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Handwerk in der Denkmalpflege<br />

«MIR GING ES NICHT DARUM, MEHR AUFTRÄGE ZU HABEN»<br />

Jonas, du führst einen Einmannbetrieb<br />

– worauf liegt das Schwergewicht deiner<br />

Arbeit?<br />

Die meisten Aufträge bekomme ich für Grabsteine.<br />

Auch für Restaurierungen werde ich hin<br />

und wieder angefragt. Dies waren aber bisher<br />

meist kleinere Arbeiten. Ich mache natürlich<br />

auch andere Sachen, Brunnen, Vogelbecken,<br />

Skulpturen, Objekte für den Garten. Die verkaufen<br />

sich allerdings nicht so gut, die sind<br />

mehr ein Hobby.<br />

Grabsteinbildhauer haben es ja heute nicht<br />

mehr so leicht…<br />

Ja, die Grabsteine sind rückläufig, das merke<br />

ich schon. Manchmal kommt es mir vor, als<br />

riefen mich bald mehr Leute an, die mir einen<br />

Grabstein anbieten, als Leute, die einen haben<br />

möchten. Ich mache allerdings nicht nur Steine,<br />

sondern auch Bildhauerarbeiten in Holz.<br />

Als Handwerker in der Denkmalpflege kannst<br />

du dir nun auch weitere Bereiche eröffnen –<br />

war dies ein Grund für dich, den Lehrgang zu<br />

machen?<br />

Mir ging es nicht in erster Linie darum, mehr<br />

Aufträge zu haben, nein. Der Lehrgang hat<br />

mich einfach interessiert. Ich finde es immer<br />

interessant, wenn man etwas Neues dazulernen<br />

kann, gerade in einem Gebiet, auf dem<br />

man schon lange arbeitet. Seit meiner Lehrzeit<br />

hat sich das Vorgehen bei Restaurierungen<br />

stark verändert. Früher sollten alte Steine<br />

nach der Restaurierung wieder „wie neu“<br />

aussehen, man hat sie überarbeitet und von<br />

der bestehenden Substanz relativ viel abgetragen.<br />

Das ist heute verpönt; heute will man<br />

so viel Substanz erhalten wie möglich, inklusive<br />

frühere Bearbeitungsspuren als Zeitzeugen<br />

der damaligen Arbeitsweise. Darauf wurde im<br />

Lehrgang grosses Gewicht gelegt: stets zu versuchen,<br />

so viel wie möglich zu bewahren und<br />

nicht zu denken, das geht sowieso nicht, es<br />

ist am einfachsten, wenn man da einfach alles<br />

zurückarbeitet. Was mich ebenfalls immer<br />

schon sehr interessiert hat, waren Geschichte<br />

und Baustilkunde. Und dann vor allem auch<br />

die anderen Berufe: wie bei ihnen gearbeitet<br />

wird, welche Materialien verwendet werden –<br />

das war etwas vom Spannendsten des ganzen<br />

Lehrgangs.<br />

Hat die Weiterbildung deine Erwartungen<br />

erfüllt?<br />

Inhaltlich schon, ja. Ich muss zwar sagen, in<br />

unserem eigenen Gebiet, also Naturstein,<br />

habe ich nicht wahnsinnig viel Neues mitbekommen.<br />

Das spricht aber vor allem für unsere<br />

bis jetzt sehr gute Grundbildung. Es ist bei uns<br />

einfach noch nicht so viel verloren gegangen<br />

wie in anderen Berufen.<br />

Was war für dich der grösste Nutzen, den dir<br />

der Lehrgang gebracht hat?<br />

Das waren sicher einmal die Einblicke in die<br />

Denkmalpflege – wie ist sie organisiert, wie<br />

läuft das dort ab, welche Ideen und Richtlinien<br />

sind massgebend. Sehr viel gebracht hat mir<br />

auch, dass wir gelernt haben, wie man eine<br />

Dokumentation erstellt – was beinhaltet sie,<br />

wie ist sie aufgebaut, worauf ist zu achten. Ich<br />

hatte während der Ausbildung die Gelegenheit,<br />

das übungshalber gleich in die Praxis umzusetzen<br />

– ich konnte eine Fassadenrestaurierung<br />

an einem denkmalgeschützten Objekt<br />

in Thun machen, und gab dem Architekten<br />

eine Dokumentation mit ab. Dies hat er sehr<br />

geschätzt, und für mich war es eine wertvolle<br />

Übung.<br />

Wo lagen die grössten Schwierigkeiten während<br />

der Ausbildung?<br />

Der Zeitaufwand war schon sehr gross. Manchmal<br />

dachte ich, wenn wieder so ein Dreitagesblock<br />

vor der Tür stand und ich grad mehr als<br />

genug zu tun gehabt hätte in der Werkstatt,<br />

jetzt würde ich lieber nicht gehen. Aber wenn<br />

man dann mal dort war, war es immer gut. Man<br />

war in einer anderen Welt, weit weg vom Alltag.<br />

Aber freie Samstage gab es kaum während der<br />

Ausbildung. Es war nicht immer einfach, mit<br />

meinem Arbeitspensum durchzukommen.<br />

Hat der Lehrgang deine Herangehensweise<br />

an deine Arbeit verändert?<br />

Ich versuche verstärkt, soweit es geht mineralisch<br />

zu arbeiten, nicht nur bei Restaurierungen,<br />

sondern auch bei neuen Sachen. Das gilt<br />

nicht nur für meine eigene Arbeit – im Augenblick<br />

bauen wir unser Haus um, und ich achte<br />

darauf, dass die Handwerker möglichst keine<br />

kunststoffvergüteten Produkte verwenden,<br />

sondern rein mineralische, ökologisch unbedenkliche<br />

und langlebige.<br />

Das heisst, was du in der Ausbildung gelernt<br />

hast, wendest du jetzt auch im Arbeitsalltag an?<br />

Im Arbeitsalltag, und allgemein im Leben.<br />

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