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Wem gehört das Internet? - Journalistenakademie

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www.wem-gehoert-<strong>das</strong>-internet.de<br />

genannten Watchblogs werden die Fehlleistungen von Medien oft<br />

minutiös und gerne auch maliziös angeprangert – manchmal sind es<br />

schmerzhafte Nadelstiche für die betroffenen Journalisten.4 Die dauerhafte<br />

Existenz solcher ungebetener Qualitätskontrolleure aus den<br />

Reihen der Bürger müssen Medienschaffende in Zukunft einkalkulieren.<br />

Notwendig ist solche zumeist konstruktive Kritik in einer zusehends<br />

von Qualitätsverlust geprägten Medienlandschaft allemal.<br />

Andererseits ist zu beobachten, <strong>das</strong>s Bürger die Berichtererstattung<br />

professioneller Medien ergänzen oder bislang weiße Flächen mit<br />

Farbe füllen – sei es auf lokaler Ebene, bei speziellen Fachthemen oder<br />

im politischen Bereich. Wo findet sich beispielsweise im Medienbereich<br />

eine „politische Plattform für Freiheit und Offenheit im digitalen<br />

Zeitalter“ (Zitat aus der Selbstbeschreibung des Blogs Netzpolitik.org),<br />

um nur ein Beispiel von Hunderten, die dem Autor bekannt<br />

sind, zu nennen?<br />

Allzu glorifizieren sollte man dies nicht. Denn unter den über<br />

133.000 Blogs gibt es auch solche die schlichtweg langweilen, was ja<br />

zulässig ist; die schlecht geschrieben sind, die vielleicht nur die<br />

Interessen von Katzenbildliebhabern bedienen, was beides ebenso zu<br />

tolerieren ist und auch eine Frage des persönlichen Geschmacks darstellt.<br />

Kritischer sind da schon Blogs zu sehen, in welchen sich die Betreiber<br />

mutwillig fremder Inhalte bedienen oder auf denen politische<br />

oder persönliche Hetze – vielleicht sogar aus einem anonymen Hinterhalt<br />

– betrieben wird. Um es trivial auszudrücken: Es ist nicht anders<br />

als im „normalen Leben“ – störende Ausnahmen gibt es immer,<br />

doch sie stellen hier wie in der Gesellschaft nur eine Minderheit dar.<br />

Die Trüffel unter den Blogs und Bürgerjournalismus-Angeboten muss<br />

man mit der Lupe suchen, man muss geduldig sein, man muss den<br />

Machern auch Zeit einräumen, um den wahren Wert ihrer publizistischen<br />

Tätigkeit angemessen zu würdigen.<br />

So viel Mühe machen sich aber gerade Medienschaffende ungern.<br />

Dass es im Netz nun noch andere Akteure gibt, die die Aufmerksamkeit<br />

des umworbenen Publikums auf sich ziehen, wissen einige wenige,<br />

Panel Journalismus & Kommunikationswissenschaft<br />

aber umso stimmgewaltigere Journalisten nicht zu schätzen. Seit 2004<br />

gab es aus deren Reihen immer wieder Aussagen, die dieses Laien-<br />

Engagement im Netz regelrecht verdammen. Als „Klassiker“ gilt dabei<br />

<strong>das</strong> Urteil des Spiegel Online-Chefredakteurs Mathias Müller von<br />

Blumencron, der 99 Prozent aller Blogs als „Müll“ abkanzelte.5 Erst<br />

zwei Jahre später revidierte er diese Sottise. Bei anderen Medienmachern<br />

ist dieses Unbehagen, wenn es um Blogs oder Bürgerjournalismus<br />

geht, immer noch vorhanden. Die Laien werden als nervige,<br />

unprofessionelle Konkurrenz empfunden, deren Rolle im tradierten<br />

Mediensystem stört. Dabei können die Werke dieser Publizisten<br />

durchaus inspirierend für die Profis sein: Sie können etwa als sensibler<br />

Seismograph oder als brauchbare Quelle dienen. Selbst wenn ein Journalist<br />

partout nichts mit diesen neuen Medienformen für seine eigene<br />

Arbeit anfangen kann, so sollte er sie einfach als bereichernd für <strong>das</strong><br />

demokratische Gemeinwesen anerkennen. Prägnant formulierte dies<br />

ein Schweizer Blogger: „Wir sind da. Findet euch damit ab!“6<br />

4Mrazek, T. (2006): Ungebetene Kritiker In: Journalist, Nr. 1/2006, 44–46.<br />

5http://goa2003.onlinejournalismus.de/webwatch/interviewblumencron.php<br />

6http://www.diekreide.net/?p=1801<br />

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