
große als auch ganz kleine Unternehmen<br />
von der zögerlichen Kreditvergabe<br />
besonders betroffen“, fasst Wittenstein<br />
zusammen.<br />
<strong>Effizienz</strong>-Beschleuniger: Maschinen- <strong>und</strong> Anlagenbau<br />
der Industrie ausmachen.<br />
■ Laut ifo-Investorenrechnung wurden<br />
2004 insgesamt r<strong>und</strong> 60 Mrd<br />
Euro im industriellen Gewerbe investiert.<br />
55 % der Investitionen der<br />
Industrie in neue Ausrüstungen<br />
sind Erzeugnisse des Maschinenbaus,<br />
was 33,1 Mrd Euro entspricht.<br />
■ Als Fazit lässt sich festhalten, dass<br />
der Maschinen- <strong>und</strong> Anlagenbau<br />
der mit Abstand wichtigste Lieferant,<br />
in der Regel Systemlieferant,<br />
von Investitionsgütern für die Industrie<br />
ist. In dieser herausgehobenen<br />
Position muss der Branche<br />
ein tragende Rolle bei der Systemintegration<br />
<strong>und</strong> Systeminnovation<br />
zugeschrieben werden. Der Maschinen-<br />
<strong>und</strong> Anlagenbau ist somit<br />
der signifikanteste Innovationstreiber<br />
für <strong>Energie</strong>-<strong>Effizienz</strong> in der<br />
Industrie.