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JAZZ<br />
JAZZ<br />
Jazz-Pianist Jacky Terrasson<br />
sorgte im Night Club mit<br />
seinen Spiel für ordentlich<br />
Kopfkino<br />
europäischen Jazzklaviers und einer von denen, die<br />
damals den Jazzsound der Nouvelle Vague prägten.<br />
Oder Terence Blanchard, der den Trompetenklang<br />
aus New Orleans runderneuerte und Soundtracks<br />
unter anderem für Spike Lees Mo’ Better Blues<br />
komponierte. Und natürlich die vielen Musiker von<br />
George Benson bis Al Jarreau und Jacky Terrasson bis<br />
Jimmy Smith, deren Songs entweder für die passende<br />
Atmosphäre in Filmen sorgten oder die sich selbst bei<br />
den geschmeidigen Kompositionen der Leinwandkollegen<br />
bedienten, um ihnen aus der Sicht der<br />
Improvisation neue Farben zu verleihen.<br />
Der Gitarrist Marc Ribot etwa gehört zu den<br />
treuen Gästen im Night Club und hat sich mehrfach<br />
mit dem Thema Soundtrack auseinandergesetzt, sowohl<br />
als Interpret vorhandener Melodien, als auch<br />
als Erfinder imaginärer Plots, die er musikalisch ausgestaltete.<br />
Paolo Fresu hingegen hat mit melancholischem<br />
und zugleich folkgetöntem Miles-Davis-Ton<br />
schon manche mediterrane Geschichte akustisch sekundiert.<br />
Oder Klaus Doldinger, der Doyen der deutschen<br />
Filmmusik, als Musiker oder begeisterter Zuhörer,<br />
ein Stammgast des Hauses seit Jahren. Und<br />
den vielen karibischen und brasilianischen Künstler<br />
schließlich, die über die Jahre im Hotel Bayerischer<br />
Hof zu Besuch waren, ist eine cineastisch wirkungsvolle<br />
Vitalität schon quasi in die Wiege gelegt.<br />
alcove, visitors to the Hotel Bayerischer<br />
Hof’s Night Club, lucky<br />
enough to be afforded “Andrew’s<br />
vantage point” (possible in very<br />
few jazz venues), sit almost at the<br />
heart of performances experienced<br />
in nearly cinematic fashion. The<br />
latter have for example starred<br />
European piano maestro Martial<br />
Solal of Nouvelle Vague fame. Not<br />
forgetting New Orleans trumpeter<br />
Terence Blanchard (Spike Lee’s Mo’<br />
Better Blues) or the likes of George<br />
Benson, Al Jarreau, Jacky Terrasson<br />
and Jimmy Smith whose improvisations<br />
have enhanced many<br />
soundtracks. Jazz and cinema have<br />
always chimed, as demonstrated<br />
by the Night Club’s regulars: guitarist<br />
Marc Ribot with his imaginary<br />
plots, Paolo Fresu with his melancholy<br />
scores and Klaus Doldinger,<br />
the doyen of film music. How eloquently<br />
jazz continues to underscore<br />
films such as “Birdman” can<br />
also be heard in the Bayerischer<br />
Hof’s astor@CINEMALOUNGE.<br />
Jazz und Film sind ja auch ein schönes Paar. Der<br />
Sound der Clubs erschafft Bilder und Mythen über<br />
die Kraft des Akustischen und den Charme seiner Geschichte,<br />
die in den frühen Jahren die Musik eng mit<br />
den Eindrücken für die Augen verknüpfte. Ob es nun<br />
The Jazz Singer war, der als erster Tonfilm der Geschichte<br />
1927 eine neue Ära einläutete, oder Miles<br />
Davis, der drei Jahrzehnte später mit kühler Trompete<br />
Louis Malles Film Fahrstuhl zum Schafott begleitete<br />
und damit dem jungen europäischen Kino zum<br />
akustischen Lebensgefühl verhalf; ob Bertrand Tavernier<br />
in Round Midnight (1986) dem Saxofonisten<br />
Dexter Gordon ein Denkmal setzte oder Alejandro<br />
Iñarritu für Birdman (2015) Antonio Sanchez einen<br />
außergewöhnlichen Soundtrack trommeln ließ – die<br />
Liaison funktioniert.<br />
Denn es ist eine Verbindung, die sich gegenseitig<br />
viel zu geben hat. Der Jazz verhilft den Bildern zu<br />
mehr emotionaler, künstlerischer Substanz und der<br />
Film sorgt dafür, dass die Musik auch über die Grenzen<br />
ihrer Fans hinaus bekannt wird. Das kann in<br />
Kinosesseln passieren, im großen Rahmen oder auch<br />
in der exklusiven astor@CINEMALOUNGE, dem Kino<br />
des Hotels Bayerischer Hof. Es kann aber auch live auf<br />
der Bühne geschehen, wenn die Künstler zu ihren<br />
Instrumenten greifen, um dann Filme in den Köpfen<br />
ihrer Zuhörer zum Laufen zu bringen.<br />
Zielsicher wandelt<br />
Jazztrompeter Paolo<br />
Fresu auf den Spuren<br />
von Miles Davis, im<br />
Night Club ließ er so<br />
2016 Töne zu Bildern<br />
werden<br />
EIN SCHÖNES PAAR<br />
Man sagt, Jazz ist die einzige Musikform, die man nicht nur hören kann, sondern auch<br />
sehen. Schon mit den ersten Tönen startet bei jedem ein ganz persönlicher Film,<br />
Gefühle vermischen sich mit Träumen – Ton und Bild werden zu einer einzigartigen Einheit<br />
TEXT UND FOTOS RALF DOMBROWSKI<br />
Filme inspirieren, faszinieren. Whiplash zum<br />
Beispiel, die Story des getriezten Schlagzeugschülers<br />
Andrew, den sein Big-Band-<br />
Trainer derart bei der Ehre packt, dass er am<br />
Ende der Handlung zur Form seines Lebens aufläuft.<br />
Gedreht mal aus der Außenperspektive, mal aus Sicht<br />
des Musikers, wird der Zuschauer Teil eines Kampfes<br />
mit den Emotionen, der Wut, der Verzweiflung, auch<br />
der Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten eines<br />
Instruments, das in der Regel im Hintergrund der<br />
Bühne steht. Es ist der Blick von innen in einen<br />
BLUE NOTE<br />
“Whiplash”, a fascinating film,<br />
features budding drummer Andrew,<br />
driven by a domineering big band<br />
trainer and by his own sense of<br />
honour. We witness the gamut of<br />
his emotions, from fury and anguish<br />
to discovery of the potential<br />
of an instrument usually situated at<br />
the back of the stage. Thanks to an<br />
künstlerischen Organismus hinein, ein wenig so, als<br />
würde man sich im Night Club des Hotels Bayerischer<br />
Hof in den Seitenraum begeben, um vom Drumset<br />
her das Geschehen aus der Mitte des Beats heraus<br />
mitzuerleben. Die Andrew-Perspektive, die man als<br />
Zuhörer sonst nur an wenigen Venues der Jazz-Welt<br />
einnehmen kann.<br />
Filme laufen ab, auch wenn man Revue passieren<br />
lässt, wer alles im Laufe der Jahre bereits auf der<br />
Bühne des Hotels Bayerischer Hof Station gemacht<br />
hat. Martial Solal zum Beispiel, der Souverän des<br />
FOTO HOTEL BAYERISCHER HOF<br />
INSITE <strong>2017</strong><br />
<strong>2017</strong> INSITE 73