WIRTSCHAFT+MARKT 2/17
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BERLIN | 19<br />
Citylogistik-Konzept angekündigt<br />
Für den Wirtschaftsverkehr plant der Senat<br />
ein eigenes Citylogistik-Konzept. Die<br />
Vorgaben: Innerstädtische Transporte sollen<br />
auf umweltfreundliche Verkehrsmittel<br />
verlagert werden. Dazu gehört etwa die<br />
Belieferung auf der „letzten Meile“ mit finanziell<br />
geförderten Lastenfahrrädern, die<br />
schienenseitige Erschließung geeigneter<br />
Gewerbe- und innerstädtischer Logistikstandorte<br />
sowie die Nutzung der Wasserwege<br />
für die Belieferung der Innenstadt.<br />
Der Pkw-Verkehr soll aus Berlins City zurückgedrängt werden. Hier der Verkehrsknotenpunkt<br />
Eberswalder Straße, wo sich U-Bahn, Tram, Bus, Pkw, Fahrräder und Fußgänger kreuzen.<br />
benachbarten Brandenburg. So stieg laut<br />
Bundesagentur für Arbeit die Zahl der Einpendler<br />
nach Berlin von 200.000 im Jahr<br />
2005 auf 277.000 im Jahr 2015.<br />
Vom Auto umsteigende Pendler seien auf<br />
Park-and-Ride-Mobilität angewiesen, so<br />
der ADAC. „Es steht außer Frage, dass<br />
wir die Umweltbelastungen durch den Kfz-<br />
Verkehr reduzieren müssen“, weiß Volker<br />
SO FAHREN DIE BERLINER<br />
Die von Berlinern gewählten Verkehrsmittel nach Fahrtanlass<br />
Auto, Motorrad, Roller<br />
Krane, Vorstand für Verkehr im ADAC Berlin-Brandenburg,<br />
„aber wir brauchen dringend<br />
Lösungen für Alternativen, die für die<br />
Pendler auch akzeptabel sind.“ Das Fahrrad<br />
werde gerade im Winterhalbjahr und<br />
für Schichtarbeiter im Dienstleistungsgewerbe<br />
häufig keine Alternative sein; Carsharing-Angebote<br />
im ländlichen Raum seien<br />
nicht wirtschaftlich und werden auch<br />
nicht angeboten werden.<br />
ÖPNV Fahrrad Zu Fuß<br />
An der Umsetzbarkeit dieser Ideen herrschen<br />
im Berliner Mittelstand Zweifel.<br />
So hält Gerd Bretschneider, Geschäftsführer<br />
der Fuhrgewerbe-Innung<br />
Berlin-Brandenburg, auf Anfrage von<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> die Verlagerung<br />
von Transporten angesichts der heute weithin<br />
geforderten Flexibilität der Transportund<br />
Logistikprozesse für eine „Lebenslüge<br />
der Verkehrspolitik“. Lastenräder als Alternative<br />
seien zwar im Bereich der Paket- und<br />
Kuriersendungen denkbar. „Das ist aber nur<br />
ein sehr kleines Segment des Wirtschaftsverkehrs<br />
und bildet bei weitem nicht die<br />
Mengenbilanz ab“, gibt Bretschneider zu<br />
bedenken. Schließlich müssten auch Kalksandsteinpaletten<br />
für die Baustelle, der<br />
Transportbeton für den Hoch- und der Heißasphalt<br />
für den Straßenbau, Möbel, Umzugsgut<br />
oder Bauschuttcontainer „auf der<br />
letzten Meile“ befördert werden.<br />
Quelle Schaubild: Mobilitätssteckbrief Berlin 2013 der Technischen Universität Dresden.<br />
100 %<br />
80 %<br />
60 %<br />
40 %<br />
20 %<br />
10<br />
15<br />
40<br />
34<br />
Fahrt zum<br />
Arbeitsplatz<br />
42<br />
11<br />
19<br />
28<br />
39<br />
11<br />
22<br />
28<br />
Einkauf Freizeit Kita /Schule Andere<br />
Zwecke<br />
28<br />
16<br />
32<br />
24<br />
13<br />
10<br />
31<br />
46<br />
„In vielen Bereichen steht aus unserer<br />
Sicht der politische Wille nicht mit der Realität<br />
im Einklang“, kritisiert auch Klaus-<br />
Dieter Martens, Geschäftsführer des Verbands<br />
Verkehr und Logistik Berlin und<br />
Brandenburg. „Die Verlagerung von Transporten<br />
auf Schiene und Wasserstraßen ist<br />
ein altes Thema und hat wenig Einfluss auf<br />
innerstädtische Transportdienstleistungen.<br />
Die meisten Transporte von Unternehmen<br />
lassen sich eben nicht mit Lastenfahrrädern,<br />
Straßenbahnen und Binnenschiffen<br />
abwickeln“, so Logisitk-Experte Martens.<br />
Auch für die Berliner IHK bleibt der Koalitionsvertrag<br />
hinsichtlich der künftigen Verkehrspolitik<br />
hinter den Erwartungen zurück.<br />
Die bessere Erschließung von Gewerbegebieten<br />
und Konzepte für die wachsenden<br />
Pendlerströme seien nur unzureichend<br />
berücksichtigt worden.<br />
W+M<br />
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