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DIE KAUFMÄNNISCHE SCHULE DIE KAUFMÄNNISCHE SCHULE

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<strong>DIE</strong><br />

<strong>KAUFMÄNNISCHE</strong><br />

Februar 2005<br />

VERBAND DER LEHRERINNEN UND LEHRER<br />

AN WIRTSCHAFTS<strong>SCHULE</strong>N IN NW E. V.<br />

<strong>SCHULE</strong><br />

• Berufliche Bildung in NRW<br />

stärken<br />

• Der Weg zu Bildungsstandards<br />

in der<br />

beruflichen Bildung<br />

• Familienpolitik: mehr als<br />

nur Kinderbetreuung<br />

• BLK-Modellversuch<br />

segel-bs<br />

• Neues Medienkonzept<br />

des vLw<br />

• Dr. Kehl neuer<br />

Bundesvorsitzender<br />

• vLw-Mitgliedsbeitrag<br />

auch 2005 stabil<br />

• Karneval am Rhein<br />

• VdF Beilage<br />

G 1771


Die kaufmännische Schule<br />

Begründet von<br />

Oberstudiendirektor Dipl.-Hdl. Dr. Erich Schmitz †<br />

Heft 2 Februar 2005 50. Jahrgang<br />

In dieser Ausgabe Seite<br />

Leitartikel<br />

Mündliche Ergänzung: Gleichwertigkeit von beruflicher und allgemeiner Bildung 1<br />

Bildungspolitik<br />

FDP-Antrag: Berufliche Bildung in Nordrhein-Westfalen stärken 3<br />

SPD und BÜNDNIS 90/<strong>DIE</strong> GRÜNE: Attraktivität der Berufskollegs in NW weiter steigern 4<br />

Die vLw-Stellungnahme: Berufliche Bildung in Nordrhein-Westfalen stärken 6<br />

CDU fordert: Mehr Förderung – mehr Bildung – mehr Freiheit für unsere Schulen 11<br />

vLw-Fachtagung: Der Weg zu Bildungsstandards in der beruflichen Bildung 12<br />

Hintergrundwissen: Bildungsstandards – Ausweg oder Alibi? 12<br />

In Kürze: Neues NRW-Schulgesetz verabschiedet 13<br />

Recht und Besoldung<br />

Bundesratspräsident Platzeck: „Eckpunktepapier weist den Weg“ 14<br />

Neugestaltung des öffentlichen Tarifrechts: Länderpolitik auf der falschen Spur 14<br />

Hinweis für Angestellte: Änderung in der Pflegeversicherung ab dem 01.01.2005 14<br />

Familie und Beruf<br />

Familienpolitik in Deutschland: Mehr Eltern braucht das Land 15<br />

Familienpolitik vor Ort: Lokale Bündnisse für Familie finden großen Zuspruch 17<br />

Berichte<br />

LfS und Uni Paderborn: BLK-Modellversuch segel-bs gestartet 19<br />

Bezirk Arnsberg: Überregionale Qualifizierungsmaßnahme in Herne 25<br />

Berufskolleg Lehnerstraße: Vertrags- und Haftungsrecht für Veranstaltungskaufleute 25<br />

„Bottom-Up“-Ansatz: Neues Medienkonzept des vLw 26<br />

MSJK und Dt. Telekom: Qualifizierte Telekom-Beamte werden als Lehrer ausgebildet 27<br />

Service<br />

Noch Plätze frei: Europa in der Nachbarschaft: die EUREGIO Maas-Rhein 27<br />

Rezension I: Personalmanagement in Schule 28<br />

Rezension II: Fallsammlung BWL, VWL, REWE 28<br />

Informationen<br />

dpa-Infos aus Bund und Ländern 29<br />

Link des Monats: www.wissen.de/lesezeichen 31<br />

Aus den Bezirken<br />

OV Geldern: Viele Aktivitäten und intensive Mitgliederbetreuung 31<br />

Persönliches<br />

Neuer vLw-Bundesvorsitzender: Dr. Wolfgang Kehl gewählt 32<br />

Zum guten Schluss ...<br />

Mitgliedsbeitrag im vLw: Auch im Jahr 2005 keine Beitragserhöhung 32<br />

Nachgelesen – nachgedacht: Karneval am Rhein – nicht nur am Rosenmontag 33<br />

Neues aus dem Berufskolleg Hösel: Konrad Bräsig und ... 33<br />

Bitte beachten Sie im<br />

Innenteil dieser Ausgabe die<br />

VdF-Beilage<br />

„Informationswirtschaft“!<br />

Impressum<br />

Herausgeber:<br />

Verband der Lehrerinnen und Lehrer<br />

an Wirtschaftsschulen in NW e. V.<br />

Völklinger Straße 9<br />

40219 Düsseldorf<br />

Telefon: 02 11 / 49 10-2 08<br />

Telefax: 02 11 / 49 83-4 18<br />

E-Mail: info@vlw-nrw.de<br />

Internet: http://www.vlw-nrw.de<br />

Schriftleitung:<br />

Hilmar von Zedlitz<br />

Daagstraße 12<br />

40878 Ratingen<br />

Telefon: 0 21 02 / 70 60 98<br />

Telefax: 0 21 02 / 70 61 86<br />

E-Mail: GOZedlitz@t-online.de<br />

Zuschriften und Artikel – möglichst als Textdatei<br />

– bitte direkt an die Schriftleitung senden.<br />

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht<br />

unbedingt die Meinung des Verbandes wieder.<br />

Editorial<br />

Megatrend Frauen<br />

Nicht nur die Schüler/-innen aus unseren<br />

Biologie-Kursen wissen es: Das Gehirn<br />

der Herren ist im Schnitt 10 bis 15 Prozent<br />

größer als das der Damen. Aber auch<br />

unter der Schädeldecke kommt es nicht<br />

auf die Größe an. Der Münsteraner Neurologe<br />

Stefan Knecht hat festgestellt, dass<br />

sich die Hirnfunktionen bei den Geschlechtern<br />

überhaupt nicht unterscheiden.<br />

Weil Eltern deutlich häufiger mit<br />

weiblichen als mit männlichen Babys<br />

sprechen, entwickelt sich deren Sprachzentrum<br />

schneller. Entsprechend sind<br />

Kommunikationsfähigkeit, Einfühlungsvermögen<br />

und Teamfähigkeit weibliche<br />

Hochleistungsdisziplinen. Darum, sagen<br />

Forscher, gehört Frauen die Zukunft. Der<br />

Wiener Zukunftsforscher Matthias Horx<br />

spricht von einem Megatrend Frauen. In<br />

den Unternehmenskulturen kündige sich<br />

das Ende der männlichen Hierarchie-Kultur<br />

an. Und in Dienstleistung und Konsum<br />

formen in Zukunft weibliche Nachfragestrukturen<br />

ganze Branchen um, also auch<br />

eine Herausforderung für unsere Berufskollegs,<br />

nicht nur für Gleichstellungsbeauftragte.<br />

Aspekte werden u. a. in der<br />

Ausgabe thematisiert.<br />

Hilmar von Zedlitz ❍


Mündliche Ergänzung zur vLw-Stellungnahme 1 :<br />

Sehr geehrter Herr Vorsitzender,<br />

sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,<br />

sehr geehrte Damen und Herren,<br />

die als Ausgangspunkt dieser Anhörung<br />

übermittelten Drucksachen 13/6037 und<br />

13/6167 spannen einen so breiten Rahmen,<br />

dass wegen der zeitlichen Begrenzung<br />

für dieses Statement nur ein Aufriss<br />

der Probleme erfolgen kann. Der vLw ist<br />

gerne bereit, über die etwas ausführlichere<br />

schriftliche Stellungnahme hinaus<br />

seine Positionen da zu erläutern und zu<br />

vertiefen, wo dies gewünscht wird.<br />

Zur Sache in acht Punkten ein besonderer<br />

Punkt vorab:<br />

Es kann nicht sein, dass der Lehrermangel<br />

im Berufskolleg vom Land erkannt ist<br />

und durch Werbemaßnahmen versucht<br />

wird, ihn abzuwenden, und gleichzeitig<br />

ein Einstellungstermin – der im Herbst –<br />

de facto gestrichen wird. Es gehört auch<br />

zur Weiterentwicklung der Berufskollegs,<br />

dass das Land sich als verlässlicher<br />

Arbeitgeber präsentiert und solche kafkaesken<br />

Entwicklungen, die falsche Signale<br />

senden, verhindert werden.<br />

Punkt 1:<br />

Die Gleichwertigkeit von beruflicher und<br />

allgemeiner Bildung ist ein wichtiges Ziel<br />

des Berufskollegs, über dessen hohe<br />

Bedeutung bei Einführung des Berufskollegs<br />

unter allen Akteuren Konsens<br />

bestand. Ich darf in diesem Zusammenhang<br />

erinnern an die Drucksache<br />

13/4326 vom 16. Sept. 2003 mit dem Titel<br />

„Nordrhein-Westfalen verwirklicht die<br />

Gleichwertigkeit von Beruflicher Bildung<br />

und Allgemeinbildung“. Noch ist diese<br />

Gleichwertigkeit nicht gesichert. Es droht<br />

vielmehr, dass dieses Ziel „unter die<br />

Räder“ kommt,<br />

� weil erstens die Debatte um Bildungsstandards<br />

in der beruflichen Bildung<br />

richtig und wichtig ist, es aber nicht –<br />

bezogen auf die Allgemeinbildung –<br />

um gleichartige Standards gehen<br />

kann, geschweige denn um die Übernahme<br />

dieser Standards,<br />

� weil zweitens der Weg der Profilierung<br />

der Fächer Deutsch, Mathematik,<br />

Englisch im Medium des Berufs noch<br />

nicht stringent umgesetzt ist und<br />

schon das schlechte Beispiel anderer<br />

Länder, die diesen Weg nicht mitgegangen<br />

sind, als Vorbild aus der Vergangenheit<br />

geholt wird. Es kann nicht<br />

sein, dass derjenige, der sich nie<br />

bewegt hat, schon am Ziel ist und wir<br />

uns auf dem Weg in die rückwärtige<br />

Richtung befinden.<br />

Gleichwertigkeit kann nur bedeuten,<br />

dass der Kanon von Standards für die allgemeine<br />

Berechtigung in der beruflichen<br />

Bildung ein eigenständiger Kanon ist, der<br />

sich aus der beruflichen Domäne ableitet.<br />

Weil niemand erwarten darf, dass die<br />

Schülerinnen und Schüler im Berufskolleg<br />

die Beruflichkeit als Additum zum vollen<br />

Programm der allgemein bildenden<br />

Schulen schultern, muss es anstelle<br />

eines solchen „PLUS“ ein klares<br />

„GLEICHWERTIG“ geben.<br />

Zur Gleichwertigkeit gehört auch, dass<br />

der Gesetzgeber den Schülerinnen und<br />

Schülern der Berufskollegs die gleichen<br />

Optionen eröffnet wie denen anderer<br />

Schulformen: Der vLw mahnt an, dass im<br />

neuen Schulgesetz auch für den Weg<br />

zum Abitur über das Berufskolleg eine<br />

Verkürzung auf 12 Jahre optional möglich<br />

ist. Dass es geht, hat der vLw bereits<br />

dokumentiert.<br />

Punkt 2:<br />

Die Sicherung der Anerkennung von<br />

Gelerntem – wobei eine klare Orientierung<br />

an Standards für den vLw selbstverständlich<br />

ist – ist eine wesentliche Aufgabe<br />

für die Weiterentwicklung des<br />

Systems. Es ist kaum noch vermittelbar,<br />

dass zum Beispiel eine Schülerin / ein<br />

Schüler in der Höheren Handelsschule<br />

die Grundlagen der Buchführung lernt,<br />

dann dasselbe noch einmal in der<br />

Berufsschule. Es muss gesichert werden<br />

� die Anerkennung von vorher Gelerntem<br />

in der Berufsausbildung. Hier hat,<br />

bezogen auf die Anerkennung von<br />

Leistungen in der Kammerprüfung, der<br />

vLw ein dezidiertes Konzept vorgelegt;<br />

� die Anerkennung von Gelerntem in<br />

einem anschließenden Studium sowohl<br />

im Bereich der Fachhochschule als<br />

auch auf der Universität. Hier besteht<br />

Handlungsbedarf, den das einzelne<br />

Berufskolleg für sich nicht lösen kann;<br />

� die Anerkennung im System selber,<br />

die optimierbar ist.<br />

Punkt 3:<br />

Aktuell<br />

Gleichwertigkeit von beruflicher und allgemeiner Bildung<br />

Sicherung der Anerkennung von Gelerntem und klare Orientierung an Standards<br />

Ministerin Ute Schäfer mit Dr. Wolfgang Kehl (rechts) und dem Landesvorsitzenden<br />

Hermann Hansis (Foto: Klemens A. Walters)<br />

In der dualen Berufsausbildung wird häufig<br />

übersehen, dass Schule und Betrieb<br />

gemeinsam am erfolgreichen Durchlaufen<br />

der Ausbildung und am erfolgreichen<br />

Abschluss der Ausbildung arbeiten müssen<br />

und dass dabei jeder auf den anderen<br />

zugehen muss. Wenn heute von<br />

Betrieben Kooperation so verstanden<br />

wird, dass Schule möglichst oft verzichtbar<br />

ist und der betriebliche Ertrag der<br />

Ausbildung im Vordergrund stehen soll,<br />

dann ist dies nicht das Verständnis der<br />

Berufskollegs. Echte Kooperation erfordert,<br />

dass sich beide Seiten einbringen.<br />

Was unter dem Mäntelchen der Koopera-<br />

<strong>DIE</strong> <strong>KAUFMÄNNISCHE</strong> <strong>SCHULE</strong> 2/2005 1


tion eingeklagt wird, macht gar manche<br />

Forderung nach mehr Flexibilität der<br />

Berufskollegs unglaubwürdig. Das erinnert<br />

fatal an die Aussage: „Das duale<br />

System ist das beste der Welt, nur die<br />

Schule stört“. Bei einer sachlichen, fairen<br />

und echt kooperativen Kooperation werden<br />

Sie die Berufskollegs stets auf Ihrer<br />

Seite haben.<br />

Punkt 4:<br />

Bedarfsorientierung für die Bildungsgangentwicklung<br />

wird aus der Sicht der<br />

Berufskollegs immer wichtiger. Dabei hat<br />

sich die starre Orientierung des Systemaufbaus<br />

an den allgemeinen Berechtigungen<br />

als kontraproduktiv erwiesen,<br />

weil damit die Priorität der Beruflichkeit<br />

deutlich gelitten hat. An zwei Bereichen,<br />

die jeweils am äußeren Rand liegen, soll<br />

die Notwendigkeit des Handelns festgemacht<br />

werden:<br />

� Die Berufskollegs sind mit den festgeschriebenen<br />

Ansprüchen der Bildungsgänge<br />

als Qualifizierungseinrichtungen<br />

nicht geeignet, den<br />

benachteiligten Jugendlichen – seien<br />

sie lern- oder marktbenachteiligt – ein<br />

sinnvolles Angebot zu machen. Die<br />

Begründung ist einfach: Für diese jungen<br />

Menschen muss passgenau eine<br />

Defizitbearbeitung möglich gemacht<br />

werden, für die in der Regel weder die<br />

Curricula noch die Frequenzvorgaben<br />

geeignet sind.<br />

� Die Berufskollegs sind im Bereich der<br />

Fachschule – ich spreche hier wohlgemerkt<br />

für die Fachschule für Wirtschaft<br />

– in der Gefahr, ins Abseits zu<br />

geraten. Wenn andere Anbieter einen<br />

äquivalenten Abschluss in 1/3 der Zeit<br />

offerieren dürfen – mit Genehmigung<br />

des MWA – besteht eine Schieflage,<br />

die nicht mehr zu legitimieren ist.<br />

Punkt 5:<br />

Es fehlt eine gezielte curriculare Modernisierung.<br />

Das Innovationsmanagement<br />

muss optimiert werden. Der vLw hält es<br />

für sinnvoll, ein Wissensmanagement für<br />

die Berufskollegs zu organisieren, das die<br />

Grundlage für einen Transport von Innovationen<br />

in die Schulen sein kann. Hier<br />

wäre ein großes Projekt anzulegen. Dabei<br />

darf die Lehrerfortbildung nicht vernachlässigt<br />

werden. Das Problem kann nicht<br />

auf die einzelne Lehrkraft abgewälzt werden,<br />

wie das der Entwurf zum Schulgesetz<br />

offenbar vorhat, denn dann gibt es<br />

keine gesicherten Standards mehr. Die<br />

derzeitige Situation der Zuweisung an die<br />

Einzelschule ist in einer Reihe von Fällen<br />

eine Vergeudung von Ressourcen, weil<br />

die Vorteile des Gesamtsystems nicht<br />

genutzt werden.<br />

Punkt 6:<br />

Aktuell<br />

Die Schwierigkeiten des Fremdsprachenlernens<br />

im Berufskolleg werden häufig<br />

Einstimmig verabschiedeten die Delegierten im letzten Jahr den Leitantrag zur Gleichwertigkeit<br />

von beruflicher und allgemeiner Bildung (Foto: Klemens A. Walters)<br />

unterschätzt. Einerseits gibt es Bildungsgänge<br />

mit sehr inhomogener Einstiegsqualifikation<br />

im Fremdsprachenniveau,<br />

andererseits sind auch bei gleicher formaler<br />

Einstiegsqualifikation im Fremdsprachenbereich<br />

die Unterschiede so<br />

hoch, wie sich ein Außenstehender das<br />

nicht vorstellen kann. Für eine Verbesserung<br />

des Fremdsprachenlernens im<br />

Berufskolleg sind deshalb zwei wesentliche<br />

Maßnahmen erforderlich:<br />

� eine bessere Heranführung an nachhaltiges<br />

Sprachenlernen in der Sekundarstufe<br />

I und – soweit dies für uns<br />

beobachtbar ist – auch in der Sekundarstufe<br />

II der anderen Schulformen;<br />

� eine bessere Möglichkeit, mit den differenzierten<br />

und inhomogenen Eingangsniveaus<br />

umgehen zu können.<br />

Damit es kein Missverständnis gibt:<br />

Fremdsprachenlernen und bilinguale<br />

Angebote sind aus Sicht des vLw notwendig<br />

im Wettbewerb um Qualifikationen.<br />

Punkt 7:<br />

Die Einbeziehung der europäischen<br />

Dimension und die Entwicklung von<br />

grenzüberschreitenden Angeboten ist für<br />

den vLw ein Ankerpunkt für die Weiterentwicklung<br />

des Systems. Die Möglichkeit<br />

der Einbringung von Kompetenzen,<br />

die in den Berufskollegs erworben worden<br />

sind, in eine grenzüberschreitende<br />

Anerkennung z. B. über das europäische<br />

Credit-Point-System für die berufliche<br />

Bildung ist für den vLw ebenso zwingend<br />

wie die Entwicklung von transnationalen<br />

Bildungsgängen, für die es bereits<br />

Leuchttürme gibt. Hier kann im europäischen<br />

Kontext auch eine breitere Anerkennung<br />

der in den Berufskollegs erwor-<br />

benen Qualifikationen erfolgen als in den<br />

engen Korridoren der deutschen Berufsbildung,<br />

wo das eingeforderte globale<br />

Denken dann aufhört, wenn es um die<br />

Verteidigung der eigenen Haustür geht.<br />

Punkt 8:<br />

Selbstverständlich sind die Berufskollegs<br />

offen für regionale Vernetzung. Deshalb<br />

müssen die Berufskollegs einbezogen<br />

werden, wenn es eine effiziente Abstimmung<br />

zum Beispiel im Ausbildungskonsens<br />

geben soll. Dies ist bisher teilweise<br />

erfolgt, es sollte, auch wenn die Neuregelung<br />

des Berufsbildungsgesetzes es<br />

wohl nicht festschreiben wird, in NRW<br />

geklärt sein. Vertieft werden müssen die<br />

Themen der regionalen Berufsbildungsnetzwerke<br />

und die Rolle der Berufskollegs<br />

als Knoten in regionalen Bildungsnetzen,<br />

was angesichts der vorgegebenen<br />

Zeit im Moment nicht möglich ist.<br />

Vielleicht kann ich Ihr Interesse zum<br />

Nachfragen mit dem Statement wecken,<br />

dass das Zusammendenken des gesamten<br />

Bildungssektors von allgemeinen<br />

Schulen, Berufskollegs, Weiterbildung<br />

und Hochschulen noch entwicklungsbedürftig<br />

ist und auch für den Gesetzgeber<br />

in Richtung auf dieses Zusammendenken<br />

Handlungsbedarf besteht.<br />

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.<br />

Anmerkung<br />

1 Am Mittwoch, dem 19. Januar 2005, befasste sich<br />

der Ausschuss für Schule und Weiterbildung in<br />

seiner 57. Sitzung mit dem Thema „Berufliche Bildung<br />

in Nordrhein-Westfalen stärken – Zukunft<br />

des dualen Systems dauerhaft sichern“. Für den<br />

vLw ergänzte Dr. Wolfgang Kehl die schriftliche<br />

Stellungnahme des vLw NW (vgl. S. 6ff. in dieser<br />

Ausgabe).<br />

Dr. Wolfgang Kehl ❍<br />

2 <strong>DIE</strong> <strong>KAUFMÄNNISCHE</strong> <strong>SCHULE</strong> 2/2005


Antrag der FDP-Fraktion:<br />

1 Ausgangslage<br />

Bildungspolitik<br />

Berufliche Bildung in Nordrhein-Westfalen stärken<br />

Die berufliche Bildung ist nach wie vor<br />

eine tragende Säule des nordrhein-westfälischen<br />

Bildungssystems. Damit dieses<br />

System trotz der aktuellen Krise am Lehrstellenmarkt<br />

dauerhaft erhalten bleiben<br />

und gestärkt werden kann, muss es auf<br />

die anstehenden Herausforderungen unserer<br />

Zeit vorbereitet werden. Modernisierungen<br />

sind nötig, um dem erhöhten<br />

Wettbewerb mit anderen Systemen<br />

standhalten und wieder mehr betriebliche<br />

Ausbildungskapazitäten im ersten Arbeitsmarkt<br />

statt ständig neue Berufswarteschleifen<br />

schaffen zu können.<br />

Das Tempo der Strukturveränderungen in<br />

den Unternehmen, aber auch in den<br />

öffentlichen Dienstleistungen hat sich<br />

verstärkt. Die Anforderungen an die<br />

Berufstätigen sind gestiegen. Daher<br />

müssen sie den neuen Anforderungen<br />

angepasst oder sogar grundlegend<br />

weiterentwickelt werden. Es bedarf dabei<br />

eines Systems von größerer Dynamik<br />

und Flexibilität.<br />

Die Zahl der betrieblichen Ausbildungsplätze<br />

ist seit Amtsantritt der rot-grünen<br />

Landesregierung in Nordrhein-Westfalen<br />

rückläufig. Auch das Land als Arbeitgeber<br />

hat seit 1997 mit dem Bestehen des<br />

Ausbildungskonsenses NRW seine eigenen<br />

Ausbildungskapazitäten von 5.200<br />

auf 4.000 reduziert. Auch Betriebe haben<br />

angesichts der schwierigen wirtschaftlichen<br />

Lage und einer abnehmenden<br />

Ausbildungsreife der jungen Generation<br />

nicht alle Schulabsolventen in das duale<br />

System aufnehmen können.<br />

Die in den letzten Jahren enorm gestiegenen<br />

Kosten der Ausbildung sowie<br />

unnötige bürokratische Hemmnisse sind<br />

neben erhöhtem Verwaltungs- und Prüfungsaufwand<br />

ein weiterer Hinderungsgrund,<br />

Ausbildungsplätze in ausreichender<br />

Zahl bereitzustellen.<br />

Eine besondere Herausforderung stellt<br />

ferner die wachsende Zahl von Jugendlichen<br />

dar, die nicht oder nur kaum<br />

berufsbildungsfähig sind. Viele Jugendliche<br />

haben im vergangenen Jahr nordrhein-westfälische<br />

Schulen ohne<br />

Abschluss verlassen müssen. Viele dieser<br />

Jugendlichen besitzen zumindest<br />

noch nicht hinreichende Fähigkeiten,<br />

eine erfolgreiche Berufsausbildung innerhalb<br />

des bestehenden dualen Systems<br />

und seiner teilweise hoch komplexen Bildungsgänge<br />

zu absolvieren. Die bestehenden<br />

Fördermechanismen greifen<br />

nicht und setzen zum Teil an der falschen<br />

Stelle an.<br />

Schaffung zusätzlicher Ausbildungskapazitäten ermöglichen<br />

Ralf Witzel, bildungspolitischer Sprecher<br />

Gerade für Klein- und Mittelbetriebe<br />

sowie bei qualifikationseingeschränkten<br />

Jugendlichen sind die gegenwärtigen<br />

betrieblichen Ausbildungskosten zu<br />

hoch. Während sich nach Berechnungen<br />

des Bundesinstituts für Berufsbildung<br />

(BiBB) die jährlichen Kosten des Betriebes<br />

pro Auszubildendem im Durchschnitt<br />

auf etwa 18.000 € belaufen, beträgt der<br />

durch den Auszubildenden erwirtschaftete<br />

Produktionsbeitrag durchschnittlich<br />

nur 7.000 €.<br />

2 Handlungsnotwendigkeiten<br />

Der Landtag von Nordrhein-Westfalen<br />

möge daher beschließen:<br />

Der Landtag bekennt sich zu dem Ziel,<br />

die Leistungsfähigkeit des dualen<br />

Systems der Berufsausbildung zu erhöhen,<br />

die betriebliche Ausbildung beider<br />

Partner zu stärken und ihr vor vollzeitschulischen<br />

Berufswarteschleifen klar<br />

Vorrang einzuräumen. Zur Mobilisierung<br />

zusätzlicher Lehrstellen auf dem ersten<br />

Arbeitsmarkt wird der Landtag alles Notwendige<br />

veranlassen, um bürokratische<br />

Hemmnisse für die ausbildende Wirtschaft<br />

zu beseitigen, Berufsbilder adressatengerecht<br />

zu modernisieren und den<br />

betrieblichen Nutzen der Ausbildung zu<br />

erhöhen. Nachfolgende Maßnahmen<br />

werden im Land umgesetzt und falls<br />

nötig auch auf Bundesebene weiterverfolgt:<br />

� Die Angemessenheit einer Ausbildungsvergütung<br />

ist zukünftig zugunsten<br />

des Zustandekommens weiterer<br />

Ausbildungsverhältnisse zu interpretieren:<br />

Betriebe mit eingeschränkten<br />

wirtschaftlichen Möglichkeiten und<br />

Betriebe, die Jugendliche mit eingeschränktem<br />

Qualifikationsprofil<br />

beschäftigen, erhalten das Recht, von<br />

der 20%igen Schwankungsbreite der<br />

Ausbildungsvergütung um den regional<br />

und branchenüblichen Durchschnittslohn<br />

auch nach unten abzuweichen.<br />

� Der Unterricht im Berufskolleg wird<br />

auf die Erteilung berufs- und ausbildungsrelevanter<br />

Inhalte konzentriert<br />

und an einem Berufsschultag absolviert.<br />

Damit wird die betriebliche Praxis<br />

und Präsenz wieder erhöht, die<br />

aufgrund von Arbeitszeitverkürzungen<br />

seit langem schleichend reduziert<br />

worden ist. Das Berufskolleg ist kein<br />

Reparaturbetrieb für Versäumnisse<br />

des vorgelagerten allgemein bildenden<br />

Schulsystems.<br />

� Alternativ zum berufsbegleitenden<br />

Teilzeitschulbesuch wird ein neues<br />

Modell des Blockunterrichtes angeboten,<br />

bei dem der erste Präsenzblock<br />

im Berufskolleg der Einstiegsqualifizierung<br />

dient und vor der ersten<br />

betrieblichen Präsenzphase absolviert<br />

wird. Für diesen vorgelagerten Berufskollegblock<br />

vor dem betrieblichen<br />

Ausbildungsbeginn fallen arbeitgeberseitig<br />

keine Ausbildungsvergütungen<br />

an.<br />

� Alle Arbeitgeber erhalten Mitspracherechte<br />

bei der Auswahl des für sie<br />

unter Aspekten der räumlichen Nähe<br />

und inhaltlichen Profilbildung passenden<br />

Berufskollegs für ihre Auszubildenden.<br />

Damit wird in der differenzierten<br />

Angebotslandschaft der Berufskollegs<br />

eine bessere Abstimmung auf<br />

die betrieblichen Erfordernisse erzielt<br />

und das Privileg der Großunternehmen<br />

mit mehreren Standorten beendet,<br />

sich abhängig vom angemeldeten<br />

Beschäftigungsort das gewünschte<br />

Berufskolleg de facto auswählen zu<br />

können.<br />

� Die Bezirksfachklassenverordnung<br />

und das Schulverwaltungsgesetz sind<br />

dahingehend zu ändern, dass auch in<br />

schwächer ausgeprägten Ausbildungsberufen<br />

eine betriebsstättennähere<br />

Ausbildung möglich wird. Insbesondere<br />

wird damit verhindert, dass in<br />

ländlichen Regionen viele potenzielle<br />

Ausbildungsverhältnisse nicht<br />

zustande kommen, da Bezirksfachklassenbildungen<br />

in größeren Zentren<br />

mit enormem zeitlichen und finanziellen<br />

Anreiseaufwand verbunden sind<br />

und die unterschiedlichen regionalen<br />

<strong>DIE</strong> <strong>KAUFMÄNNISCHE</strong> <strong>SCHULE</strong> 2/2005 3


