s'Positive Magazin 02.2017
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«Das waren noch Zeiten»: Walter Lüthi erinnert sich.<br />
acht Uhr die Post abging. Dann blieben die<br />
Leute.<br />
Erinnern Sie sich noch, wie viele Zuschauer<br />
zu Ihrem ersten Anlass kamen?<br />
Das weiss ich nicht mehr. Wir begannen ja<br />
auch nicht mit eigenen Anlässen, sondern<br />
wurden zunächst für Hochzeiten oder nach<br />
Theateraufführungen gebucht. Danach kamen<br />
meistens die Vereine und Wirte auf uns<br />
zu.<br />
Es gab damals viele Tanzbands im<br />
Oberaargau. Waren das Konkurrenten?<br />
Oh ja! Man redete nicht miteinander und wir<br />
hatten grossen Respekt vor den grossen<br />
Bands. Man sprach sich auch nicht ab. Weder<br />
über die Auftrittsorte noch über die Termine.<br />
Wir waren keine der ganz grossen Bands.<br />
Wir mussten die Auftritte nehmen, die man<br />
uns offerierte. Nur die Grossen konnten sich<br />
ihre Auftritte aussuchen.<br />
Welches war euer grösster Auftritt?<br />
Wir hatten einmal einen grossen Auftritt<br />
beim Eidgenössischen Schützenfest in Basel.<br />
Auch da durften wir Tanzbändeli verkaufen.<br />
Doch wir vergassen, die Bändeli beim Musikhaus<br />
Otto Etter abzuholen. Also musste<br />
einer von uns nach Huttwil zurückfahren<br />
und die Bändeli holen. Es traf unsern Schlagzeuger,<br />
und der fehlte halt dann bei den<br />
ersten Songs.<br />
Wie seid ihr gereist?<br />
Zu fünft mit allen Instrumenten und Anlagen<br />
mit einem VW-Bus. Meistens fuhr unser<br />
Schlagzeuger Franz Kiefer aus Aarwangen<br />
oder ich.<br />
Gab es auch Auftritte im Ausland?<br />
Ja, die gab es. Wir reisten oft mit Reisegesellschaften<br />
oder Vereinen und hatten<br />
unsere eigenen Instrumente dabei. Einmal<br />
reisten wir als Formation «Lustige Rohrbacher»<br />
mit der Musikgesellschaft Rohrbach<br />
nach Mayrhofen im Zillertal. Wir bestellten<br />
hierfür zwei internationale Wagons, in die<br />
wir die Uniformen und die Instrumente verluden.<br />
Verladen wurden aber auch Unmengen<br />
an Getränken. Die Wagons wurden dann<br />
mit einer alten VHB-Güterlok von Rohrbach<br />
nach Langenthal gefahren und dort an den<br />
Zug angehängt. In Jenbach bei Innsbruck<br />
mussten wir noch einmal alles umladen. In<br />
Mayrhofen hatte dann nicht nur die Musikgesellschaft<br />
einen grossen Auftritt. Auch wir<br />
als «Lustige Rohrbacher» kamen zum Zug.<br />
Wir retteten damals sogar den Anlass. Eigentlich<br />
hätte eine berühmte Tirolermusik<br />
auftreten sollen. Aber die waren bei ihrer<br />
Ankunft so betrunken, dass sie nicht mehr<br />
spielen konnten.<br />
Eine indiskrete Frage: Wie war das eigentlich<br />
mit den Frauen? Wir gehen davon aus,<br />
dass Musiker damals ganz schön sexy waren.<br />
Für Frauen hatten wir meistens gar keine<br />
Zeit. Aber wir hatten unsere weiblichen Fans.<br />
Einige von uns lernten ihre Frauen auch tatsächlich<br />
beim Musik machen kennen. Meine<br />
Frau lernte ich bei einem Tanzanlass im Restaurant<br />
zu den Alpen in Eriswil kennen.<br />
Ansonsten waren wir seriös, denn wir hatten<br />
vertragliche Verpflichtungen zu erfüllen.<br />
Darauf haben wir immer geachtet. Und<br />
gottseidank haben uns unsere Frauen unterstützt.<br />
Musikantenfrauen sind grosszügig.<br />
Ihr habt also nicht «wüst» getan.<br />
Nein, wir hatten uns meistens im Griff. Wir<br />
hatten ja Musik zu machen. Wenn sich einer<br />
von uns ausnahmsweise vergass und sich<br />
hinter der Bühne mit einer Dame angeregt<br />
s’Positive 2 / 2017 7