als Datei - Freie Waldorfschule Heidelberg
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8<br />
Vorwort<br />
Sie entlässt die jungen Menschen manchmal<br />
kenntnisreich, aber in jedem Fall erfahrungsarm,<br />
erwartungsvoll, aber orientierungslos, ungebunden,<br />
aber auch unselbständig.“ (1)<br />
Frage ich Sie nach dem 1., 2., 3. Potenzsatz, können<br />
Sie diese jetzt sofort benennen, wissen Sie die<br />
Einwohnerzahl Schwedens, kennen Sie die Länge<br />
der Donau, die Hauptstadt Ghanas, wissen Sie,<br />
was im Jahre 1027 geschah? … Sie können nicht<br />
antworten?! – Ist es dieses „Nichtwissen“, das<br />
man mit dem Begriff „Bildung“ belegt? Ein jeder<br />
wird einräumen, dass dies nicht gemeint sein<br />
kann! Welche Grundüberlegungen steckten<br />
nun aber in der Waldorfpädagogik? Geht es hier<br />
nicht auch um Wissen und Wissensvermittlung?<br />
Mit Sicherheit, ja! – Aber da ist noch etwas, das –<br />
zumindest – gleichwertig neben diesem steht!<br />
Einer dieser grundlegenden Gedanken ist der,<br />
dass ein junger Mensch die Möglichkeit haben<br />
sollte, ich sage hier bewusst, mindestens 18 Jahre<br />
lang Bildung an sich erleben zu können, 18 Jahre<br />
Zeit zu haben, sich ausbilden zu können, sich<br />
ausbilden zu können entsprechend den Gesetzmäßigkeiten<br />
seiner Individualität. Nicht er muss<br />
in ein vorgegebenes System passen, das zum<br />
Beispiel früh aussondert, wenn das Lerntempo<br />
nicht mitgehalten werden kann, sondern das<br />
System, wenn man das jetzt noch so nennen darf,<br />
schafft Räume für individuelle Entwicklungen!<br />
Es gibt keinen größeren pädagogischen Irrtum,<br />
<strong>als</strong> zu meinen, man müsse alle Schüler gleich<br />
behandeln! Gerade in dieser Erkenntnis liegt die<br />
Chance für die Entwicklung eines jeden Einzelnen!<br />
Hinter einer solchen Grundüberlegung steht<br />
natürlich ein spezieller Gedanke, der sich in<br />
Kurzform so benennen ließe: Die Kinder in<br />
Ehrfurcht empfangen, in Liebe erziehen,<br />
in Freiheit entlassen.<br />
Hinter solch einer Pädagogik steht aber auch<br />
ein besonderes Menschenbild. Zunächst sei<br />
der Grundgedanke formuliert: Im Mittelpunkt<br />
aller Betrachtungen steht die Individualität!<br />
(1) Hartmut v. Hentig: Die Schule neu denken, BELTZ Taschenbuch 119, Weinheim 2003, … letzte Seite<br />
Mit der Anschauung vom Menschen, die Rudolf<br />
Steiner ins Zentrum der anthroposophischen<br />
Geisteswissenschaft gestellt hat, sieht die<br />
Waldorfpädagogik in jedem Kind eine unantastbare<br />
Individualität, die schon vor der Geburt und<br />
Konzeption existiert hat und die aus ihrer Ver-<br />
gangenheit ein ganz persönliches Schicksal in<br />
das jetzige Erdenleben mitbringt, verbunden<br />
mit zunächst noch verborgenen Impulsen für<br />
die Zukunft, die nach und nach <strong>als</strong> ein leitendes<br />
Lebensmotiv oder Ideal hervortreten können.<br />
In dem Maße, in dem es dem Menschen gelingt,<br />
in Übereinstimmung mit der eigenen „Anlage<br />
und Bestimmung“ zu leben und zu handeln, ist<br />
er frei. Die Sehnsucht nach dieser Freiheit ist es,<br />
die alle Menschen verbindet; sie ist allgemeinmenschlich<br />
und individuell zugleich. Somit haben<br />
Erziehung und Bildung die Aufgabe, den jungen<br />
Menschen auf dem Wege dorthin zu unterstützen<br />
und zu begleiten.<br />
Bleibe ich bei dem anfangs geäußerten Gedanken,<br />
die Welt war selten so intelligent wie zu dem<br />
jetzigen Zeitpunkt und ist dennoch nicht in der<br />
Lage, die zentralen und brennenden Problemfelder<br />
in den Griff zu bekommen, geschweige<br />
denn zu lösen, so muss ich fragen, welches denn<br />
die Kompetenzen und Fähigkeiten sind, die eine<br />
in die Zukunft weisende Pädagogik heute<br />
vermitteln muss?<br />
Mit Sicherheit gilt es, Basiskompetenzen zu<br />
vermitteln, die den späteren Jugendlichen bzw.<br />
Erwachsenen in die Lage versetzen, die Anforderungen<br />
des täglichen Lebens möglichst gut zu<br />
meistern, das erst schafft die erforderlichen<br />
Fundamente für weitere Spezialisierungen.<br />
Wie zeichnet sich dieser mit Basiskompetenzen<br />
ausgestattete Mensch aus?<br />
Leo Nefi odow (2000) beschreibt in Anknüpfung<br />
an den humanistischen Psychologen Abraham<br />
Maslow (1999), dass sich gesunde Menschen