I<br />

Bildungspolitik<br />

Der FDP-Landesvorsitzende Ingo Wolf<br />

plakatiert gegen die Einheitsschule<br />

betrieblichen Erfordernisse nicht<br />

berücksichtigen. Auch bei der Einführung<br />

neuer Ausbildungsberufe ist eine<br />

flexible Kooperationsvereinbarung<br />

benachbarter Schulträger einer entlegenen<br />

Bezirksfachklassenbildung vorzuziehen.<br />

� Für qualifikationseingeschränkte Jugendliche<br />

werden in mehr Ausbildungsfeldern<br />

verkürzte und ihrem<br />

Anspruch nach reduzierte zweijährige<br />

Kurzausbildungsgänge angeboten.<br />

Ein dem Umfang nach reduzierter<br />

beruflicher Befähigungsnachweis, den<br />

auch Problemjugendliche anforderungsgerecht<br />

mit Erfolg absolvieren<br />

können, ist besser als dauerhafte<br />

Perspektivlosigkeit derer, die an zu<br />

hohen Anforderungen hochkomplexer<br />

Berufsbilder scheitern.<br />

� Durch eine Modularisierung der<br />

Berufsausbildung wird das Berufsbildungssystem<br />

flexibilisiert. Potenzialträger<br />

erhalten durch die Anerkennung<br />

erbrachter Leistungen vor Ausbildungseintritt<br />

die Chance eines schnelleren<br />

Durchlaufs durchs System. Am<br />

anderen Ende der Leistungsskala<br />

erhalten Jugendliche mit Lernschwierigkeiten,<br />

die an den Anforderungen<br />

Im Jahre 1998 ist in Nordrhein-Westfalen<br />

das Berufskolleg als einheitliche und eigenständige<br />

Bildungseinrichtung eingeführt<br />

worden. Durch das Berufskolleggesetz<br />

wurde das frühere Nebeneinander unterschiedlicher<br />

Gliederungsansätze und Funktionsbezeichnungen<br />

überwunden und eine<br />

einheitliche Systematik unter Einbeziehung<br />

des Fachschulbereichs geschaffen.<br />

Auf Antrag der Fraktion der SPD und der<br />

Fraktion BÜNDNIS 90 / <strong>DIE</strong> GRÜNEN 2 hat<br />

die Landesregierung im April 2004 einen<br />

der gesamten Abschlussprüfung<br />

scheitern, zumindest eine Teilleistungszertifizierung,<br />

auf der sie für weitere<br />

berufliche Laufbahnen aufbauen<br />

können.<br />

Ziel all dieser Reformbemühungen ist es,<br />

zusätzliche Ausbildungsbereitschaft bei<br />

der ausbildungsberechtigten Wirtschaft<br />

zu mobilisieren und Jugendlichen zu<br />

einem größeren Ausbildungserfolg in<br />

einer geringeren Verweilzeit zu verhelfen.<br />

3 Begründung<br />

Um das System der dualen Ausbildung<br />

in NRW wettbewerbsfähiger zu machen,<br />

sind bestehende Ausbildungshemmnisse<br />

zu beseitigen. Der geeignete Weg dazu<br />

ist es, die vorhandenen Schwierigkeiten<br />

zu beseitigen und eine Deregulierung<br />

unseres Berufsbildungssystems unter<br />

Beibehaltung der hohen Qualität der Ausbildung<br />

zu erlangen. Dabei soll der ausbildenden<br />

Wirtschaft eine bessere<br />

Berücksichtigung ihrer betrieblichen<br />

Erfordernisse ermöglicht werden.<br />

Jugendlichen mit unzureichender theoretischer<br />

Begabung sollen neue Wege<br />

eröffnet werden, besser als bisher die<br />

Integration ins Berufsleben zu finden.<br />

Indem das Angebot theoriegeminderter<br />

Ausbildungsgänge ausgeweitet wird,<br />

kommt man weniger leistungsstarken<br />

Auszubildenden entgegen und ermöglicht<br />

auch ihnen, einen standardisierten<br />

Berufsabschluss zu erlangen.<br />

Durch die Freigabe der Höhe der Ausbildungsvergütungen<br />

wird den Betrieben<br />

das Angebot einer größeren Zahl von<br />

Ausbildungsplätzen ermöglicht. Sie können<br />

dabei ihrer wirtschaftlichen Situation<br />

entsprechend Ausbildungsvergütungen<br />

mit der notwendigen Flexibilität vereinbaren.<br />

Ausbildungsvergütungen sind in den<br />

Antrag von SPD und BÜNDNIS 90 / <strong>DIE</strong> GRÜNEN 1 :<br />

umfassenden Bericht über die Umsetzung<br />

des Berufskolleggesetzes vorgelegt<br />

3 .<br />

Der Bericht gibt Auskunft über die mit<br />

dem Berufskolleg verbundenen Ziele und<br />

Erwartungen und zieht eine Bilanz der<br />

Entwicklungen und Ergebnisse. Er macht<br />

deutlich, dass die Berufskollegs in Nordrhein-Westfalen<br />

in den ersten 5 Jahren<br />

ihres Bestehens einen zentralen Beitrag<br />

geleistet haben<br />

➢ zur Verbesserung der beruflichen<br />

Qualifizierung,<br />

letzten 15 Jahren gemessen an den Einkommen<br />

weit überdurchschnittlich angestiegen.<br />

Zumindest für die nicht tarifgebundenen<br />

Betriebe soll erreicht werden,<br />

dass Ausbildungsvergütungen grundsätzlich<br />

betrieblichen Vereinbarungen<br />

oder Vereinbarungen zwischen Betrieb<br />

und Auszubildendem unterliegen.<br />

Ausbildungsgänge sollen so modernisiert<br />

werden können, dass leistungsfähige<br />

Jugendliche sie ohne Qualitätsverlust<br />

zügiger absolvieren können. Schon dies<br />

erhöht die Zahl der zur Verfügung stehenden<br />

Ausbildungsplätze.<br />

Ein Großteil notwendiger Modernisierungsnotwendigkeiten<br />

kann das Land<br />

NRW allein aus eigener Kraft für eine Verbesserung<br />

der Lehrstellenbilanz erreichen.<br />

Die Beseitigung von in Bundesgesetzen<br />

darüber hinaus vorhandenen<br />

Hemmnissen, zusätzliche Ausbildungsplätze<br />

zu schaffen und bisher vorhandene<br />

zu sichern, sind aus NRW heraus<br />

beherzt im Rahmen einer Bundesratsinitiative<br />

in Angriff zu nehmen.<br />

Eine Ausbildungsplatzabgabe führt<br />

dagegen nicht zu einer notwendigen Flexibilität,<br />

sondern erhöht den bürokratischen<br />

Aufwand und belastet die Unternehmen<br />

zusätzlich.<br />

Anmerkung<br />

1 Dieser Antrag bildete einen Ausgangspunkt für die<br />

Anhörung am 19.01.2005 zum Thema „Berufliche<br />

Bildung in Nordrhein-Westfalen stärken – Zukunft<br />

des dualen Systems dauerhaft sichern“.<br />

2 Drucksache 13/6037 vom 28.09.2004<br />

Ingrid Pieper von Heiden,<br />

Joachim Schultz-Tornau, Dr. Daniel<br />

Sodenkamp, Prof. Dr. Friedrich Wilke<br />

und Ralf Witzel ❍<br />

Attraktivität der Berufskollegs in NW weiter steigern<br />

Qualität der Qualifizierungsarbeit an beruflichen Schulen sichern und ausbauen<br />

Sylvia Löhrmann und Manfred Degen<br />

➢ zur Entwicklung zukunftsorientierter<br />

Lernangebote und<br />

4 <strong>DIE</strong> <strong>KAUFMÄNNISCHE</strong> <strong>SCHULE</strong> 2/2005


➢ zu einer größeren Transparenz beruflicher<br />

Bildungsangebote.<br />

Die Schüler- und Absolventenzahlen der<br />

Berufskollegs zeigen außerdem, wie sehr<br />

ihre Verantwortung für die berufliche<br />

Qualifizierung gewachsen ist. Die Berufskollegs<br />

haben damit einen großen Beitrag<br />

zum Erfolg des nordrhein-westfälischen<br />

Ausbildungskonsenses geleistet.<br />

II<br />

Unsere Berufskollegs zeichnen sich<br />

durch eine enge Verbindung mit der<br />

Berufs- und Arbeitswelt aus. Sie sind und<br />

bleiben dem System der Beruflichkeit<br />

verpflichtet, das sie zeitgemäß definieren<br />

und mit hohen pädagogischen Ansprüchen<br />

in Einklang bringen. Die Berufskollegs<br />

in Nordrhein-Westfalen gleichen<br />

nicht nur konjunkturelle und auch strukturbedingte<br />

Schwankungen am Ausbildungsmarkt<br />

aus, sie geben darüber hinaus<br />

ständig neue Impulse für strukturelle<br />

Reformen zur Verbesserung der Qualität<br />

von Ausbildung und damit zur Sicherung<br />

des dualen Systems in Deutschland.<br />

Diese Innovationskraft, Elastizität und<br />

Flexibilität der Berufskollegs wollen wir<br />

auch in Zukunft erhalten und noch steigern.<br />

Dabei stehen folgende Ziele im Vordergrund:<br />

� Sicherung und Ausbau einer am Ausbildungs-<br />

und Arbeitsmarkt und an<br />

den zukünftigen Anforderungen von<br />

Wirtschaft und Gesellschaft orientierten<br />

Bildungsgangstruktur der Berufskollegs<br />

als Beitrag zum Ausbildungskonsens<br />

NW.<br />

� Verbesserung der Durchlässigkeit und<br />

Anrechnung zwischen Bildungsgängen.<br />

� Verbesserung der Informationen über<br />

den Ausbau der Möglichkeit von<br />

Schulzeitverkürzungen.<br />

� Aufwertung und Ausbau der regionalen<br />

Kooperation unter Beteiligung der<br />

Berufskollegs (u. a. Ausbau von Qualität<br />

und Kooperation durch Förderung<br />

von Ausbildungsverbünden und -netzwerken).<br />

� Weiterentwicklung der Bildungsgangstruktur<br />

der Berufskollegs im Hinblick<br />

auf den übergreifenden europäischen<br />

Entwicklungsrahmen.<br />

� Einbeziehung der Bildungsgänge der<br />

Berufskollegs in die Gesamtentwicklung<br />

von Standards und Leistungsvergleichen<br />

unter Berücksichtigung<br />

der Beruflichkeit.<br />

III<br />

Der Landtag fordert die Landesregierung<br />

auf, nach Maßgabe dieser Leitlinien in<br />

Zusammenarbeit mit den<br />

übrigen Partnern der<br />

beruflichen Bildung das<br />

System der beruflichen<br />

Bildung in den Berufskollegs<br />

weiterzuentwickeln.<br />

Hierfür sind die bereitgestellten<br />

Ressourcen zu<br />

verwenden. Insbesondere<br />

sollen folgende Maßnahmen<br />

ergriffen bzw. entsprechende<br />

Maßnahmen<br />

der übrigen Partner unterstützt<br />

werden:<br />

� Sicherstellung von<br />

Anrechnungsmöglichkeiten<br />

auf die Ausbildungszeit<br />

dualer Bildungsgänge<br />

bzw.<br />

Möglichkeiten der Zulassung<br />

zu Kammerprüfungen<br />

von Absolventinnen<br />

und Absolventenvollzeitschulischer<br />

Bildungsgänge<br />

(Beitrag zum Ausbildungskonsens<br />

NW),<br />

soweit diese Bildungsgänge<br />

relevante be-<br />

triebliche Praxis- und Lernphasen (im<br />

Sinne einer Dualisierung) beinhalten.<br />

� Modernisierung und Weiterentwicklung<br />

des Richtlinien- und Lehrplansystems<br />

der Berufskollegs insbesondere<br />

im Hinblick auf eine verstärkte Aufnahme<br />

von Standard- und Kompetenzbeschreibungen.<br />

� Intensivierung der curricularen Arbeiten<br />

für voll- und teilzeitschulische Bildungsgänge.<br />

� Erweiterung der Berufsorientierung<br />

und Verstärkung des Praxisbezugs in<br />

den Berufskollegs durch Bereitstellen<br />

von Plätzen für Betriebspraktika.<br />

� Zertifizierung von in der Berufsausbildungsvorbereitung<br />

und Berufsausbildung<br />

erworbenen Teilqualifikationen.<br />

� Anerkennung von im Berufskolleg zertifizierten<br />

Modulen im Rahmen der<br />

Modularisierung von Studiengängen<br />

an Fachhochschulen und Universitäten.<br />

� Entwicklung berufskollegspezifischer<br />

Leitungs- und Organisationsstrukturen.<br />

� Ausbau von berufsbezogenen Fremdsprachenangeboten<br />

in den Berufskollegs.<br />

� Entwicklung eines kontinuierlichen<br />

regionalen Berufsbildungsdialogs<br />

unter gleichberechtigter Beteiligung<br />

der Berufskollegs.<br />

� Zusammenführung der Berufskollegs<br />

und anderer Bildungseinrichtungen<br />

der Region zu regionalen Berufsbildungsnetzwerken,<br />

in denen die Bildungsangebote<br />

den regionalen Anforderungen<br />

angepasst und einvernehmlich<br />

abgestimmt werden, um die<br />

besonderen Stärken der einzelnen<br />

Partner bestmöglich zu nutzen.<br />

� Öffnung der Berufskollegs zu regionalen<br />

Berufsbildungsnetzwerken.<br />

� Anpassung der an Berufskollegs<br />

erworbenen berufsqualifizierenden<br />

Abschlüsse an EU-Standards (Zertifizierung<br />

im Europass).<br />

� Verstärkter Austausch von Auszubildenden<br />

und Ausbildern der Berufskollegs<br />

mit Partnern in EU-Ländern, Entwicklung<br />

grenzüberschreitender<br />

Berufsbildungsangebote.<br />

� Aufwertung der dualen Ausbildung<br />

durch Förderung des integrierten<br />

Erwerbs der Fachhochschulreife im<br />

Rahmen der dualen Berufsausbildung.<br />

� Kontinuierliche Berichterstattung über<br />

die weitere Umsetzung des Berufskollegkonzeptes.<br />

Anmerkung<br />

Bildungspolitik<br />

Quelle: Wirtschaft und Unterricht, Nr. 4 (30.05.2002), Köln,<br />

S. 4<br />

1 Drucksache 13/6167 vom 02.11.2004 zur Anhörung<br />

am 19.01.2005 im Schulausschuss.<br />

2 Drucksache 13/4326, download unter www.landtag.nrw.de.<br />

3 Vgl. Vorlage 13/2781, download unter www.landtag.nrw.de.<br />

Edgar Moron und SPD-Fraktion sowie Sylvia<br />

Löhrmann und B 90/Grüne-Fraktion ❍<br />

<strong>DIE</strong> <strong>KAUFMÄNNISCHE</strong> <strong>SCHULE</strong> 2/2005 5


Bildungspolitik<br />

Schriftliche Stellungnahme zur Landtagsanhörung am 19.01.2004:<br />

Berufliche Bildung in Nordrhein-Westfalen stärken<br />

1 Vorbemerkungen<br />

In der derzeitigen Situation wird bei der<br />

Frage nach der Zukunft der beruflichen<br />

Bildung immer wieder die Notwendigkeit<br />

beschworen, das bewährte duale System<br />

zu erhalten. Diese Notwendigkeit sieht<br />

auch der vLw und steht inhaltlich auch<br />

hinter dieser Aussage. Leider muss man<br />

immer wieder feststellen, dass von anderer<br />

Seite die Bekenntnisse zum dualen<br />

System offensichtlich nicht ernst gemeint<br />

sind, sondern eher einer betrieblichen<br />

Ausbildung das Wort geredet wird und<br />

die Berufsschule immer weiter zurückgedrängt<br />

werden soll. Das beginnt mit Forderungen<br />

nach der Reduzierung der<br />

Berufsschulzeit und reicht bis zu klaren<br />

Verstößen gegen das Prinzip der Dualität.<br />

Zu den „Sündenfällen“ wider die Dualität<br />

gehören zum Beispiel<br />

� die Altersbegrenzung der Berufsschulpflicht;<br />

es ist nirgendwo festgeschrieben,<br />

dass eine Kammerprüfung auch<br />

den Berufsschulbesuch voraussetzt,<br />

� die Ausbildungsvorbereitung nach<br />

§§ 50, 51 BBiG (alt), die auf Ausbildung<br />

anrechenbare Module vorsieht,<br />

ohne dass die Anrechenbarkeit den<br />

Berufsschulbesuch voraussetzt,<br />

� die mit der Novellierung des BBiG vorgesehenen<br />

Auslandsaufenthalte, für<br />

die in keiner Weise geklärt ist, wie die<br />

Dualität in diesem Ausbildungsabschnitt<br />

gesichert wird,<br />

� das immer noch weit verbreitete Herausziehen<br />

der Auszubildenden aus<br />

der schulischen Ausbildung aus innerbetrieblichen<br />

Gründen.<br />

Was das duale System braucht, ist eine<br />

klare Abgrenzung der Bildungsaufträge<br />

von Betrieb und Schule, um auch Konkurrenzsituationen<br />

zu verhindern, wie<br />

z. B. bei Kreditinstituten und in der Sozialversicherung,<br />

wo die teilweise Übernahme<br />

von schulischen Aufgaben in die<br />

betriebliche Ausbildung eine hohe<br />

Kostenbelastung für die Ausbildung<br />

bedeutet. Echte Dualität erfordert auch<br />

das Einbringen der beiden Teile der Ausbildung<br />

in den Abschluss, d. h., das<br />

Abschlusszertifikat muss auch die in der<br />

Schule erbrachten Leistungen einbeziehen<br />

und ausweisen. Notwendig bleibt die<br />

Kommunikation über das Ziel der Ausbildung<br />

in Betrieb und Schule, womit z. B.<br />

solchen Konflikten begegnet werden<br />

kann, die aus dem Übergewicht der<br />

Ertragsorientierung der Ausbildung in<br />

einigen Betrieben erwachsen können.<br />

Die überbetriebliche und berufsfeldbreite<br />

Zukunft des dualen Systems dauerhaft sichern<br />

Quelle: IWD Nr. 52 (23.12.2004), S. 3<br />

Mobilität als Ziel der Ausbildung muss<br />

deutlich werden.<br />

Das duale System braucht auch Verständnis<br />

der einen Seite für die jeweils andere<br />

Seite. Wer Einsicht von Schulen in betriebliche<br />

Zwänge verlangt, darf nicht wider<br />

besseres Wissen Ansprüche an Schule<br />

stellen, die sie nicht erfüllen kann. So ist<br />

zum Beispiel die Forderung nach der Bildung<br />

von Kleinstklassen zur Sicherung der<br />

Nähe zum Ausbildungsbetrieb und zum<br />

Wohnort sicher ein wichtiges Gut, aber<br />

unter den derzeitigen Rahmenvorgaben für<br />

die Schule nicht zu machen. Die Sicherung<br />

der Ausgewogenheit der Interessen ist eine<br />

Aufgabe, die noch nicht hinreichend gelöst<br />

ist, um die Berufsschule der Idee der Dualität<br />

des Systems entsprechend in der realen<br />

Ausbildung zu verankern.<br />

2 Das Ziel des Ausbaus<br />

markt- und anforderungsgerechterBildungsgangstrukturen<br />

2.1 Das Problem der Benachteiligten<br />

Die Zahl der benachteiligten Jugendlichen,<br />

die die allgemein bildenden Schu-<br />

6 <strong>DIE</strong> <strong>KAUFMÄNNISCHE</strong> <strong>SCHULE</strong> 2/2005


len verlassen, steigt Jahr für Jahr an.<br />

Dabei wird der Begriff der Benachteiligung<br />

höchst vielschichtig gesehen. Er<br />

reicht von der Benachteiligung durch körperliche<br />

Handicaps bis zur Marktbenachteiligung.<br />

Vor dem Hintergrund der demografischen<br />

Entwicklung und der nicht im<br />

entsprechenden Maße steigenden Zahl<br />

von Ausbildungsplätzen werden die<br />

benachteiligten Jugendlichen in Felder<br />

außerhalb des dualkooperativen Berufsbildungssystems<br />

gedrängt. Zu solchen<br />

Feldern gehören die Maßnahmen der<br />

Agentur für Arbeit, berufspraktische Teilqualifizierungen,<br />

Einstiegsqualifikationen<br />

und auch schulische Bildungsgänge.<br />

Der vLw sieht es als zwingend notwendig<br />

an, dass in all diesen Formen der Qualifizierungsaspekt<br />

im Vordergrund steht und<br />

den jungen Menschen erreichbare und<br />

verwertbare Qualifikationen vermittelt<br />

werden. Erreichbar ist eine Qualifikation,<br />

wenn der angestrebte Abschluss auch<br />

ohne Abstriche in der Leistungsbewertung<br />

für die jungen Menschen als Ziel<br />

definiert werden kann. Verwertbar ist die<br />

Qualifikation, wenn sie arbeitsmarktfähig<br />

oder anrechenbar auf arbeitsmarktfähige<br />

Qualifikationen ist. Die Zieldefinition<br />

muss adressatengerecht sein. Jede Form<br />

von Maßnahmen und Angeboten, die in<br />

einer Täuschung über die erreichbare<br />

Qualifikation bestehen, ist abzulehnen.<br />

Dies dient allein der Verbesserung der<br />

Statistik und nicht den jungen Menschen.<br />

Der vLw weist in diesem Bereich vor<br />

allem auf die im Ausbildungspakt vereinbarten<br />

Einstiegsqualifikationen hin, die<br />

das Versprechen der Anrechenbarkeit auf<br />

die Berufsausbildung umfassen. Dieses<br />

Versprechen ist aus mehreren Gründen<br />

nicht einlösbar. Aus schulischer Sicht<br />

besteht nicht nur das Problem, dass die<br />

Berufsschulpflicht häufig nicht gegeben<br />

ist, es ist auch ein entscheidendes<br />

Manko, dass die Einstiegsqualifikation<br />

erst im November und Dezember beginnt<br />

und damit die Zuordnung zu einer Fachklasse<br />

mit mehreren Monaten Verspätung<br />

erfolgt. Gerade die Leistungsschwächeren<br />

sind nun inhaltlich im Verzug und<br />

können die Defizite nicht mehr aufholen.<br />

� Unsinnig ist es ebenfalls, die jungen<br />

Menschen in qualifizierende Bildungsgänge<br />

der Berufskollegs zu drängen,<br />

die nicht für sie maßgeschneidert<br />

sind. Gerade dann, wenn die beruflichen<br />

Bildungsgänge mit höheren allgemeinen<br />

Berechtigungen verbunden<br />

sind, ist angesichts der Diskussion um<br />

Standards vorhersehbar, dass die<br />

jungen Menschen scheitern. Der vLw<br />

hält es deshalb für dringend geboten,<br />

für die benachteiligten Jugendlichen<br />

neue sinnvolle Konzepte zu entwickeln.<br />

Die Richtung weisen Bereiche<br />

des BQF-Projektes, mit denen<br />

Schritte unternommen worden sind,<br />

den benachteiligten Jugendlichen<br />

Kenntnisse und Fertigkeiten zu vermitteln,<br />

die sie unmittelbar im beruflichen<br />

Kontext umsetzen können und<br />

die Defizite in den Fächern Deutsch<br />

und Mathematik durch Lernen in konkreten<br />

beruflichen Anwendungszusammenhängen<br />

kompensieren.<br />

Diese Konzepte müssen für diejenigen,<br />

denen die Ausbildungsreife fehlt, Wege<br />

zur Ausbildungsreife eröffnen. Dies geht<br />

weder mit der Vorwegnahme von Teilen<br />

schulischer noch über betriebspraktische<br />

Ausbildung, sondern nur über besondere<br />

Angebote, die die Zertifizierung der Ausbildungsreife<br />

vorsehen. Hier macht eine<br />

Kooperation von allgemein bildenden<br />

Schulen, Berufskollegs und Betrieben<br />

ebenso Sinn wie die Begleitung der<br />

Jugendlichen durch Sozialarbeiter und<br />

Patensysteme. Diese Konzepte müssen<br />

abgestimmte dual-kooperative Wege von<br />

Teil- und Einstiegsqualifikationen mit tatsächlich<br />

anrechenbaren und von der Prüfung<br />

her vorweggenommenen Teilen<br />

einer Ausbildung umfassen. Die Schritte<br />

müssen gewollt erreichbar sein und klare<br />

Anschlussmöglichkeiten haben, damit<br />

die jungen Menschen in dieser Teilqualifikation<br />

einen Sinn und einen Wert erkennen.<br />

Jede Täuschung über den Gehalt<br />

der Teilqualifikation wird von den jungen<br />

Menschen sehr schnell durchschaut und<br />

die Maßnahme damit diskreditiert.<br />

Schulische Maßnahmen können nur sinnvoll<br />

konzipiert werden, wenn sie zielgruppengerecht<br />

sind. Die im Zusammenhang<br />

mit dem Berufsgrundschuljahr gemachten<br />

Fehler dürfen sich nicht wiederholen.<br />

2.2 Die Profilierung der Bildungsgänge<br />

Die Bildungsgänge des Berufskollegs<br />

sind gegenüber der bisherigen Regelung<br />

Bildungspolitik<br />

und auch gegenüber dem Entwurf zur<br />

Änderung des Schulgesetzes zu konkretisieren<br />

und zu präzisieren, denn die<br />

Begrifflichkeiten sind unübersichtlich und<br />

nicht immer kompatibel mit der gewollten<br />

Aussage. So muss deutlich werden, dass<br />

die Berufsschule nicht ein Bildungsgang<br />

ist, sondern mehrere Bildungsgänge<br />

umfasst – zumindest die Teilzeitberufsschule,<br />

das Berufsgrundschuljahr und<br />

das Berufsvorbereitungsjahr. Die gängige<br />

Praxis versteht den Bildungsgang noch<br />

anders, nämlich den Bereich eines jeden<br />

Ausbildungsberufs in der Berufsschule.<br />

Wenn nicht zu der sicher klaren Definition<br />

von Schulformen zurückgekehrt werden<br />

soll, muss eine differenziertere Formulierung<br />

der gesetzlichen Regelung zum<br />

Berufskolleg vorgenommen werden.<br />

Für die allgemeinen Abschlüsse muss<br />

das Kann-Prinzip und nicht das Muss-<br />

Prinzip ebenso gelten wie der Grundsatz<br />

der Gleichwertigkeit und nicht derjenige<br />

der Gleichartigkeit. Der Ansatz der Bildung<br />

im Medium des Berufs muss in den<br />

Vordergrund gestellt werden.<br />

2.3 Verknüpfung von Erstausbildung<br />

und Weiterbildung<br />

Die berufliche Weiterbildung ist von existenzieller<br />

Bedeutung für das Land und<br />

die Qualifizierung seines Potenzials an<br />

Arbeitskräften. Nur durch die ständige<br />

Weiterqualifizierung der Arbeitnehmerinnen<br />

und Arbeitnehmer auch nach der<br />

Erstausbildung kann der wesentliche<br />

Standortvorteil, die Qualifikation der<br />

Beschäftigten, gesichert werden. Derzeit<br />

werden die entscheidenden Weichen für<br />

die Zukunft der Bildungslandschaft im<br />

Bereich der beruflichen Bildung gestellt.<br />

Quelle: Bundesverband deutscher Banken: Schul Bank, Nr. 1/2005, Berlin, S. 4<br />

<strong>DIE</strong> <strong>KAUFMÄNNISCHE</strong> <strong>SCHULE</strong> 2/2005 7


Bildungspolitik<br />

Die in diesem Zusammenhang erhobenen<br />

Forderungen sind vielfach einseitig<br />

unter dem Etikett der Marktorientierung<br />

auf das Ausklammern von Schule gerichtet,<br />

was weder verantwortbar noch sachgerecht<br />

ist.<br />

Die berufliche Erstausbildung befindet<br />

sich in einem Umstrukturierungsprozess:<br />

Das duale Berufsbildungssystem wird<br />

einem Reformprozess unterzogen werden<br />

müssen, wenn es langfristig Bestand<br />

haben soll. In diesem Reformprozess<br />

wird die Frage nach Differenzierungsmöglichkeiten<br />

in der dualen Berufsausbildung<br />

ebenso zu klären sein wie das<br />

Problem der Öffnung von Karriere- und<br />

Studienchancen für Absolventen der<br />

dualen Berufsausbildung.<br />

Wenn Gleichwertigkeit von allgemeiner<br />

und beruflicher Bildung ernst gemeint ist<br />

und nicht bloßes Lippenbekenntnis darstellt,<br />

sind drei Forderungen unverzichtbar:<br />

➢ die Karrierechancen der Absolventen<br />

können nicht auf ein Unternehmen<br />

begrenzt sein, sondern müssen transferierbar<br />

sein auf Arbeitsplätze in<br />

anderen Unternehmen. Dies ist<br />

arbeitsmarktpolitisch unverzichtbar,<br />

da sonst die stets als notwendig<br />

bezeichnete Mobilität der Arbeitnehmerinnen<br />

und Arbeitnehmer eine Chimäre<br />

wäre;<br />

➢ die Öffnung beruflicher Perspektiven<br />

darf den Absolventen einer dualen<br />

Berufsausbildung nicht mehr Opfer<br />

abverlangen als denjenigen, die sich<br />

über ein Hochschulstudium Karrierechancen<br />

erschließen;<br />

➢ der Bildungsweg muss solches Lernen<br />

ermöglichen, das eine Methodenkompetenz<br />

im Sinne einer wissenschaftlichen<br />

Problemlösungsfähigkeit<br />

umfasst. Auf dem Weg über betriebliches<br />

Lernen kann das nicht erreicht<br />

werden, sondern dies erfordert den<br />

Lernort Schule.<br />

Bildung wird zunehmend unter betriebswirtschaftlichen<br />

Kriterien betrachtet. Aus<br />

betriebswirtschaftlicher Sicht wird die<br />

Besinnung auf die Kernkompetenzen der<br />

Unternehmen gefordert. Betriebsübergreifende<br />

Weiterbildung ist kein Bereich,<br />

den Unternehmen als Kernkompetenz<br />

ansehen. Wenn denn für die Weiterbildung<br />

der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer<br />

ständig das Risiko besteht, dass<br />

die Betriebe die Weiterbildung auf den<br />

engen betrieblichen Verwertungsaspekt<br />

begrenzen, kann die betriebliche Weiterbildung<br />

keine sinnvolle Fortsetzung der<br />

Erstausbildung darstellen. Weiterbildung<br />

darf auch nicht der Gefahr ausgesetzt<br />

sein, dass betriebliches Controlling die<br />

Bildungsmaßnahmen, die nicht der<br />

unmittelbaren betrieblichen Verwertbarkeit<br />

unterliegen, als schädlich für die<br />

Kostenentwicklung und damit als zu<br />

beendende identifiziert.<br />

Weiterbildung ist auch keine Kernaufgabe<br />

der Kammern. Kernkompetenz für<br />

Bildung hat die Schule. Bei ihr besteht<br />

weder die Gefahr einer einseitigen<br />

Weiterbildung allein auf einen bestimmten<br />

Arbeitsplatz hin noch die Gefahr einseitiger<br />

Gewinnerzielungsinteressen.<br />

Schule kann umfassend und betriebsübergreifend<br />

qualifizieren, durch staatliche<br />

Kontrolle abgesichert zertifizieren<br />

und die pluralistischen Interessen von<br />

Arbeitgebern und Arbeitnehmern, von<br />

Region und Arbeitsmarkt im Bildungsprozess<br />

aufgreifen.<br />

Der vLw fordert deshalb, die Bildungsgangstruktur<br />

der Berufskollegs so zu<br />

optimieren, dass es Wege gibt, die Verknüpfung<br />

von Erstausbildung und<br />

Weiterbildung in den Berufskollegs zu<br />

optimieren, um auch solche Zukunftsfragen<br />

in den Berufskollegs angehen zu<br />

können wie die des Lernens im Alter.<br />

3 Verbesserung der<br />

Anrechnungsmöglichkeiten<br />

Aus dem Aspekt der Bildungsökonomie<br />

heraus wird zunehmend die Frage<br />

gestellt, ob es sinnvoll ist, Qualifikationen,<br />

die an einer Stelle erworben worden<br />

sind, an anderer Stelle zu ignorieren oder<br />

ob es nicht besser eine Form der Anrechnung<br />

geben soll. Diese Frage wird zum<br />

Beispiel in der Debatte um die Anrechnung<br />

von Leistungen aus der beruflichen<br />

Bildung in einem anschließenden Hochschulstudium<br />

angesprochen, sie ist<br />

Gegenstand der Problematik der Zertifizierung<br />

informell erworbener Qualifikationen.<br />

Hier geht es um nicht mehr und<br />

nicht weniger als eine andere Seite der<br />

Medaille: die Frage von Durchlässigkeit,<br />

von Anrechenbarkeit und Vermeidung<br />

von Doppelungen von beruflicher Bildung<br />

in Schule und von beruflicher Bildung im<br />

dualen System. Die wesentlichen Ansätze<br />

dazu sind<br />

Projekte bei Unternehmen wie der Dt. Telekom AG fördern die Kooperation der Lernorte<br />

