Stefan Bell Die schlimmsten Baustellen sind die, die endlos erscheinen. Die, in denen es, wenn überhaupt, nur stückchenweise vorangeht. Die, in denen man gefühlte Ewigkeiten steht, weil der Stau nicht weniger wird. Die schlimmsten Baustellen sind die, die enorme Wartezeiten mit sich bringen und offenbar nie fertiggestellt werden. Man kann nichts wirklich Sinnvolles dagegen tun. Nur geduldig abwarten, bis der Stau sich auflöst - oder Umwege in Kauf nehmen. „Meine Baustelle ist endlich abgeschlossen“, sagt Stefan Bell. Mitte Februar verlängerte der 22-Jährige seinen auslaufenden Vertrag bei den 05ern um vier Jahre. „Weil ich ein Zeichen setzen wollte“, sagt Zurück in Mainz fand sich Bell wieder im Stau. Diesmal nahm er den auf den ersten Blick kürzeren Umweg nach Frankfurt. „Durch die Verletzung konnte ich aber nicht ganze Vorbereitung mitmachen“, sagt er. „An das Tempo der anderen musste ich mich dann erstmal gewöhnen.“ Die anderen fuhren vorneweg, Bell stand wieder nur in der zweiten Reihe. Wieder ein Umweg, der ihn im Stau nur wenig voran brachte. Ganze zwei Mal spielte er für die Eintracht. Nach einem halben Jahr am Main kehrte Bell zurück nach Mainz. Endgültig. Hatte genug von den Umwegen, die ihn doch nicht durch die Baustelle geführt hatten. „Ich war dann zwar nur Innenverteidiger Nummer fünf, wollte mich aber durchsetzen“, sagt er. Bell bewies die nötige Geduld. Bell. „Und weil ich vorher eigentlich jedes halbe Jahr aufs neue quasi im Stau stand.“ Seine Reise beginnt im Mai 2009 mit einer Werbeanzeige im Stadionmagazin. Darauf zu sehen: Bell, 17 Jahre alt, breit lachend. „Deutscher Meister 2015“ steht unter dem Bild. „Den Ausschnitt habe ich aufgehoben“, sagt er. Als Erinnerung und Motivation gleichzeitig. „Der Spruch war natürlich scherzhaft gemeint, aber hätte ‚Euroleague 2015’ drunter gestanden, hätte das wohl auch kaum einer geglaubt.“ Und dass er einen großen Teil zu dieser Entwicklung beitragen würde, hätten vor noch einem Jahr zumindest wohl auch nur wenige geglaubt. Denn seit Bell als deutscher A-Juniorenmeister 2010 seinen ersten Profivertrag unterschrieb, nahm er erst einige Umwege und bewies dann viel Geduld. Als Fahranfänger etablierte er sich erst in dieser Saison so richtig im Verkehr der Bundesliga. „Stefan ist jetzt angekommen“ sagte Christian Heidel, nachdem er den Vertag des Innenverteidigers verlängert hatte. Umwege und Geduld führten Bell zum Stauende. Die erste Ausfahrt hatte er nach München genommen, sich zu 1860 in die zweite Liga ausleihen lassen. Weil vier Verteidiger ihm in Mainz im Weg gestanden hatten. Scharfe Flanke. Stefan Bell gibt gelegentlich auch auf der rechten Außenbahn eine gute Figur ab. „Auf meiner Position wird nicht so viel rotiert, da muss man auf seine Chance warten und sie dann nutzen.“ Die Chance kam und Bell startete „Für mich persönlich war das ein super Jahr“, sagt Bell. Für den Verein nicht wirklich, die Löwen landeten nur auf dem neunten Platz. Doch Bell durch. Nach einigen Einsätzen in der vergangenen Saison stand er dieses Jahr seit dem siebten Spieltag immer auf dem Platz, wurde nur gegen Bremen von einer Gelbsperre gebremst. „Für Ich wollte mit meiner Vertragsverlängerung auch ein Zeichen setzen. Außerdem stand ich davor eigentlich jedes halbe Jahr aufs neue quasi im Stau.“ mich hat sich viel geändert“, sagt er. Statt mit den Profis zu trainieren und in der U23 zu spielen, „trage ich nun meinen Teil dazu bei, dass die Saison so gut läuft.“ Wer Baustelle und Stau hinter sich gelassen hat, ist froh, freie Fahrt zu haben. Eigentlich. Bei Bell ist Stefan Bell über seine sportliche Situation. das anders. Statt sich auf dem Gaspedal auszuruhen, hat er andere Ziele. Die Euroleague, „da wollen sammelte erste Erfahrungen im Seniorenbereich, war gleich Stammspieler und bog auf die Überholspur ab – bis ihn ein Mitspieler ausbremste. Zwischen den Jahren erwischte ihn Stefan Aigner unglücklich in einem Trainings-Zweikampf. Bell erlitt ein Knochenödem im rechten Fuß. „Ziemlich schmerzhaft“, sagt er im Rückblick. Statt weiter zu fahren, musste der ehemalige U21-Nationalspieler vom Gas gehen, „weil man bei so einer Verletzung nicht viel machen kann, außer den Fuß ruhig zu stellen.“ wir auf jeden Fall hin“, sagt er. Ein bißchen rumkommen, „einfach dabei sein und nicht nur im Fernsehen zuzugucken.“ Neue Ziele, statt alte Umwege. Und dann ist da noch die Sache mit dem ersten Bundesliga-Tor. „Momentan bin ich eher der Vorbereiter“, sagt Bell. „Aber ich hoffe, ich treffe bald auch mal selbst.“ Die zwei nächsten Baustellen scheinen ganz nah. Sie zu erreichen, kann Bell kaum erwarteten. Am anderen Ende des Staus kann es nämlich auch ganz schön sein. 18
Dritte Etage. Im Luftkampf meistens ein Stückchen höher als der Gegenspieler. 19