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THEMA: DAS WUNDER "INNERER<br />
MENSCH."<br />
Autor: Joachim Pomrehn<br />
Epheser 3, 14‐20<br />
wir leben in einer Zeit, in der uns vieles<br />
entmutigen kann. Größere politische<br />
Veränderungen kündigen sich an und<br />
werden oft als Bedrohung interpretiert. Die<br />
Nachrichten sind voller Ereignisse, die<br />
verunsichern. Diffuse Ängste wachsen.<br />
Hilflosigkeit und Enttäuschungen nehmen<br />
zu. Moralische und ethische Festigkeit<br />
verlieren an Stärke und Einfluss. Dagegen<br />
gewinnen Rücksichtslosigkeit und rohe<br />
Gewalt an Stärke und Einfluss. Das sichtbar<br />
äußere Gefüge von Sicherheit, Wachstum<br />
und Stabilität in Wirtschaft, Gesellschaft und<br />
Kultur, mit dem meine Generation groß<br />
geworden ist und an das wir uns so<br />
gewöhnt haben, offenbart eine<br />
bedrohliche Instabilität.<br />
Es ist gar nicht mehr so sicher, ob das immer<br />
so weitergeht mit dem Frieden, mit dem<br />
Wohlstand, mit der weitgehend<br />
ungestörten Ruhe, in der wir leben. Wie oft<br />
kommt es vor, dass in dieser Lage<br />
Führungspersönlichkeiten, denen wir<br />
vertrauen und in deren Gegenwart wir uns<br />
sicher fühlen, versagen und eine<br />
erschreckende Instabilität offenbaren. Wir<br />
spüren, wir sind nicht unantastbar, nicht<br />
unverwundbar. Aber es kann auch ganz<br />
persönliche Widerfahrnisse geben, die uns<br />
von jetzt auf gleich allen äußeren Halt und<br />
alle äußere Sicherheit zerschlagen. Da<br />
zerbricht eine Beziehung, die doch so stabil<br />
und tragfähig ausgesehen hat über eine<br />
lange Zeit. Das zieht zwei Menschen den<br />
Boden unter den Füßen weg. Da sind die<br />
vielen kleinen Ungerechtigkeiten,<br />
Demütigungen, Missverständnisse, die nie<br />
geklärt werden können in der Schule, am<br />
Arbeitsplatz, aber die uns langsam bitter<br />
machen können. Da bricht eine<br />
Arbeitslosigkeit herein und verängstigt eine<br />
Familie. Da kann ein Kredit nicht mehr<br />
bedient werden und Schulden häufen sich<br />
auf. Und da schlägt eine gefährliche und<br />
bedrohliche Krankheit zu und zerstört Pläne,<br />
Hoffnungen und die Aussicht auf ein stilles<br />
und friedliches Weiterleben. Wiederum kurz<br />
gesagt, das äußere sichtbare Gefüge von<br />
Sicherheit, Wachstum und Stabilität, das wir<br />
uns selbst geschaffen haben, an dem wir so<br />
hart gearbeitet haben und auf das wir uns<br />
so sehr verlassen, offenbart dann ebenfalls<br />
eine bedrohliche Instabilität. Das kann<br />
Angst hervorrufen und wie eine Depression<br />
einen grauen Schleier der Lähmung und<br />
Hoffnungslosigkeit über das Gemüt legen.<br />
Das führt zu Mutlosigkeit. So ein ähnliches<br />
Empfinden muss auch die erste Gemeinde<br />
in Ephesus ergriffen haben, als ihr geliebter<br />
und starker Apostel Paulus, anstatt<br />
äußerlich von Sieg zu Sieg eilend, nun in<br />
Rom hilflos im Gefängnis eingesperrt ist. Eine<br />
sichtbar schwere Niederlage. Die<br />
Nachrichten aus Rom sind nicht gut. Die<br />
Aussicht auf einen sieghaften<br />
Gerichtsprozess mit anschließender<br />
Freilassung und triumphaler Rückkehr zu<br />
den Gemeinden geht gegen Null. Dabei ist<br />
dieser Gerichtsprozess eine Farce. Eine<br />
ungeheuerliche Ungerechtigkeit. Dieser<br />
Prozess gegen Paulus ist im Grunde<br />
genommen der Anfang, mit den<br />
rechtsstaatlichen Mitteln Roms jeden<br />
Widerspruch, jeden Widerstand gegen<br />
kaiserliches Gott‐gleiches Diktat, jedes freie<br />
Wort gegen Unterdrückung und<br />
Machtmissbrauch aus dem Munde der<br />
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