� die inhaltlich orientierte Anerkennung<br />

von Qualifikationen aus beruflichen<br />

Vollzeitschulen auf Ausbildung ohne<br />

Wenn und Aber,<br />

� die Anerkennung von Berufschulleistungen<br />

in Prüfungen,<br />

� das klare Signal, Doppelungen von<br />

Ausbildungsteilen vermeiden zu wollen,<br />

� klare Signale, dass die jungen Menschen<br />

auch mit in die Verantwortung<br />

dafür genommen werden, dass sie<br />

erworbene Kompetenzen auch soweit<br />

pflegen, dass eine Wiederholung des<br />

Prozesses zum Erwerb der Kompetenzen<br />

überflüssig ist.<br />

Zum ersten Punkt: Für den vLw ist es<br />

vorstellbar und sinnvoll, dass junge Menschen<br />

in der Höheren Handelsschule<br />

erworbene Kompetenzen nicht noch ein<br />

zweites Mal erwerben müssen. Klar ist,<br />

dass dies nur dann möglich ist, wenn<br />

präzise Standards dies absichern. Denkbar<br />

wäre, dass am Ende der Höheren<br />

Handelsschule bei der IHK eine Prüfung<br />

abgelegt wird, die dann die Kammer selber<br />

als Teil auf die Abschlussprüfung<br />

anrechnen könnte. Im Klartext: Eine<br />

Schülerin bzw. ein Schüler könnte die<br />

schriftliche Prüfung in Wirtschafts- und<br />

Sozialkunde eines kaufmännischen<br />

Berufs am Ende der Höheren Handelsschule<br />

bei der IHK ablegen, er/sie müsste<br />

sie später nicht noch einmal wiederholen.<br />

Für den vLw ist die in der Diskussion<br />

befindliche Öffnung der Berufsabschlussprüfungen<br />

für diejenigen, die eine schu-<br />

8 <strong>DIE</strong> <strong>KAUFMÄNNISCHE</strong> <strong>SCHULE</strong> 2/2005


lische Berufausbildung absolviert haben,<br />

auch eine Frage danach, inwieweit hier<br />

Doppelungen vermieden werden können.<br />

Ohne Zweifel ist das Defizit der vollzeitschulischen<br />

Ausbildung der fehlende<br />

berufspraktische Teil der Ausbildung als<br />

wesentliches Element beruflicher Qualifizierung,<br />

weil Praktika noch keine Berufspraxis<br />

sind. Hier sieht der vLw einen<br />

Punkt, an dem alle Verantwortlichen<br />

fernab jeder ideologischen Auseinandersetzung<br />

innehalten und sich fragen sollten,<br />

wie viel berufspraktische Ausbildungszeit<br />

für einen Berufsabschluss sinnvoll<br />

und notwendig ist. Über eine solche<br />

Definition wäre es möglich, Ausbildung im<br />

Zusammenspiel von schulischer und<br />

berufspraktischer Ausbildung zu flexibilisieren<br />

und die knappe Ressource betrieblicher<br />

Ausbildung optimal einzusetzen.<br />

Dem vLw geht es darum, solche Wege<br />

gemeinsam mit allen Beteiligten zu<br />

gehen. Dies darf nicht daran scheitern,<br />

dass von einer Seite der Mut zu Reformen<br />

nicht aufgebracht wird. Der vLw<br />

sieht angesichts der Debatte um den<br />

sinnvollen Einsatz von Lebensarbeitszeit,<br />

um die Vermeidung von Doppelungen in<br />

der Ausbildung und um die Öffnung von<br />

Anrechnungsmöglichkeiten diese Öffnung<br />

als ein wichtiges Signal an, das<br />

auch den jungen Menschen in den entsprechenden<br />

Bildungsgängen einen<br />

Motivationsschub geben kann.<br />

4 Schulzeitverkürzung<br />

Ab dem Schuljahr 2005/2006 soll der<br />

Unterricht in der Sekundarstufe I so ausgeweitet<br />

werden, dass die Gymnasien<br />

mit einer auf zwei Jahre verkürzten<br />

Sekundarstufe II zum Abitur in 12 Jahren<br />

führen können. Die Sekundarstufe II soll<br />

aber auch in drei Jahren zum Abitur führen,<br />

vornehmlich an den Berufskollegs.<br />

Die Berufskollegs sollen dabei mit ihren<br />

Stärken wuchern und zusätzliche attraktive<br />

Profile bieten.<br />

Mit einer solchen starren Trennung zwischen<br />

dem schnellen Weg zum Abitur am<br />

Gymnasium und dem langsamen Weg<br />

am Berufskolleg wird das Wirtschaftsgymnasium<br />

als Schulform zweiter Klasse<br />

deklariert, den Absolventen wird das Etikett<br />

der Leistungsschwächeren angehängt.<br />

Sowohl Schulform als auch Absolventen<br />

des Wirtschaftsgymnasiums dürfen<br />

nicht in diese Ecke gestellt werden.<br />

Es muss umgekehrt darum gehen, den<br />

Weg über das Berufskolleg so attraktiv zu<br />

gestalten, dass er eine echte Alternative<br />

zur gymnasialen Oberstufe anderer<br />

Schulformen darstellt. Auch für einen<br />

Gymnasiasten muss es nach Klasse 10<br />

attraktiv sein, das Abitur am Wirtschaftsgymnasium<br />

zu absolvieren.<br />

Mit der Verstärkung des Unterrichts in<br />

der Sekundarstufe I wird der richtige Weg<br />

gegangen, um nach Klasse 10 eine<br />

offene Wahlmöglichkeit für alle anschließenden<br />

Bildungsgänge zum Abitur zu<br />

eröffnen. Die Bildung im Medium des<br />

Berufs muss als gleichwertige Möglichkeit<br />

zum Kompetenzerwerb so ausgebaut<br />

werden, dass über die Beruflichkeit<br />

die abiturrelevanten Kompetenzen<br />

erreicht werden können.<br />

Die Untersuchung zur „Transformation<br />

des Sekundarschulsystems und akademische<br />

Karrieren (TOSCA)“ hat gezeigt,<br />

dass eine gezielte Stärkung der beruflichen<br />

Wege zum Abitur gewährleistet,<br />

dass Bildung im Medium des Berufs zu<br />

einem Abitur mit hohem Qualitätsstandard<br />

führt. Dieser Weg muss auch in<br />

Nordrhein-Westfalen weiter gegangen<br />

werden.<br />

Der vLw hält es für unverzichtbar, dass<br />

die Chancengleichheit aller Wege zum<br />

Abitur erhalten bleibt und damit die<br />

Gleichwertigkeit von allgemeiner und<br />

beruflicher Bildung nicht zur Disposition<br />

gestellt wird. Das macht zwingend notwendig,<br />

dass auch den Berufskollegs die<br />

Option eröffnet wird, ein Abitur innerhalb<br />

von zwei Jahren nach Abschluss der<br />

Sekundarstufe I anzubieten. Nur so wird<br />

die berufliche Bildung nicht als zweitrangig<br />

deklassiert.<br />

Chancengleichheit für die Berufskollegs<br />

bedeutet aber auch, dass ein dreijähriger<br />

Abiturbildungsgang im Berufskolleg über<br />

das Abitur hinaus weitere Qualifikationen<br />

und Berechtigungen vermitteln muss, die<br />

den Zeitverlust bei einer anschließenden<br />

Ausbildung oder einem einschlägigen<br />

Studium durch Anrechnung wieder wettmachen.<br />

5 Standards<br />

Im Rahmen der Debatte um die Bildungsstandards<br />

für allgemeine Berechtigungen<br />

wird die Forderung gestellt, die Zuerkennung<br />

der allgemeinen Berechtigungen in<br />

der beruflichen Bildung an die Erfüllung<br />

der Standards für die allgemein bildenden<br />

Schulen zu binden.<br />

Dieser Ansatz lässt außer Acht, dass in<br />

der beruflichen Bildung es nicht darum<br />

gehen kann, die Lernziele der allgemein<br />

bildenden Schulen abzuarbeiten und<br />

Bildungspolitik<br />

zusätzlich noch berufliche Kompetenzen<br />

zu vermitteln. Mit diesem Ansatz würde<br />

an den Weg zu den allgemeinen Berechtigungen<br />

in der beruflichen Bildung eine<br />

im Vergleich überhöhte Anforderung gestellt,<br />

die im Medium des Berufs erworbenen<br />

Kompetenzen würden nicht als<br />

relevant für die Zuerkennung allgemeiner<br />

Berechtigungen anerkannt.<br />

Dies darf so nicht festgeschrieben werden.<br />

Die berufliche Bildung muss als<br />

gleichwertig und nicht als gleichartig verstanden<br />

werden. Die im Medium des<br />

Berufs erworbenen Kompetenzen müssen<br />

in ihrem Bildungswert gewürdigt<br />

werden und in der Konsequenz muss<br />

erkannt werden, dass diese Kompetenzen<br />

die Zuerkennung allgemeiner<br />

Berechtigungen legitimieren. Ein Ansatz,<br />

mit dem in Vollzeitbildungsgängen der<br />

beruflichen Bildung eine Entberuflichung<br />

vorangetrieben würde, um das Erreichen<br />

der Standards der allgemein bildenden<br />

Schulen abzusichern, wäre eine Fehlentwicklung<br />

und der Qualität der beruflichen<br />

Qualifizierung in hohem Maße abträglich.<br />

Die Zuerkennung – nicht der Erwerb –<br />

von allgemeiner Berechtigung über<br />

berufliche Kompetenzen hat eine lange<br />

Tradition und lässt sich über mehr als 80<br />

Jahre zurückverfolgen.<br />

Die beruflichen Fächer und die berufsbezogenen<br />

Inhalte sind seither stets als tragfähig<br />

für die Zuerkennung gesehen worden.<br />

An den Grundlagen dieser Zuerkennung<br />

hat sich nichts geändert. In den kaufmännischen<br />

Berufen sind in der Betriebswirtschaftslehre,<br />

der Rechtskunde, der<br />

Volkswirtschaftslehre, dem Rechnungswesen<br />

und der Informationswirtschaft nach<br />

wie vor Bildungsziele verankert, die sich<br />

entsprechend dem jeweiligen Bildungsgang<br />

auf einem Kompetenzniveau<br />

bewegen, das für zuordnenbare allgemeine<br />

Berechtigungen tragfähig ist. Dies<br />

gilt für andere Berufsbereiche entsprechend.<br />

Es versteht sich von selber, dass<br />

die Bildungsziele über Standards abzusichern<br />

sind und die Erreichung durch Qualitätskontrolle<br />

überprüft werden muss.<br />

Analog zu der Entwicklung für die allgemein<br />

bildenden Schulen sind deshalb in<br />

der beruflichen Bildung für die jeweilige<br />

berufliche Domäne Bildungsstandards zu<br />

entwickeln. Das jeweilige Kompetenzniveau<br />

weist auch aus, mit welcher allgemeinen<br />

Berechtigung die jeweilige Kompetenz<br />

korrespondiert. Auf diesem Weg<br />

kann die Zuerkennung allgemeiner<br />

Berechtigungen aus der Bildung im<br />

Medium des Berufs auch für vollzeitschulische<br />

Bildungsgänge der beruflichen<br />

Schulen legitimiert werden und die<br />

Gleichwertigkeit der beruflichen Bildung<br />

mit der allgemeinen Bildung auf ein solides<br />

Fundament gestellt werden, wobei<br />

allerdings Voraussetzung ist, dass nicht<br />

durch ein von der derzeitigen Diskussion<br />

abweichendes Verständnis von Bildungsstandards<br />

die Vergleichbarkeit der Standards<br />

infrage gestellt wird.<br />

<strong>DIE</strong> <strong>KAUFMÄNNISCHE</strong> <strong>SCHULE</strong> 2/2005 9


Bildungspolitik<br />

Der vLw fordert<br />

� die Gleichwertigkeit der beruflichen<br />

und allgemeinen Bildung nicht aufs<br />

Spiel zu setzen,<br />

� das über 80 Jahre hin entwickelte Verständnis<br />

von der Relevanz beruflicher<br />

Kompetenzen für allgemeine Berechtigungen<br />

für die beruflichen Vollzeitschulen<br />

nicht leichtfertig über Bord zu<br />

werfen,<br />

� auf der Grundlage des Verständnisses<br />

von Bildungsstandards für die allgemein<br />

bildenden Schulen Bildungsstandards<br />

für die beruflichen Domänen<br />

der Vollzeitschulen zu entwickeln<br />

und das einer allgemeinen Berechtigung<br />

entsprechende Kompetenzniveau<br />

in der beruflichen Domäne zu<br />

definieren,<br />

� für die beruflichen Vollzeitschülerinnen<br />

und -schüler keine höheren Hürden zu<br />

errichten als für die Schülerinnen und<br />

Schüler der allgemein bildenden<br />

Schulen, indem die Anforderungen an<br />

die allgemein bildenden Schulen als<br />

reines Additum in die beruflichen Vollzeitbildungsgänge<br />

hereingetragen<br />

werden,<br />

� keine Fehlentwicklungen zuzulassen,<br />

durch die die berufliche Qualifizierung<br />

in vollzeitschulischen Bildungsgängen<br />

der beruflichen Schulen zurückgeschraubt<br />

wird,<br />

� zwischen Erwerb und Zuerkennung<br />

von allgemeinen Berechtigungen zu<br />

unterscheiden,<br />

� ein deutliches Signal für die Anerkennung<br />

beruflicher Qualifikationen zu<br />

geben.<br />

Der vLw unterstützt die Definition von Bildungsstandards<br />

in den beruflichen<br />

Domänen ausdrücklich. Sie müssen in<br />

einer bundesweit einheitlich geregelten<br />

Welt der Ausbildungsberufe die bundesweite<br />

Standardsicherung gewährleisten.<br />

Es kann nicht regionale und dezentrale<br />

Kompetenzentwicklung geben, die<br />

höchst differenziert ist, wenn am Ende<br />

eine gleiche Qualifikation mit einem<br />

bundesweit einheitlichen Kompetenzprofil<br />

stehen soll.<br />

Es kann auch nicht sein, dass die Zielbeschreibung<br />

erst über die Prüfung sichtbar<br />

wird. Bildungsstandards müssen von<br />

Anfang an klar machen, welche Kompetenzen<br />

im Unterricht anzustreben und zu<br />

entwickeln sind. Dies ist Aufgabe derjenigen,<br />

die die Vorgaben für den Unterricht<br />

machen.<br />

Für Anrechenbarkeiten und Übergänge<br />

sind Bildungsstandards zwingend erforderlich.<br />

Gerade dieser Punkt verdient eine<br />

besondere Beachtung, denn es gibt eine<br />

Reihe von unterschiedlichen Zugängen:<br />

� Kompetenzen, die in vor der Ausbildung<br />

liegenden beruflichen Vollzeitschulen<br />

vermittelt werden, sollten in<br />

der anschließenden Ausbildung angerechnet<br />

werden;<br />

� Kompetenzen aus der dualkooperativen<br />

Berufsausbildung und aus dem<br />

Wirtschaftsgymnasium sollten auf ein<br />

Hochschulstudium angerechnet werden<br />

können;<br />

� Kompetenzen aus der Fachschule<br />

sollten in einem Fachhochschulstudium<br />

angerechnet werden können.<br />

6 Weitere Aspekte<br />

Der vLw unterstreicht die Notwendigkeit<br />

der Modernisierung der Richtlinien und<br />

Lehrpläne. Dies ist aber nicht allein ein<br />

strukturelles Problem, sondern auch ein<br />

Modernitätsproblem in der Fachlichkeit<br />

der Lehrpläne. Die derzeitige Situation<br />

wird dazu führen, dass ein inhaltlicher<br />

Modernitätsrückstand eintritt, wenn nicht<br />

durch eine Intensivierung der curricularen<br />

Arbeiten schnell gegengearbeitet wird. In<br />

diesem Rahmen kann auch die Verbesserung<br />

der Zertifizierung abgesichert werden.<br />

Quelle: Wirtschaft und Unterricht, Nr. 4 (30.05.2002), Köln, S. 4<br />

Der vLw unterstützt alle Anstrengungen,<br />

die die Anpassung an EU-Standards<br />

sichern. Das System der europäischen<br />

Credit Points in der beruflichen Bildung<br />

muss so schnell wie möglich für die<br />

beruflichen Schulen nutzbar gemacht<br />

werden. Curriculare Konzepte für europaweit<br />

gleiche Abschlüsse müssen entwickelt<br />

werden, grenzüberschreitende<br />

Berufsbildungsangebote müssen etabliert<br />

werden. Lernen für Europa<br />

erschöpft sich nicht im Fremdsprachenlernen,<br />

ist aber ohne Fremdsprache nicht<br />

sinnvoll möglich. Hier sieht der vLw<br />

jedoch die zwingende Notwendigkeit,<br />

das Fremdsprachenlernen im Berufskolleg<br />

in der Sekundarstufe I besser vorzubereiten.<br />

So wie auf der einen Seite die Ausrichtung<br />

auf die europäische Dimension<br />

wichtig ist, so sieht der vLw auch die<br />

regionale Zusammenarbeit als wesentliche<br />

Entwicklungsaufgabe an. Der regionale<br />

Berufsbildungsdialog aller Beteiligten<br />

muss die Berufskollegs mit einbeziehen<br />

und kann nicht die anderen Akteure<br />

privilegieren. Hier sind die guten Ansätze<br />

des Ausbildungskonsenses zu nutzen<br />

und weiterzuentwickeln.<br />

Dr. Wolfgang Kehl ❍<br />

10 <strong>DIE</strong> <strong>KAUFMÄNNISCHE</strong> <strong>SCHULE</strong> 2/2005


Für unsere Schulen:<br />

1 Der Status Quo<br />

Nach PISA ist klar: Wir müssen vollkommen<br />

neue Wege gehen. Wir wissen, dass<br />

grundlegende Reformprozesse nur dann<br />

erfolgreich gestaltet werden können,<br />

wenn wir die Schulen in die Freiheit entlassen.<br />

Gerade die PISA-Sieger Finnland<br />

und Kanada geben den Schulen ehrgeizige<br />

Lernziele vor, gleichzeitig überlassen<br />

sie es ihnen, wie sie diese erreichen.<br />

Während in Schweden 98 Prozent der<br />

Einstellungen von Lehrern in der Verantwortung<br />

der Schulen liegen, sind es in<br />

Deutschland gerade mal 9 Prozent. Während<br />

in Finnland 96 Prozent des Fächerangebotes<br />

von den Schulen bestimmt<br />

werden, ist es in Deutschland nicht mal<br />

ein Drittel.<br />

Prof. Schleicher von der OECD sagt über<br />

die Gründe erfolgreicher PISA-Staaten:<br />

„Die Analysen der OECD zeigen klar,<br />

dass die im PISA-Vergleich erfolgreichen<br />

Staaten oft andere Wege gegangen sind<br />

.... . Meist haben sie weniger detaillierte<br />

Lehrpläne, aber bieten den Schülern,<br />

Lehrern und Schulen dafür eine klare<br />

Vision bezüglich der Kompetenzen an,<br />

mit der junge Menschen die Schule heute<br />

verlassen sollen ... Sie stellen Schulen<br />

und Lehrern auch deutlich größere Freiräume<br />

und wirksame Unterstützungsinstrumente<br />

zur Verfügung, um auf Herausforderungen<br />

flexibel und kreativ reagieren<br />

zu können.“<br />

Genau diesen Weg wollen wir gehen – als<br />

bisher erstes Bundesland. Statt 278<br />

Modellschulen wollen wir allen Schulen<br />

Freiheit und mehr Verantwortung geben.<br />

Es ist Zeit, dass wir unseren Schulen<br />

endlich mehr Vertrauen schenken. Wir<br />

sind uns sicher, dass unsere Schulen am<br />

besten wissen, wie sie ihre Aufgaben zu<br />

erledigen haben. ...<br />

2 Mehr Freiheit<br />

Wir wollen die Schulen aus der staatlichbürokratischen<br />

Bevormundung entlassen.<br />

Das Schulwesen bleibt unter Aufsicht<br />

des Staates. Die Schulen sollen<br />

jedoch die Erziehung, den Unterricht, das<br />

Schulleben sowie ihre inneren Angelegenheiten<br />

selbstständig und in eigener<br />

Verantwortung gestalten. Das bedeutet:<br />

� Die Schulen erhalten ein Stellen- und<br />

Sachmittelbudget.<br />

� Der Schulleiter wird im Einvernehmen<br />

mit dem Schulträger durch die Selbstverwaltungsorgane<br />

der Schule für die<br />

Dauer von acht Jahren gewählt.<br />

� Die Schulen stellen Lehrer selbst ein.<br />

� Lehrer sollen unterrichten und nicht<br />

verwalten. Zur Entlastung der Lehrer<br />

von Verwaltungsaufgaben wollen wir<br />

durch Verlagerung von Stellen aus<br />

anderen Bereichen der Landesverwaltung<br />

Verwaltungsfachleute in die<br />

Schulen bzw. an die Kommunen<br />

geben.<br />

� Das Land gibt Kerncurricula und Bildungsstandards<br />

vor.<br />

� Jede Schule gibt sich ein Schulprogramm.<br />

Sie legt darin dar, wie sie den<br />

Bildungs- und Erziehungsauftrag<br />

erfüllt. Dabei trägt sie den besonderen<br />

Voraussetzungen ihrer Schüler sowie<br />

den besonderen Merkmalen der<br />

Schule und ihres regionalen Umfeldes<br />

angemessen Rechnung.<br />

� Die Schulen und die Schulaufsicht<br />

sind zu kontinuierlicher Qualitätsentwicklung<br />

und -sicherung verpflichtet.<br />

Diese Aufgabe erstreckt sich auf<br />

die gesamte Bildungs- und Erziehungsarbeit,<br />

die Organisation der<br />

Schule, das Schulleben sowie auf die<br />

außerschulischen Kooperationsbeziehungen.<br />

� Die Schulen konkretisieren die Kerncurricula<br />

und müssen die Bildungsstandards<br />

eigenverantwortlich erreichen.<br />

Bildungsstandards sind die Grundlage<br />

für die Entwicklung von Maßnahmen der<br />

internen und externen Evaluation.<br />

� Die Evaluation der Schulen dokumentiert<br />

die Leistungs- und Qualitätsentwicklung<br />

der Schulen.<br />

� Durch regelmäßige Lernstandserhebungen<br />

in den Klassen 3 und 8 wird<br />

die Lernentwicklung und Leistungsfähigkeit<br />

der Schüler dokumentiert.<br />

Durch zentrale Abschlussprüfungen<br />

wird die Vergleichbarkeit und Qualität<br />

schulischer Abschlüsse sichergestellt.<br />

� Die Überprüfung der Leistungen von<br />

Schulen wird durch ein unabhängiges<br />

Institut für Qualitätsentwicklung und<br />

Qualitätssicherung durchgeführt.<br />

� Die Ergebnisse der Evaluation werden<br />

veröffentlicht. Die Schulen stellen sich<br />

so dem Wettbewerb um die Verbesserung<br />

der schulischen Arbeit.<br />

Wir wollen die Schulen dabei mitnehmen<br />

und ihnen Unterstützung gewähren, damit<br />

sie diese vollkommen neuen Aufgaben<br />

auch bewältigen können. Dies betrifft zum<br />

Beispiel die Hilfe bei der Erledigung von<br />

Personalangelegenheiten. Wir wollen hier<br />

ein klares Zeitfenster schaffen, um ihnen<br />

die notwendigen Vorbereitungen und<br />

Qualifizierungen zu ermöglichen.<br />

3 Mehr Förderung<br />

PISA lehrt uns ein Zweites: Wir müssen<br />

die Möglichkeiten zur individuellen Förderung<br />

deutlich verbessern. Kinder und<br />

Jugendliche sind vielfältig und unterschiedlich<br />

begabt. Wichtig für den Bildungsweg<br />

und den Bildungserfolg ist die<br />

individuelle Förderung. Wir wollen sie<br />

nachhaltig verbessern.<br />

� Wir wollen kleinere Klassen und kleinere<br />

Schulen statt anonymer Lernfabriken.<br />

� Die Ausbildung der Lehrer wird schulformbezogen<br />

gestaltet und verstärkt<br />

auf die Praxis ausgerichtet. Lehrer<br />

werden verstärkt in Diagnose- und<br />

spezifischer Förderfähigkeit weitergebildet.<br />

� Zur besseren Förderung von hochbegabten<br />

wie leistungsschwächeren<br />

Schülern sollen Angebote außerhalb<br />

des Unterrichts ermöglicht und den<br />

Schulen soll die Möglichkeit gegeben<br />

werden, Förderverbünde zu gründen.<br />

Für mehr und verlässlichen Unterricht<br />

wollen wir ab 2005 schrittweise 4.000<br />

zusätzliche Lehrerstellen schaffen.<br />

Anmerkung<br />

Bildungspolitik<br />

Mehr Förderung – mehr Bildung – mehr Freiheit<br />

Auszug aus der Pressekonferenz mit Jürgen Rüttgers und Bernhard Recker 1<br />

Jürgen Rüttgers und Bernhard Recker<br />

1 Auszug aus der Pressekonferenz mit Jürgen Rüttgers<br />

und Bernhard Recker am 17.01.2005.<br />

http://www.cdu-nrw-fraktion.de/ ❍<br />

<strong>DIE</strong> <strong>KAUFMÄNNISCHE</strong> <strong>SCHULE</strong> 2/2005 11


Bildungspolitik<br />

vLw-Fachtagung in Duisburg:<br />

Der Weg zu Bildungsstandards in der beruflichen Bildung<br />

Besonderer Weg der Beruflichkeit zu allgemeinen Abschlüssen ist noch längst nicht geklärt<br />

Im Januar hat der Verband eine Tagung<br />

zu Bildungsstandards in der beruflichen<br />

Bildung durchgeführt. Die Notwendigkeit<br />

der Tagung ist auf die Debatte um die<br />

Standards im Anschluss an die PISA-<br />

Diskussion zurückzuführen. In diesem<br />

Diskussionsprozess sind für die allgemeine<br />

Bildung Standards entwickelt worden,<br />

deren Relevanz für die berufliche<br />

Bildung noch geklärt werden muss. Mit<br />

dem Statement „Der Weg zu Bildungsstandards<br />

für die berufliche Bildung ist<br />

noch zu beschreiten und längst nicht<br />

abgeschlossen.“ befinden wir uns in<br />

einer Debatte, die einige meinen bereits<br />

abgeschlossen zu haben. Je nach Sichtweise<br />

gibt es drei Ansätze, die einen solchen<br />

Weg infrage stellen:<br />

1. Der Generalisierungsansatz unterstellt,<br />

dass es Bildungsstandards gibt,<br />

die für die Bildung schlechthin gelten.<br />

Es gibt für die Vertreter dieses Ansatzes<br />

keinen Unterschied zwischen allgemeiner<br />

und beruflicher Bildung,<br />

wenn es um Bildungsstandards geht.<br />

Für sie greifen die Bildungsstandards<br />

allgemeine Bildungsziele auf, die für<br />

alle gelten, die eine bestimmte allgemeine<br />

Berechtigung erwerben wollen.<br />

Der Kompetenzerwerb ist keine Ja-<br />

Nein-Entscheidung, sondern erfolgt in<br />

einer Stufenfolge. Die Kompetenzstufen<br />

beschreiben unterschiedlich anspruchsvolle<br />

kognitive Prozesse und<br />

Wissensanforderungen, deren Beherrschung<br />

mit bestimmten Niveaus einer<br />

Kompetenzdimension korrespondiert.<br />

Mit diesen Stufen wird ein hierarchisch<br />

aufgebautes System von Kompetenzen<br />

beschrieben, aus dem heraus<br />

eine Zuordnung zu Abschlüssen<br />

bzw. Berechtigungen erfolgt.<br />

Die Vertreter dieses Ansatzes gehen<br />

davon aus, dass aus der Struktur<br />

eines allgemein bildenden Kerncurriculums<br />

auch für die berufliche Bildung<br />

Kompetenzen und Kompetenzstufen<br />

abzuleiten sind, die nur in der Konkretisierung<br />

der Inhalte und damit in der<br />

Messung der Erreichung des Kompetenzniveaus<br />

durch eigene Aufgaben<br />

und Testverfahren auf das Medium<br />

des Berufs zu fokussieren sind.<br />

2. Der Igelansatz – nach dem Igel, der<br />

dem Hasen zurief „Ich bin schon längst<br />

da“ – ist aus der Grundüberzeugung<br />

erwachsen, dass mit der Handlungsorientierung<br />

ja Handlungskompetenz<br />

angestrebt wird. Als Ziel des Unterrichts<br />

wird eine Kompetenz beschrieben, die<br />

einem bestimmten Niveau zugeordnet<br />

werden kann und damit den Anspruch<br />

erfüllt, der an die Definition eines Stan-<br />

dards gestellt wird. Mit dieser schlanken<br />

Überlegung wird darüber hinweggegangen,<br />

dass im Generalisierungsansatz<br />

von Bildungsstandards gefordert<br />

wird, Kompetenzen und ihre Stufung in<br />

fachdidaktisch begründeten Kompetenzmodellen<br />

zu beschreiben, und dass<br />

die Charakteristika des Kompetenzverständnisses<br />

des Generalisierungsansatzes<br />

die Orientierung an Grundüberzeugungen<br />

aus der Wissenspsychologie<br />

und am LiteracyKonzept sind. Hinzu<br />

kommt die Frage der Zukunftsorientierung<br />

von Handlungskompetenz in der<br />

bisherigen Ausprägung der Lehrplankonzeptionen<br />

und die Frage, ob der<br />

Erwerb von Handlungskompetenz nicht<br />

eher eine Ja/Nein-Entscheidung ist als<br />

ein Stufungsmodell.<br />

3. Der Pragmatismusansatz ist der der<br />

Akteure im dualen Berufsbildungssystem.<br />

Standards werden gesetzt<br />

durch die Prüfung am Ende der Ausbildung,<br />

die prüfende Stelle setzt mit<br />

ihrer Beschreibung der für die Prüfung<br />

relevanten Inhalte die Standards für<br />

die Bildung in diesem System. Das<br />

Problem ist damit gelöst, Handlungsbedarf<br />

besteht nicht.<br />

Alle drei Ansätze sind höchst problematisch,<br />

jeder aus anderen Gründen.<br />

Hintergrundwissen:<br />

Mit dem Generalisierungsansatz wird<br />

nicht gesehen, dass das Konzept der Bildungsstandards<br />

für die allgemeine Bildung<br />

eben nicht nur die Kenntnis und<br />

Nutzung basaler Kulturwerkzeuge beinhaltet,<br />

sondern auf der Folie der Struktur<br />

eines allgemein bildenden Kerncurriculums<br />

die Kompetenzniveaus entfaltet.<br />

Damit wird Bildung im Medium des Berufs<br />

als inhaltliche Variante zugelassen, aber<br />

eine Identität von allgemeiner und beruflicher<br />

Bildung für den Erwerb von allgemeinen<br />

Berechtigungen unterstellt, die<br />

sich nicht mehr an der beruflichen Kompetenzentwicklung<br />

orientiert. Bildung im<br />

Medium des Berufs ist aber mehr als nur<br />

ein zusätzliches Fach Betriebswirtschaftslehre<br />

mit Rechnungswesen und kaufmännischen<br />

Aufgabenbeispielen in der Mathematik.<br />

Wie man mit diesem Ansatz zu<br />

einer verkehrten Welt kommen kann, zeigt<br />

das Beispiel Rheinland-Pfalz, wo in der<br />

zweijährigen Handelsschule im zweiten<br />

Jahr die Beruflichkeit mit 6-8 Wochenstunden<br />

völlig dem Lernen in nicht beruflichen<br />

Fächern untergeordnet ist, um die<br />

Anforderungen der allgemeinen Berechtigung<br />

erfüllen zu können. Die Chance der<br />

jungen Menschen, auf einem anderen<br />

Weg, auf dem Weg über die Beruflichkeit,<br />

zu allgemeinen Berechtigungen zu kommen,<br />

wird nicht entwickelt, stattdessen<br />

müssen sie in den Fächern, in denen sie<br />

Bildungsstandards – Ausweg oder Alibi? 1<br />

Internationale Bildungsexperten der Organization for Economic Cooperation and<br />

Development (OECD) reisen durchs Land und stellen dem deutschen Schulsystem<br />

wieder einmal ein vernichtendes Zeugnis aus. Die zumeist unbefriedigenden Leistungen<br />

deutscher Schüler bei internationalen Vergleichsstudien haben bei Bildungspolitikern,<br />

in der Schulverwaltung, an den Hochschulen und Schulen heftigen<br />

Aktionismus ausgelöst. Einen Ausweg sehen viele Verantwortliche in bundeseinheitlichen<br />

Bildungsstandards. Der ehemalige Heidelberger Lehrstuhlinhaber Georg<br />

E. Becker nimmt diese Überlegungen zum Anlass, die Situation zu analysieren, Bildungsstandards<br />

vorzustellen und in den Zusammenhang einzuordnen. Auf 236 Seiten<br />

zeigt der Autor auf, dass Bildungsstandards allein keinen Ausweg aus der Schulund<br />

Bildungskrise bieten, sondern vielmehr eine Alibi-Funktion haben, die von den<br />

wirklichen Schulproblemen ablenkt. Er verweist auf die auch bei PISA deutlich<br />

gewordenen Probleme, die eher durch eine Förderung unterprivilegierter Schüler,<br />

eine Reform des 85-jährigen Schulsystems, der Einrichtung von Ganztagsschulen<br />

und der Gründung differenzierender Leistungsschulen gelöst werden können. Insgesamt<br />

bietet sich das Buch als ein Einstieg in die Thematik Bildungsstandards an,<br />

das den Blick auf die systemimmanenten Probleme nicht verliert und das Instrument<br />

der Bildungsstandards in einen Gesamtzusammenhang einordnet.<br />

Anmerkung<br />

1 Becker, Georg E: Bildungsstandards – Ausweg oder Alibi, Beltz Verlag, Weinheim und Basel 2004, 236<br />

Seiten, ISBN 3-470-25357-5, 19,90 EUR<br />

Hilmar von Zedlitz ❍<br />

12 <strong>DIE</strong> <strong>KAUFMÄNNISCHE</strong> <strong>SCHULE</strong> 2/2005


Prof. Dr. Peter Sloane (Paderborn) und<br />

Prof. Dr. Heinz-Elmar Tenorth (Berlin)<br />

bis dato nicht so besonders erfolgreich<br />

waren, dieselbe Meßlatte überspringen,<br />

mit der sie schon bisher so wenig glücklich<br />

waren, dass sie vom System der allgemein<br />

bildenden Schulen in die berufliche<br />

Schule gewechselt sind. Sie müssen<br />

das berufliche Lernen als Additum zum<br />

allgemeinen Lernen bewältigen, sodass<br />

sie mehr als andere leisten sollen. Weil die<br />

Klientel beides nur als Riesenhürde vor<br />

sich sehen kann, haben Schülerinnen und<br />

Schüler und die Schulen damit ein Problem.<br />

Mit dem Generalisierungsansatz driftet<br />

die Debatte der Gleichwertigkeit ab und<br />

bewegt sich zu einer Gleichartigkeit<br />

zurück. Das kann nicht zukunftsweisend<br />

sein. Vielmehr muss gefragt werden, welches<br />

beruflich orientierte Kompetenzportfolio<br />

für den Erwerb der jeweiligen<br />

allgemeinen Berechtigungen in der beruflichen<br />

Bildung notwendig ist. Sollte dies<br />

nicht lösbar sein, muss Weg sein,<br />

anstelle des Erwerbs von allgemeinen<br />

Berechtigungen die Zuerkennung von allgemeinen<br />

Berechtigungen in der beruflichen<br />

Bildung zu definieren.<br />

Dazu muss man in der Lage sein, die<br />

Standards für die berufliche Domäne<br />

zu benennen und auszufüllen. Die<br />

erste Frage: „Können Standards aus der<br />

Beruflichkeit Grundlage für allgemeine<br />

Berechtigungen sein?“ wurde in der<br />

Tagung aus zwei Blickwinkeln angegangen.<br />

Den ersten Aspekt hat sich Prof. Sloane<br />

von der Universität Paderborn vorgenommen,<br />

der die Rahmenbedingungen<br />

für die Definition von Kompetenzniveaus<br />

in der beruflichen Domäne von Wirtschaft<br />

und Verwaltung angegangen ist. Der<br />

zweite Zugang ergab sich aus dem Vortrag<br />

von Walter Haas, DGB-Vorsitzender<br />

des Bezirks Nordrhein-Westfalen, der aus<br />

seinem Engagement für die berufliche Bildung<br />

in Nordrhein-Westfalen die Frage<br />

der Gleichwertigkeit von allgemeiner und<br />

beruflicher Bildung vor dem Hintergrund<br />

der Diskussion um Bildungsstandards<br />

beleuchtete, nicht ohne vorher die allgemeinen<br />

Rahmenbedingungen der beruflichen<br />

Bildung aufzuzeigen.<br />

In einem zweiten Teil wurde in der Veranstaltung<br />

die nicht leichte Frage aufgeworfen:<br />

„Wie müssen Bildungsstandards für<br />

die berufliche Bildung aussehen?“ OSchR<br />

Michael Schopf von der Behörde für<br />

Schule, Jugend und Berufsbildung der<br />

Freien und Hansestadt Hamburg machte<br />

sehr deutlich, dass die europäische<br />

Dimension in ihrer Bedeutung für die<br />

Weiterentwicklung der beruflichen Bildung<br />

deutlich unterschätzt wird und offenbar<br />

niemand gewillt ist, in Deutschland die<br />

Notwendigkeiten der Orientierung an den<br />

gesamteuropäischen Prozessen einzusehen.<br />

Mit seinem Vortrag: „Ergibt sich<br />

aus dem ECVET-System eine Grundlage<br />

für Bildungsstandards?“ hat er diese<br />

Perspektive in die Debatte eingebracht.<br />

Prof. Dr. Heinz-Elmar Tenorth von der<br />

Humboldt-Universität Berlin machte mit<br />

seinem brillanten und fundierten Vortrag:<br />

„Sind Lernfelder bereits Bildungsstandards?“<br />

deutlich, dass die gestellten Fragen<br />

nicht allein auf dem Hintergrund der<br />

Debatte in der beruflichen Bildung beantwortet<br />

werden können, sondern aus der<br />

beruflichen Bildung heraus auch die in<br />

der allgemeinen Bildung anstehenden<br />

Aspekte mit beantwortet werden müssen,<br />

wenn die Beruflichkeit als eigenständiger<br />

Weg zu allgemeinen Berechtigungen<br />

anerkannt sein will.<br />

Im Dialog wurde von MinDir’in Veronika<br />

Pahl aus dem BMBF und Prof. Dr. Hermann<br />

Hansis der Frage nachgegangen:<br />

„Wie kann der Weg zu Bildungsstandards<br />

in der beruflichen Bildung aussehen?“.<br />

Dabei wurde sehr deutlich, dass der<br />

besondere Weg der Beruflichkeit zu allgemeinen<br />

Abschlüssen noch längst nicht<br />

geklärt ist.<br />

Nach einer Talkrunde forderte in seinem<br />

Abschlussstatement Wolfgang Kehl ein,<br />

In Kürze:<br />

Bildungspolitik<br />

dass die Handlungserfordernisse für Entwicklung<br />

und Anerkennung beruflicher<br />

Standards aufgegriffen werden müssen,<br />

wenn nicht die über 80 Jahre alte Anerkennung<br />

von beruflichem Lernen für die<br />

Zuerkennung allgemeiner Berechtigungen<br />

sich unbeabsichtigt ins Nichts auflöst.<br />

Heinz-Elmar Tenorth, Hermann Hansis,<br />

Veronika Pahl und Michael Schopf in der<br />

Diskussion<br />

Der vLw wird eine ausführliche Dokumentation<br />

der Tagung erstellen und allen<br />

Interessenten zugänglich machen.<br />

Dr. Wolfgang Kehl ❍<br />

Neues NRW-Schulgesetz verabschiedet<br />

Am 27. Januar 2005 hat der nordrhein-westfälische Landtag das neue Schulgesetz<br />

in 3. Lesung verabschiedet. Zu den Aspekten des neuen Schulgesetzes gehören<br />

u. a.:<br />

� Abitur nach 12 Schuljahren an Gymnasien und Gesamtschulen,<br />

� Zentralprüfungen ab dem Schuljahr 2006/2007 für alle Schüler nach der 10.<br />

Klasse in Deutsch, Mathematik und einer Fremdsprache. Abiturienten erhalten<br />

Zentralaufgaben,<br />

� Grundsätzliches Rauch- und Alkoholverbot an Schulen (Ausnahmen – etwa ein<br />

Raucherzimmer – kann die Schulkonferenz beschließen),<br />

� Jährliche Lernstandserhebungen in den Klassen 4 und 9.<br />

Bis zur Verkündung des Gesetzes stehen die Texte, die im Parlament beraten wurden,<br />

unter http://www.bildungsportal.nrw.de zum Download zur Verfügung. Dazu<br />

gehören:<br />

� Gesetzentwurf der Landesregierung,<br />

� Beschlussempfehlung des Ausschusses für Schule und Weiterbildung vom<br />

10.12.2004,<br />

� Beschlussempfehlung des Ausschusses für Schule und Weiterbildung vom<br />

18.01.2005.<br />

Hilmar von Zedlitz ❍<br />

<strong>DIE</strong> <strong>KAUFMÄNNISCHE</strong> <strong>SCHULE</strong> 2/2005 13


Recht und Besoldung<br />

Bundesratspräsident Platzeck:<br />

Ab Januar wird eine Änderung in der<br />

Pflegeversicherung wirksam werden, die<br />

bei einigen angestellten Lehrerinnen und<br />

Lehrern zu finanziellen Mehrbelastungen<br />

führt.<br />

Betroffen sind alle kinderlosen Angestellten,<br />

die nach 1939 geboren und älter<br />

als 23 Jahre sind und pflichtversichert<br />

sind.<br />

Bei diesem Personenkreis erhöht sich<br />

der Beitrag zur Pflegeversicherung um<br />

0,25 %-Punkte. Diese Erhöhung trägt die<br />

Arbeitnehmerin / der Arbeitnehmer allein.<br />

Das bedeutet, dass der Beitragssatz um<br />

bis zu 8,81 € im Monat erhöht wird, das<br />

sind im Jahr rund 105,75 €. Das LBV<br />

orientiert sich bei der Feststellung des infrage<br />

kommenden Personenkreises<br />

zunächst an den vorliegenden Personen-/<br />

Familienstandsdaten. Wer kinderbezo-<br />

Eckpunktepapier weist den Weg<br />

Grundlegende Reform des öffentlichen Dienstes stehe ganz oben auf der Tagesordnung<br />

Eine grundlegende Reform des öffentlichen<br />

Dienstes steht nach Auffassung<br />

des brandenburgischen Ministerpräsidenten<br />

Matthias Platzeck, der auch Präsident<br />

des Bundesrates ist, „weiterhin<br />

Neugestaltung des öffentlichen Tarifrechts:<br />

ganz oben auf der Tagesordnung“. Das<br />

gelte für den Tarifbereich ebenso wie für<br />

das Beamtenrecht, sagte Platzeck in<br />

einem Interview der Januar/Februar-Ausgabe<br />

des dbb-magazins. 1<br />

Länderpolitik auf der falschen Spur<br />

Im Jahr 2005 hat in der Tarifpolitik für den öffentlichen Dienst die Neugestaltung<br />

des Tarifrechts oberste Priorität. Dahinter stehen für die dbb-tarifunion folgende<br />

gewerkschaftliche Ziele:<br />

� Sicherung öffentlicher Arbeitsplätze,<br />

� Schaffung attraktiver Arbeitsbedingungen,<br />

� Erhalt des Flächentarifvertrags.<br />

Diese tarifpolitischen Ziele bestimmen die Arbeit der dbb-tarifunion und gelten für<br />

die Mitglieder in Bund, Ländern und Gemeinden in gleicher Weise. Die dbb-tarifunion<br />

setzt sich dafür ein, das neue Tarifrecht auch für die Länder zu übernehmen.<br />

Dass Kompromisse auch in schwierigen Zeiten möglich sind, zeigen die Fortschritte<br />

bei der Neugestaltung. Hier wurde inzwischen Einigung über weite Teile eines<br />

neuen Tarifrechts erzielt.<br />

Der persönliche Kontakt zum einzelnen Mitglied erhöht die Durchschlagskraft einer<br />

Solidaritätsgemeinschaft. Informieren Sie sich direkt über www.tarifunion.dbb.de.<br />

Wichtiger Hinweis für alle Angestellten:<br />

Quelle: dbb-aktuell Nr. 1/2005 ❍<br />

gene Gehaltsanteile bekommt, muss<br />

nichts weiter unternehmen. Bei diesen<br />

Personen wird kein zusätzlicher Beitrag<br />

einbehalten, selbst wenn später einmal<br />

die Kinder bei der Gehaltsberechnung<br />

wegfallen.<br />

Freigestellt vom zusätzlichen Beitrag<br />

sind alle Eltern – entscheidend ist nur,<br />

dass jemand ein Kind hat oder irgendwann<br />

hatte. Darunter fallen zum Beispiel:<br />

� bereits volljährige Kinder,<br />

� Kinder im Ausland,<br />

� Stiefkinder,<br />

� Adoptivkinder,<br />

� verstorbene Kinder.<br />

Das von dbb, ver.di und Bundesinnenminister<br />

erarbeitete Eckpunktepapier 2 weist<br />

hier den Weg, fügte Platzeck hinzu. Es<br />

enthalte weit reichende Vorschläge, insbesondere<br />

zur Flexibilisierung des Laufbahnrechts<br />

und für ein leistungsbezogenes<br />

Bezahlsystem. Platzeck weiter: „Die<br />

Modernisierung des Beamtenrechtsrahmengesetzes,<br />

die Arbeitszeitflexibilisierung<br />

und die Fort- und Weiterbildung als<br />

Schlüssel für die Sicherung von Qualifikation<br />

und Leistungsfähigkeit des öffentlichen<br />

Dienstes werden zu Recht hervorgehoben.“<br />

Auch die Bandbreitenbezahlung sei ein<br />

wesentlicher Bestandteil des Reformkonzepts.<br />

Platzeck, der das Scheitern der<br />

Föderalismuskommission als „verheerendes<br />

Signal“ bezeichnet hatte, forderte die<br />

politisch Verantwortlichen zur einer Fortsetzung<br />

der Gespräche zwischen Bund<br />

und Ländern möglichst bald auf.<br />

Anmerkungen<br />

Änderung in der Pflegeversicherung ab 01.01.2005<br />

Alle Eltern sind vom zusätzlichen Beitrag freigestellt<br />

1 Das Interview ist abrufbar unter http://www.<br />

dbb.de/htm/25_203_DEU_HTML.htm<br />

2 Download unter www.vlw-nrw.de<br />

Cornelia Krüger<br />

(dbb-newsletter 108 vom<br />

20.01.2005) ❍<br />

vLw ���� Kompetenz, die Schule macht<br />

� � �<br />

Angestelltenrecht<br />

Deshalb ist es wichtig, die Gehaltsabrechnung<br />

für den Monat Januar genau<br />

zu prüfen, um festzustellen, ob ein höherer<br />

Beitrag berechnet wurde. Sollte bei<br />

jemandem diese Erhöhung zu Unrecht<br />

vorgenommen worden sein, so sollte die<br />

Betroffene / der Betroffene unter Angabe<br />

ihrer/seiner Personalnummer dem LBV<br />

durch ein geeignetes Dokument die<br />

Elternschaft nachweisen (z. B. Kopie<br />

Geburtsurkunde, Adoptionsurkunde etc.)<br />

Das LBV übersendet mit der Januarabrechnung<br />

ein Informationsschreiben zur<br />

Neuregelung der Pflegeversicherung, das<br />

aufmerksam gelesen werden sollte und<br />

nähere Angaben enthält.<br />

Für Beamte, die in der gesetzlichen Krankenversicherung<br />

freiwillig versichert sind,<br />

gelten die Regelungen analog.<br />

Monika Marx ❍<br />

14 <strong>DIE</strong> <strong>KAUFMÄNNISCHE</strong> <strong>SCHULE</strong> 2/2005


Familienpolitik in Deutschland:<br />

In knapp 50 Jahren wird Deutschland 13<br />

Millionen Menschen weniger zählen als<br />

heute, darunter aber deutlich mehr<br />

Bundesbürger im Seniorenalter. Zugleich<br />

stehen dem Arbeitsmarkt derzeitigen<br />

Prognosen zufolge rund ein Viertel weniger<br />

Arbeitskräfte zur Verfügung. Das<br />

bedeutet unweigerlich Wohlstandsverlust<br />

– es sei denn, der Nachwuchs macht<br />

durch eine bessere Qualifikation einen<br />

deutlichen Leistungssprung. Darüber<br />

hinaus muss die staatliche Familienpolitik<br />

die Weichen so stellen, dass sich hierzulande<br />

möglichst bald wieder mehr junge<br />

Menschen ihren Kinderwunsch erfüllen.<br />

1 Perspektive bis 2050<br />

Im Jahr 2050 steckt Deutschland mitten<br />

in der Midlifecrisis. Binnen eines halben<br />

Jahrhunderts wird das Durchschnittsalter<br />

der Bevölkerung um 8 Jahre auf 45 Lenze<br />

geklettert sein. Zugleich wird es leerer im<br />

Land werden. Mit etwa 69 Millionen Einwohnern<br />

rechnen die Bevölkerungswissenschaftler<br />

in 45 Jahren.<br />

Die bundesdeutsche Gesellschaft altert<br />

und sie schrumpft. Dass die Menschen<br />

älter werden, ist dem medizinischen Fortschritt<br />

zu verdanken. Dass es deutlich<br />

weniger junge Leute gibt, hat andere<br />

Ursachen:<br />

Quelle: IWD Nr. 45 (04.11.2004), S. 4<br />

Mehr Eltern braucht das Land<br />

Deutsche Geburtenrate liegt aber nur bei etwa 1,4 Kindern<br />

Im Schnitt müsste jede Frau 2,1 Kinder<br />

zur Welt bringen, damit die Einwohnerzahl<br />

konstant bleibt – und das schon seit<br />

30 Jahren.<br />

Die Zahl der Menschen im arbeitsfähigen<br />

Alter zwischen 15 und 65 Jahren wird<br />

zwischen Ostsee und Bodensee von<br />

heute 55 Millionen Erwerbsfähigen auf 39<br />

Millionen im Jahr 2050 zurückgehen.<br />

Wenn weniger Menschen arbeiten, können<br />

aber weniger Güter und Dienstleistungen<br />

produziert werden. Zugleich<br />

müssen davon mehr nicht arbeitende<br />

Einwohner mitversorgt werden. Schon in<br />

der Vergangenheit verschlechterte sich<br />

das Verhältnis von potenziellen Arbeitskräften<br />

zu Nicht-Erwerbsfähigen in kaum<br />

einem Industrieland so krass wie in<br />

Deutschland (vgl. Abb. 1).<br />

Von 1991 bis 2003 erhöhte sich die Zahl<br />

der Erwerbsfähigen im Alter zwischen 15<br />

und 65 Jahren nur marginal um 0,7 Prozent.<br />

Die Gruppe der noch nicht oder<br />

nicht mehr im Arbeitsleben Stehenden<br />

vergrößerte sich dagegen um 7,5 Prozent.<br />

Mehr Probleme mit dem ausbleibenden<br />

Nachwuchs als Deutschland<br />

haben unter den Industrieländern nur<br />

Spanien, Portugal, Irland und Italien.<br />

Anders sieht es in den USA aus: Dort ist<br />

die Bevölkerungsstruktur der deutschen<br />

heute zwar noch vergleichbar. Aufgrund<br />

der hohen Geburtenraten und der<br />

Zuwanderung wird es zwischen New<br />

York und Los Angeles jedoch keine solchen<br />

Generationsumschichtungen geben<br />

wie in „good old Germany“.<br />

So kommen in Deutschland zurzeit auf<br />

zehn Erwerbsfähige rund fünf Menschen<br />

im nicht erwerbsfähigen Alter – vor 20<br />

Jahren waren es nur vier, 2050 werden es<br />

bereits knapp acht sein. Der Generationenvertrag<br />

lässt sich so nicht mehr einlösen.<br />

An zwei Hebeln muss daher angesetzt<br />

werden, um die negativen Folgen<br />

des demografischen Wandels für die<br />

Erwerbstätigkeit und damit den Wohlstand<br />

zu mildern:<br />

� Zahl der Arbeitskräfte:<br />

Ein größerer Teil der Bevölkerung muss in<br />

Arbeit gebracht werden, etwa über kürzere<br />

Ausbildungszeiten, einen späteren<br />

Ruhestand und eine verstärkte Frauenerwerbstätigkeit.<br />

Der Arbeitskräftepool<br />

würde sich auch wieder füllen, wenn<br />

mehr Kinder geboren werden.<br />

� Qualifikation der Arbeitskräfte:<br />

Das Ausbildungsniveau der Erwerbstätigen<br />

muss gesteigert werden, denn dann<br />

können sie mehr erwirtschaften.<br />

Familie und Beruf<br />

Zwei Kinder – bereits über dem Durchschnitt<br />

2 Eine Neuorientierung<br />

Eine neu justierte Familienpolitik setzt an<br />

beiden Punkten an. Sie hat zum Ziel,<br />

Hintergrund:<br />

Sozialstatistik<br />

Insgesamt hat ein Drittel der Männer<br />

zwischen 25 und 54 Jahren (noch)<br />

keine eigenen Kinder.<br />

� Aufgeschoben, nicht aufgehoben:<br />

Männer mit hoher Qualifikation<br />

oder langer Ausbildung werden oft<br />

jenseits der 35 Väter.<br />

� Keine Kohle, keine Kinder: 38 %<br />

der Männer ab 34 mit einem<br />

monatlichen Nettoeinkommen<br />

unter 1.500 Euro sind kinderlos.<br />

Nur 11 % sind es, wenn 2.500 Euro<br />

und mehr verdient werden.<br />

� Väter arbeiten zuviel: 88 % der 25bis<br />

54-Jährigen arbeiten Vollzeit,<br />

ein Drittel über 45 Stunden. 44 %<br />

haben in den drei Jahren nach der<br />

Geburt ihr berufliches Engagement<br />

erhöht.<br />

Weitere Informationen unter www.<br />

maennerleben.de<br />

Rheinische Post (15.01.2005), S. A7 ❍<br />

<strong>DIE</strong> <strong>KAUFMÄNNISCHE</strong> <strong>SCHULE</strong> 2/2005 15


Familie und Beruf<br />

Quelle: IWD Nr. 45 (04.11.2004), S. 5<br />

mittelfristig die Geburtenrate in Deutschland<br />

zu steigern. Dazu müssen die Rahmenbedingungen<br />

für die Familiengründung<br />

verbessert werden. Den Keimzellen<br />

der Gesellschaft nur etwas mehr<br />

Geld zuzuschustern, bewirkt dagegen<br />

wenig:<br />

Quelle: IWD Nr. 45 (04.11.2004), S. 5<br />

2.1 Ansatzpunkt Arbeitsmarkt<br />

Kinder und Karriere – das ist<br />

gegenwärtig in Deutschland zu<br />

oft eine Frage des Entwederoder,<br />

nicht des Sowohl-alsauch.<br />

Es sollte für mehr<br />

erwerbstätige Frauen möglich<br />

sein, parallel zum Job Nachwuchs<br />

großzuziehen. Denn<br />

besonders die klügsten Köpfe<br />

unter den Frauen werden für<br />

die Unternehmen immer<br />

unentbehrlicher.<br />

Um den Globus verzichten<br />

Mütter um so widerwilliger auf<br />

ihren Beruf, je höher qualifiziert<br />

sie sind. Doch gerade in<br />

Deutschland gelingt den Akademikerinnen<br />

der gewünschte<br />

Spagat zwischen Kindern und<br />

Karriere mehr schlecht als<br />

recht (Vgl. Abb. 2):<br />

Während in Portugal, Belgien,<br />

Norwegen und Kanada 80 bis<br />

über 90 Prozent der Hochschulabsolventinnen<br />

und Handwerksmeisterinnen<br />

mit Kindern<br />

unter sechs Jahren arbeiten,<br />

schaffen dies in Deutschland<br />

gerade 62 Prozent.<br />

Ändern wird sich die Situation<br />

hierzulande nur, wenn es leichter<br />

wird, Familie und Beruf<br />

unter einen Hut zu bringen. Im<br />

Klartext heißt das, dass die<br />

Kinderbetreuung ausgebaut<br />

werden muss. Zu überlegen ist<br />

auch, ob Familien mit Kindern<br />

steuerlich nicht besser gestellt<br />

werden müssen – etwa durch<br />

ein Familiensplitting.<br />

2.2 Ansatzpunkt Bildung<br />

Der rare Nachwuchs von<br />

Aachen bis Zittau sollte zumindest<br />

top qualifiziert sein. Seit der PISA-<br />

Studie ist hinlänglich bekannt, dass<br />

davon im internationalen Vergleich keine<br />

Rede sein kann. PISA lieferte aber auch<br />

eine weitere Erkenntnis: Ob ein Kind gut<br />

oder schlecht in der Schule ist, hängt in<br />

hohem Maß vom Bildungsstand der Mut-<br />

ter ab. Akademiker-Sprösslinge schaffen<br />

den Schritt an die Hochschule wesentlich<br />

leichter als der Sohn oder die Tochter<br />

einer Verkäuferin.<br />

Umso wichtiger ist es, dass gerade jene<br />

hoch gebildeten Frauen wieder mehr Kinder<br />

in die Welt setzen. Denn in Deutschland<br />

gibt es eine statistische Gesetzmäßigkeit:<br />

Je besser qualifiziert die<br />

Frauen, desto weniger Kinder, und je<br />

schlechter ausgebildet, desto mehr Kinder<br />

(vgl. Abb. 3).<br />

Die durchschnittliche Kinderzahl der 35bis<br />

40-jährigen westdeutschen Akademikerinnen<br />

ist binnen zehn Jahren von 1,3 auf<br />

1 gesunken. Frauen desselben Alters ohne<br />

Berufsabschluss hatten 2001 hingegen im<br />

Mittel 1,5 Kinder – die Tendenz wies dabei<br />

seit 1991 sogar leicht aufwärts. Auch die<br />

Bildungspolitik sollte an verschiedenen<br />

Stellen einhaken, um dem drohenden<br />

Fachkräftemangel entgegenzusteuern:<br />

� Kinder aus bildungsfernen Schichten<br />

benötigen eine Extraportion Unterstützung<br />

beim Sprung aufs Wissensgleis.<br />

Das können – sagt auch die<br />

PISA-Studie – beispielsweise Ganztagsschulen<br />

leisten.<br />

� Die Sprösslinge intakter, akademisch<br />

geprägter Elternhäuser übernehmen<br />

eine zunehmend wichtige Funktion:<br />

Sie sind in der Regel nicht nur leistungsstärker,<br />

sondern darüber hinaus<br />

in der Lage, schwächere Schüler<br />

mitzuziehen. Deshalb gilt es,<br />

besonders die berufsorientierten,<br />

hochgebildeten Zeitgenossen dabei<br />

zu unterstützen, ihren Kinderwunsch<br />

umzusetzen.<br />

Eine zentrale Rolle spielt dabei die Dauer<br />

der Ausbildung. Je früher sie beendet ist,<br />

desto mehr Zeit bleibt, die eigentlichen<br />

beruflichen und privaten Ziele in die Tat<br />

umzusetzen, also erst die Pflöcke im<br />

Beruf zu setzen und dann eine Familie zu<br />

gründen. Eine verkürzte gymnasiale Ausbildung,<br />

die am angelsächsischen Vorbild<br />

orientierten Bachelor- und Masterabschlüsse<br />

sowie eine stärkere Betonung<br />

lebenslangen Lernens würden helfen, die<br />

rein akademische Lebensphase abzukürzen.<br />

IWD Nr. 45 (05.11.2004), S. 8 ❍<br />

16 <strong>DIE</strong> <strong>KAUFMÄNNISCHE</strong> <strong>SCHULE</strong> 2/2005


Familienpolitik vor Ort:<br />

Das Thema Familie hat Konjunktur. Das<br />

kommt nicht von ungefähr, denn<br />

Deutschland wird in den kommenden<br />

Jahrzehnten deutlich weniger junge Menschen<br />

haben als derzeit. So hat die große<br />

Politik die Familien entdeckt und zum<br />

großen (Wahlkampf-)Thema erhoben.<br />

Die Bundespolitiker aller Couleur haben<br />

festgestellt, dass vor allem die gut ausgebildeten<br />

Frauen einerseits zu wenig<br />

Kinder in die Welt setzen, was sich vor<br />

allem in Zeiten von PISA auch in den<br />

internationalen Schulergebnisvergleichen<br />

rächt, und andererseits eben diese<br />

Frauen in den Unternehmen fehlen, d. h.<br />

sowohl von volks- als auch betriebswirtschaftlich<br />

unersetzbarem Nutzen sind.<br />

Überspitzt könnte man also festhalten,<br />

dass die Frauen dadurch, dass sie sich<br />

nicht wie erwartet reproduziert haben,<br />

selbst das Thema der gleichberechtigten<br />

Arbeit forciert haben.<br />

Die Politik will potenziellen Müttern und<br />

Vätern das Ja zum Kind leichter machen.<br />

Dabei klagen Eltern und vor allem die<br />

berufstätigen Mütter schon seit Jahrzehnten<br />

über fehlende Betreuungsmöglichkeiten,<br />

fehlende gesellschaftliche<br />

Akzeptanz der Kindererziehung, fehlende<br />

Unterstützung durch den Arbeitgeber<br />

u. Ä.<br />

Hierbei kann sicherlich der Bund bzw.<br />

das Land einen Rahmen schaffen. Viele<br />

Unterstützungsstrukturen müssen jedoch<br />

vor Ort auf lokaler Ebene geschaffen werden.<br />

Mit den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen<br />

müssen sich dann allerdings<br />

auch die Grundeinstellungen zu Eltern<br />

ändern, die an sich den Anspruch haben,<br />

nicht nur einfach berufstätig zu sein, sondern<br />

in ihrem Beruf auch etwas bewegen<br />

und erreichen zu wollen.<br />

1 Der Aufhänger 1<br />

Was können wir tun, um das Klima in<br />

unseren Städten und Gemeinden familienfreundlicher<br />

zu gestalten? – Diese<br />

Frage diskutierten 26 Teilnehmer aus<br />

zwölf Städten, die sich am 11. Januar<br />

2005 in Solingen zu einem regionalen<br />

Arbeitstreffen zusammenfanden. Auf der<br />

gemeinsam von der Stadt Solingen und<br />

dem Servicebüro lokale Bündnisse für<br />

Familie organisierten Veranstaltung zeigten<br />

u. a. Beispiele aus Velbert und Wuppertal,<br />

wie eine bessere Vereinbarkeit von<br />

Familie und Beruf erreicht werden kann.<br />

So haben in Velbert sieben Frauen gemeinsam<br />

die Kindertagesstätte „Junior-<br />

welt“ gegründet. Die ehrenamtlichen Mitglieder<br />

unter anderem aus dem Bereich<br />

der Wirtschaftsjunioren haben es<br />

geschafft, 17 der 45 Kita-Plätze an Unternehmen<br />

zu verkaufen. Davon profitieren<br />

die Mitarbeiter der Unternehmen und die<br />

Kita hat einen größeren finanziellen Spielraum.<br />

Aber auch die Unternehmen selbst<br />

profitieren davon, denn zufriedene und<br />

motivierte Mitarbeiter sind bewiesenermaßen<br />

produktiver.<br />

In Wuppertal schließlich hat die Katholische<br />

Familienbildungsstätte mit Unterstützung<br />

der IHK-Wuppertal-Solingen-<br />

Remscheid einen<br />

Elterngutschein<br />

entwickelt, den<br />

Unternehmen kaufen<br />

und ihren Mitarbeiterinnen<br />

und<br />

Mitarbeitern zum<br />

Beispiel zur Geburt<br />

eines Kindes<br />

schenken. Die Kurse<br />

der KatholischenFamilienbildungsstätte<br />

helfen<br />

den Beschenkten,<br />

sich auf die neue<br />

Elternrolle einzustellen<br />

oder sich<br />

auf die Rückkehr<br />

in den Beruf vorzubereiten.<br />

2 Der Hintergrund<br />

Lokale Bündnisse für Familie sind freiwillige<br />

Zusammenschlüsse verschiedener<br />

zumeist institutioneller Partner, die sich in<br />

ihrer Stadt oder Gemeinde dafür einsetzen,<br />

bessere Rahmenbedingungen für<br />

das Leben von Familien zu schaffen. Sie<br />

engagieren sich für die Vereinbarkeit von<br />

Familie und Beruf<br />

Lokale Bündnisse für Familie finden großen Zuspruch<br />

Familienpolitik im Berufskolleg – auch unter gesellschaftspolitischen und ökonomischen Angaben<br />

Bundesfamilienministerin Renate Schmidt<br />

ermuntert zu lokalen Bündnissen<br />

Familie und Beruf, Kinderbetreuung oder<br />

die familienfreundliche Gestaltung des<br />

Wohnumfeldes. Die Initiative „Lokale<br />

Bündnisse für Familie“ wurde Anfang<br />

Januar 2004 von der Bundesministerin<br />

für Familie, Senioren, Frauen und<br />

Jugend, Renate Schmidt, ins Leben<br />

gerufen. Heute gibt es bundesweit<br />

bereits rund 120 lokale Bündnisse für<br />

Familie. Im Einzugsbereich der Bündnisse<br />

leben rund 14,4 Millionen Menschen<br />

(vgl. Grafik). In über 230 Orten<br />

berät das vom Bundesministerium eingesetzte<br />

Servicebüro Bündnisakteure oder<br />

Interessierte.<br />

Weitere Beispiele für lokale Bündnisse<br />

finden sich auf der homepage der Initiative.<br />

So wird regelmäßig das Bündnis des<br />

Monats gekürt, wie z. B. im September<br />

2004 das Bündnis in Herten.<br />

Seit seiner Gründung im Jahr 2002 hat<br />

das Bündnis zahlreiche Projekte rund um<br />

Familie und Erziehung ins Leben gerufen:<br />

� Konzepte zur Förderung der Sprachund<br />

Lesekompetenz,<br />

� Offene Ganztagsschulen,<br />

� Unterstützung von Schulabgängern<br />

bei der Ausbildungsplatzsuche,<br />

� Kooperationsprojekte für einen kinderfreundlicheren<br />

Wohnungsbau,<br />

� Initiativen zur besseren Vereinbarkeit<br />

von Beruf und Familie.<br />

Getragen wird das Bündnis von zahlreichen<br />

Schulen, Elternräten, Erziehungsberatungsstellen,<br />

Kitas und Sozialverbänden<br />

– und durch die Stadt Herten, die<br />

die Rolle der Koordinationsstelle übernimmt.<br />

In Werteforen stecken die Betei-<br />

<strong>DIE</strong> <strong>KAUFMÄNNISCHE</strong> <strong>SCHULE</strong> 2/2005 17


Familie und Beruf<br />

ligten gemeinsame Ziele ab, die in Erziehungsvereinbarungen<br />

verbindlich gemacht<br />

werden. Seit Ende 2002 beteiligt<br />

sich das Bündnis zudem am Projekt<br />

„Familienberichterstattung" des nordrhein-westfälischen<br />

Ministeriums für<br />

Gesundheit, Soziales, Frauen und Familie.<br />

Die in diesem Projekt erstellten Studien<br />

zur Lebenslage von Familien und<br />

Kindern sind eine wichtige Grundlage für<br />

die erziehungspolitische Arbeit in Herten.<br />

3 Allgemeine Folgerungen<br />

aus lokalen Bündnissen<br />

Lokale Bündnisse können über die<br />

Bereitstellung von Betreuungsplätzen die<br />

Basisvoraussetzung für ein berufliches<br />

Engagement – häufig – der Mutter sicherstellen,<br />

weil hier flexibler auf Betreuungsbedürfnisse<br />

reagiert werden kann als auf<br />

Landes- oder gar Bundesebene.<br />

Darüber hinaus bieten sie aber auch die<br />

Chance, durch den Dialog aller Betroffenen<br />

Grundeinstellungen gegenüber<br />

berufstätigen Eltern, besonders zu<br />

berufstätigen Müttern, zu prüfen und ggf.<br />

zu ändern. Nur so kann m. E. die angestrebte<br />

Steigerung der Geburtenrate<br />

unter gutausgebildeten Frauen, so auch<br />

den Akademikerinnen, erreicht werden.<br />

Da – wie auch Frau Schmidt feststellte<br />

– eine Ganztagsbetreuung die Erziehung<br />

in der Familie niemals ersetzen kann<br />

(sofern sie denn überhaupt zur Verfügung<br />

stände) und in den Augen vieler engagierter<br />

Familien auch nicht soll, bedeutet<br />

die Entscheidung für ein Kind immer<br />

auch eine Einschränkung in der Flexibilität.<br />

Dies nicht nur aufgrund starrer<br />

Betreuungszeiten in Kindergarten (z. B.<br />

7.30 Uhr bis 12.30 Uhr und 14.00 Uhr bis<br />

16.00 Uhr) und/oder Schule, sondern<br />

auch, weil die Kinder mit zunehmendem<br />

Alter nachmittags ihre eigenen Termine<br />

haben, meist solche, von denen sich die<br />

Eltern eine Förderung versprechen, z. B.<br />

in der Musikschule oder beim Sport.<br />

Der dann zu bewältigende Drahtseilakt<br />

wird immer dann zusätzlich erschwert,<br />

wenn Konferenzen, Besprechungen,<br />

Teamsitzungen etc. sich häufen, ist ab<br />

dem dritten Termin um 14.00 Uhr in einer<br />

Woche schlicht nicht mehr zu bewältigen.<br />

Dabei wird der Drahtseilakt zwischen<br />

Berufstätigkeit und Kindererziehung<br />

schwieriger je mehr Kinder frau hat.<br />

Häufig wird diese Doppelbelastung nur<br />

durch eine – gleichwohl zeitlich<br />

begrenzte – Reduktion der Berufstätigkeit<br />

aufgefangen, um allen Beteiligten<br />

(Familie, Kindern und dem Arbeitgeber)<br />

gerecht zu werden.<br />

Diese Realität akzeptieren zu können<br />

bzw. zu wollen, ist der Hintergrund, vor<br />

dem sich Frauen entscheiden, ob und<br />

wann sie wie viele Kinder bekommen.<br />

Quelle: IWD Nr. 37 (09.09.2004), S. 8<br />

Berufstätige Mütter sehen sich der<br />

Schwierigkeit gegenüber, dass die Anwesenheit<br />

z. B. in Schule gleichgesetzt wird<br />

mit dem Einsatz für Schule. Für die<br />

Väter, die die Aufgabe der Erziehung<br />

ihrer Kinder übernommen haben, trifft<br />

dies in Potenz zu, da sie als bunte Exoten<br />

nach wie vor belächelt – und damit nicht<br />

ernst genommen – werden. Dabei wird<br />

nicht reflektiert, in welchem Verhältnis<br />

sich Einsatz für Schule und Unterrichtsverpflichtung<br />

verhalten. Hier erweisen<br />

sich Kinder als karrierehemmend, je mehr<br />

Kinder desto mehr. Dies zeigt z. B. auch<br />

der geringe Anteil von 3,5 % der<br />

erwerbsfähigen Frauen in Führungspositionen.<br />

So stellt die nordrhein-westfälische<br />

Ministerin Birgit Fischer fest: „Der Ausgleich<br />

zwischen den Anforderungen der<br />

Arbeit und den privaten Bedürfnissen ist<br />

für Führungskräfte ein täglicher Balanceakt.<br />

Noch immer werden Führungskräfte<br />

an der Länge ihrer Arbeitszeit gemessen<br />

und noch immer gelten Führungspositionen<br />

grundsätzlich als unteilbar. Der 12bis<br />

14-Stundentag, die völlige Freistellung<br />

von familiären und gesellschaftlichen<br />

Pflichten werden bei Führungskräften<br />

vorausgesetzt.“ 4<br />

Überlegungen des Familienministeriums,<br />

ein Kindergeld von bis zu 2.100 € zu zahlen,<br />

ändern nichts an diesen gesellschaftlichen<br />

Gegebenheiten.<br />

Ändern lässt sich dieses gesellschaftliche<br />

Phänomen m. E. nur von innen, über<br />

Frauen und Männer, die aus eigener<br />

Erfahrung die Erziehungsarbeit in Familie<br />

einzuschätzen wissen und die Zeit, in der<br />

Eltern nur eingeschränkt zur Verfügung<br />

stehen, nicht als persönliche Auszeit des<br />

Betroffenen empfinden. Dabei darf es<br />

m. E. klar nicht das Ziel sein, das Schlagwort<br />

„Wahre Gleichberechtigung ist erst<br />

erreicht, wenn in Leitungspositionen<br />

genauso viel schlechte Frauen sitzen wie<br />

jetzt Männer“ zu erfüllen.<br />

So sollten die lokalen Bündnisse genutzt<br />

werden, um die Grundvoraussetzungen<br />

für eine Berufstätigkeit zu optimieren,<br />

damit sich Überzeugungen durch Erfahrung<br />

ändern.<br />

4 Mögliche Konsequenzen<br />

für Berufskollegs<br />

In lokale Bündnisse sollen sich alle in<br />

Familie und Beruf Beteiligten einbinden.<br />

Dies kann auch ein Aufgabenfeld von<br />

Schule, speziell auch unseren kaufmännischen<br />

Berufskollegs, sein. Einige Ideen<br />

lassen sich sicherlich weiterentwickeln.<br />

Dies kann z. B. in Frauen dominierten Bildungsgängen<br />

wie Fremdsprachenassistenten<br />

eine Kooperation mit den Regionalstellen<br />

Frau und Beruf sein, um die<br />

arbeitsmarktspezifischen Chancen der<br />

Schülerinnen zu verbessern.<br />

Aber auch in anderen voll- und teilzeitschulischen<br />

Bildungsgängen sollte nicht<br />

nur die wirtschaftliche Notwendigkeit<br />

einer erfolgreichen Familienpolitik im<br />

volkswirtschaftlichen Unterricht, sondern<br />

auch die Bedeutung der Kolleginnen im<br />

Unternehmen analysiert und konzipiert<br />

werden. Neben der Sensibilisierung der<br />

Schülerinnen und Schüler für diese Thematik<br />

können Nutzenkalküle analysiert<br />

werden, die auch von großen Unternehmen<br />

in ihre strategische Personalpolitik<br />

einbezogen werden.<br />

Anmerkung<br />

1 Pressemitteilung des Bundesministeriums für<br />

Familie, Jugend und Senioren vom 12.11.2004.<br />

2 Vgl. Informationen unter http://www.lokalebuendnisse-fuer-familie.de/<br />

3 Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom<br />

23.01.05.<br />

4 Fischer, Birgit: Führungsfrauen: einsame Spitze?!,<br />

in „Wir Frauen“ (Hrsg.: MGSFF), Düsseldorf 2004,<br />

S. 3.<br />

Sabine von Zedlitz ❍<br />

18 <strong>DIE</strong> <strong>KAUFMÄNNISCHE</strong> <strong>SCHULE</strong> 2/2005


Landesinstitut für Schule und Universität Paderborn:<br />

Zum 1. Januar 2005 ist der Modellversuch<br />

segel-bs 1 an sechs kaufmännischen<br />

Berufskollegs in Nordrhein-Westfalen mit<br />

dem Ausbildungsgang „Verkäufer/Verkäuferin“<br />

bzw. „Kaufmann/Kauffrau im<br />

Einzelhandel“ gestartet. Die Abkürzung<br />

segel-bs steht dabei als Kürzel für den<br />

Titel „Selbstreguliertes Lernen in Lernfeldern<br />

der Berufsschule“. Im Rahmen der<br />

neuen Programmträgerschaft der Bund-<br />

Länder-Kommission (BLK) zu selbst<br />

gesteuertem und kooperativem Lernen in<br />

der beruflichen Erstausbildung (skola) 2<br />

wurde der Modellversuch unter der Projektträgerschaft<br />

des Landesinstituts für<br />

Schule in Soest und dem Lehrstuhl für<br />

Wirtschaftspädagogik der Universität<br />

Paderborn als wissenschaftliche Begleitung<br />

aufgenommen.<br />

Beteiligt am Modellversuch segel-bs sind<br />

sechs Berufskollegs aus NRW: das<br />

Berufskolleg an der Lindenstraße (BK 3)<br />

in Köln, das Berufskolleg Elberfeld der<br />

Stadt Wuppertal, das Städtische Berufskolleg<br />

Bachstraße in Düsseldorf, das Dietrich-Bonhoeffer-Berufskolleg<br />

in Detmold,<br />

das Karl-Schiller-Berufskolleg in<br />

Dortmund sowie das Ludwig-Erhard-<br />

Berufskolleg in Paderborn. Diese sechs<br />

Berufskollegs, mit Lehrenden aus den<br />

Bildungsgängen „Verkäufer/Verkäuferin“<br />

bzw. „Kaufmann/Kauffrau im Einzelhandel“,<br />

haben es sich zur Aufgabe gemacht,<br />

in den nächsten drei Jahren die<br />

Umsetzung des im Juni 2004 neu geordneten<br />

Ausbildungsganges 3 unter dem<br />

Licht der Förderung selbstregulierten<br />

Lernens zu gestalten, durchzuführen und<br />

zu evaluieren sowie die organisatorischen<br />

und kompetenzorientierten Bedingungen<br />

für Lehrende und Lernende zu<br />

kennzeichnen und Entwicklungsprozesse<br />

hierfür aufzuzeigen.<br />

1 Zielgruppen für die<br />

Projektarbeit und sich<br />

ergebende Herausforderungen<br />

Die Entwicklungsarbeiten im Modellversuch<br />

segel-bs konzentrieren sich auf die<br />

Ausbildungsberufe „Verkäufer/Verkäuferin“<br />

und „Kaufmann/Kauffrau im Einzelhandel“.<br />

Die Ausbildungsordnung und<br />

der Rahmenlehrplan für diese Ausbildungsberufe<br />

wurden neu geordnet und<br />

die alten Ordnungsgrundlagen von 1968<br />

für Verkäufer und Verkäuferin und von<br />

1987 für Kaufmann und Kauffrau im Einzelhandel<br />

wurden abgelöst. Aufgrund<br />

von Entwicklungen in der Einzelhandelsbranche<br />

zeigten sich die Erwartungen<br />

der ausbildenden Betriebe mit den Vor-<br />

BLK-Modellversuch segel-bs gestartet<br />

gaben in den Ausbildungsordnungen und<br />

Rahmenlehrplänen als nicht mehr kongruent<br />

und wurden z. T. als ein ausbildungshemmender<br />

Faktor angeführt. 4<br />

Entwicklungen, die den Einzelhandel prägen,<br />

lassen sich z. B. über folgende<br />

Merkmale näher konkretisieren:<br />

� Stärkere Kundenorientierung,<br />

� Heterogenität in der Einzelhandelsbranche,<br />

� Schnellere Sortimentswechsel und<br />

neue Sortimentsstrukturen,<br />

� Stärkere Geschäftsprozessorientierung.<br />

Um insbesondere der Heterogenität des<br />

Einzelhandels Rechnung zu tragen, wurden<br />

in der Modernisierung der Ausbildungsordnung<br />

Differenzierungs- und<br />

Wahlmöglichkeiten eröffnet:<br />

� So lassen sich spezielle und optionale<br />

Qualifikationen für die unterschiedlichen<br />

Betriebsformen und -größen<br />

sowie für die unterschiedlichen Branchen<br />

und Bedarfsbereiche des Einzelhandels<br />

bereitstellen.<br />

� Als Vertiefung und Erweiterung der<br />

Pflichtbausteine kann in den ersten<br />

beiden Jahren – gemeinsam mit dem<br />

Ausbildungsberuf „Verkäufer/Verkäuferin“<br />

– dem Bedarf der Ausbildungsbetriebe<br />

und dem Wunsch der Auszubildenden<br />

entsprechend ein Wahlbaustein<br />

(aus vier verschiedenen Möglichkeiten)<br />

im Umfang von etwa drei<br />

Monaten gewählt werden.<br />

Der KMK-Rahmenlehrplan 5 ist nach dem<br />

Lernfeldkonzept strukturiert und teilt den<br />

Lehrplan in 14 Lernfelder auf. Mit dieser<br />

Struktur ist der Lehrplan sowohl in der<br />

allgemeinen Zielbeschreibung als auch in<br />

der Formulierung der einzelnen Lernfelder<br />

am Prinzip der Handlungsorientierung<br />

ausgelegt. Die Neuordnung des<br />

Rahmenlehrplans bringt es jedoch auch<br />

mit sich, dass dieser Lehrplan weitaus<br />

offener formuliert ist als der vorausgehende,<br />

sodass es einerseits den<br />

Schulen vor Ort möglich wird, schnell auf<br />

neue Entwicklungen reagieren zu können<br />

und diese zu integrieren. Andererseits<br />

wird dadurch ein Konkretisierungsbedarf<br />

an den einzelnen Berufskollegs notwendig.<br />

Für die Umsetzung des Lehrplans für den<br />

Einzelhandel ergeben sich damit zahlreiche<br />

aktuelle Herausforderungen. Diese<br />

betreffen sowohl die Organisation (der<br />

Berichte<br />

Erprobung von Konzepten selbstregulierten Lernens in Einzelhandelsberufen<br />

Schule bzw. des Bildungsgang der<br />

Schule), die im Bildungsgang unterrichtenden<br />

Lehrkräfte sowie die Auszubildenden<br />

selbst. Neben der Planung und<br />

Durchführung des Unterrichts kommt<br />

dabei natürlich auch der Organisation<br />

und Durchführung der Prüfungen ein<br />

besonderes Gewicht zu.<br />

Den Bildungsgängen kommt die wesentliche<br />

Aufgabe zu, die Umsetzung des<br />

Curriculums vorzubereiten. Auf der<br />

Mesoebene ist deshalb eine Formierung<br />

von Bildungsgangteams unumgänglich,<br />

die über vielfältige Abstimmungsprozesse<br />

im Rahmen von Bildungsgangkonferenzen<br />

zu einer optimalen Umsetzung<br />

beitragen:<br />

� Zunächst einmal werden durch die Bildungsgangteams<br />

didaktische Jahresplanungen<br />

vorgenommen. So wird mit<br />

der Implementation von lernfeldstrukturierten<br />

Lehrplänen curriculare Entwicklungsarbeit<br />

verstärkt an die<br />

berufsbildenden Schulen verlagert. 6<br />

� Notwendig ist dazu eine Anpassung<br />

und Flexibilisierung der Schulorganisation.<br />

Dies gilt insbesondere im Hinblick<br />

auf Unterrichtsorganisation. So<br />

sollte Teamarbeit für Lehrer stärker<br />

ermöglicht und konstruktiv in einem<br />

fortlaufenden Prozess entwickelt werden.<br />

� Damit werden auch lernortkooperative<br />

Aktivitäten verstärkt notwendig. Dazu<br />

müssen vor allem Fragen der zukünftigen<br />

Abstimmung zwischen schulischem<br />

und betrieblichem sowie überbetrieblichem<br />

Lernort beantwortet<br />

werden, um so den notwendigen Praxisbezug<br />

im Unterricht herzustellen.<br />

Die Umsetzung der Rahmenlehrpläne<br />

sollte in Kooperation der verschiedenen<br />

Lernorte erfolgen.<br />

Auf der Ebene der Unterrichtsführung,<br />

der Mikroebene, wo die praktische Arbeit<br />

in der schulischen Lernfeldumsetzung<br />

durchgeführt wird, geht es darum sicherzustellen,<br />

dass Unterrichts- bzw. Lernsituationen<br />

von Lehrkräften gestaltet und<br />

mit hoher Lerneffizienz für die Lernenden<br />

umgesetzt werden. Dazu müssen vorab<br />

im Rahmen von Bildungsgangkonferenzen<br />

die Lernfelder für den unterrichtlichen<br />

Lernprozess durch Lernsituationen<br />

konkretisiert werden. Aufgabe der beteiligten<br />

Lehrerinnen und Lehrer ist es, darauf<br />

für den Unterricht ‚geeignete’ Maßnahmen<br />

zu generieren und umzusetzen<br />

sowie deren Effektivität (Zielerreichungsgrad)<br />

und Effizienz (richtige Maßnahme)<br />

zu überprüfen.<br />

<strong>DIE</strong> <strong>KAUFMÄNNISCHE</strong> <strong>SCHULE</strong> 2/2005 19


Berichte<br />

Der Modellversuch segel-bs greift die<br />

curriculare Neuordnung im Ausbildungsberuf<br />

„Verkäufer/Verkäuferin“ bzw. „Kaufmann/Kauffrau<br />

im Einzelhandel“ als<br />

Chance auf, um von Beginn an bei der<br />

Umsetzung von einem lernfeldstrukturierten<br />

Curriculum den Aspekt der Förderung<br />

von selbstreguliertem Lernen zu<br />

integrieren. Das Vorhaben stellt so Herausforderungen<br />

in mehrfacher Hinsicht<br />

dar:<br />

� Die von der KMK vorgegebenen Lernfelder<br />

sind von den Bildungsgängen in<br />

ihrem Gesamtzusammenhang zu analysieren<br />

und zu konkretisieren. 7 Hierfür<br />

sind geeignete Lernsituationen zu<br />

gestalten. Für die Lernsituationen sind<br />

dann geeignete Interventionsmethoden<br />

und -materialien zur Umsetzung<br />

im Unterricht zu entwickeln.<br />

� Bei der Entwicklung und Gestaltung<br />

dieser Lernsituationen ist die Förderung<br />

von selbstreguliertem Lernen<br />

gleichzeitig zu verfolgen. Für diese<br />

Förderung sind geeignete Konzeptionen<br />

und Instrumente zu entwerfen, zu<br />

erproben und zu bewerten.<br />

� Diese Umsetzung findet immer eingebettet<br />

im Rahmen des schulorganisatorischen<br />

Faktorengefüges statt. Es<br />

sollen die wirksamen Faktoren<br />

bestimmt und nach den förderlichen<br />

Rahmenbedingungen gesucht bzw.<br />

Entwicklungsmöglichkeiten für die<br />

eher hemmenden Faktoren aufgedeckt<br />

werden.<br />

� Die Lehrenden beinhalten eine<br />

Schlüsselposition in der Umsetzung<br />

innovativer Konzepte an Schulen. Für<br />

den Modellversuch stellt sich die Aufgabe,<br />

nach geeigneten Konzepten der<br />

Lehrerkompetenzentwicklung zu<br />

suchen, diese zu erarbeiten und zu<br />

erproben.<br />

2 Warum selbstreguliertes<br />

Lernen?<br />

Die Notwendigkeit, selbstreguliertes Lernen<br />

zu fördern, lässt sich mit unterschiedlichen<br />

Argumenten belegen, die an<br />

drei Schlaglichtern festgemacht werden<br />

können:<br />

� Erziehung zur Selbstständigkeit als<br />

allgemeines Erziehungsziel,<br />

� Verbesserte Qualifizierung für berufliche<br />

Handlungen,<br />

� Trend zum Lebenslangen Lernen.<br />

In den allgemein bildenden Schulen wird<br />

die Fähigkeit zum selbstregulierten Lernen<br />

seit der PISA-Studie intensiv diskutiert.<br />

Die Ergebnisse dieser Studie zeigen<br />

die positiven Zusammenhänge zwischen<br />

Lernmotivation, dem Repertoire an Lernstrategien<br />

und dem eigenen Zutrauen in<br />

die Steuerungsmöglichkeiten der eigenen<br />

Lernprozesse. Die Ergebnisse verdeutlichen<br />

dabei jedoch auch, dass die<br />

Spannweite der Lernkompetenz in<br />

Deutschland sehr groß ist.<br />

Wenn man aus diesem Ergebnis eine<br />

Konsequenz ziehen will, dann sollte das<br />

„Wie“ des Lernens stärker zum Unterrichtsgegenstand<br />

werden. Lehrende können<br />

ihre Schülerinnen und Schüler dabei<br />

unterstützen, ein Repertoire an effektiven<br />

Lernstrategien aufzubauen und ihnen<br />

auch helfen, Zuversicht und Interesse zu<br />

entwickeln. 8 Für die Klassenverbände im<br />

dualen System bedeutet dies nun, dass<br />

die Schülerinnen und Schüler mit heterogenen<br />

Vorkenntnissen im Bereich des<br />

selbstregulierten Lernens in die Bildungsgänge<br />

kommen.<br />

Die Lehrenden müssen als Konsequenz<br />

daraus eine diagnostische Fähigkeit aufbauen,<br />

um den Grad des Vorwissens und<br />

der vorhandenen Kompetenz zu erfassen.<br />

Es gilt Förderstrategien zu entwickeln,<br />

die es den Schülerinnen und<br />

Schülern ermöglichen, auf der Grundlage<br />

ihrer bestehenden Kompetenzen ihre<br />

Fähigkeiten in der Regulation ihrer eigenen<br />

Lernprozesse weiter zu vertiefen.<br />

Selbststeuerungsprozesse der Lernenden<br />

sind für Lernerfolge entscheidend.<br />

Diese Selbststeuerung beruht u. a. auf<br />

vier Faktoren, die es zu optimieren gilt:<br />

den Lernzielen, dem Selbstvertrauen des<br />

Lernenden, dem Feedback bezüglich des<br />

Lernerfolges und den Freiheitsgraden<br />

während des Lernens. Wissenschaftliche<br />

Untersuchungen 9 belegen, dass die<br />

Lernleistung unter Berücksichtigung dieser<br />

Faktoren durchschnittlich um 15 bis<br />

20 Prozent steigen kann.<br />

Im Rahmen der Zielbestimmungen der<br />

beruflichen Bildung wird sowohl in den<br />

schulischen wie auch in den betrieblichen<br />

Curricula das Leitbild der selbstständigen<br />

Handlung mit unterschiedlichen<br />

Sprachen gefasst. Die Ausbildungsordnung<br />

spricht von der selbstständigen<br />

Planung, Durchführung und<br />

Kontrolle, wohingegen in den Rahmenlehrplänen<br />

als Zielvorgabe die berufliche<br />

Handlungskompetenz eingefordert wird.<br />

Beide Zielformulierungen beziehen sich<br />

auf die Handlung,<br />

� einerseits im Sinne des selbstständigen<br />

vollständigen Durchlaufens einer<br />

umfassenden Handlungssequenz (in<br />

den Ausbildungsordnungen) und<br />

� andererseits in der Fähigkeit und<br />

Bereitschaft, sich in Situationen sachgerecht,<br />

durchdacht und sowohl individuell<br />

als auch sozial verantwortlich<br />

zu verhalten.<br />

Diese Forderungen zielen auf ein Bild von<br />

qualifizierter beruflicher Ausbildung, die<br />

auf einen Beruf vorbereitet und nicht auf<br />

ein im Voraus bestimmtes und in einem<br />

definierten Bedingungsrahmen zu leistendes<br />

Qualifikationsbündel. Damit<br />

basiert die berufliche Bildung u. a. auch<br />

auf der Fähigkeit der Selbstregulation.<br />

Mit anderen Worten: Wichtigstes Leitziel<br />

berufsdidaktischen Handelns muss sein,<br />

berufliche Lerner zur Selbstregulation zu<br />

befähigen. 10<br />

Dass ein lebenslanges Lernen (LLL = Life<br />

Long Learning) gerade für Berufstätige<br />

unausweichlich ist, macht der EU-Report<br />

„The future of Education in Europe until<br />

2010“ 11 deutlich: Danach müssen 80 %<br />

aller Mitarbeiter in den nächsten 10 Jahren<br />

umgeschult werden. 10 % aller<br />

Berufsbilder werden sich im Jahresrhythmus<br />

wandeln oder gänzlich verschwinden.<br />

Bestehende Berufsbilder werden<br />

durch neue ersetzt, wobei gleichzeitig<br />

immer umfassendere und höhere Qualifikationen<br />

verlangt werden. Diese Entwicklung<br />

zeigt sich auch im Berufsfeld des<br />

Einzelhandels.<br />

Für die berufliche Bildung können daraus<br />

folgende Konsequenzen abgeleitet werden:<br />

� Für die Curriculumentwicklung: Orientierung<br />

an selbstständiger Handlungsfähigkeit<br />

in Lernfeldern (vom<br />

Geschäftsprozess zum Lern- und<br />

Handlungsfeld).<br />

� Für die Bildungsgangarbeit: Orientierung<br />

an fachübergreifenden Lernsituationen<br />

(von Lernfeldern zu Lernsituationen).<br />

� Für die Kompetenzförderung im<br />

Unterricht: verstärkte Förderung des<br />

Verstehens von Arbeitsprozessen und<br />

-strukturen (vom Faktenwissen zum<br />

Anwendungswissen).<br />

� Für die Sozialformen im Unterricht:<br />

Teamkompetenz fördern (vom individuellen<br />

Arbeiten zu kooperativen<br />

Arbeitsformen).<br />

� Für den Lernprozess: Orientierung am<br />

selbstständigen Problemlösen im<br />

Lernprozess (von der Fremd- zur<br />

Selbststeuerung).<br />

3 Die Zielsetzungen und<br />

Aktivitäten<br />

Primär finden sich im Modellversuch<br />

segel-bs zunächst Aktivitäten zur Umsetzung<br />

des Lernfeldkonzepts 12 auf der<br />

Handlungsebene der Lehrerinnen und<br />

Lehrer. Für die Umsetzung des Lernfeldkonzepts<br />

im Ausbildungsgang „Verkäufer/Verkäuferin“<br />

bzw. „Kaufmann/Kauffrau<br />

im Einzelhandel“ sind als primäre<br />

Aufgabenstellungen die konzeptionelle<br />

Präzisierung und Curriculumanalyse, die<br />

Entwicklung eines bildungsgangspezifischen<br />

Curriculums sowie die Entwicklung,<br />

Durchführung und Evaluation von<br />

Lernsituationen zu bewältigen.<br />

20 <strong>DIE</strong> <strong>KAUFMÄNNISCHE</strong> <strong>SCHULE</strong> 2/2005


3.1 Konzeptionelle Positionierung,<br />

einschließlich<br />

Curriculumanalyse<br />

Der lernfeldstrukturierte Lehrplan ist –<br />

wie bereits dargelegt – offen formuliert<br />

und bedarf der Interpretation und der<br />

inhaltlichen Präzisierung vor Ort. Es ist<br />

dafür notwendig, dass sich die am Bildungsgang<br />

„Verkäufer/Verkäuferin“ bzw.<br />

„Kaufmann/Kauffrau im Einzelhandel“<br />

beteiligten Lehrenden darauf verständigen,<br />

welche lerntheoretische und didaktische<br />

Position sie einnehmen und wie sie<br />

diesen Lehrplan auslegen. Diese Ausle-<br />

Abb. 1: Lernfeldtrias<br />

gung benötigt den Rückgriff auf die<br />

Tätigkeitsfelder der Lernenden – d. h. auf<br />

die Anforderungen in den zukünftigen<br />

Arbeitszusammenhängen –, um über diesen<br />

Reflexionsschritt zu einer stimmigen<br />

Konkretisierung in Lernsituationen zu<br />

gelangen (vgl. Abb. 1).<br />

Dieses gemeinsame Lernverständnis<br />

muss sich auch auf die Konzeption des<br />

selbstregulierten Lernens in Bezug auf<br />

die berufliche Handlungskompetenz<br />

erstrecken. Selbstreguliertes Lernen ist in<br />

dem Bildungsziel der beruflichen Handlungskompetenz<br />

zu verorten. Die curricularen<br />

Vorgaben zeigen hierfür einige<br />

Anknüpfungspunkte.<br />

So finden sich Hinweise in den allgemeinen<br />

Vorbemerkungen zu den Rahmenlehrplänen<br />

der KMK und hier insbesondere<br />

in den Beschreibungen der einzelnen<br />

Kompetenzdimensionen. Beispiel:<br />

Im Bereich der Fachkompetenz wird die<br />

Forderung formuliert, dass die Schülerinnen<br />

und Schüler Aufgaben und Probleme<br />

zielorientiert und selbstständig lösen sollen.<br />

Im Bereich der Sozialkompetenz wird<br />

das Verantwortungsbewusstsein betont.<br />

13<br />

Ein Schwerpunkt der Verankerung liegt in<br />

den Beschreibungen der Personalkompetenz<br />

und den Querschnittsbereichen<br />

der Methoden- und Lernkompetenz. In<br />

diesen Definitionen wird das selbstregu-<br />

lierte Lernen einerseits als Zielvorstellung<br />

und andererseits als methodisches Vorgehen<br />

festgelegt. So lässt sich z. B. in<br />

den Ausführungen von Bader und Müller<br />

zur Methodenkompetenz finden: „Hierbei<br />

werden gelernte Denkmethoden und<br />

Arbeitsverfahren bzw. Lösungsstrategien<br />

zur Bewältigung von Aufgaben und Problemen<br />

selbstständig ausgewählt, angewandt<br />

und ggf. weiterentwickelt.“ 14<br />

In den Zielformulierungen der Lernfelder<br />

des Ausbildungsberufs „Verkäufer/Verkäuferin“<br />

und „Kaufmann/Kauffrau im<br />

Einzelhandel“ lässt sich die Zielvorstellung<br />

des selbstregulierten Lernens<br />

ebenso finden, so z. B. im Lernfeld 1:<br />

„Die Schülerinnen und Schüler bearbeiten<br />

Aufgabenstellungen selbstständig in<br />

der Gruppe“ 15 oder auch in Lernfeld 9:<br />

„Dabei organisieren sie ihr Lernen selbstständig<br />

und eigenverantwortlich.“ 16<br />

3.2 Entwicklung eines bildungsgangspezifischen<br />

Curriculums<br />

Ein zweiter Hauptschritt besteht darin,<br />

die konzeptionellen Vorstellungen in<br />

einen bildungsgangspezifischen Lehrplan<br />

umzusetzen, welcher dann auch die<br />

Grundlage für die didaktische Jahresplanung<br />

darstellt.<br />

Konkret ist hierfür eine Grobstruktur der<br />

Sequenz von Lernsituationen zu entwickeln.<br />

Die Verbindungen zwischen den<br />

einzelnen Lernsituationen beziehen sich<br />

auf die inhaltlichen Zusammenhänge.<br />

Unter der Perspektive der Förderung von<br />

selbstreguliertem Lernen ist hierbei<br />

jedoch gleichzeitig zu berücksichtigen,<br />

wie diese Fähigkeit in einem entwicklungslogischen<br />

Prozess aufgebaut werden<br />

kann. Dies könnte z. B. dazu führen,<br />

dass im Verlauf der Sequenz von Lernsituationen<br />

über die Ausbildungsdauer hinweg<br />

die Steuerungsanteile der Lernprozesse<br />

graduell stärker auf die Schülerinnen<br />

und Schüler übergehen, es also zu<br />

einer sukzessiven Übernahme der Steuerung<br />

der Lernprozesse durch die Lernenden<br />

selbst kommt. Solch ein Wechsel in<br />

Berichte<br />

den Steuerungsanteilen wird in der Literatur<br />

auch als Scaffolding bezeichnet<br />

(vgl. Abb. 2). Dieser Entwicklungsverlauf<br />

ist im Bildungsgang natürlich über alle<br />

Lernfelder während der gesamten Ausbildungsdauer<br />

hinweg zu gestalten.<br />

3.3 Entwicklung,<br />

Durchführung und Evaluation<br />

von Lernsituationen<br />

Auf der Grundlage des bildungsgangspezifischen<br />

Lehrplans bzw. der didaktischen<br />

Jahresplanung sind dann die konkreten<br />

Lernsituationen und darauf bezo-<br />

Abb. 2: Zusammenhang von Lernsituationen mit unterschiedlichen<br />

Steuerungsanteilen<br />

gen die Interventionen des Lehrenden zu<br />

entwickeln, durchzuführen und zu evaluieren.<br />

Hierfür müssen geeignete didaktische<br />

Arrangements gestaltet werden, die<br />

in besonderer Weise der Förderung von<br />

selbstreguliertem Lernen zuträglich sind.<br />

Instrumente zur Erfassung von Lernstrategien<br />

oder Verfahren zur Beobachtung<br />

der Steuerung eigener Lernprozesse sind<br />

hierbei zunächst hilfreich, um die Selbstregulationsfähigkeit<br />

genauer zu erfassen<br />

bzw. zu diagnostizieren. Solche Instrumente<br />

wurden in anderen Bereichen (z.<br />

B. PISA, Hochschule) bereits entwickelt<br />

und sind hinsichtlich der Tauglichkeit für<br />

den Einsatz in der Berufsschule zu überprüfen<br />

bzw. anzupassen.<br />

Darauf aufbauend sind Maßnahmen zur<br />

Förderung von selbstreguliertem Lernen<br />

zu ergreifen:<br />

� Diese Maßnahmen können explizit die<br />

Lernprozessregulation betreffen,<br />

indem sie z. B. Lernstrategien vorstellen<br />

und deren Anwendung üben oder<br />

über ein Lernportfolio die Reflexion<br />

des eigenen Lernvorgehens strukturieren.<br />

� Andere Maßnahmen wirken eher<br />

implizit, indem sie die Lerner mit Problemstellungen<br />

konfrontieren, die ein<br />

selbstreguliertes Vorgehen benötigen<br />

und Teilstrategien im Vorgehen dann<br />

zur Anwendung gelangen.<br />

<strong>DIE</strong> <strong>KAUFMÄNNISCHE</strong> <strong>SCHULE</strong> 2/2005 21


Berichte<br />

4 Weiterführende<br />

Aufgabenstellungen für<br />

die Projektarbeit im<br />

Modellversuch<br />

Im Modellversuch wird die Annahme<br />

getroffen, dass die Umsetzung des Lernfeldkonzepts<br />

erhebliche Auswirkungen<br />

auf die organisatorische Gestaltung des<br />

Bildungsgangs, der Zusammenarbeit im<br />

Lehrerkollegium und auch auf die Leitungsfunktionen<br />

von Schule hat. Entwicklungsarbeiten<br />

im Lernfeldkonzept<br />

und in der Umsetzung der Zielvorstellung<br />

von selbstreguliertem Lernen stellen die<br />

Lehrerinnen und Lehrer vor veränderte<br />

Kompetenzanforderungen. Hier soll im<br />

Modellversuch einerseits sehr genau der<br />

Bedarf erhoben werden, andererseits<br />

sollen Konzeptionen entwickelt und erste<br />

Lösungsansätze kreiert werden.<br />

Aus den vorhergehenden Ausführungen<br />

lassen sich zwei weitere Herausforderungen<br />

und Aktivitätsbereiche zu den oben<br />

genannten primären Aufgabenstellungen<br />

formulieren:<br />

� Organisatorische Schulentwicklung<br />

� Personalentwicklung für die Lehrenden<br />

4.1 Organisatorische<br />

Schulentwicklung<br />

Die Umsetzung des Lernfeldkonzepts –<br />

und hier kann zurückgegriffen werden auf<br />

die Erfahrungen in anderen Bildungsgängen<br />

– hat erhebliche organisatorische<br />

Auswirkungen auf die Bildungsgangarbeit.<br />

Die Verlagerung curricularer Aufgaben<br />

in die Bildungsgänge und der notwendige<br />

Abstimmungsbedarf auf der<br />

Unterrichtsebene zwischen den Kollegen<br />

führen zu teamstrukturierten Arbeitsformen,<br />

die sowohl anderer organisatorischer<br />

Randbedingungen als auch veränderter<br />

Leitungsformen bedürfen.<br />

Die Veränderungen können für den einzelnen<br />

Modellversuchsstandort nicht im Voraus<br />

geplant werden, jedoch soll die Arbeit<br />

im Modellversuch auch die organisatorischen<br />

Rahmenbedingungen als gestaltbares<br />

Feld aufgreifen und mögliche Entwicklungsrichtungen,<br />

organisatorische Konzepte<br />

oder Best-Practice-Beispiele aufzeigen.<br />

Ziel aus der Perspektive der organisatorischen<br />

Schulentwicklung muss es<br />

danach sein, förderliche Bedingungen für<br />

die Umsetzung des Lernfeldkonzepts und<br />

für die Entwicklung von selbstreguliertem<br />

Lernen der Schüler zu entwickeln bzw.<br />

mögliche hinderliche Faktoren aufzudecken,<br />

deren Gestaltbarkeit zu überprüfen<br />

und Veränderungsoptionen darzulegen.<br />

4.2 Personalentwicklung für<br />

Lehrende<br />

Die Rolle von Lehrenden und die Kompetenzanforderungen<br />

an Lehrende wandeln<br />

sich durch das Modellvorhaben in großem<br />

Ausmaß:<br />

� Einerseits werden veränderte Aufgabenstellungen<br />

an die Lehrenden herangetragen.<br />

Sie müssen verstärkt<br />

curriculare Entwicklungsaufgaben<br />

übernehmen und sich auch der gemeinsamen<br />

konzeptionellen Grundlagen<br />

bewusst werden.<br />

� Andererseits fordert der Wandel der<br />

Lernkultur, der mit der Zielvorstellung,<br />

selbstreguliertes Lernen fördern zu<br />

wollen, gekennzeichnet werden kann,<br />

in besonderer Weise die Kompetenzen<br />

der Lehrenden. Diese Kompetenzen<br />

umfassen dabei die diagnostischen,<br />

curricularen, didaktischen und bewertenden<br />

Fähigkeiten.<br />

Um entsprechende Unterstützungen für<br />

die Lehrkräfte sachgerecht leisten zu<br />

können, soll im Modellversuch der Bedarf<br />

an Qualifizierungen bei den Lehrenden<br />

erhoben und eine Lehrerfortbildungsmaßnahme<br />

in Gestalt eines Blended-<br />

Learning-Arrangements entwickelt werden.<br />

5 Die Projektorganisation<br />

des Modellversuchs<br />

Für die Realisierung des Modellversuchs<br />

wurde eine Projektstruktur entwickelt, die<br />

auf verschiedenen Handlungsebenen in<br />

unterschiedlichen Konstellationen arbeitet<br />

(vgl. Abb. 3).<br />

Im Kernteam NRW, welches sich zusammensetzt<br />

aus den beteiligten Lehrkräften<br />

der Modellversuchsschulen, dem<br />

Projektleiter und dem Geschäftsführer<br />

des Modellversuchs, sollen die verschiedenen<br />

Konzepte und Instrumente erarbeitet,<br />

erprobt und multipliziert werden.<br />

Abbildung 3: Projektstruktur<br />

Im Rahmen der Steuergruppe treffen sich<br />

die Vertreter des Modellversuchsträgers<br />

und die wissenschaftliche Begleitung.<br />

Neben der inhaltlichen Projektarbeit liegt<br />

bei der Steuergruppe insbesondere die<br />

Aufgabe des Projektreportings an den<br />

Programmträger und an weitere Interessenten<br />

(Stakeholder). Sie übernimmt die<br />

Termin- und Kostenverantwortung und<br />

sichert den Informationsfluss zwischen<br />

Modellversuch und Öffentlichkeit über<br />

geeignete Instrumente.<br />

Der Steuergruppe übergeordnet ist ein<br />

Lenkungskreis, der aus Mitarbeitern des<br />

Programmträgers skola und der Steuergruppe<br />

des Modellversuchs segel-bs<br />

besteht. In diesem Gremium werden die<br />

Zielvereinbarungen des Modellversuchs<br />

segel-bs formuliert und während des Verlaufs<br />

auf ihren Fortschritt hin verfolgt. Der<br />

Erfahrungsaustausch zwischen den weiteren<br />

Projekten im Rahmen der Programmträgerschaft<br />

wird über die Plattform<br />

gemeinsamer Tagungen und weitere<br />

Instrumente der Programmträgerschaft<br />

gesteuert.<br />

Die wissenschaftliche Begleitung sieht<br />

ihre Hauptaufgabe in der Unterstützung<br />

der Entwicklung und Erprobung.<br />

Hierzu werden bestehende Erkenntnisse<br />

aus der Literatur und weiteren<br />

Projekterfahrungen für den Modellversuch<br />

aufgearbeitet und zur Diskussion<br />

gestellt. Über die Gestaltung von<br />

Workshops können Inputs auf der<br />

Grundlage des aktuellen Forschungsstandes<br />

zu einzelnen Aspekten des<br />

Modellversuchs geleistet werden. Die<br />

Spiegelung von eher theoretischen Konzeptionen<br />

an den Anforderungen der Praxis<br />

wird als fruchtbares Feld sowohl für<br />

die konkrete Entwicklungsarbeit im<br />

Modellversuch als auch für die Genese<br />

neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse<br />

betrachtet.<br />

22 <strong>DIE</strong> <strong>KAUFMÄNNISCHE</strong> <strong>SCHULE</strong> 2/2005


Abb. 4: Überblick über die Entwicklungsarbeiten<br />

6 Geplanter Projektverlauf<br />

im Überblick<br />

Der Modellversuch segel-bs ist ein dreijähriges<br />

Entwicklungsvorhaben, welches<br />

in unterschiedlichen Phasen idealtypisch<br />

eingeteilt werden kann. Zu Beginn wird<br />

die konzeptionelle Positionierung im<br />

Vordergrund stehen. Hierbei gilt es,<br />

zunächst die Konzeption von selbstreguliertem<br />

Lernen im Lernfeldkonzept aufzubauen<br />

und zu einer bildungsgangspezifischen<br />

Interpretation von selbstreguliertem<br />

Lernen zu gelangen. Dies kann einerseits<br />

durch die Organisation der schulischen<br />

und schulübergreifenden Arbeitsgruppen<br />

an den Modellversuchsschulen<br />

initiiert und angestoßen werden. Im Rahmen<br />

von ersten Veranstaltungen kann<br />

das Verständnis von selbstreguliertem<br />

Lernen offen gelegt und gemeinsam erarbeitet<br />

werden. Hierauf aufbauend können<br />

die curricularen Planungen unter Einbezug<br />

dieses Verständnisses von selbstreguliertem<br />

Lernen weiter fortgeführt werden<br />

und insgesamt zu einer bildungsbezogenen<br />

Interpretation des Lehrplans<br />

und des Konstrukts „selbstregulierten<br />

Lernens“ führen.<br />

Dieser grundlegenden Phase schließt<br />

sich eine Entwicklungsphase an, in der<br />

Lernsituationen gestaltet werden, die<br />

sich um die Förderung des selbstregulierten<br />

Lernens bemühen. Hierzu werden<br />

standortspezifische und thematisch<br />

orientierte Workshops durchgeführt. Als<br />

Ergebnis dieser ersten Entwicklungsphase<br />

sollen Lernsituationen mit dazu<br />

notwendigen Materialien entstehen,<br />

begleitet von didaktischen Handreichungen<br />

zur Gestaltung von Lernsituationen.<br />

Parallel dazu sind auch die oben als<br />

weiterführende Aufgaben dargestellte<br />

Organisationsentwicklung und Personalentwicklung<br />

bereits in einer frühen Phase<br />

des Modellversuchs in den Blick zu nehmen.<br />

Einerseits ist der Bedarf für die Lehrerkompetenzentwicklung<br />

zu erheben,<br />

mögliches bestehendes Fortbildungsangebot<br />

kritisch nach der Passung zu hinterfragen<br />

und ggf. erste neue Konzeptionen<br />

für eine Lehrkräfteentwicklung zu überlegen.<br />

Im Rahmen der Frage nach potenziell<br />

hinderlichen und förderlichen organisatorischen<br />

Rahmenbedingungen sind möglichst<br />

zeitnah zu Beginn die Ausgangsbedingungen<br />

der Bildungsgänge zu dokumentieren.<br />

Diese dienen der ersten Auseinandersetzung<br />

mit den auf den Unterricht<br />

einwirkenden Faktoren, stellen aber<br />

parallel dazu einen gewissen Referenzrahmen<br />

für spätere Entwicklungsschritte der<br />

Bildungsgangorganisation dar.<br />

Berichte<br />

In einer nächsten Phase werden die entwickelten<br />

Lernsituationen umgesetzt und<br />

darin insbesondere auch die Instrumente<br />

zur Diagnose und Förderung von selbstreguliertem<br />

Lernen in Lernsituationen<br />

erprobt. Die Umsetzung soll einerseits<br />

durch die beteiligten Lehrenden möglichst<br />

selbst evaluiert werden. Diese Perspektive<br />

kann durch die Schülerperspektive<br />

oder durch die mögliche teilnehmende<br />

Beobachtung durch die wissenschaftliche<br />

Begleitung vertieft werden.<br />

Die entstehenden Implementationserfahrungen<br />

können zu Fallbeispielen und<br />

Best-Practice-Beispielen verdichtet werden.<br />

Sie können gleichermaßen als Indikatoren<br />

für die weitere Überarbeitung der<br />

Lernsituationen und Instrumente dienen.<br />

Dazu ist es notwendig, den Lehrenden<br />

handhabbare Evaluationsinstrumente für<br />

die Erhebung und Dokumentation der<br />

Umsetzungserfahrungen bereitzustellen.<br />

In einer nächsten, revolvierenden Entwicklungsphase<br />

sollen die Erfahrungen<br />

in die Reentwicklung und Neuentwicklung<br />

von Lernsituationen eingebracht<br />

werden. Dies kann dazu führen, dass<br />

sowohl methodisch wie auch thematisch<br />

profilierte Lernsituationen an den Schulen<br />

gestaltet werden. So können insbesondere<br />

die Instrumente zur Diagnose<br />

<strong>DIE</strong> <strong>KAUFMÄNNISCHE</strong> <strong>SCHULE</strong> 2/2005 23


Berichte<br />

und Förderung von selbstreguliertem<br />

Lernen in Lernsituationen weiterhin eine<br />

Vertiefung und Überprüfung erfahren.<br />

Auch hier können wiederum standortgebundene<br />

oder eher thematisch fokussierte<br />

Workshops die Entwicklungsarbeit<br />

unterstützen helfen. Parallel dazu werden<br />

die Betrachtungen der organisatorischen<br />

Rahmenbedingungen und die Fragen der<br />

Kompetenzentwicklung von Lehrenden<br />

fortlaufend mitbetrachtet. Die Erfahrungen<br />

und Arbeiten hierzu sollen zu einem<br />

Konzept für die Kompetenzentwicklung<br />

für Lehrende im Sinne eines Blended-<br />

Learning-Konzepts zusammengeführt<br />

werden, welches sich adaptiv auf den<br />

Bedarf der Lehrenden in diesem Feld einlässt.<br />

Für die Aspekte der schulischen<br />

Organisationsentwicklung werden Fallerfahrungen<br />

zu Best-Practice-Beispielen<br />

aufbereitet.<br />

Den Modellversuch begleiten von einem<br />

frühen Zeitpunkt an Transferaktivitäten,<br />

die einerseits stärker eine Kommunikationsorientierung<br />

und andererseits eher<br />

eine produktorientierte Richtung verfolgen:<br />

� Mit den kommunikationsbasierten<br />

Transferaktivitäten ist beabsichtigt,<br />

sowohl modellversuchsschulinterne<br />

wie auch regionale Informationsveranstaltungen<br />

über das Modellversuchsvorgehen<br />

zu initiieren und durchzuführen.<br />

Diese Arbeit kann über die Elemente<br />

der Modellversuchskommunikation<br />

wie z. B. Modellversuchs-Informationen,<br />

Publikationen oder die Darstellung<br />

auf der Homepage unterstützt<br />

werden.<br />

� Spätestens ab dem zweiten Jahr der<br />

Modellversuchszeit soll der produktbasierte<br />

Transfer gezielt angegangen<br />

werden. Hierbei wird über die Gestaltung<br />

von Transferworkshops sowohl<br />

der Transfer auf andere Ausbildungsgänge<br />

und andere beruflichen Schulformen<br />

erprobt. Dies soll durch standortspezifische<br />

Veranstaltungen an<br />

ausgewählten Transferschulen gefördert<br />

werden, die im Modellversuch<br />

entwickelte Lernsituationen bzw. einzelne<br />

Elemente daraus im Kontext<br />

ihres jeweiligen Bildungsgangs erproben.<br />

Diese Erfahrungen werden ebenfalls<br />

dokumentiert und in Transferfallstudien<br />

dargestellt.<br />

Es ist davon auszugehen, dass eine<br />

Reentwicklung der Lernsituationen in<br />

den Transferbildungsgängen stattfindet.<br />

So können einerseits Materialien der<br />

„zweiten Generation“ entstehen, also<br />

weiterverarbeitete Materialien. Andererseits<br />

können dadurch gezielt Rezeptionsprozesse<br />

und Adaptionsprozesse von<br />

Lehrenden beobachtet werden. Ziel der<br />

produktbasierten Aktivitäten ist es insbesondere,<br />

die Bedingungen für den Transfer<br />

näher auszuleuchten und gleichzeitig<br />

Begleitmaterial zur Transferunterstützung<br />

zu entwickeln. 17<br />

7 Erwartete Ergebnisse im<br />

Modellversuch segel-bs<br />

Einen Überblick über die aufgrund der<br />

Entwicklungsarbeiten erwarteten Ergebnisse<br />

gibt die Darstellung (vgl. Abb. 4).<br />

Für die Zusammenstellung des Modellversuch-Produktportfolios<br />

werden sowohl<br />

prototypische Lernsituationen und<br />

dazugehörige didaktische Materialien<br />

erwartet. Daneben werden aber auch<br />

Konzepte für die pädagogische, organisatorische<br />

und personelle Schulentwicklung<br />

entstehen, die sich z. B. in einem<br />

Blended-Learning-Konzept für die Lehrkräfteentwicklung,Best-Practice-Beispiele<br />

für die schulische Organisationsentwicklung<br />

oder didaktische Handreichung<br />

für die Entwicklung von Lernsituationen<br />

niederschlagen.<br />

Die landesweite öffentliche Auftaktveranstaltung<br />

zum Modellversuch segelbs<br />

findet im Landesinstitut für Schule in<br />

Soest vom 10. bis zum 11. März 2005<br />

statt.<br />

Anmerkungen<br />

1 Der Modellversuch segel-bs wird durch das Ministerium<br />

für Schule, Jugend und Kinder, Nordrhein-<br />

Westfalen, und das Bundesministerium für Bildung<br />

und Forschung gefördert.<br />

2 Vgl. Programmskizze zum gesamten BLK-Vorhaben<br />

unter http://www.blk-bonn.de/modellversuche/selbst-gesteuertes-lernen.htm,<br />

Stand: Januar<br />

2005. Zu der Programmträgerschaft und den von<br />

der Programmträgerschaft entwickelten Dossiers<br />

siehe http://www.blk-skola.de, Stand: Januar<br />

2005.<br />

3 Der Rahmenlehrplan für den Ausbildungsgang<br />

„Verkäufer/Verkäuferin“ und „Kaufmann/Kauffrau<br />

im Einzelhandel“ wurde im Juni 2004 beschlossen<br />

und kann unter http://www.kmk.org/beruf/<br />

rlpl/rlpKfmEinzelhandel.pdf, Stand: Januar 2005<br />

abgerufen werden.<br />

4 Vgl. Lüth, H. (o. J.): Foliensatz des DIHK zu „Einzelhandelberufe“,<br />

Online: http://www.vlwnrw.de/service/einzelhandel/eh_beruf.ppt,<br />

Stand:<br />

Januar 2005.<br />

5 Vgl. KMK (Sekretariat der Ständigen Konferenz<br />

der Kultusminister der Länder) (2004): Rahmenlehrplan<br />

für den Ausbildungsberuf Kaufmann/<br />

Kauffrau im Einzelhandel, Verkäufer/Verkäuferin.<br />

Online: http://www.kmk.org/beruf/rlpl/rlpKfmEinzelhandel.pdf,<br />

Stand: Januar 2005.<br />

6 Vgl. Sloane, P. F. E. (2002): Schulorganisation und<br />

schulische Curriculumarbeit. In: R. Bader / P. F. E.<br />

Sloane (Hrsg.): Bildungsmanagement im Lernfeldkonzept.<br />

Curriculare und organisatorische Gestaltung,<br />

Paderborn 2002.<br />

7 Für das erste Ausbildungsjahr wurden bereits aufgrund<br />

der Initiative des Landesinstituts für Schule<br />

sowie der Schulaufsicht in den Bezirksregierungen<br />

in einem kooperativen Verfahren von den einzelnen<br />

Berufskollegs Lernsituationen für die Lern-<br />

felder 15 exemplarisch entwickelt. Der Modellversuch<br />

möchte an diese Entwicklungsarbeiten<br />

anknüpfen, indem die bereits entwickelten Lernsituationen<br />

auf ihre Integrationsfähigkeit zur Förderung<br />

von selbstreguliertem Lernen hin untersucht<br />

und eventuell erweitert werden.<br />

8 Dtsch. PISA-Konsortium (2003): PISA 2000. Ein<br />

differenzierter Blick auf die Länder der Bundesrepublik<br />

Deutschland. Zusammenfassung zentraler<br />

Befunde. Online: www.mpib-berlin.mpg.de/pisa/<br />

PISA-E_Vertief_Zusammenfassung.pdf, Stand:<br />

Januar 2005.<br />

9 vgl. z. B. Locke, E. A. & Lataham, G. P. (1990): A<br />

theory of goal setting and task performance.<br />

Englewood Cliffs, NJ 1990 und Bandura, A.<br />

(1986): Social foundations of thought and action.<br />

A social cognitive theory. Englewood Cliffs, NJ.<br />

10 Vgl. Backes-Haase A. (2001): Konstruktivismus<br />

als didaktischer Aspekt der Berufsbildung. In: B.<br />

Bonz (Hrsg.): Didaktik der beruflichen Bildung,<br />

Baltmannsweiler 2001, S. 220 - 238.<br />

11 Vgl. Mercer, D. (1999): The future of Education in<br />

Europe until 2010. Online: http://futures.jrc.es/<br />

panels/panel1/EDUCN-DM03NewFormat3.pdf,<br />

Stand: Januar 2005.<br />

12 Siehe hierzu insbesondere die Implementationserfahrungen<br />

zum Lernfeldkonzept wie sie beispielhaft<br />

in den beiden Modellversuchsverbünden<br />

SELUBA (Steigerung der Effizienz neuer Lernkonzepte<br />

und Unterrichtsmethoden in der dualen<br />

Berufsausbildung, vgl. http://www.learn-line.nrw.<br />

de/angebote/seluba/, Stand: Januar 2005) und<br />

NELE (Neue Unterrichtsstrukturen und Lernkonzepte<br />

durch berufliches Lernen in Lernfeldern, vgl.<br />

Bader / Sloane 2000 und 2002) dokumentiert wurden.<br />

13 Vgl. KMK (Sekretariat der Ständigen Konferenz<br />

der Kultusminister der Länder) (2000): Handreichung<br />

für die Erarbeitung von Rahmenlehrplänen<br />

der Kultusministerkonferenz für den berufsbezogenen<br />

Unterricht in der Berufsschule. Online:<br />

http://www.kmk.org/doc/publ/handreich.pdf,<br />

Stand: Januar 2005, S. 9.<br />

14 Bader, R. / Sloane, P. F. E. (Hrsg. 2000): Lernen in<br />

Lernfeldern. Theoretische Analysen und Gestaltungsansätze<br />

zum Lernfeldkonzept, Markt<br />

Schwaben 2000, S. 178.<br />

15 KMK: Rahmenlehrplan für den Ausbildungsberuf<br />

Kaufmann/Kauffrau im Einzelhandel, Verkäufer/<br />

Verkäuferin, 2004, S. 9.<br />

16 A. a. O., S. 17.<br />

17 Links zum Modellversuch:<br />

� www.blk-skola.de<br />

� www.segel-bs.de<br />

� www.uni-paderborn.de/wiwi1<br />

18 Hinweis:<br />

Bernadette Dilger und<br />

Prof. Dr. Peter F. E. Sloane<br />

(Universität Paderborn)<br />

sowie Ernst Tiemeyer<br />

(Landesinstitut für Schule) ❍<br />

24 <strong>DIE</strong> <strong>KAUFMÄNNISCHE</strong> <strong>SCHULE</strong> 2/2005


Regierungsbezirk Arnsberg:<br />

Nahezu 120 Schüler werden am Berufskolleg<br />

Lehnerstraße in Mülheim an der<br />

Ruhr zum Veranstaltungskaufmann ausgebildet.<br />

Ein Schwerpunkt im Fach Veranstaltungsrecht<br />

sind Vertrags- und Haftungsfragen.<br />

Auf Einladung des Berufskollegs referierte<br />

Prof. Dr. Güllemann von der FH Osnabrück<br />

am Freitag, dem 19. November 2004,<br />

zu diesem Thema. Den Auszubildenden<br />

und zahlreich erschienenen Vertretern der<br />

Betriebe wurden komplizierte juristische<br />

Sachverhalte anhand vieler Beispiele illustriert<br />

und vermittelt. Insbesondere in der<br />

abschließenden Fragestunde wurden –<br />

soweit in diesem Rahmen möglich –<br />

immer wieder in der Praxis auftretende<br />

juristische Probleme der angehenden<br />

Eventmanager intensiv mit dem Fachmann<br />

diskutiert. So wurde Spezialwissen<br />

für die berufliche Bildung mobilisiert. Für<br />

Berichte<br />

Überregionale Qualifizierungsmaßnahme in Herne<br />

Alle schreibtechnischen Lehrerinnen und Lehrer schlossen Maßnahme erfolgreich ab<br />

Zum zweiten Mal führte die Bezirksregierung<br />

Arnsberg am Berufskolleg für<br />

Wirtschaft und Verwaltung der Stadt<br />

Herne die Qualifizierungsmaßnahme für<br />

schreibtechnische Lehrerinnen und Lehrer<br />

durch. Die 13 Teilnehmer kamen dieses<br />

Mal nicht nur aus dem Regierungsbezirk<br />

Arnsberg, sondern auch aus Düsseldorf<br />

und Münster. Der Fortbildungsdezernent<br />

der Bezirksregierung Arnsberg,<br />

Klaus-Dieter Poelke, betreute die Teilnehmerinnen<br />

und den Teilnehmer der Veranstaltung<br />

in wichtigen und drängenden<br />

Fragen auch engagiert „vor Ort“.<br />

Moderator und Teilnehmer bei der Arbeit<br />

Die Qualifizierung umfasste 320 Wochenstunden<br />

in den Bereichen Wirtschaftsinformatik/Organisationslehre,Betriebswirtschaftslehre<br />

mit Rechnungswesen,<br />

Informationswirtschaft und Didaktik/<br />

Methodik. In Wirtschaftsinformatik erarbeiteten<br />

sich die Teilnehmer Kenntnisse<br />

Berufskolleg Lehnerstraße, Mülheim:<br />

in Excel, Access, PowerPoint und<br />

Frontpage oder vertieften ihre bereits<br />

vorhandenen Kenntnisse. Im Bereich<br />

Betriebswirtschaftslehre mit Rechnungswesen<br />

wurden die rechtlichen Aspekte<br />

(Kaufvertrag, Leistungsstörungen etc.)<br />

ebenso behandelt wie grundlegende<br />

Inhalte des Marketing und des Personalwesens.<br />

Auf der Basis von didaktischen<br />

und methodischen Begründungen wurden<br />

– ausgehend vom konkreten Lehrplan<br />

– Lernsituationen entwickelt und in<br />

mögliche didaktische Jahresplanungen<br />

integriert. Des Weiteren waren Aspekte<br />

der Lernpsychologie<br />

Gegenstand der<br />

Erarbeitung, sowie<br />

die Integration der<br />

Geschäftsprozessorientierung<br />

in die<br />

konzeptionelle<br />

Gestaltung von<br />

Unterrichtsreihen.<br />

Die Teilnehmer erarbeiteten<br />

zudem<br />

komplexe Unterrichtsentwürfe.<br />

Ziel sämtlicher Arbeiten<br />

war letztlich<br />

immer die Integration<br />

bekannter oder<br />

neu erworbener Inhalte<br />

in Sinne der<br />

Geschäftsprozessorientierung,<br />

die<br />

dem Fach Informationswirtschaft<br />

zugrunde liegt. Zusätzlich<br />

zu den 320 Stunden in Herne absolvierten<br />

die Teilnehmer ein betriebliches<br />

Praktikum im Umfang von zwei<br />

Wochen und gaben im Unterrichtsfach<br />

Informationswirtschaft angeleiteten Unterricht.<br />

Klaus-Dieter Poelke im Gespräch mit Teilnehmern<br />

Trotz des großen fachlichen Pensums<br />

und des großen zeitlichen Umfanges<br />

waren die Teilnehmer immer engagiert<br />

und haben sich in kürzester Zeit zu einem<br />

Team entwickelt, das stets für eine angenehme<br />

Arbeitsatmosphäre sorgte.<br />

Den Abschluss der Maßnahme bildete<br />

neben dem Leistungsbericht durch die<br />

jeweiligen Schulleitungen ein Gruppenkolloquium<br />

durch die Dezernenten der<br />

schulfachlichen Aufsicht der Bezirksregierung<br />

Arnsberg und den beiden Moderatoren<br />

der Qualifizierungsmaßnahme.<br />

Erfreulich ist die Tatsache, dass alle Teilnehmerinnen<br />

und Teilnehmer die Prüfung<br />

bestanden haben.<br />

Dieter Wilde und<br />

Thomas Brechtken ❍<br />

Vertrags- und Haftungsrecht für Veranstaltungskaufleute<br />

Spezialwissen für berufliche Bildung<br />

die Zukunft plant das Berufskolleg Lehnerstraße<br />

weitere Veranstaltungen mit<br />

erfahrenen Praktikern und Dozenten aus<br />

der Branche zu organisieren.<br />

Weiterer Kontakt via:<br />

� www.berufskolleg-lehnerstrasse.de<br />

oder<br />

� guellemann@wi-fh-osnabrueck.de.)<br />

Markus Sandkühler ❍<br />

<strong>DIE</strong> <strong>KAUFMÄNNISCHE</strong> <strong>SCHULE</strong> 2/2005 25


Berichte<br />

Arbeitsgruppe auf Vorstandsebene erstellt:<br />

In der Klausurtagung des Geschäftsführenden<br />

Vorstandes am ersten Septemberwochenende<br />

des letzten Jahres<br />

wurde der Auftrag formuliert, für den Landesverband<br />

ein neues Medienkonzept zu<br />

erstellen. Dazu wurde die bisher bestehende<br />

Internetarbeitsgruppe reaktiviert<br />

und mit dem Ausschuss Mitgliederbetreuung<br />

verknüpft. Weitere sachkundige<br />

Berater wurden hinzugezogen. Eigentlich<br />

sollte dieses neue Medienkonzept viel<br />

früher erarbeitet und vorgestellt werden.<br />

Die Personalratswahlen und der damit<br />

verbundene Wahlkampf haben bewirkt,<br />

dass dieser Punkt verschoben werden<br />

musste. Das neue Medienkonzept soll<br />

folgende Bezüge im Blickwinkel haben:<br />

� Das Verbandsorgan „Die kaufmännische<br />

Schule“ soll enger mit unserer<br />

Webseite verknüpft werden.<br />

� Die Schriften des Verbandes sollen<br />

ebenso enger mit der Website verknüpft<br />

werden. Es soll mehr Downloads<br />

geben, aktuelle Hinweise sollen<br />

schneller die Mitglieder erreichen.<br />

� Rundschreiben unter dem Stichwort<br />

„Aktuelles“, „Ratgeber Recht“ und<br />

„Das Referendar-Info“ sollen sowohl<br />

in digitaler als auch in Printform vertrieben<br />

werden und die Interessenten<br />

zielgenau erreichen.<br />

� Die vLw-Website soll „dialogfähig“<br />

gemacht werden.<br />

In einer ersten Sitzung am 17. November<br />

2004 machte sich die Arbeitsgruppe<br />

daran, eine Bestandsaufnahme unserer<br />

Schriften zu erstellen und die dazugehörigen<br />

Zielgruppen zu definieren. Schon die-<br />

Neues Medienkonzept des vLw<br />

„Bottom-Up“-Ansatz zur engeren Verzahnung von Print- und Online-Medien<br />

ser Arbeitsprozess zeigte die Vielfalt von<br />

Schriften, Informationen und Kontakten zu<br />

unseren Mitgliedern, die nur sehr schwer<br />

bestimmten Kategorien wie Zielgruppen<br />

zuzuordnen waren. Da ein Schwerpunkt<br />

des neuen Medienkonzeptes unser Internetauftritt<br />

sein wird, dachten die Mitglieder<br />

der Arbeitsgruppe auch zu sehr in<br />

technischen Dimensionen, die den<br />

Arbeitsprozess eher behinderten als förderten.<br />

Innerhalb von technischen Größen<br />

traut man sich kaum innovativ zu denken,<br />

denn zwangsläufig denkt man immer an<br />

die Realisierbarkeit der Vorschläge.<br />

Aus den oben dargestellten Gründen<br />

drehte die Arbeitsgruppe ihr Konzept um:<br />

1. Motivationsphase/Nutzenbestimmung mit dem GV am 15.12.2004<br />

2. Motivationsphase/Nutzenbestimmung mit dem HV am 24.02.2005<br />

3. Motivationsphase/Nutzenbestimmung mit den Mitgliedern während des Delegiertentages<br />

in Form eines Standes<br />

4. Motivationsphase/Nutzenbestimmung mit den verschiedenen Ausschüssen<br />

5. Einbeziehung der haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter der Geschäftsstelle<br />

4. Technikbestimmung erst nach Formulierung der Inhalte<br />

Ernst Bizer und Hilmar von Zedlitz leiten die Arbeitsgruppe Medienkonzept<br />

5. Entscheidung für ein Redaktionssystem unter Einbeziehung verschiedener<br />

Anbieter<br />

6. Bildung von Redaktionsgruppen aus den jeweiligen Gremien, die den<br />

gewünschten Nutzen bedienen<br />

Abb.: Übersicht über das Vorgehen zur Erstellung des neuen Medienkonzepts im vLw<br />

Sie wird die verschiedenen Gremien des<br />

Verbands befragen, welchen Nutzen<br />

diese Gruppen von der neuen Webseite<br />

erwarten. Wenn der Nutzen definiert ist,<br />

den die Webseite bringen soll, dann ist<br />

der Auftrag für die Neugestaltung klarer<br />

zu formulieren. Dazu gehen die Mitglieder<br />

der Arbeitsgruppe in die verschiedenen<br />

Ausschüsse des Verbandes, in die verschiedenen<br />

Ebenen der Verbandsarbeit<br />

wie Bezirke, Bezirksgruppen und Ortsverbände,<br />

um diesen Nutzen zusammen<br />

mit den Betroffenen abzufragen. Dabei<br />

werden natürlich auch Hilfestellungen<br />

gegeben, welcher Nutzen z. B. erwartet<br />

werden könnte. Wenn jemand überzeugt<br />

davon ist, dass ihm die neue vLw-Internetseite<br />

einen beruflichen und auch privaten<br />

Nutzen bringen kann, so wird er<br />

oder sie das Webangebot ganz anders<br />

abrufen, als wenn diese Seite von einem<br />

angeblichen Profi fertiggestellt und<br />

angeboten wird. Bei der Frage nach dem<br />

zu erwartenden Nutzen sollte auch das<br />

Undenkbare angedacht werden, damit<br />

auch innovative Ideen mitgedacht werden<br />

können.<br />

Dies kann mit Hilfe folgender Beispiele<br />

illustriert werden:<br />

� Die OV-Vorsitzende schreibt mit einem<br />

Zugang zu ihrer Mitgliederdatei eine<br />

Einladung als Serienbrief für die<br />

nächste OV-Sitzung.<br />

� Eine Referendargruppe will ihre Unterrichtsentwürfe<br />

einstellen und einem<br />

interessierten Kreis zugänglich machen.<br />

26 <strong>DIE</strong> <strong>KAUFMÄNNISCHE</strong> <strong>SCHULE</strong> 2/2005


� Ein Bezirk will eine eigene Seite mit<br />

den Beschlüssen der Bezirksdelegiertentage.<br />

� Einige Mitglieder wollen ihre Erfahrungen<br />

an Berufskollegs in einem Chatroom<br />

austauschen.<br />

� Die Termine der Verbandsgremien sollen<br />

im Internet abrufbar werden.<br />

� Die Anmeldung zum Fortbildungsprogramm<br />

des vLw soll auch online möglich<br />

sein.<br />

Sobald die ersten Abfragen der verschiedenen<br />

Gremien durchgeführt und gebündelt<br />

sind, wird die Arbeitsgruppe Medienkonzept<br />

in einem weiteren Schritt an die<br />

Realisierung gehen. Gedacht ist dabei an<br />

ein Redaktionssystem, das möglichst<br />

viele Ebenen des vLw in das Webangebot<br />

einbinden kann. Erwünscht ist, dass eine<br />

sehr lebendige Webseite am Ende steht,<br />

die von vielen Nutzergruppen mit einem<br />

vielfältigen Angebot gefüllt wird. Diese<br />

Website soll auch flexibel für Veränderungen<br />

sein. Der vLw war schon sehr frühzeitig<br />

mit seiner Internetseite im Netz. Jetzt<br />

Schulministerium und Deutsche Telekom AG vereinbaren:<br />

Dr. Elmar Schulz-Vanheyden, Staatssekretär<br />

im nordrhein-westfälischen Schul- und<br />

Jugendministerium, und Dr. Heinz Klinkhammer,<br />

Personalvorstand der Deutschen<br />

Telekom AG, unterzeichneten heute in<br />

Düsseldorf eine Vereinbarung zur Ausbildung<br />

von Beamten der Deutschen Telekom<br />

AG für den Lehrerberuf. Diese Vereinbarung<br />

zielt darauf ab, einerseits qualifizierten<br />

Beamten der Deutschen Telekom,<br />

die eine abgeschlossene Hochschul- bzw.<br />

Fachhochschulausbildung nachweisen<br />

können, neue Berufsperspektiven zu<br />

schaffen und andererseits den Unterricht<br />

in Mangelfächern an Berufskollegs und in<br />

Schulen der Sekundarstufe I durch Ausbildung<br />

und Einstellung von so genannten<br />

Seiteneinsteigern mit Berufserfahrung<br />

weiterhin sicherzustellen.<br />

Die Interessenten absolvieren einen zweijährigen<br />

berufsbegleitenden Vorbereitungsdienst,<br />

der mit dem Zweiten Staatsexamen<br />

endet. Für die Zeit des Vorbereitungsdienstes<br />

bleiben sie Beamte der<br />

Telekom. Danach beginnt die Probezeit<br />

im Lehrerberuf. Nach Ende der Probezeit<br />

wird eine endgültige Übernahme in den<br />

Schuldienst angestrebt.<br />

„Mit dieser Vereinbarung schaffen wir die<br />

Möglichkeit, qualifizierte Mitarbeiter aus<br />

Berufsfeldern, die für die Schule interessant<br />

sind, als Lehrer auszubilden und<br />

damit einen Teil des Bedarfs in Berufskollegs<br />

und Schulen der Sekundarstufen I<br />

abzudecken", sagte Staatssekretär Dr.<br />

Schulz-Vanheyden. Durch den Kooperationsvertrag<br />

werde die gute Zusammenar-<br />

Berichte / Service<br />

wird es Zeit, dieses Angebot so zu verbessern,<br />

dass das Angebot nicht nur vom<br />

Vorstand bestimmt wird, sondern von<br />

unseren zahlreichen Mitgliedergruppen,<br />

die sich dort wiederfinden wollen und sollen.<br />

Dazu gehören natürlich auch unsere<br />

Pensionärinnen und Pensionäre, auf<br />

deren Nutzerwünsche wir gespannt sind.<br />

Wenn Sie schon jetzt in der Lage sind,<br />

Ihre Nutzererwartungen an unsere neue<br />

vLw-Website zu formulieren, so senden<br />

Sie ein E-Mail an den vLw.<br />

rezib ❍<br />

Qualifizierte Telekom-Beamte werden als Lehrer ausgebildet<br />

Noch Plätze frei:<br />

Rund 50 Beamte der Telekom in den Qualifizierungsmaßnahmen<br />

Für die Fortbildung 117 unter dem Thema<br />

„Europa in der Nachbarschaft: die EURE-<br />

GIO Maas-Rhein“, die vom Donnerstag,<br />

den 14. April 2005, bis Samstag, den 16.<br />

April 2005, in Aachen stattfindet, sind noch<br />

einige Plätze frei. Von Aachen ausgehend<br />

werden Busexkursionen in die EUREGIO<br />

unternommen. Das Seminar, das in<br />

Kooperation mit der Konrad-Adenauer-<br />

Stifung in Dortmund durchgeführt wird,<br />

beinhaltet folgende Themenbereiche:<br />

➢ Europa nach der Osterweiterung,<br />

➢ Europa 25 +, ...<br />

Die Diskussionen um ein grenzenloses<br />

Europa halten an. Doch was bedeutet<br />

Europa für uns konkret in unmittelbarer<br />

Nachbarschaft? Deutschland grenzt an 9<br />

(!) Nachbarländer. In ehemals strukturschwachen<br />

Grenzregionen entstanden<br />

oder entstehen heute EUREGIOS. Grenz-<br />

überschreitende Projekte in sehr unterschiedlichen<br />

Bereichen sollen das<br />

Zusammenleben der Nachbarn und die<br />

wirtschaftliche Entwicklung fördern. Im<br />

Rahmen des Seminars wird exemplarisch<br />

die EUREGIO Maas-Rhein vorgestellt.<br />

Eine Exkursion im 3-Länder-Eck zwischen<br />

Aachen (D) Maastricht (NL) und Eupen (B)<br />

gibt Einblick in den Wandel der EU-<br />

Binnengrenzregion und ihre Bedeutung in<br />

der europäischen Entwicklung. Wir besuchen<br />

Projekte vor Ort. Weiterhin informieren<br />

Kollegen aus der Praxis, was unter<br />

„Euregiokompetenz“ als berufliche<br />

Zusatzqualifikation zu verstehen ist und<br />

wie sie durch grenzüberschreitende Projekte<br />

an Berufskollegs zu erwerben ist.<br />

Welche Chancen bietet eine zunehmende<br />

Europäisierung der beruflichen Bildung?<br />

Geplant ist auch ein Besuch bei der<br />

deutschsprachigen Gemeinschaft in<br />

Eupen. Kann der frühere „Zankapfel“ zwi-<br />

beit mit der Deutsche Telekom AG fortgeführt<br />

und weiter intensiviert. Zurzeit befinden<br />

sich bereits rund 50 Beamte der Telekom<br />

in den Qualifizierungsmaßnahmen für<br />

den anschließenden Wechsel in den<br />

Schuldienst. Unter ihnen sind überwiegend<br />

Absolventen von technischen sowie<br />

naturwissenschaftlichen Studiengängen.<br />

„Mit dem Wechsel in den Schuldienst<br />

eröffnen wir unseren Beamten eine sehr<br />

interessante berufliche Perspektive, und<br />

darüber hinaus können sie ihren Status<br />

als Beamte beibehalten“ erklärte Personalvorstand<br />

Dr. Klinkhammer.<br />

http://www.bildungsportal.nrw.de/<br />

BP/Presse/Meldungen/PM_2005/<br />

pm_17_01_2005.html ❍<br />

Europa in der Nachbarschaft: die EUREGIO Maas-Rhein<br />

Seminar vom 14. bis 16. April 2005 in und um Aachen<br />

schen den Nationen heute Vorreiter für ein<br />

„Europa der Regionen“ sein?<br />

In dem Seminar werden praxisnahe Informationen<br />

vermittelt und Anregungen für<br />

den Unterricht gegeben. Die Hotelübernachtung<br />

und das Frühstück zahlen die<br />

Seminarteilnehmer/-innen direkt vor Ort:<br />

➢ Einzelzimmer: 46 Euro pro Nacht<br />

➢ Doppelzimmer: 32 Euro pro Nacht und<br />

Person<br />

Während Aufwendungen für die weitere<br />

Verpflegung und für Leistungen, die im<br />

Programm enthalten sind, die Stiftung<br />

übernimmt, tragen die Teilnehmer/-innen<br />

die Kosten der An- und Abreise selbst.<br />

Interessenten sollten sich umgehend, aber<br />

spätestens bis zum 15. März 2005, über<br />

die vLw-Geschäftsstelle anmelden. ❍<br />

<strong>DIE</strong> <strong>KAUFMÄNNISCHE</strong> <strong>SCHULE</strong> 2/2005 27


Service<br />

Rezension I:<br />

In dritter, völlig neuer Auflage bringt der<br />

Kiehl Verlag unter der Bezeichnung Fallsammlung<br />

128 Aufgaben zu folgenden<br />

Teilbereichen heraus:<br />

� Betriebswirtschaftslehre:<br />

– Materialwirtschaft<br />

– Produktionswirtschaft<br />

– Marketing<br />

– Personalwirtschaft<br />

– Investition und Finanzierung,<br />

� der Volkswirtschaftslehre:<br />

– Preisbildung und Wettbewerb<br />

– Geldtheorie und Geldpolitik<br />

– Konjunkturtheorie, Konjunkturpolitik<br />

und Außenwirtschaft,<br />

Personalmanagement in Schule 1<br />

Material zur Fortbildung für Leitungsmitglieder in Schule und Studienseminar<br />

Man kann einen solchen Titel zumindest<br />

aus zwei verschiedenen Blickwinkeln<br />

betrachten, einmal aus der Sicht eines<br />

Materialnutzers als (angehendes) Leitungsmitglied,<br />

zum anderen aus der<br />

Sicht eines Interessenten am Konzept<br />

der nordrhein-westfälischen Schulleiterqualifizierung.<br />

Aus ersterer Sicht lohnt in dem Buch ein<br />

Kapitel, nämlich das über Personalbeurteilung,<br />

insbesondere die Abschnitte<br />

Beurteilungsprobleme, Dienstliche Beurteilung<br />

sowie Personalbeurteilung als<br />

Schnittstelle zwischen Schulleitung und<br />

Schulaufsicht.<br />

Das umfänglichste Kapitel, nämlich das<br />

über Personalbeschaffung und Personalauswahl<br />

enthält zwar eine Fülle von Anregungen.<br />

Der collagenartige Verschnitt<br />

verschiedener Quellen erschwert jedoch<br />

die unmittelbare Nutzung ganz erheblich:<br />

Als Auswahlkriterien wird ein Tableau<br />

„genereller professionsbezogener Kompetenzen"<br />

von Weber/Rose vorgelegt,<br />

ergänzt um Kriterien für guten Unterricht<br />

nach Haenisch, ohne die dafür erforderlichen<br />

Kompetenzen zu benennen. Im<br />

Auswahlgespräch selbst greift der Autor<br />

auf „Fragen zu generellen Lehrerkompetenzen“<br />

zurück, die einem Leitfaden für<br />

schulische Personalausschüsse in Hamburg<br />

entnommen wurden. Zur Reihenfolge<br />

der Fragen im Auswahlgespräch<br />

Rezension II:<br />

wird wiederum auf Weber/Rose verwiesen,<br />

deren „Strukturierung des biografischen<br />

Interviews“ im Anhang abgedruckt<br />

ist. Und wenn es einem gelungen ist, die<br />

Fragen den Anforderungs- und Kompetenzbereichen<br />

zuzuordnen, dann kann<br />

man auch den Beurteilungsbogen zur<br />

Auswertung der Auswahlgespräche von<br />

Rose heranziehen.<br />

Was nicht zum unmittelbaren Zugriff<br />

geeignet ist, ist sicherlich genau das richtige<br />

Material für Lehrerfortbildungen. Also<br />

Perspektivenwechsel zur nordrheinwestfälischen<br />

Schulleiterqualifizierung.<br />

Dafür ist dann aber beispielsweise das<br />

Kapitel Personaleinsatz viel zu dürftig. Es<br />

ist zudem fehlerhaft, weil die Aufgaben<br />

der Lehrerkonferenz in diesem Zusammenhang<br />

nur partiell und unzutreffend<br />

benannt werden. Nicht wesentlich ergiebiger<br />

der Abschnitt zur Berufseingangsphase,<br />

weitgehend reduziert auf die Thematik<br />

„Alte“ – „Neue“. Hierzu gibt es<br />

mehr und es müsste auch mehr dazu<br />

geschrieben werden.<br />

Ein Lichtblick der Abschnitt über Schulleitung<br />

und Lehrerrat. Hier wird ein<br />

zukunftsfähiges Beteiligungskonzept entworfen,<br />

wie es im Modellprojekt Selbstständige<br />

Schule als Co-Management<br />

angedeutet worden war. Was aber hat<br />

den Autor denn geritten, in diesem Konzept<br />

die Ansprechpartnerin für Gleich-<br />

� Rechnungswesen:<br />

– Vollkostenrechnung<br />

– Teilkostenrechnung<br />

– Plankostenrechnung<br />

– Jahresabschluss nach Handels- und<br />

Steuerrecht<br />

– Analyse/Kritik des Jahresabschlusses<br />

Die Aufgabensammlung wendet sich an<br />

Schüler von Berufs- bis Fachschulen<br />

sowie Studierende der Bankakademie<br />

und an Anfangssemester der Fachhochschulen<br />

und Universitäten. Es handelt<br />

sich dabei um Aufgaben auf verschiedenen<br />

Abstraktionsgraden, häufig mit dazugehörigem<br />

Material sowie einer Vielzahl<br />

von Klausuraufgaben.<br />

stellungsfragen einfach zu unterschlagen?<br />

Diese ist, jedenfalls an Selbstständigen<br />

Schulen, heute schon pflichtgemäß<br />

so weit in das „Personalmanagement"<br />

mit einzubeziehen, wie dies hier für den<br />

Lehrerrat als Empfehlung dargestellt<br />

wird.<br />

Die Schlussfolgerung: Das Buch zurückrufen<br />

und überarbeiten. Dabei sollte<br />

dann auch auf mehr innere Stimmigkeit<br />

geachtet werden. Will man beispielsweise<br />

wirklich einmal von der Benennung<br />

von Paten für Berufseinsteiger abraten<br />

(S. 185), um solche dann unter „Training<br />

on the job" (S. 196) wieder zu empfehlen?<br />

Auch die marginale Behandlung der<br />

„Karriere oder Laufbahnplanung" in<br />

einem völlig auf den einzelschulischen<br />

Bedarf ausgerichteten Kapitel „Personalentwicklung"<br />

greift die lesenswerten Ausführungen<br />

über Förderung von Führungsnachwuchs<br />

im Kapitel „Beurteilungen" in<br />

keiner Weise auf. Personalentwicklung ist<br />

in der nordrhein-westfälischen Schullandschaft<br />

noch immer wenig entwickelt.<br />

Anmerkung:<br />

Fallsammlung BWL, VWL, REWE 1<br />

1 Bartz, Adolf: Personalmanagement in Schule.<br />

Schulleitungsfortbildung NRW. Band 6. Lehrerfortbildung<br />

in NRW, hrsg. vom Landesinstitut für<br />

Schule, Bönen 2004. Bestellnummer 4517<br />

128 Fälle mit Lösungen als möglicher Aufgabenfundus für Fachlehrer/-innen<br />

Im Anhang finden sich – farblich abgesetzt<br />

– die größtenteils umfangreichen<br />

Lösungen zu den Aufgaben. So soll das<br />

Buch zum Selbststudium bzw. zur Klausurvorbereitung<br />

dienen. Zusätzlich kann<br />

das Buch natürlich auch dem Lehrer als<br />

Aufgabenfundus für verschiedene<br />

Zwecke dienen.<br />

Anmerkung<br />

Hermann Hansis ❍<br />

1 Ehebrecht/Joseph/Krenitz: Fallsammlung<br />

Betriebswirtschaft, Volkswirtschaft, Rechnungswesen,<br />

3. völlig neue Auflage Kiehl Verlag 2004,<br />

ISBN 3470 48113-X, 19,80 EUR.<br />

Sabine von Zedlitz ❍<br />

28 <strong>DIE</strong> <strong>KAUFMÄNNISCHE</strong> <strong>SCHULE</strong> 2/2005


Innovatives Unterrichtsmaterial<br />

für Integrationskurse<br />

im Südwesten<br />

Neue Unterrichtsmaterialien zum Einsatz<br />

in Integrationskursen für Zuwanderer<br />

haben die Landeszentrale für politische<br />

Bildung (LpB) und die Landesstiftung<br />

Baden-Württemberg präsentiert. Die laut<br />

Direktor der LpB, Frick, „echte Pionierleistung“<br />

berücksichtige nicht nur das Erlernen<br />

der deutschen Sprache, sondern<br />

auch die Auseinandersetzung mit der<br />

Kultur, dem politischen System und der<br />

Gesellschaft in Deutschland.<br />

Wesentlicher Bestandteil des bis Ende<br />

2005 laufenden Projekts ist die Schulung<br />

von Kursleitern sowie die Durchführung<br />

von 150 Integrationskursen mit insgesamt<br />

1.500 Veranstaltungen. Sowohl die<br />

Kursteilnahme als auch die Materialien<br />

seien für die Teilnehmer kostenlos, die<br />

jedoch mindestens 16 Jahre alt sein, in<br />

Baden-Württemberg wohnen, über ein<br />

Bleiberecht in Deutschland sowie Grundkenntnisse<br />

der deutschen Sprache verfügen<br />

müssten.<br />

❍<br />

Deutsche Sprache in<br />

Osteuropa auf Rückzug<br />

An den Schulen Mittel- und Osteuropas<br />

ist Deutsch als erste Fremdsprache auf<br />

dem Rückzug. In Russland sank die<br />

geschätzte Zahl der Deutsch lernenden<br />

Schüler von etwa vier Millionen im Jahr<br />

2000 auf etwa drei Millionen im Jahr<br />

2004. In Lettland beträgt der Rückgang<br />

im gleichen Zeitraum mehr als 20 Prozent,<br />

in der tschechischen Republik halbierte<br />

sich die Zahl binnen zwei Jahren.<br />

Nur in Polen sei dem Berliner „Tagesspiegel“<br />

zufolge die Begeisterung für<br />

Deutsch als erste Fremdsprache ungebrochen.<br />

Mit über 2,5 Millionen Schülern<br />

im Jahr 2004 lernen dort 400.000 mehr<br />

als im Jahr 2000 Deutsch.<br />

❍<br />

Bundesagentur für Arbeit:<br />

Defizite bei Weiterbildung<br />

Das Vorstandsmitglied der Bundesagentur<br />

für Arbeit (BA), Alt, hat davor gewarnt,<br />

bei der Förderung Langzeitarbeitsloser<br />

einseitig auf Ein-Euro-Jobs zu setzen. Ihn<br />

bedrücke, dass die Beschäftigungsangelegenheiten<br />

die Hartz-IV-Debatte dominierten,<br />

ohne zu klären, ob Bund oder<br />

Länder für die berufliche Weiterbildung<br />

verbindlich gerade zu stehen haben. Die<br />

Lücke zwischen der Finanzierung von<br />

Studien und beruflicher Weiterbildung sei<br />

sehr groß und zulasten der beruflichen<br />

Weiterbildung geregelt. Das Problem sei<br />

umso bedrohlicher, da etwa eine Million<br />

Empfänger von Arbeitslosengeld II Ausländer<br />

oder Aussiedler seien, deren Eingliederung<br />

u. a. ganz entscheidend von<br />

ihren Ausbildungsmöglichkeiten abhinge.<br />

❍<br />

Philologenverband: Unterrichtsausfall<br />

höher als angegeben<br />

Unter Berufung auf den Philologenverband<br />

berichtete die „Welt“ vom 30.<br />

Dezember 2004 von einem Unterrichtsausfall<br />

an deutschen Schulen von sechs<br />

bis zehn Prozent des in den Stundenplänen<br />

vorgesehenen Unterrichts. Die von<br />

den Ländern veröffentlichten Ausfallquoten<br />

lägen weit unter sechs Prozent. Verbandsvorsitzender<br />

Meidinger sieht in den<br />

niedrigeren Zahlen der Kultusbehörden<br />

eine bewusste Täuschung der Öffentlichkeit.<br />

Durch den ansteigenden Unterrichtsausfall<br />

würden viele Bildungsreformen<br />

durchkreuzt.<br />

❍<br />

Interesse am naturwissenschaftlichen<br />

Studium steigt<br />

Bundesforschungsministerin Bulmahn<br />

zufolge sei das „Jahr der Technik“ ein<br />

voller Erfolg gewesen, mehr als 1,1 Millionen<br />

Menschen seien zu den gut 1.100<br />

Veranstaltungen in ganz Deutschland<br />

gekommen; mit 140 Unternehmen hätten<br />

sich so viele Firmen wie noch nie an<br />

einem Wissenschaftsjahr beteiligt.<br />

❍<br />

Vorbild<br />

Nordrhein-Westfalens Schulministerium<br />

soll als erstes Landesressort komplett zur<br />

rauchfreien Zone werden, im Januar sollen<br />

erste Gespräche geführt werden.<br />

Nordrhein-Westfalen hatte zuvor am 1.<br />

August ein generelles Rauchverbot an<br />

allen 6.700 Schulen angekündigt. Hessen<br />

hat bereits das Rauchen an seinen Schulen<br />

gesetzlich untersagt.<br />

❍<br />

Vorherige Arbeitszeit nicht<br />

auf Probezeit während Lehre<br />

anrechenbar<br />

Ein der Lehre vorangegangenes Arbeitsverhältnis<br />

ist nach einem Urteil des<br />

Informationen<br />

Wissenschafts- und Bildungspolitik in Bund und Ländern<br />

Zeitraum: Januar 2005 Quelle: dpa-Dienst für Kulturpolitik<br />

Redaktionelle Bearbeitung: Rolf Schöwe<br />

Bundesarbeitsgerichts in Erfurt nicht auf<br />

die Probezeit anzurechnen. Die gesetzliche<br />

Höchstfrist für die Probezeit von drei<br />

Monaten dürfe für einen Lehrling auch<br />

bei einem vorhergehenden Arbeitsverhältnis<br />

ausgeschöpft werden. Während<br />

der Probezeit könne der Ausbildungsvertrag<br />

jederzeit gekündigt werden. Im<br />

Unterschied zu einem Arbeitsverhältnis<br />

müsse damit bei einer Kündigung während<br />

der Probezeit keine zweiwöchige<br />

Kündigungsfrist eingehalten werden,<br />

auch wenn wie in diesem Fall der klagende<br />

Ausbildende vorher als Hilfskraft<br />

bei dem Unternehmen beschäftigt war<br />

(Az: 6 AZR 127/04).<br />

Chef darf bei vorzeitiger<br />

Kündigung Ausbildungskosten<br />

zurückfordern<br />

Ein Arbeitgeber darf nach einem Urteil<br />

des Landesarbeitsgerichts (LAG) Rheinland-Pfalz<br />

in Mainz Ausbildungskosten<br />

zurückfordern, wenn der Mitarbeiter den<br />

Betrieb vor Ablauf der vereinbarten Frist<br />

verlässt. Eine entsprechende Fristsetzung<br />

im Arbeitsvertrag sei zulässig, um<br />

den Mitarbeiter zu einer gewissen<br />

Betriebstreue anzuhalten, wobei seine<br />

Berufsfreiheit nicht übermäßig eingeschränkt<br />

werden dürfe. Im vorliegenden<br />

Fall hatte sich eine Mitarbeiterin auf<br />

Kosten des Arbeitgebers zur Altenpflegerin<br />

ausbilden lassen. Entgegen der Vereinbarung<br />

kündigte sie vor Ablauf der<br />

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<strong>DIE</strong> <strong>KAUFMÄNNISCHE</strong> <strong>SCHULE</strong> 2/2005 29<br />


Informationen<br />

Quelle: IWD Nr. 50 (02.12.2004), S. 3<br />

vereinbarten zwei Jahre, worauf der<br />

Arbeitgeber die Ausbildungskosten in<br />

Höhe von knapp 13.500 Euro zurückforderte.<br />

Das LAG wertete die arbeitsvertragliche<br />

Klausel als rechtmäßig, ließ aber<br />

wegen der grundsätzlichen Bedeutung<br />

Revision beim Bundesarbeitsgericht in<br />

Erfurt zu (Az: 5 Sa 219/04).<br />

❍<br />

EU verklagt Deutschland<br />

wegen Anerkennung von<br />

Ausbildungen<br />

In Deutschland werden Berufsausbildungen<br />

aus anderen EU-Staaten nach Auffassung<br />

der EU-Kommission noch nicht<br />

wie vorgesehen anerkannt. Daher<br />

beschloss die Brüsseler Behörde nach<br />

eigenen Angaben eine Klage gegen die<br />

Bundesrepublik vor dem Europäischen<br />

Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg. Neben<br />

einigen anderen EU-Ländern will die<br />

Kommission Deutschland zwingen, die<br />

EU-Richtlinie zur gegenseitigen Anerkennung<br />

von Berufsqualifikationen umzusetzen.<br />

Daneben erwägt die Kommission auch<br />

eine Klage wegen der so genannten Fair-<br />

Value-Richtlinie, die neue Vorschriften für<br />

die Bilanzberichte von Unternehmen<br />

festlegt.<br />

❍<br />

Reform des Berufsbildungsgesetzes<br />

beschlossen<br />

Der Deutsche Bundestag hat die Reform<br />

des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) am<br />

Donnerstag in Berlin beschlossen. Das<br />

Gesetz öffne die Abschlussprüfungen der<br />

Kammern für schulischeBerufsausbildungen.<br />

„Die Reform<br />

verhindert die<br />

zeitraubenden und<br />

teuren Warteschleifen,<br />

die Auszubildende<br />

heute häufig<br />

auf dem Weg zu<br />

einem breit anerkannten<br />

Abschluss<br />

hinter sich bringen",<br />

sagte Bulmahn.<br />

Ferner werde<br />

das Prüfungswesen<br />

neu geordnet<br />

und ermögliche<br />

Ausbildungsabschnitte<br />

im Ausland.<br />

Zudem würden<br />

neue Formen<br />

der Kooperation<br />

von Schule und<br />

Betrieb möglich.<br />

Die für die Gestaltung der schulischen<br />

Curricula zuständigen Länder sollten die<br />

Reform des BBiG dazu nutzen, ihre<br />

Angebote so zu verändern, dass die<br />

Absolventen die Kammerprüfungen<br />

bestehen können. Gleichzeitig könne der<br />

Abschluss von Berufsbildungsgängen<br />

mit weiterführenden Schulabschlüssen<br />

verknüpft werden. Das BBiG soll noch im<br />

Februar vom Bundesrat beschlossen<br />

werden und zum 01. April 2005 in Kraft<br />

treten.<br />

Nach den Zahlen des Berufsbildungsberichtes<br />

absolvieren inzwischen über<br />

190.000 Auszubildende eine vollzeitschulische<br />

Ausbildung außerhalb des<br />

Geltungsbereiches des BBiG. Lediglich<br />

die Hälfte dieser Absolventen nimmt aber<br />

im unmittelbaren Anschluss eine<br />

Beschäftigung auf. Weitere fast 40 Prozent<br />

schließen nach einer Untersuchung<br />

des Bundesinstituts für Berufsbildung<br />

jedoch eine weitere schulische oder<br />

betriebliche Ausbildung an.<br />

❍<br />

Ausbildungsprogramm Ost<br />

positiv evaluiert<br />

Nach einer Analyse des Bundesinstituts<br />

für Berufsbildung (BiBB) hat das Ausbildungsprogramm<br />

Ost von Bund und<br />

Ländern den Lehrstellenmarkt in den<br />

Neuen Ländern positiv beeinflusst. Im<br />

Vergleich zum betrieblichen Ausbildungsangebot<br />

sind neue Berufe mehr gefragt,<br />

haben Frauen bessere Chancen und werden<br />

weniger Ausbildungsverhältnisse<br />

abgebrochen. Gleichzeitig führt die<br />

öffentliche Ausbildungsförderung nicht<br />

zu einem Abbau des betrieblichen Angebots.<br />

Von den insgesamt rund 367.000 Auszubildenden,<br />

die es Ende 2002 in den<br />

Neuen Ländern und Berlin in allen Ausbildungsjahren<br />

gab, wurden fast 34.000 (9,2<br />

Prozent) über die verschiedenen zu diesem<br />

Zeitpunkt laufenden Ausbildungsplatzprogramme<br />

Ost ausgebildet.<br />

Demnach lag der Anteil der Auszubildenden<br />

in den neuen Berufen im Programm<br />

2002 mit 8,4 Prozent höher als der<br />

Durchschnitt bei der betrieblichen Ausbildung<br />

(6,7 Prozent). Auch der Frauenanteil<br />

im Rahmen des Programms übertraf mit<br />

46 Prozent den Durchschnitt um 7 Prozentpunkte.<br />

Gleichzeitig wurden im Programm<br />

weniger Ausbildungen abgebrochen<br />

als im landesweiten Durchschnitt<br />

sonst üblich.<br />

Mit 57 Prozent waren über die Hälfte der<br />

Teilnehmer Erstbewerber. Zwei Drittel<br />

hatten einen mittleren oder höheren<br />

Schulabschluss. Schwerpunkte der Ausbildung<br />

waren Gastronomieberufe (16<br />

Prozent), Einzelhandelsberufe (14 Prozent)<br />

und kaufmännische Büroberufe (12<br />

Prozent). Drei von vier Ausbildungsplätzen<br />

wurden in einem Verbundsystem<br />

außerbetrieblicher und betrieblicher<br />

Lernorte angeboten.<br />

❍<br />

Termine<br />

➢ 21.-23.4.2005: 22. Deutscher Berufsschultag<br />

des Bundesverbandes der<br />

Lehrerinnen und Lehrer zum Generalthema:<br />

„Berufliche Bildung – Europas<br />

Zukunft“, Lübeck. Info: 030/ 4081.<br />

❍<br />

Es ist erstaunlich, was man erreicht, wenn es einen nicht kümmert, wer die Lorbeeren erntet.<br />

(Harry S. Truman)<br />

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Tel. 02 21 9435-411<br />

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E-Mail: lommerzheim@netcologne.de<br />

30 <strong>DIE</strong> <strong>KAUFMÄNNISCHE</strong> <strong>SCHULE</strong> 2/2005


Link des Monats:<br />

Nicht nur als Konsequenz aus den Ergebnissen<br />

von PISA sollte der Wunsch nach<br />

einem guten Buch unter Lehrenden, Lernenden<br />

und Eltern weit verbreitet sein.<br />

Aber – die Auswahl fällt häufig schwer.<br />

Mit dem online-Büchermagazin „Lesezeichen“<br />

wendet sich wissen.de an die Literaturfreunde<br />

im Netz. Hier stellt die Redaktion<br />

lesenwerte Bücher aus den Genres<br />

Belletristik, Sachbuch, Ratgeber, Kinder-<br />

und Jugendbuch sowie Hörbuch mit<br />

Lese- und Hörproben vor.<br />

Prozentbalken liefern Entscheidungshilfen:<br />

Sie stehen für Spannung, Action,<br />

Humor, Anspruch, Preis-Leistungsverhältnis<br />

und Aufmachung der Titel. Diese<br />

Seite wird zusätzlich durch Quize aufgelockert,<br />

so z. B. der aktuelle zu Erich<br />

Kästner. Über links erreicht man außerdem<br />

andere Bereiche von wissen.de,<br />

z. B. die Länder-, Reisen-, Kulturen-Seite.<br />

OV Geldern:<br />

Sabine von Zedlitz ❍<br />

Das Jahr 2004 war im OV Geldern wieder<br />

von vielen kleineren Aufmerksamkeiten<br />

und größeren Veranstaltungen geprägt.<br />

Zu den kleineren Aufmerksamkeiten<br />

gehörten neben der kopierten Weitergabe<br />

aller Informationen an die Verbandskolleginnen<br />

und -kollegen vor allem kleine<br />

Präsente anlässlich Geburt oder längerer<br />

Krankheit.<br />

Noch im Sommer wurde von unserem<br />

Verbandskollegen Karl-Heinz Biermann<br />

eine Fahrradtour zu den Herrensitzen rund<br />

um Geldern als Schuljahresabschluss vorbildlich<br />

organisiert und durchgeführt.<br />

Obwohl das Wetter leider nicht so mitspielte<br />

wie erhofft, lernten die Kolleginnen<br />

und Kollegen die Gegend aus einer anderen<br />

Sichtweise kennen. Karl-Heinz Biermann<br />

führte als Geograph die Teilnehmer<br />

zielsicher, kenntnisreich und gewohnt<br />

humorvoll über verborgene Wege zu entlegenen<br />

Stellen. Insgesamt wurden 35<br />

Kilometer zurückgelegt. Neben einigen<br />

Kollegen der gewerblichen Abteilung, die<br />

www.wissen.de/lesezeichen<br />

Lesenswerte Bücher im Netz<br />

dem vlbs angehören, nahm wie an allen<br />

Veranstaltungen eine beträchtliche Zahl<br />

von Pensionären teil.<br />

Am 16. November 2004 besichtigten Kolleginnen<br />

und Kollegen das 350 Millionen<br />

Euro teure Entsorgungszentrum „Asdonkshof“<br />

in Kamp-Lintfort. Dort wurden<br />

wir nach einem gemeinsamen Mittagessen<br />

kenntnisreich zunächst über die Entstehungsgeschichte<br />

und Funktionsweise<br />

dieser Müllverbrennungsanlage einschließlich<br />

der Kosten der Planung und<br />

Realisation informiert. Schwerpunkt der<br />

Gesprächsrunde war aber der Mechanismus<br />

der Müllentsorgung und des Mülltourismus<br />

quer durch die Bundesrepublik<br />

und über die Alpen. Es entwickelte sich<br />

eine intensive Gesprächsrunde, die den<br />

zunächst vorgesehenen Zeitrahmen deutlich<br />

überschritt. Im anschließenden Rundgang<br />

besichtigten wir Entladehalle, Müllbunker,<br />

Leitstandswarte, Kesselhaus,<br />

Rauchgasreinigung und das Bio-Kompostwerk.<br />

Nach über drei Stunden ging es<br />

Informationen<br />

Viele Aktivitäten und intensive Mitgliederbetreuung<br />

Fahrradtour, Betriebsbesichtigung, Weckmannessen und mehr<br />

um viele Erfahrungen und Erkenntnisse<br />

reicher auf den Heimweg.<br />

Am Montag, dem 6. Dezember 2004, war<br />

Nikolaustag. Aus diesem Anlass hatte der<br />

Ortsverband alle Kolleginnen und Kollegen<br />

der kfm. Abteilung in beiden Pausen zu<br />

einem Weckmannessen ganz herzlich eingeladen.<br />

Viele halfen bei der Vorbereitung<br />

und alle empfanden dies als eine gelungene<br />

Bereicherung für den Schulalltag.<br />

Die Aktivitäten und das Bemühen für Kollegen<br />

ansprechbar zu sein, zahlen sich aus.<br />

Einerseits im hervorragenden Betriebsklima,<br />

andererseits im hohen Anteil der<br />

vLw-Mitglieder am Gesamtkollegium. Fast<br />

90 % der Kolleginnen und Kollegen und<br />

mit einer Ausnahme alle Referendare gehören<br />

dem vLw oder Fachlehrerverband an.<br />

Besonderer Dank gilt aber auch den Pensionären,<br />

die immer eingebunden werden<br />

und z. T. schon seit über 40 Jahren dem<br />

Verband angehören.<br />

Ulrich König ❍<br />

Die besten Reformer, die die Welt je gesehen hat, sind jene, die bei sich selber anfangen.<br />

(George Bernhard Shaw)<br />

<strong>DIE</strong> <strong>KAUFMÄNNISCHE</strong> <strong>SCHULE</strong> 2/2005 31


Persönliches<br />

Neuer Vorsitzender des Bundesverbandes:<br />

Dr. Wolfgang Kehl gewählt<br />

Chancen eines europäischen Bildungsraums für die berufliche Bildung nutzen<br />

Die 16 vLw-Landesverbände haben am<br />

21. Januar 2005 in Karlsruhe mit 92 % Ja-<br />

Stimmen Dr. Wolfgang Kehl zum Nachfolger<br />

des bisherigen Bundesvorsitzenden<br />

Manfred Weichhold, der nach 13 Jahren<br />

nicht mehr kandidierte, gewählt.<br />

Dr. Wolfgang Kehl ist 57 Jahre alt, verheiratet<br />

und Vater zweier Kinder. Neben seinem<br />

neuen Ehrenamt ist der Oberstudiendirektor<br />

Leiter des Rudolf-Rempel-Berufskollegs<br />

in Bielefeld. Erfahrungen in der Verbandsarbeit<br />

sammelte er seit 1989 als Vorsitzender<br />

des Ausschusses „Schul- und<br />

Alter und neuer Bundesvorsitzender: Manfred Weichhold<br />

(rechts) gratuliert Wolfgang Kehl (Foto: Reinhard Schultz)<br />

Mitgliedsbeitrag 2005:<br />

Bildungspolitik“ des vLw-Landesverbandes<br />

Nordrhein-Westfalen. Seit 2002 ist er<br />

zugleich Vorsitzender dieses Bundesausschusses<br />

und in dieser Eigenschaft Mitglied<br />

des Bundesvorstandes.<br />

In seiner Antrittsrede umriss der neue Verbandschef<br />

die Ziele seiner künftigen Verbandsarbeit.<br />

In der Bildungspolitik sieht er wichtige Aufgaben<br />

des vLw darin, die Chancen eines<br />

europäischen Bildungsraums für die berufliche<br />

Bildung zu nutzen, die Fortentwicklung<br />

der Schulen zu selbstständigen<br />

Regionalen Kompetenzzentren<br />

in der Verantwortung<br />

des Staates zu fördern<br />

und Auswüchsen bei<br />

der Privatisierung von Bildungsdienstleistungen<br />

zu<br />

begegnen.<br />

In der Lehrerbildung wird er<br />

die Umstrukturierung der<br />

Wirtschaftspädagogikstudiengänge<br />

zum Bachelorund<br />

Masterabschluss intensiv<br />

und kritisch begleiten.<br />

Besonderen Handlungsbedarf<br />

sieht Dr. Wolfgang Kehl<br />

bei der Lehrerfortbildung.<br />

Wer nicht kann, was er will, muss das wollen, was er kann.<br />

(Leonardo da Vinci)<br />

Dieser Bereich der Lehrerbildung dürfe<br />

nicht zum individuellen Problem der Lehrkräfte<br />

werden, vielmehr sei es Aufgabe der<br />

Dienstherrn, ein Wissensmanagement für<br />

Lehrkräfte zu institutionalisieren. „Das<br />

bedeutet“, so der neue Vorsitzende, „dass<br />

die Lehrkräfte einen festen Zugang erhalten<br />

zu konkreten Unterrichtsplanungen,<br />

Neuerungen im Rechtswesen, Erkenntnissen<br />

der Fachwissenschaft, neuen pädagogischen<br />

Konzepten, Zwischenständen von<br />

Neuordnungsverfahren und vielem mehr.“<br />

Bezüglich der Statusfragen der Lehrkräfte<br />

sieht Dr. Wolfgang Kehl den Deutschen<br />

Beamtenbund mit seinen Eckpunkten auf<br />

dem richtigen Weg.<br />

Von besonderer Bedeutung in der Verbandsarbeit<br />

ist nach Auffassung des neuen<br />

vLw-Vorsitzenden die Kommunikation<br />

innerhalb des Verbandes, vor allem aber<br />

mit den Ansprechpartnern in Politik und<br />

Administration. Der Vorsitzende wörtlich:<br />

„Der Verband muss dafür sorgen, dass die<br />

Nachrichten aus der pädagogischen Realität<br />

diejenigen erreichen, die in Politik und<br />

Verwaltung für die kaufmännischen Schulen<br />

zuständig sind. Der vLw muss seine<br />

Möglichkeiten der Realitätspräsentation<br />

intensiv nutzen.“<br />

Helmut Hahn ❍<br />

Auch im Jahr 2005 keine Beitragserhöhung<br />

Konsequenz aus der de facto Nullrunde der Besoldungsanpassung in 2004<br />

Unsere Satzung sieht vor, dass der monatliche<br />

Beitrag in dem Jahr, das auf eine<br />

Besoldungserhöhung folgt, um den gleichen<br />

Prozentsatz angehoben wird. Dies<br />

hätte schon für das Jahr 2004 erfolgen<br />

können, aber der geschäftsführende Vorstand<br />

hatte einstimmig beschlossen, dass<br />

auf diese Beitragserhöhung verzichtet werden<br />

sollte, da sich die Arbeitsbedingungen<br />

verschlechterten und damit real eigentlich<br />

keine höhere Besoldung erfolgte.<br />

In 2004 gab es wieder eine minimale Besoldungserhöhung,<br />

sodass satzungsgemäß<br />

der Monatsbeitrag für 2005 angehoben<br />

werden kann. Die Erhöhung betrifft aber nur<br />

die monatliche Zahlung. Betrachtet man<br />

dagegen das Jahreseinkommen, dann ist<br />

auch in diesem Jahr real nicht von einer<br />

Besoldungserhöhung zu sprechen, da die<br />

Jörg Gebel, Landesschatzmeister<br />

Sonderzahlungen – wie z. B. das Urlaubsgeld<br />

– gestrichen oder reduziert wurden.<br />

Der geschäftsführende Vorstand hat<br />

daher auch für 2005 beschlossen, dass<br />

es einer wahren Interessenvertretung gut<br />

ansteht, wenn sie auf ihre satzungsmäßigen<br />

Rechte verzichtet und den realen<br />

Bedingungen Rechnung trägt. Der Beitrag<br />

2005 bleibt daher unverändert<br />

gegenüber dem Jahre 2003. Da andererseits<br />

die Kosten auch vor dem vLw nicht<br />

Halt machen, muss ein Ausgleich<br />

geschaffen werden. Dazu können auch<br />

die Mitglieder beitragen! Sicherlich ist<br />

dieses mitgliederfreundliche Verhalten<br />

des vLw ein gutes Argument, um neue<br />

Mitglieder zu werben. Dazu brauchen wir<br />

Ihre Mithilfe.<br />

Jörg Gebel ❍<br />

32 <strong>DIE</strong> <strong>KAUFMÄNNISCHE</strong> <strong>SCHULE</strong> 2/2005


Nachgelesen – nachgedacht:<br />

Was verstehen Sie denn unter den „närrischen<br />

Tagen“? Ist das die Zeit, in der die<br />

Menschen nichts als Unfug im Kopf<br />

haben oder die Zeit, in der Inkompetenz<br />

nicht ernst genommen werden darf?<br />

Auf jeden Fall muss in solcher Zeit in<br />

Düsseldorf folgender Änderungsantrag<br />

für das Schulgesetz erdacht worden sein:<br />

Die Zusammensetzung der Schulkonferenz.<br />

Laut der neuesten Idee des Ministeriums<br />

soll in § 66 Abs. 2 das Verhältnis<br />

Lehrerinnen und Lehrer : Eltern : Schülerinnen<br />

und Schüler nun auf 5 : 2 : 5 geändert<br />

werden. Das ist an sich noch nicht<br />

verwerflich. Die Realisierung wird jedoch<br />

an unseren Berufskollegs schwierig werden.<br />

Schließlich ist in § 66 Abs. 1 die Zahl<br />

der Mitglieder der Schulkonferenz bei<br />

über 500 Schülerinnen und Schülern auf<br />

18 (in Worten: achtzehn) festgesetzt worden.<br />

Nach den Grundsätzen der Verteilungsrechnung<br />

ist dies schlechterdings<br />

nicht zufriedenstellend zu lösen. Denn<br />

danach haben wir 7,5 Lehrervertreter.<br />

Zählen Lehrkräfte unter 1,55 m nur halb?<br />

Oder dürfen wir jedes zweite Mal mit 8<br />

Vertretern antreten? Oder sollen immer<br />

nur sieben dabei sein und einer vor der<br />

Tür auf der Reservebank sitzen? Und sollen<br />

die Schüler zum Wohle der Schulkonferenz<br />

in Zukunft von uns in Bruchteile<br />

zerlegt werden? Waren die Verfasser des<br />

Änderungsantrags etwa im letzten Urlaub<br />

zu lange in Pisa? Oder wollen sie denen<br />

Trost spenden, die laut aktueller Erhebungen<br />

nicht richtig rechnen können?<br />

Trost durch Angleichung!<br />

Sehr beeindruckend ist dagegen, wie<br />

sich Schulbehörden in die Diskussion um<br />

den Werteverfall einbringen. Nachdem<br />

die Staatsanwaltschaft die Lehrkräfte<br />

verfolgt, die anlässlich einer Klassenfahrt<br />

zu einem Freizeitpark Gutscheine angenommen<br />

haben (ohne es zu merken übrigens),<br />

haben sich auch verstärkt Bezirksregierungen<br />

des Themas der Vorteilsnahme<br />

im Amt angenommen. Dass die<br />

Kostenersparnis durch Freiplätze im Bus<br />

auf alle umgelegt werden muss, ist noch<br />

nachvollziehbar, obwohl die begleitenden<br />

Lehrkräfte freiwillig auf Reisekostenerstattung<br />

durch den Dienstherrn verzichten<br />

„dürfen“. Dass sich aber nun auch die<br />

warm anziehen sollen, die schon mal ein<br />

Freiexemplar eines Lehrbuches vom Verlag<br />

angenommen haben, das kann wirklich<br />

nur mit helau und alaaf kommentiert<br />

werden. Dies gilt umso mehr, wenn wir<br />

diesbezüglich Verhaltensmuster aus Politik<br />

und Wirtschaft zum Vergleich heranziehen.<br />

Der neue Entwurf für den Einstellungserlass<br />

beschreibt die Anforderungen für die<br />

Einstellung als Seiteneinsteiger am<br />

Berufskolleg: Erfolgreich abgeschlossenes<br />

Studium plus zwei Jahre Berufserfahrung.<br />

Statt Berufserfahrung reicht<br />

Zum guten Schluss<br />

Karneval am Rhein – nicht nur am Rosenmontag<br />

Herrscht in den Schulbehörden das ganze Jahr Karneval?<br />

Karneval – nicht nur im Februar?<br />

Neues aus dem Berufskolleg Hösel:<br />

Konrad Bräsig und …<br />

auch der Nachweis, dass zwei Jahre<br />

lang ein minderjähriges Kind erzogen<br />

wurde. Und manche von uns erinnern<br />

sich noch an die „Büttenreden“ zur Einführung<br />

des 8-Punkte-Programms (für<br />

Seiteneinsteiger): Mit diesem Programm<br />

sollte wegen des Lehrermangels die<br />

geballte Kompetenz aus den Wirtschaftsunternehmen<br />

in die Schulen geholt werden<br />

(Da hat wohl jemand zu viel Werbung<br />

geguckt. Denn da sagt die selbstbewusste<br />

Hausfrau: „Ich führe ein erfolgreiches<br />

Familienunternehmen.“ Und<br />

während der Eintritt für Nicht-Lehrer<br />

immer einfacher gemacht wird, bleibt<br />

gleichzeitig der echte Nachwuchs auf der<br />

Straße! Es steht bekanntlich fest, dass im<br />

Jahr 2005 nicht alle Bewerber und<br />

Bewerberinnen für das Referendariat an<br />

Berufskollegs eingestellt werden. Da<br />

bleibt das Lachen allerdings im Halse<br />

stecken.<br />

Fazit: In den Schulbehörden ist offensichtlich<br />

das ganze Jahr Karneval. Dass<br />

die sichtbaren Pappnasen fehlen, ist<br />

dabei irrelevant.<br />

Christiane Lechtermann ❍<br />

<strong>DIE</strong> <strong>KAUFMÄNNISCHE</strong> <strong>SCHULE</strong> 2/2005 III


Die kaufmännische Schule<br />

Ausgabe 2/2005<br />

vLw-Landesverband<br />

Nordrhein-Westfalen<br />

Geschäftsstelle:<br />

Völklinger Straße 9<br />

40219 Düsseldorf<br />

Telefon (02 11) 4 91 02 08/9<br />

Telefax (02 11) 4 98 34 18<br />

Februar-Ausgabe<br />

Herausgeber: Verband der Lehrerinnen und Lehrer an Wirtschaftsschulen in NW e. V.,<br />

Völklinger Straße 9, 40219 Düsseldorf, Telefon (02 11) 4 91 02 08/9, Telefax (02 11) 4 98 34 18,<br />

E-Mail: info@vlw-nrw.de, www.vlw-nrw.de<br />

Schriftleitung: Hilmar von Zedlitz, Daagstraße 12, 40878 Ratingen, Telefon (0 21 02) 70 60 98, Telefax (0 21 02) 70 61 86<br />

E-Mail: GOZedlitz@t-online.de<br />

Beiträge und Zuschriften werden an die Schriftleitung erbeten. Namentlich gekennzeichnete Beiträge<br />

geben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers wieder.<br />

Anzeigenverwaltung Gebrüder Wilke GmbH, Druckerei und Verlag, Caldenhofer Weg 118, 59063 Hamm<br />

u. Gesamtherstellung: Telefon (0 23 81) 9 25 22-0, Telefax (0 23 81) 9 25 22-99, E-Mail info@wilke-gmbh.de · Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier.<br />

Erscheinungsweise: Die Zeitschrift erscheint zehnmal im Jahr. Das Einzelheft kostet € 2,10 einschließlich Versandkosten.<br />

Der Bezugspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten. Abonnementskündigungen müssen bis zum 10. November beim Verlag eingehen.<br />

Fragen • Hinweise • Anregungen<br />

� Dienstleistungstelefon des vLw �<br />

jeweils montags 16:00 bis 19:00 Uhr<br />

(nicht während der Schulferien)<br />

Sie erreichen jeweils montags in der Geschäftsstelle des vLw<br />

bis 19:00 Uhr eine kompetente Ansprechpartnerin<br />

oder einen kompetenten Ansprechpartner Ihres Vorstandes.<br />

� (02 11) 4 91 02 08 oder 4 91 02 09 ✍<br />

Redaktionsschluss für „Die kaufmännische Schule“<br />

März/April-Ausgabe:<br />

Mai-Ausgabe:<br />

Juni-Ausgabe:<br />

Deutsche Post AG · Entgelt bezahlt · G 1771<br />

Gebrüder Wilke GmbH · Druckerei und Verlag · Postfach 2767 · 59017 Hamm<br />

23. Februar 2005<br />

20. April 2005<br />

18. Mai 2005

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